Nein, ein Shoppingabend bei IKEA, SATURN, MediaMarkt oder jetzt sogar der METRO können die Teilhabe an der Kultur und am kulturellen Leben nicht ersetzen. Netflix darf die Kinos nicht ablösen, und ein virtueller Spaziergang durch das K20 oder das Museum Folkwang ist doch keine Alternative zum Erleben vor Ort.
Wer es dann gar nicht mehr aushält, dem sei zum Beispiel ein Besuch der Galerie Ludorff hier in Düsseldorf empfohlen. Dort haben Sie als gut betuchter potenzieller Käufer durchaus jederzeit die Möglichkeit, große Kunst und Kultur live zu erleben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Serie an Anträgen, die uns in dieser Plenarwoche vorliegt – zum Teil haben wir sie bereits abgehandelt, einige stehen noch an –, zeigt in der Zusammenfassung – das ist bereits im ersten Antrag klar und ausdrücklich zu lesen –, dass die Coronaschutzverordnung insgesamt aufgehoben werden soll, da es eine ernsthafte Gefährdung der Gesundheit unserer Kinder, Jugendlichen sowie der älteren Menschen durch Corona gar nicht gebe.
Die Fakten, die Infektionszahlen, die Todesfälle, die Behandlungskapazitäten und deren weltweite Betrachtung werden dabei schlichtweg ignoriert. Damit ist eine Debatte nicht mehr möglich, weil die Grundlagen verlassen sind.
Die Debatte der letzten Tage zeigt – und so haben sich alle demokratischen Fraktionen eingelassen –, dass wir in der Hälfte der Fälle, in denen man durchaus die Frage nach der Eignung der Maßnahmen stellen und diskutieren kann, gar nicht wissen, wo tatsächlich Infektionsrisiken und Infektionsherde bestehen. Daher sind schon aus Gründen der Vorsicht Maßnahmen nach der Coronaschutzverordnung notwendig.
Die Forderungen der Antragstellerin, die man durchaus auch in einem Antrag hätte zusammenfassen können, halte ich für unverantwortlich.
(Beifall von der CDU und der FDP – Gabriele Walger-Demolsky [AfD]: Über welchen spre- chen wir jetzt eigentlich?)
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Preuß. – Für die Fraktion der SPD hat nun Herr Kollege Bialas das Wort. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf direkt zum Antrag kommen: Es bedarf dieses Antrages schlicht nicht. Sie wollen sich als Anwalt der Kulturszene darstellen, aber das wird Ihnen schwerlich gelingen.
Sie haben hier an diesem Pult vor genau 197 Tagen beim Antrag zur finanziellen Existenzsicherung der Künstlerinnen und Künstler Ihr Verständnis von Kulturpolitik klar und präzise dargestellt. Ich darf zitieren:
„Der SPD-Antrag zeigt wieder einmal deutlich, dass die ehemalige Arbeiterpartei für jeden offensichtlich Klientelpolitik reinsten Wassers betreibt. …“
„Die heutige Kunst- und Kulturszene ist linksorientiert. Man könnte fast sagen, die heutige Kunstszene versteht sich zu oft als Vorfeldorganisation einer längst überholten linken bzw. marxistisch begründeten Ideologie: ….“
Lassen Sie mich trotzdem etwas zu den LockdownMaßnahmen insgesamt sagen. Wir hatten bereits vor zwei Tagen eine Debatte über die Existenznöte der Solo-Selbstständigen. Darauf gehe ich nicht ein, unsere Position ist auch hinlänglich bekannt.
Die Pandemie und ihr Infektionsgeschehen: Wir wissen schlicht zu wenig. Wir haben Ahnungen, gewisse Erkenntnisse, Meinungen, die sich auch wieder ändern können. Wir leben in einer verwissenschaftlichten Welt. Wir sind mit unserem täglichen Leben auf die Methoden der Wissenschaft zurückgeworfen, die eben nicht von Anfang an mit sicherem Wissen aufwartet, sondern mit Prognosen, Tendenzen, Annahmen, Hypothesen, Versuchen etc. Das ist nicht schön, aber man kann es derzeit auch nicht ändern.
Für die Politik soll immer etwas anderes gelten, aber das geht schlicht und ergreifend in diesen Zeiten nicht. Auch das müssen wir anerkennen.
Was sich derzeit als sehr wahrscheinlich darstellt, ist, dass es sich um ein sehr gefährliches Virus handelt, das sich besonders dort gut ausbreitet, wo sich viele Menschen in begrenzten und ungelüfteten Räumen begegnen.
Es gibt Leute, die das leugnen. Es gibt aber auch Leute, die versuchen, so viel Schaden wie möglich von so vielen Menschen wie möglich fernzuhalten, die begreifen, dass es sich hier um eine existenzielle Frage des Lebens und Überlebens handelt.
Daher versucht man, Gefahrensituationen zu minimieren und die Beweglichkeit zwischen diesen Räumen einzuschränken. Das ist schmerzhaft, aber wohl unerlässlich.
Umso wichtiger ist es aber auch für Lockdown-Maßnahmen, die Orte eines auffälligen Infektionsgeschehens zu identifizieren. Das haben wir in der Tat bei den Kulturorten so nicht, wir wissen es aber auch nicht genau. Wenn wir dort entsprechende Maßnahmen treffen, müssen wir schon schlüssige Gründe in nachvollziehbaren Vergleichskategorien angeben. In diesem Lichte ist es notwendig, eine entsprechende Verordnung für Kultureinrichtungen vorzunehmen.
