Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

9 Pflanzen brauchen Licht, Wasser und CO2 zum

Wachsen! Corona- und Klimaschutzmaßnahmen für die Gartenbaubranche sofort beenden!

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/11853

Ich eröffne die Aussprache. – Herr Dr. Blex hat für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Pflanzen betreiben Photosynthese – manche von Ihnen wussten das vielleicht noch nicht – und brauchen deshalb zum Wachsen Licht, Wasser und CO2. So wird mithilfe des Sonnenlichtes das Wasser mit dem CO2 in der Atmosphäre in Biomasse umgewandelt. Das sollte man in der Schule gelernt haben.

Unzählige Studien und Experimente belegen den positiven Effekt zwischen einem erhöhten CO2-Angebot in der Luft und einem stärkerem Pflanzenwachstum. In diesem Zusammenhang spricht man von einem sogenannten CO2-Düngeeffekt.

Bei den sogenannten C4-Pflanzen wie Mais, Zuckerrohr und Hirse liegt das Optimum beim Stoffwechsel oberhalb der aktuellen CO2-Konzentration. Der optimale CO2-Anteil bei den sogenannten C3-Pflanzen – dazu zählen Getreide, Kartoffeln und alle Baumarten – liegt sogar bei 800 bis 1.600 ppm und damit beim Doppelten bis Vierfachen der aktuellen CO2Konzentration, die erdgeschichtlich immer noch auf einem extremen Minimum ist.

Im Gartenbau sind beheizte Gewächshäuser deshalb weit verbreitet. Um dort ideale Bedingungen für das Pflanzenwachstum herzustellen, wird eine künstliche Umgebung geschaffen. Was macht man dafür? – Man erhöht den CO2-Gehalt und die Umgebungstemperatur. Gleichzeitig schafft man eine Schutzumgebung vor Schädlingen.

Die Corona- und Klimaschutzmaßnahmen bestrafen jedoch gerade die Gartenbauer für ihre gezielte und optimierte Kulturpflege. Die Zufuhr von CO2 und die Heizung im Unterglasgemüseanbau sowie im Zierpflanzenanbau gleicht für die Anhänger der „Church of Global Warming“ einer schweren Sünde, worauf natürlich eine Strafsteuer zur Abbitte fällig wird. Ihre Bundesregierung hat diese in Form der CO2-Steuer von 25 Euro pro Tonne ab 2021 und 55 Euro pro Tonne ab 2025 verhängt.

Als die Bundesregierung vor knapp einem Monat ihre Änderung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz bekannt gegeben hat, war klar, dass die Gartenbaubranche keine Kompensation für ihre Mühen bekommt. In einem Eckpunktepapier kommt der Zentralverband Gartenbau e. V. zu dem Ergebnis, dass

das sogenannte Carbon-Leakage-Risiko für den Gartenbau besonders besorgniserregend hoch ist. Auf Deutsch soll das heißen: Der deutsche Gartenbau wird in die EU-Mitgliedsstaaten ohne eine CO2Besteuerung abwandern.

Eine CO2-Steuer für die Pflanzen ist genauso widersinnig wie eine Sauerstoffsteuer für den Menschen. Es ist übelste Ideologie, die Menschen dafür zu bestrafen, die biochemischen Prozesse zu verstehen und im Gartenbau zu optimieren.

Es geht aber um weit mehr als um das Pflanzenwachstum. Es geht um die Menschen, die mit den Pflanzen arbeiten. Haben die Berufsgärtner und Landschaftspfleger nicht schon genug durch Corona – oder korrekt: durch Ihre Coronapolitik – gelitten? In der ersten Coronawelle haben Sie die Gartencenter und Blumenläden geschlossen. Diese Schließung traf die Gartenbaubranche zu einer absoluten Unzeit, und zwar mitten im Ostergeschäft, in dem die Blumenläden einen großen Teil ihrer Jahresumsätze machen. Schnittblumen sind Frischware, die nicht ewig gelagert werden kann. Diese völlig sinnlose Wertvernichtung ist beispielhaft für die Politik in diesem Land.

Wegen Corona wurde auch die Landesgartenschau im Kamp-Lintfort verschoben. Außer Ihnen in der Regierung wusste damals niemand, wann die Landesgartenschau Ihre Pforten tatsächlich öffnen darf. Für die Gartenbauer war das ein schwerer Schlag. Letztlich wurde die gesetzte Zielmarke an Besuchern natürlich nicht erreicht.

Frau Heinen-Esser, was kommt noch? Kommt aus ideologischen Klimaschutzgründen das Torfverbot oder aus Gründen des angeblichen Insektenschutzes das Zulassungsverbot von Pflanzenschutzmitteln?

