Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NordrheinWestfalen ist der Motor der deutschen Integrationspolitik. Als NRW-Koalition wollen wir deshalb mit unserem Haushalt vor allem eines: Wir wollen dieser Motor bleiben und die wichtigen Initiativen und Kampagnen der letzten Jahre fortführen.

Seit 2017 ist die Verbindung von Ordnung und Humanität unser Kompass der Integrationspolitik. Wir bekennen uns damit klar zum NRW-Integrationskonsens. Die vier Säulen aus Sprachförderung, Bildung, Arbeitsmarktintegration und der Vermittlung unserer Werte ziehen sich auch durch den vorliegenden Haushaltsentwurf. Mit unserer Teilhabe- und Integrationsstrategie 2030 und dem eigens eingerichteten Integrationsbeirat haben wir diesbezüglich einen großen Schritt gehen können. Der Haushalt soll nun die nächsten Schritte absichern.

Meine Damen und Herren, wir wollen trotz der coronabedingten Umstände für Verlässlichkeit und Stabilität sorgen:

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und Ste- fan Lenzen [FDP])

Verlässlichkeit für Kommunen und unsere vielen Partner im Integrationsbereich, Stabilität für die vielen wichtigen Maßnahmen und Projekte.

Daneben stehen wir für Kontinuität. Denn viele Haushaltsansätze werden in gleicher Höhe wie in diesem Jahr fortgeschrieben. Das gilt beispielhaft für das Landesprojekt zur Stärkung der kultursensiblen Altenpflege, welches auch die Lebensleistung der vielen Zuwanderinnen und Zuwanderer berücksichtigt. Das gilt aber auch für die tragfähige Zusammenarbeit mit Muslimen durch die Koordinierungsstelle Muslimisches Engagement. Wir fördern hier das Empowerment und die Integration von Muslimen. Auch hierbei werden die Mittel verstetigt.

Der Haushaltsentwurf sieht aber auch frisches Geld für die Kommunen vor. Mit einer Verdoppelung des Ansatzes für das Kommunale Integrationsmanagement auf 50 Millionen Euro unterstützen und befähigen wir Städte und Gemeinden bei der Steuerung und dem Case-Management.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und Ste- fan Lenzen [FDP])

Eine gelingende Integration von Menschen kann nur vor Ort geschehen. Dabei wollen wir die Kommunen weiter unterstützen. Deshalb freut es mich, dass die Förderrichtlinie in absehbarer Zeit veröffentlicht und das KIM an den Start gehen wird.

Mit dem KIM werden auch die Ausländer- und Einbürgerungsbehörden in den Blick genommen. Wir möchten Einbürgerungsverfahren in den Behörden beschleunigen. Unser Anliegen ist es, Menschen für den Schritt hin zu einer Einbürgerung zu motivieren. Wenn man Deutsche oder Deutscher werden möchte, darf es nicht an effektiven Verfahren in den Behörden mangeln.

Daneben stärken wir die Mittel für die integrationspolitische Infrastruktur, für die Kommunalen Integrationszentren, für die Integrationsagenturen, für die vielen Migrantenselbstorganisationen in NRW oder für wichtige Programme wie KOMM-AN NRW.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ausgeweitet werden auch die Mittel für die Antidiskriminierungsarbeit, nämlich um zusätzliche 3 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, auch die notwendige Anhebung der FlüAG-Pauschale wird durch den vorliegenden Entwurf berücksichtigt. Diese Mittel – und das sind plus 100 Millionen Euro, also kein Zückerchen, Frau Lux – werden eingeplant, obgleich das Flüchtlingsaufnahmegesetz Weiteres klären wird.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und Margret Voßeler-Deppe [CDU])

Wir wollen weiterhin Sorge dafür tragen, dass die kommunale Familie bei den Kosten für Flüchtlinge spürbar entlastet wird.

Zuletzt berücksichtigt der Haushaltsentwurf auch die Aufnahme- und Unterbringungseinrichtungen, dabei erstmalig auch die Psychosoziale Erstberatung. Die Erstberatung soll das bestehende Angebot in den Einrichtungen ausweiten. Wichtig ist, dass es auch flächendeckend erreichbar ist. Auch das ist ein wichtiger Punkt aus dem Asyl-Stufenplan, der durch den Haushalt weiter umgesetzt werden kann.

Die vorgesehenen 5 Millionen Euro für die Psychosoziale Erstberatung verstärken das Förderprogramm „Soziale Beratung für Flüchtlinge“, welches nunmehr auf 35 Millionen Euro angehoben wird.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Für die Zentralen Unterbringungseinrichtungen ist es daneben wichtig, auch ein schulnahes Bildungsangebot nutzen zu können. Der Einzelplan sieht auch hier wieder die notwendigen Sachmittel vor; denn auch in den Einrichtungen muss ein Mindestmaß an Bildung gegeben sein.

Zum Schluss lassen Sie mich zusammenfassen:

Erstens. Wir wollen Integration in NRW verbindlich machen.

Zweitens. Wir wollen Angebote schaffen, die Anschluss ermöglichen, Angebote, die die Teilhabe an

unserer Gesellschaft und an unserem Arbeitsmarkt ermöglichen.

Drittens. Wir wollen Kommunen weiter entlasten.