Nach unserer Auffassung sind Kulturorte insbesondere auch Bildungsorte. Kulturorte können Orte von Sinnsuche und Sinnfindung sein. Gerade in säkularisierten Staaten übernehmen die Kunst und ihre innenliegende Kraft spezifische Formen der Reflexion und Vergewisserung – besonders in Krisenzeiten.
Kulturorte sind eben nicht in eine Reihe von Amüsierbetrieben und Freizeitangeboten einzuordnen. Sie
sind einzuordnen in die Phalanx von Kultusstätten und Bildungseinrichtungen, und sie müssen dementsprechend und vergleichbar behandelt werden.
Wenn also die Schulen offen sind, müssen auch die Musikschulen offen sein. Wenn die Kirchen offen sind, müssen auch Kultureinrichtungen offen sein. Die Begründung des Gegenteils, dass das in anderen Ländern gemacht wird, ist nicht schlüssig. Es ist auch nicht schlüssig, wenn ein Musiklehrer beim WDR anruft, den Ministerpräsidenten spricht und sagt: „Macht mal die Musikschule auf“, und das passiert dann tatsächlich. Wir brauchen schon verlässliche Kriterien, die auch eine innere Haltung aufweisen.
Wie man auf die Idee kommen kann, gerade in einer Krisenzeit die Bildungsdimension und die gesellschaftspolitischen Komponenten der Kultur infrage zu stellen oder außer Acht zu lassen, ist mir schleierhaft.
Schleierhaft ist mir auch der Gedanke, dass man beispielsweise die geschlossene Bildungseinrichtung Museum für den Schulunterricht nutzen möchte. Das ist für mich ein innerer Widerspruch.
Lassen Sie mich noch etwas zu einem spezifischen „Grillgut der Extrawürste“ sagen: Ich halte diesen Vergleich wahrlich für fehl am Platze, aber das war es dann auch schon. Ich habe die Anfeindungen der Person der Ministerin und die zahlreichen falschen Aussagen über die Mühen und die Leistungen ihrer Person im Netz und in den Medien verfolgen können. Ich möchte hier sehr deutlich sagen: Wir streiten uns mit Sicherheit über viele Inhalte und Sichtweisen. Aber in den Zeiten der Krise sind und waren Sie – Sie werden ihr das mit Sicherheit ausrichten, Herr Staatssekretär – ein verlässlicher Partner der Künstlerinnen und Künstler, ein verlässlicher Partner der Kultur. Dafür darf man selbst aus der Opposition heraus einmal Danke sagen.
Wenn sich alle für Kunst und Kultur so einsetzen würden, wie es die Kulturpolitiker in Nordrhein-Westfalen machen, wie es das Kulturministerium macht, wie es der Kulturrat macht – auch auf der Bundesebene, ob das Herr Zimmermann ist oder hier Herr Baum –, dann wären wir in vielem weiter.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Dafür streiten wir in der Kulturpolitik. In den letzten Tagen ging es natürlich um die finanzielle Unterstützung der Künstlerinnen und die Lockdown-Maßnahmen. Aber auch in Zeiten der Krise werden sich Kulturpolitiker sicherlich nicht auseinanderdividieren lassen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bialas. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Abgeordnete Schneider das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am heutigen Freitag, den 13., ist das meine 13. Rede in dieser Plenarwoche. Ich habe trotzdem großen Spaß daran, auch wenn ich an den vorliegenden Anträgen nicht immer Spaß habe.
Werter Herr Kollege Bialas, dass die SPD-Fraktion, auf die ich einmal sehr große Stücke gehalten habe, permanent die zahlreichen Anträge von rechts nutzt, um die Landesregierung zu attackieren, zu diskreditieren und zu beschimpfen, finde ich politisch ganz schlechten Stil.
(Beifall von der FDP und der CDU – Regina Kopp-Herr [SPD]: Was? – Andreas Bialas [SPD]: Also entschuldigen Sie mal! Vorher sollte man zuhören!)
Ich nehme mir jetzt die Freiheit, als Liberale zum vorliegenden Antrag zu reden, damit es neben dem Kollege Preuß noch jemand tut. Die Antragsteller sind auch kaum drauf eingegangen; es war eher so ein Gemischtwarenladen aus Krankenhäusern, Altenheimen und Einzelhandel. Zur Kultur habe ich da nicht so richtig was erkennen können.
Daher noch einmal erklärt: Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, dass Kulturbetriebe ein Hotspot für Neuinfektionen sind.
Aber bei 75 % der Neuinfektionen wissen wir eben nicht, wo diese herkommen und wo die Infektion überhaupt stattgefunden hat.
Durch die Maßnahmen der Coronaschutzverordnung soll daher das Infektionsgeschehen insgesamt heruntergefahren werden.
Für den Monat November bekommen die Kulturakteure eine Entschädigung: 75 % des regulären Umsatzes für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter sowie Unternehmerlohn für Kunst- und Kulturschaffende.
Ich habe in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zahlreiche Künstler, Theaterbesitzer, allgemein Kulturschaffende. Die sind sehr dankbar, dass die Landesregierung handelt und dass man sich um sie kümmert.