Während die Flut an bürokratischen Auflagen und Strafsteuern wächst, sinkt das Angebot in den Gartencentern. Die Gartencenter bluten aus und verschwinden, wenn diese Vernichtungspolitik fortgeführt wird. Es ist aber noch nicht zu spät. Stimmen Sie unserem Antrag zu, um Druck auf die Bundesregierung auszuüben. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Blex. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Winkelmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun ist es also auch noch der Gartenbau. Die AfD macht vor keiner Branche halt, wenn es darum geht, ihre kruden Coronaverschwörungstheorien in immer neue Anträge zu verpacken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, den meisten von Ihnen wird es ebenso ergangen sein wie mir. Als ich

mich mit diesem Antrag befassen musste, fühlte ich mich in den Biologieunterricht der Klasse 9 oder in den Unterricht der Pflanzenkunde im landwirtschaftlichen Berufsgrundschuljahr versetzt – die Ausführungen des Kollegen Blex gingen vorhin auch in diese Richtung –, denn die ersten vier Absätze beschreiben biologische und pflanzenbautechnische Tatsachen und haben mit den Forderungen der AfD im Grunde genommen nichts zu tun. Sie gehören nicht in einen solchen Antrag, sondern höchstens in ein Schulbuch.

Den Zusammenhang mit den aktuellen Coronamaßnahmen konnte ich absolut nicht nachvollziehen. Was hat Corona eigentlich mit der CO2-Bepreisung zu tun? Sie instrumentalisieren mit diesem Antrag eine Branche, die nicht das Problem, sondern die ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Klimawandel ist. Der Gartenbau sorgt nämlich nicht nur für schöne Blumen, sondern er trägt im besten Sinne und im besten Falle sogar zu einer Reduzierung der CO2Belastung bei und schafft an heißen Tagen ein gutes Klima in unseren Städten.

Erst im Oktober hat unser Landwirtschaftsministerium beispielsweise ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, um Kommunen bei der Klimaanpassung etwa mit einer Dach- und Fassadenbegrünung zu unterstützten. Hierfür stehen 12 Millionen Euro bereit.

Kurzum: Die Gartenbaubranche ist ein wichtiger Partner, die einen Antrag wie den Ihren auf jeden Fall nicht braucht.

Beim Blick auf Ihre Forderungen ging meine Verwunderung noch weiter. Sie fordern doch tatsächlich – Sie haben es vorhin auch noch einmal gesagt –, dass die Gartencenter und die Blumenfachgeschäfte in NRW im Lichte der Coronamaßnahmen geöffnet bleiben. Haben Sie im Frühjahr irgendwie nichts mitbekommen oder schon alles vergessen? Bau- und Gartencenter waren vom Lockdown aus gutem Grund gar nicht betroffen.

So berichtete mir im Sommer ein Gartenbauer aus meinem Wahlkreis davon, dass er 70 % seines Umsatzes bis Muttertag mache. Wären die Gartencenter in dieser Zeit geschlossen gewesen, hätte er all seine Pflanzen entsorgen müssen. Insofern war er sehr dankbar für den Kurs der NRW-Koalition.

Eine weitere Forderung ist es, den Anstieg der bürokratischen Auflagen im Gartenbau zu beenden und zu reduzieren. Das ist etwas, was man auf jeden Fall noch positiv sehen könnte. Ich sehe das auch sehr positiv, weil wir bereits seit Regierungsantritt genau daran arbeiten und mit einem Entfesselungspaket nach dem anderen genau diesen Bürokratieabbau noch vorn treiben.

Sie fordern enge Gespräche mit Vertretern des Gartenbaus über mögliche Alternativen zum Torf. Ich

weiß ja nicht, wie Sie Ihre parlamentarische Arbeit gestalten. Für die CDU jedenfalls gehören regelmäßiger Austausch und Besuche vor Ort zu unserer täglichen Arbeit. Wir wissen daher: NRW ist Gartenbauland Nummer eins in Deutschland und wird es auch bleiben.

Die Einführung der CO2-Bepreisung beschäftigt uns schon so lange, wie die Debatte über den Klimawandel andauert. Die NRW-Koalition hat sich für einheitliche Regelungen in Europa ausgesprochen. Positiv haben wir daher zur Kenntnis genommen, dass eine Harmonisierung der CO2-Bepreisung auf der EUEbene im Rahmen des Green Deals erwogen wird.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Das hilft gegen Wettbewerbsverzerrungen, die die Branche zu Recht moniert.