Viertens. Wir wollen Rückführung und die Rückkehrberatung unterstützen, um anschließend die Menschen integrieren zu können, die ein Anrecht haben, bei uns zu sein. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wermer. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Aymaz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Zunächst einmal möchte ich positiv bemerken, dass der Haushaltsplan im Einzelplan 07 finanziell stabil bleibt, es sogar Zuwächse gibt und vordergründig keine Kürzungen vollzogen werden.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einem umfangreichen Zahlenwerk lohnt sich auch immer ein zweiter, in die Tiefe gehender Blick auf die Details.

Damit kommen wir auch schon zum eigentlichen Knackpunkt: der sozialen Beratung von Geflüchteten. Hier gibt es im Haushaltsentwurf keine faktischen Kürzungen der Mittel. Die soziale Beratung wird sogar um die von uns seit Langem geforderte Psychosoziale Erstberatung in den Landesunterkünften erweitert. Das möchte ich an dieser Stelle auch ausdrücklich begrüßen.

(Beifall von den GRÜNEN und Stefan Lenzen [FDP])

Absolut nicht nachvollziehbar ist aber für mich, warum sich die Psychosoziale Erstberatung und die überregionale Fachbegleitung nicht in der Verpflichtungsermächtigung widerspiegeln, um auch den Trägern und dem Personal, die hier eine so essenzielle Arbeit leisten, eine entsprechende Planungssicherheit zu ermöglichen.

Daher haben wir einen Haushaltsänderungsantrag gestellt, der eine Erhöhung um 6 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro vorsieht. Er wurde leider von den regierungstragenden Fraktionen abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zu der Neuausrichtung der Förderrichtlinie für die soziale Beratung, die ab 1. Januar 2021 gilt: Damit droht vielen Beratungsangeboten das Aus. Dies sorgt seit Wochen für großen Unmut und tiefe Verunsicherung bei den Trägern; denn mit der Festsetzung eines Förderhöchstsatzes für Personalausgaben von lediglich 80 % können viele Träger ihre qualitativ hochwertige und unabhängige Beratungsarbeit nicht mehr stemmen, da

sie die erforderlichen Eigenmittel schlichtweg nicht haben.

Es kann doch nicht wahr sein, dass Träger auf diese Weise gezwungen werden, entweder erfahrenes Personal unter Tarif zu bezahlen oder gar nur noch auf Berufseinsteiger zu setzen – und das in dem komplexen Feld der Beratung.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE] und Monika Düker [GRÜNE])

Hier werden in neoliberaler Manier qualitative Strukturen kaputtgespart, meine Damen und Herren. Das wollen wir so nicht hinnehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Obwohl Sie, Herr Minister Stamp, nicht müde werden, zu betonen, wie wichtig Ihnen die soziale Beratung sei, bangen nun viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ihren Job. Ich kann mich daran erinnern, dass das letztes Jahr und das Jahr davor genauso war.

So ist zum Beispiel die Diakonie Paderborn-Höxter e. V. seit vielen Jahren mit großem Engagement und erfahrenem Personal in der sozialen Beratung für Geflüchtete tätig, unter anderem auch in dem Pilotprojekt Psychosoziale Erstberatung. Aufgrund nun zusätzlich anfallender Kosten in Höhe von etwa 67.000 Euro hat sich der Träger entscheiden müssen, seine Asylverfahrensberatung in Bad Driburg und Borgentreich zu schließen.

Auch bei der Diakonie Ruhr-Hellweg e. V. steigen die benötigten Eigenmittel bei der Beratung drastisch auf mittlerweile fast 140.000 Euro.

Besonders dramatisch ist auch die Situation der Diakonie in Leverkusen. Sie muss allein für die Finanzierung von zwei Beratungsstellen über 33.000 Euro an Eigenmitteln aufbringen.

All diese genannten Träger leisten hochqualifizierte und engagierte Beratungsarbeit, die sich immer wieder und gerade auch in Krisenzeiten bewährt hat. Es ist absolut nicht hinnehmbar und ein fatales Signal, dass gerade diese Strukturen ausgerechnet jetzt, in einer Pandemiesituation, so leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister Stamp, ich habe Sie immer wieder, auch in der letzten Ausschusssitzung, aufgefordert, hier schnell gemeinsam mit den Akteuren eine tragfähige Lösung zu finden und dafür zu sorgen, dass die soziale Beratung von Geflüchteten qualitativ und flächendeckend weiterhin gewährleistet bleibt. Bislang ist in dieser Hinsicht aber nichts passiert. Ich hoffe dennoch – ich will die Hoffnung nicht aufgeben –, dass Sie dieses Problem zeitnah angehen werden. Wir können es uns nicht erlauben, dass diese Strukturen kaputtgespart werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum Abschluss möchte ich auf einen weiteren Punkt eingehen. Sie haben Ihr Versprechen, die Kommunen zu unterstützen und die FlüAG-Pauschale angemessen anzupassen, immer noch nicht eingelöst. Auch daran haben wir Grüne Sie immer wieder erinnert. Diese 110 Millionen Euro sind in der Tat wirklich nur ein Zückerchen und werden absolut nicht den tatsächlichen Bedürfnissen in den Kommunen gerecht.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Aber darauf werden wir am Freitag noch ausführlicher zu sprechen kommen. – Vielen Dank.