Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

Kernkraft, die übrigens in vielen Ländern auf der Welt an Fahrt aufnimmt.

Die USA planen für ihre Militärstützpunkte, und zwar unabhängig davon, wer jetzt Präsident wird, 500 Minikernkraftwerke. Auch die nur wenige Kilometer entfernten Niederländer planen bis zu zehn neue Kernkraftwerke.

Wieso liegt es dann nicht näher, dass Firmen aus Deutschland diesen wertvollen Rohstoff dort zur Verfügung stellen? Wäre es angesichts der steigenden Nachfrage nach der Kernenergie im Ausland nicht vielmehr an der Zeit, dass wir jetzt eine Forschungs-

und Bildungsinitiative im Bereich der Kernkraft einführen? Wie wäre es mit einer NRW-Exzellenzinitiative Kernkraft für eine CO2-freie Kerntechnologie mit inhärent sicheren Kernkraftwerken made in NRW, made in Germany? Die Patente liegen doch bereits bei einem Berliner Unternehmen. Ich meine den Dual-Fluid-Reaktor; den kennen Sie.

Das wären Investitionen in die Zukunft. Das wären Investitionen in eine günstige und versorgungssichere Energieversorgung. Stattdessen liegt uns heute dieser rückwärtsgewandte Antrag der Grünen vor. Dem können wir leider nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Loose. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der im Antrag gestellten Forderung, die Urananreicherungsanlage in Gronau zu schließen, haben wir uns schon mehrfach und in verschiedenen Zusammenhängen befasst. Nunmehr startet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen erneuten Anlauf. Sie gehen hierbei auf mehrere Bundesratsbeschlüsse ein.

Der Beschluss aus dem Jahr 2011 bezieht sich auf die 13. Novelle des Atomgesetzes. Mit dieser wurde unter dem Eindruck der Katastrophe in Fukushima der Ausstieg aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie in Deutschland gesetzlich festgelegt. Die Forderung des Bundesrates, auch die Urananreicherungsanlage Gronau in den Ausstieg einzubeziehen, wurde nicht aufgenommen, da nur die kommerzielle Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung durch Kernspaltung beendet werden sollte.

Im November 2015 legte die Bundesregierung das Nationale Entsorgungsprogramm für eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle vor. Zum ersten Mal wurden aus Vorsorgegründen auch die beim Betrieb der Urananreicherungsanlage Gronau anfallenden radioaktiven Reststoffe aufgenommen.

Mit der Aufnahme in dieses Programm geht allerdings nicht die objektive Feststellung einher, dass es sich hierbei um radioaktive Abfälle handelt, sondern das betrifft die theoretische Möglichkeit, dass diese Menge anfallen könnte.

An dieser Sichtweise und den Fakten hat sich bis heute nichts geändert. Die Bundesregierung hat bisher keine Schritte unternommen, um eine Schließung der Urananreicherungsanlage einzuleiten. Die

von Ihnen zitierten Gutachten aus November 2017 sind nicht vollständig wiedergegeben. Richtig ist, dass auch die Gutachter des Bundesumweltministeriums die rechtssichere Möglichkeit der Schließung von Anlagen der Brennstoffkette sehen.

In den Gutachten werden aber auch Bedingungen genannt. So bedarf die Schließung der Urananreicherungsanlage Gronau einer rechtlichen Grundlage – einer Grundlage, die nur der Bundesgesetzgeber schaffen kann, da das Atomgesetz Sache des Bundes ist. Bei einer diesbezüglichen Änderung muss allerdings mit hohen Entschädigungsleistungen gerechnet werden.

Die Gutachter sagen weiterhin, dass eine Schließung der Urananreicherungsanlage Gronau frühestens mit dem Ende der Stromerzeugung aus Kernkraftwerken in Deutschland möglich ist.

Nicht zuletzt würde ein Verbot der Urananreicherung in Deutschland gegen den Vertrag von Almelo verstoßen, aus dem allein die Bundesregierung den Austritt unter Einhaltung einer einjährigen Frist erklären könnte. Bei multilateralen Abkommen sind wir bisher ganz überwiegend der Meinung, dass es ganz gut ist, wenn man dabei ist und nicht einseitig austritt.