Wir wissen aber auch, dass wir als Landesparlament in diesen Fragen keine direkte Rechtsetzungsmöglichkeit haben. Es gehört für uns zum ehrlichen Umgang mit der Gartenbaubranche, dies so zu benennen und nicht mit solchen Schauanträgen zu suggerieren, dass eine Einflussnahme auf andere Parlamente dadurch möglich wäre.

Die CDU in Nordrhein-Westfalen wird sich weiterhin für wirtschaftlich sinnvolle Lösungen einsetzen und dabei die Problemkonstellationen der Gartenbauer im Blick behalten – allerdings in einem ehrlichen und konstruktiven Dialog und nicht mit solchen Anträgen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Winkelmann. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Baran das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag mischt die AfD zwei ihrer Lieblingsthemen zusammen, den Klimaschutz und Corona. Dass ich nicht falsch verstanden werde: Dabei geht es nicht darum, dass die AfD bei diesen beiden Themen eine besondere Kompetenz hätte. Vielmehr handelt es sich eigentlich um Themen, über die sie sich sehr gern öffentlich und manchmal auch künstlich aufregt.

Diesmal hat sich die AfD also die Gartenbaubranche ausgesucht, um sich in altbekannter Manier an ihren Lieblingsthemen abzuarbeiten. Was uns hier als die Besorgnis um einen Wirtschaftszweig verkauft wird, ist aber nichts anderes als die Selbstinszenierung der AfD als Rebellen gegen ach so unfaire Maßnahmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der AfD, sämtliche Kritik in diesem Antrag an Maßnahmen zur Reduzierung von CO2 ist nichts anderes als die erneute Leugnung des menschengemachten Klima

wandels. Für Sie sind alle Bemühungen, den Klimaschutz voranzutreiben, eine unverhältnismäßige Belastung. Daher findet sich für uns nichts Neues in Ihrem Antrag, das es zu diskutieren gäbe.

Beachtlich ist, dass Sie es tatsächlich geschafft haben, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie bei diesem Thema unterzubringen. Das ist eine beachtliche Leistung. Wie bei Ihrer Kritik zur Bekämpfung des Klimawandels tun Sie auch bei diesem Thema so, als sei jede Bemühung ein Schritt zu viel.

Aber es ist nicht nur das, sondern Sie bauen sich in diesem Fall eine Scheinwelt auf, mit der Sie versuchen, Ihre eigenen Anhänger, aber auch die Gartenbaubranche und deren Mitarbeiter hinters Licht zu führen. Gartencenter und Blumenfachgeschäfte sollen geöffnet bleiben. Hallo! Sie sind geöffnet, und sie bleiben geöffnet, genauso wie der Großteil des sonstigen Einzelhandels auch.

Mit Sicherheit waren die breit gefächerten Schließungen zu Beginn der Pandemie im Frühjahr eine große wirtschaftliche Belastung. Das stellt hier im Haus niemand in Abrede. Aber nun anzudeuten, es stünden plötzlich Verkaufsverbote im Raum, geht schlicht, wie so oft bei Ihnen, liebe AfD, an der Realität vorbei. Sie versuchen wieder, Panik zu verbreiten, leugnen den Klimawandel, wehren sich gegen die Eindämmung der Pandemie, und das diesmal auf dem Rücken der Gartenbaubranche.

Ich habe es gerade gesagt: Das Einzige, was mich wirklich beeindruckt hat, ist, dass Sie es geschafft haben, beide Themen in einem Antrag zu verbinden.

(Dr. Christian Blex [AfD]: Danke schön!)

Es wäre begrüßenswert und schön, wenn uns aufgrund dessen die restlichen Anträge erspart blieben. Sie haben es bei meinem Wortbeitrag mitbekommen: Wir werden Ihren Antrag aus innerer Überzeugung ablehnen. Dem Rest des Hauses wünschen wir: Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Baran. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Diekhoff.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag greift im Grunde ein wichtiges Thema auf. Die FDP-Fraktion und auch die NRW-Koalition fühlen sich der Gartenbaubranche in Nordrhein-Westfalen natürlich sehr verbunden. Der Gartenbau ist ein wichtiger Wirtschaftsbereich bei uns. Wir sind zu Recht stolz auf die Unternehmen, die in dieser Branche in Nordrhein-Westfalen arbeiten und Arbeitsplätze schaffen.

Gerade deshalb bin ich mir sicher, dass die Garten- und Landschaftsbauer über diesen Antrag der AfD nicht glücklich sind. Die Menschen im Gartenbau haben Besseres verdient als schlampig recherchierte Anträge und Polemik.

(Beifall von der FDP)