Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Über den Einzelplan 20 stimmen wir erst morgen nach der Beratung aller Einzelpläne ab. Auch über das Haushaltsgesetz selbst stimmen wir erst morgen zum Abschluss der zweiten von insgesamt drei Lesungen ab.

Über die mittelfristige Finanzplanung werden wir ebenfalls morgen befinden.

Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass zwischen 12:30 und 14:00 Uhr keine Abstimmungen stattfinden. Alle in dieser Zeit zur Abstimmung stehenden Einzelpläne werden dann zusammen mit der ersten Abstimmung nach 14:00 Uhr aufgerufen.

Das alles vorwegschickend rufe ich nun auf:

GRUNDSATZDEBATTE

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2021 (Haushaltsgesetz 2021)

In Verbindung mit:

Finanzplanung 2020–2024 des Landes Nordrhein-Westfalen

In Verbindung mit:

Einzelplan 12 Ministerium der Finanzen, Finanzverwaltung

In Verbindung mit:

Einzelplan 20 Allgemeine Finanzen

Ich darf die Aussprache eröffnen und erteile für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Zimkeit das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Danke schön, Frau Präsidentin. Da hat die Vorrede ja länger dauern müssen, als die Redezeit der Fraktionen beträgt. Aber das ließ sich wohl nicht vermeiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! So hektisch und chaotisch die Coronapolitik dieser Landesregierung ist, so lethargisch ist ihre Haushaltspolitik. Trotz der größten Wirtschaftskrise in Nordrhein-Westfalen tut diese Landesregierung im Haushalt so, als ob es diese Krise nicht gäbe.

Es ist vollkommen klar: Die Städte und Gemeinden in NRW brauchen angesichts ihrer massiven Einnahmeverluste mehr Hilfen und Unterstützung. Was tut die Landesregierung? Nichts. Oder doch ein bisschen; sie tut ein bisschen was. Sie verzichtet zwar auf eine Altschuldenlösung für diese Kommunen,

geht aber gleichzeitig hin, verlangt neue Schulden von diesen Kommunen und tritt dabei selbst noch als Gläubiger auf. Statt zu entschulden sorgen Sie dafür, dass sich die Kommunen mehr verschulden. Das ist Ihre Botschaft an die Menschen vor Ort in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Klar ist: Es muss mehr investiert werden – in Schulen, in eine Wasserstoffstrategie, in Klimaschutz, in den Strukturwandel. Was tut diese Landesregierung? Sie senkt die Investitionsquote. Klar ist: In der Krise steigt die Arbeitslosigkeit in diesem Land, und die Betroffenen brauchen mehr Unterstützung. Was tut diese Landesregierung? Sie streicht die Förderung von Arbeitslosenzentren. Klar ist – wir haben gerade darüber diskutiert –: Wir brauchen mehr Arbeitsschutz und mehr Arbeitsschutzkontrollen gerade in der Fleischindustrie. Was tut diese Landesregierung? Statt dort zusätzliche Stellen zu schaffen, knickt sie vor der Fleischlobby ein.

Klar ist: Wir brauchen eine Entlastung für die Menschen in dieser Krisensituation. Was tut diese Landesregierung? Statt Kitagebühren abzuschaffen und Straßenbaugebühren zu streichen, schafft sie mehr Bürokratie. Klar ist: Wir brauchen mehr Wertschätzung für die Wohlfahrtsverbände, die in dieser Krise für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land kämpfen. Doch statt Wertschätzung sorgt die Landesregierung dafür, dass sich die Wohlfahrtsverbände – Zitat – „verdrängt“ fühlen. Das ist das vollkommen falsche Herangehen in dieser Krise.

Es ist klar: Diese Krise ist nicht vorbei. Die Menschen brauchen Hilfe und Unterstützung. Wir müssen, statt lethargisch zuzusehen, jetzt handeln – gegen massive Arbeitsplatzverluste, gegen eine drohende Pleitewelle, gegen die Existenzängste in diesem Land, die insbesondere Menschen mit geringfügiger Beschäftigung haben, deren Arbeit und Einkommen ganz wegfallen. Wir müssen gegen die soziale Spaltung handeln, die immer größer wird. Was tut diese Landesregierung? Sie ruft nach Hilfe vom Bund.

