Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Kinder selber zählen nicht zu den Risikogruppen, und sie sind anscheinend nach wie vor auch nicht die Superspreader. Wir haben jetzt die Situation, dass die Kinder in der Kita im eingeschränkten Regelbetrieb miteinander spielen und toben und erfreulicherweise einen fast normalen Alltag verbringen dürfen.

Wenn die Kita aus ist, gelten jedoch ganz andere Regeln. Die Verabredungen mit den Spielkameraden, mit denen in der Kita gerade noch herumgetollt wurde, sind nun auf ein Minimum zu reduzieren. In der Kita durften die Kinder noch mit 50 weiteren Kindern Kontakt haben. Im Privaten dürfen sie das nur noch mit einem weiteren Kind.

Kinder müssen auf den Spielplätzen ab der 1. Schulklasse eine Maske tragen – unabhängig davon, ob der Mindestabstand eingehalten wird oder nicht. Selbst wenn ein Kind mutterseelenallein auf dem Klettergerüst spielt, muss es nach der neuesten Verordnung eine Maske tragen.

Was man von Regeln dieser Art zu halten hat, kann sich jeder selbst beantworten.

Es ist doch kaum etwas schöner als ein lachendes Kind. Das ist ansteckend. Wer kennt es nicht: Kinder, die herumalbern und sich nur angucken müssen, um vor Albernheit überzuschäumen. Mit einer Maske im Gesicht wird dieses herzerfrischende Lachen deutlich seltener.

Es gibt erste Studien, die bestätigen, dass die psychische Gesundheit von Kindern in der Pandemie leidet. Die Kinder- und Jugendärzte schlagen ohnehin schon jedes Jahr Alarm, dass die Anzahl der Kinder mit psychischen Auffälligkeiten und sogar Depressionen ansteigt. In der Pandemie sind die Zahlen noch einmal in die Höhe geschnellt.

Im November wird es früh dunkel. Es ist kalt und nass. Konnten wir zu Zeiten des ersten Lockdown bei herrlichstem Wetter viele Einschränkungen mit Fahrradtouren, Gartenarbeit und Waldspaziergängen kompensieren, wird das jetzt im Winter wesentlich schwieriger.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass Spiel und Sport im Verein zumindest für Kinder wieder möglich sind, dass die Schwimmbäder wieder öffnen. Gerade in Zeiten, in denen die Gesamtstimmung bedrückend ist, in Zeiten, in denen viele Feste wie beispielsweise Karneval oder Sankt Martin ausfallen, in Zeiten, in denen die Eltern vielleicht bedrückt sind, weil der Arbeitsplatz gefährdet ist und das Kurzarbeitergeld die Familie langsam, aber sicher in die Armut drückt, in Zeiten, in denen Angehörige vielleicht erkrankt sind, ist es doch elementar wichtig, die seelische Gesundheit unserer Kinder zu bewahren.

Die Kindheit ist ein ganz vulnerabler Lebensabschnitt. Spiel und Sport sind wichtige Mittel für die körperliche und seelische Gesundheit. Die Musikschulen haben erfolgreich geklagt. Gitarre zu lernen,

ist also möglich. Wer beim Judo- oder Schwimmkurs angemeldet war, hat eben Pech gehabt.

Auch die Indoor-Spielplätze haben im Winter eine wichtige Rolle, um insbesondere Familien, die in einer Mietwohnung wohnen, zu ermöglichen, dass sich die Kinder auch einmal bei schlechtem Wetter austoben können.

Die Institutionen haben ihren Betrieb erst nach den Sommerferien mit guten Hygienekonzepten wieder aufgenommen. Jetzt sind sie wieder geschlossen.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Unseren Kindern ist mittlerweile fast ein ganzes Jahr ihrer kostbaren wenigen Kindheitsjahre geraubt worden.

Meine Tochter ist fünf Jahre alt. Mittlerweile fragt sie als Erstes, wenn sie Menschen trifft: Mama, darf ich den umarmen? Darf ich die küssen? Oder muss ich wieder Abstand halten?

In dieser wichtigen prägenden Zeit werden die Weichen für das seelische Grundgerüst der Persönlichkeit gestellt. Welche Auswirkungen diese Verhaltensmaßregelungen auf die Persönlichkeitsentwicklung haben werden, können wir heute noch nicht voraussagen.

Kinder haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Es geht uns nicht darum, Risikogruppen und Kinder gegeneinander auszuspielen. Aber bei allen Entscheidungen, die Sie als Landesregierung treffen, sollten Sie auch berücksichtigen, dass Eingriffe in die kindliche Entwicklung in der Regel Langzeitfolgen mit sich bringen.

Deshalb fordern wir Sie auf: Ermöglichen Sie unseren Kindern eine so normale Kindheit wie möglich. Lassen Sie Kinder wieder Kinder sein, froh und ausgelassen. Kinder brauchen Spiel und Sport und Spaß. Kinder brauchen Kontinuität, auch im Freundschafts- und Vereinsleben.