Das möchte ich zu bedenken geben, auch vor dem Hintergrund, dass unsere Energiewende, also der Ausstieg aus der Kohleverstromung, zwingend davon ausgeht, dass wir beim Stromaustausch europaweit sehr eng zusammenarbeiten. Deswegen werden ja die Netzaustausche an den Grenzen verstärkt.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Wir sitzen also alle in einem Boot.

(Beifall von der FDP und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Es war im Übrigen stets ein Argument der Grünen, dass ein Energy-Only-Markt immer europäisch gedacht werden muss. Auch das muss man bedenken, wenn man darüber spricht.

Zudem sollte man sich gelegentlich in Erinnerung rufen, dass unsere französischen Freunde bei der Verstromung zu drei Vierteln und bei der Wärme zu zwei Dritteln vom Atomstrom abhängig sind.

Was Sie in Ihrem Antrag gar nicht berücksichtigt haben, sind die Auswirkungen einer Schließung der Urananreicherungsanlage auf Gronau selbst. Der Verlust von Arbeitsplätzen und auch von Steuereinnahmen für die Kommune ist zu bedenken. Schließlich verunsichern Sie mit der Debatte die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Anlage sowie deren Zulieferbetriebe.

Ob abgereichertes Uranhexafluorid aus der Urananreicherung als Wertstoff oder als Abfall zu betrachten ist, obliegt nach Atomgesetz einzig und allein der Urenco Deutschland als Betreiberin. Aus wirtschaft

lichen Gründen setzt die Urenco Deutschland darauf, das abgereicherte Uranhexafluorid aus der Urananreicherung als Wertstoff anzusehen.

Das Atomgesetz hat in § 9a festgeschrieben, dass der Unternehmer entweder für die sichere Entsorgung oder für die Verwertung Sorge zu tragen hat. Bei den von Ihnen kritisierten Transporten von abgereichertem Uran muss ich nochmals darauf hinweisen, dass es sich um einen sonstigen radioaktiven Stoff handelt. Für den grenzüberschreitenden Transport bedarf es nach aktuellen Regelungen keiner Genehmigung nach dem Atomgesetz. Eine von Ihnen geforderte unverzügliche Untersagung des Exports wäre somit seitens der nordrhein-westfälischen Landesregierung rechtlich gar nicht möglich.

Sie führen hier das aktuelle Rechtsgutachten von Professor Wegener an, das Ihre Berliner Fraktionskollegen beauftragt hatten, welches der Frage nachgeht, ob der Export von abgereichertem Uran aus Deutschland nach Russland derzeit europarechtlich zulässig ist.

Genehmigungen nach der Dual-Use-Verordnung werden gar nicht erst erteilt, wenn die zuständigen Bundesbehörden hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die Güter eine militärische Endverwendung haben könnten. Die Genehmigungsbehörde des Bundes, das BAFA, kann lediglich bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte Ausfuhranträge ablehnen, falls das Risiko einer militärischen Endverwendung besteht.

Nach Angaben der Bundesregierung auf entsprechende Anfragen im Deutschen Bundestag im November 2019 liegen derartige Hinweise nicht vor. Das Gutachten von Professor Wegener werden wir zum Anlass nehmen und die Bundesregierung sowie das BAFA fragen, wie diese sich zu den in dem Gutachten gemachten Aussagen stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in einem Punkt sind wir uns jedoch sicherlich einig. Die nordrhein-westfälische Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Initiative zur Nachschärfung der Exportregelung mit Blick auf Kernbrennstoffe aufgegriffen hat und weiterhin über eine Neuregelung zwischen den Bundesressorts berät.

Diese Bemühungen haben eine Signalwirkung und sind sehr wichtig, um die nachvollziehbaren Sorgen der Bürgerschaft in grenznahen Regionen gegenüber zunehmend älteren Atomkraftwerken in unseren Nachbarländern aufnehmen zu können. – Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Professor Dr. Pinkwart. – Der guten Ordnung halber teile ich mit, dass die Landes

regierung ihre Redezeit um 1 Minute 37 Sekunden überzogen hat. – Das ändert nichts an der Tatsache, dass es keine Wortmeldungen mehr gibt.