Laut WHO wird Gesundheit wie folgt definiert:

„Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie inständig, Gesundheit nicht auf Infektionsfreiheit zu reduzieren. Machen Sie sich weiter stark dafür, dass wenigstens unsere Kinder diese Zeit so unbeschadet wie möglich überstehen. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Frau Dworeck-Danielowski. – Jetzt hat Herr Preuß für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Redebeitrag wollen wir wieder auf die harten Fakten zurückkommen, die sich aus dem Antrag ergeben: Die AfD möchte die Coronaschutzverordnung, soweit Kinder betroffen sind, in sämtlichen Punkten außer Kraft setzen.

(Thomas Röckemann [AfD]: Bravo!)

Das halten wir für verantwortungslos.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Thomas Röckemann [AfD]: Uh!)

Natürlich stellt die aktuelle Situation für die Familien, die Kinder und die Jugendlichen eine große Belastung dar. Natürlich finden Kinder und Jugendliche es nicht gut, wenn sie nicht zu ihren Sportvereinen oder zum Training gehen können und sich weniger bewegen dürfen.

Die Einschränkungen sind aber in der jetzigen Lage zumutbar und verhältnismäßig; denn sie dienen dem Schutz von Leben und Gesundheit eben auch dieser Kinder und Jugendlichen.

Es geht darum, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen und damit Menschenleben zu retten. Der Gesundheitsschutz der Menschen hat höchste Priorität. Deshalb unterstützen wir auch die strikten Vorsichtsmaßnahmen.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir daher ab.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Preuß. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Dr. Maelzer das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat kulminiert Ihr Antrag in der Forderung, Kinder in sämtlichen Punkten von der Coronaschutzverordnung auszunehmen. Diesen Weg können wir nicht mitgehen.

Wir haben zum Glück die Situation, dass eine Coronaerkrankung bei Kindern in den allermeisten Fällen mit milden Symptomen verbunden ist und es nur selten zu schwereren Erkrankungen kommt.

Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass Kinder eben nicht immun gegen diese Infektionskrankheit sind. Darum können wir diesen Schritt, den Sie vorschlagen, nicht mitgehen.

Wenn es Ihnen wirklich wichtig wäre, dass Kinder nicht in der Isolation verbleiben, hätten Sie etwas anderes zum Schwerpunkt gemacht. Diese ganzen Maßnahmen werden doch auch und gerade deshalb getroffen, damit unsere Schulen und Kitas offen

bleiben können, damit Bildung und Betreuung sowie die sozialen Kontakte weiterhin stattfinden können.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Wenn Ihnen das wichtig ist, dann sollten Sie den Fokus darauf legen, wie wir Sicherheit in unseren Schulen und Kitas organisieren.

Da ist die Landesregierung noch immer im Sommermodus. Genau das ist die große Gefahr. Denn konsequentes Nichthandeln führt eher dazu, dass mehr Kinder in die Quarantäne und damit mehr Kinder in die Isolation getrieben werden, als wenn man gestaltend eingreifen würde.

Das wäre ein Fokus, auf den sich der Landtag konzentrieren sollte. Das tun Sie nicht. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Maelzer. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Schneider.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für Kinder und Jugendliche ist Sport ein wichtiges Ventil in der Freizeit. Sie bewegen sich; sie powern sich aus; sie treffen sich mit Freunden. Das kommt jetzt ohne Zweifel ein Stück zu kurz.

(Andreas Keith [AfD]: Ein Stück?)

Doch noch schwerer als diese Beschränkung würde es wiegen, wenn es zu einer Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen käme. Daher haben die NRW-Koalition aus Union und FDP und unser Kinderminister Joachim Stamp ein ganz klares Zeichen für eine Bildungsgarantie gegeben. Das ist wichtig; denn jeder Tag ohne frühkindliche Bildung ist ein verlorener Tag mit weitreichenden Auswirkungen auf die Bildungschancen unserer Kinder und Jugendlichen.

Doch auch Kinder und Jugendliche müssen, wo immer möglich, ihre sozialen Kontakte einschränken. Das RKI vertritt beispielsweise die Auffassung: Auch wenn Kinder und jüngere Jugendliche seltener betroffen sind als Erwachsene und nicht als Treiber der Pandemie gelten, können sie sich doch grundsätzlich infizieren – und ihre Kontaktpersonen mit. Mit zunehmendem Alter ähneln Jugendliche hinsichtlich Empfänglichkeit und Infektiosität den Erwachsenen.

In der Abwägung ist es daher das mildere Mittel, auf der einen Seite Sport- und Spielaktivitäten von Kindern und Jugendlichen einzuschränken, wenn wir dafür auf der anderen Seite bestmögliche Bildungschancen, eine Bildungsgarantie und eine Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft sicherstellen können. Das

sind wir unseren Kindern und unseren Familien schuldig. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Frau Schneider. – Nun spricht Frau Paul für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.