Somit sind wir am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung, und zwar über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 17/11616 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – federführend – sowie an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung sollen im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Gibt es hierzu Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann stelle ich die einstimmige Zustimmung zu dieser Überweisungsempfehlung fest.

Iich rufe auf:

5 Kultur-Lockdown sofort aufheben – Theater,

Opern- und Konzerthäuser sowie Museen sind keine Infektionsorte

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/11670

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der AfD Frau Abgeordneter Walger-Demolsky das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Systemrelevanz. „Dein Grubengold“ – also die Adern, auf denen wir im Ruhrpott leben – „hat uns wieder hochgeholt.“ „Du hast ’n Pulsschlag aus Stahl.“ Lang ist’s her! Nicht nur der Sänger dieser Bochumer Hymne ist längst im Ausland, auch Kohle und Stahl sowie die Industrieproduktion sind weg.

Aber die „Blume im Revier“ hat sich ein drittes Mal in nur einem Jahrhundert neu erfunden, als Stadt der Wissenschaft und der Kultur. Hirn und Herz, zwei Seiten einer Medaille. Und schon wieder: systemrelevant. Oder nicht?

In der Pandemie haben Bochum und seine Künstler festgestellt, sie sind gar nicht das Herz, sie sind allenfalls die Seele. Und die Seele ist für einen Naturwissenschaftler weder greifbar noch systemrelevant.

Da nützt es nichts, dass die Kultur und kulturelle Teilhabe als Menschenrechte anerkannt sind. Da nützt es auch nichts, wenn Kultur für die epidemische Lage dank hervorragender Schutzkonzepte überhaupt keine Bedeutung hat. Das alles nützt nichts, wenn ein „Rasenmäher aus der Uckermark“ Kultur schlicht als Freizeitvergnügen einstuft und die „Blume im Revier“ schon wieder niedergemäht wird.

(Beifall von der AfD)

Mein Mann hat als multimorbider Risikopatient in diesem Jahr schon mehrfach im Krankenhaus gelegen, zuletzt bis vor einer Woche. Ich kann Ihnen aus eigener Anschauung sagen, was Relevanz für die Situation in unseren Krankenhäusern hat. Von Relevanz ist die immer noch mangelhafte Versorgung mit notwendigem Schutzmaterial und der Umgang mit dem selbigen.

Warum tragen Teile des Pflege- und medizinischen Personals bis heute nur einfache OP-Masken bei der Behandlung? Warum bekommen Risikopatienten nicht automatisch FFP2-Masken zu ihrem Schutz? Warum werden zwar in vielen Krankenhäusern alle Eingangspatienten grundsätzlich getestet und Besucher verboten, aber das Personal wird erst dann getestet, wenn eine deutliche COVID-19-Erkrankung gar nicht mehr zu übersehen ist? Das Bild in Altenheimen, habe ich mir berichten lassen, sieht nicht viel besser aus.

Wenn ein bedeutender Teil der auf dem Markt verfügbaren FFP2- oder KN95-Masken gefälscht ist und somit gar nicht wirksam schützen kann, ist das im zehnten Monat der Pandemie in Deutschland ein eklatantes Versagen der verantwortlichen Politiker und kann auch nicht mit teuren und sichtbar wirkungslosen Wellenbrecher-Lockdowns kaschiert werden. Alte Menschen und andere Risikogruppen werden bis heute nicht geschützt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Ich bin sehr froh, dass das Ministerium von Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen mit sehr vielen Maßnahmen das Sterben der Kultur bis heute aufgehalten hat. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Menschen Herz oder Seele – egal, wie Sie es möchten – genommen werden.

Nein, ein Shoppingabend bei IKEA, SATURN, MediaMarkt oder jetzt sogar der METRO können die Teilhabe an der Kultur und am kulturellen Leben nicht ersetzen. Netflix darf die Kinos nicht ablösen, und ein virtueller Spaziergang durch das K20 oder das Museum Folkwang ist doch keine Alternative zum Erleben vor Ort.