Der Ministerpräsident hat in einer Regierungserklärung einmal gesagt, es kann nicht Aufgabe von Landespolitik sein, in Krisenzeiten immer nach dem Bund zu rufen. Aber genau das hat er vorhin von diesem Pult noch einmal getan. Er hat augenscheinlich noch nicht zur Kenntnis genommen, dass er immer noch Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen ist, hier eine Verantwortung hat und hier handeln muss, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Handeln muss man insbesondere beim Rettungsschirm des Landes Nordrhein-Westfalen. Was tut diese Landesregierung? Hier können Sie es sehen: Das ist der Wirtschaftsplan dieser Landesregierung für den Rettungsschirm. Wenn Sie hier nichts sehen, ist das nicht so, weil das so weit ist und Ihre Augen nicht so gut sind. Sie sehen nichts, weil da nichts

steht. Diese Landesregierung hat keinen Plan, wie es mit diesem Rettungsschirm weitergehen soll. „Planlos in Düsseldorf“ ist hier das Motto.

(Beifall von der SPD)

Wir haben diesen Rettungsschirm gemeinsam auf den Weg gebracht, um den Menschen in diesem Land zu helfen. Er wird dringend für die Städte und Gemeinden, für sterbende Innenstädte, für Gastronomie, für Schausteller, für Kulturschaffende und für Veranstalter, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien gebraucht. All denen steht in der Krise das Wasser bis zum Hals. Sie sehen die Rettungsboote, die dieser Rettungsschirm eigentlich liefern soll. Dann kommen sie zu diesen Rettungsbooten und wollen einsteigen. Und was stellen sie fest? Da sitzen Herr Lienenkämper und all die Herren und Damen, die jetzt nicht hier sind. Da sitzen Herr Laschet, Herr Stamp, Herr Pinkwart und viele andere Mitglieder der Landesregierung und spielen „Rette sich, wer kann“. Diese Landesregierung will sich selbst retten, statt den Menschen in diesem Land zu helfen.

Die Menschen müssen feststellen, dass der überwiegende Teil der Mittel aus dem Rettungsschirm nicht ihnen dienen soll, sondern dazu, die Legende eines schuldenfreien Haushalts dieser Landesregierung aufrechtzuerhalten. Das sind die falschen Prioritäten. Sie, Herr Lienenkämper, retten die Falschen in diesem Land. Statt zu verhindern, dass Pleiten um sich greifen, dass Arbeitsplätze wegfallen, sorgen Sie nur für sich selbst. Das ist „Legendenbildung first, Hilfe für die Menschen second“.

Wir haben unsere Alternativen in diesen Haushaltsberatungen klar auf den Tisch gelegt. Wir brauchen einen Rettungsschirm für die Menschen in der Krise. Wir brauchen einen Rettungsschirm für die Kommunen. Wir brauchen ein Zukunftsinvestitionsprogramm gegen den Sanierungsstau und für Arbeitsplätze. Wir brauchen eine stärkere Förderung des sozialen Zusammenhalts, und wir brauchen mehr Engagement für die Bildung in diesem Land.

All das haben wir auf den Tisch gelegt. All das ist in einem Abstimmungsmarathon von der CDU und der FDP abgelehnt worden. Ich fordere CDU und FDP auf: Überwinden Sie Ihre Lethargie. Greifen Sie unsere Vorschläge auf. Machen Sie es doch so, wie Sie es bei Anträgen zum Rettungsschirm auch machen: erst ablehnen, weil „SPD“ draufsteht, dann selbst einbringen und beschließen. So zu handeln, wäre in diesem Fall besser für unser Land.

(Beifall von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

Der Haushalt 2021 wird den Herausforderungen der Krise, in der dieses Land steckt, nicht gerecht. Er setzt keine Prioritäten und ist ein einfaches, lethargisches „Weiter-so“. Deswegen werden wir ihn ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zimkeit. – Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Kollege Lehne das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Zimkeit, was kann das Land froh sein, dass Sie nicht mehr regieren.

(Beifall von Thomas Nückel [FDP])

Das ist schon deshalb der Fall, weil Sie so Widersprüchliches hier verkünden. Auf der einen Seite verkünden Sie, wir würden alle Ihre Ideen übernehmen, sie dann aber doch wieder ablehnen und eigene Anträge daraus machen. Vielleicht hören Sie jetzt mal zu und können dann etwas lernen. Es ist ziemlich realitätsfern, was Sie hier von sich gegeben haben.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie bedeutend die Arbeit eines handlungsfähigen Parlaments ist und wie wichtig verantwortungsvolles, besonnenes und zielführendes Regierungshandeln ist.

Dass unsere nordrhein-westfälische Landesregierung unser Land gut durch die derzeitige Coronakrise führt, beweist auch der Haushaltsentwurf für das Jahr 2021. Auch der Opposition kommt in diesen Krisenzeiten eine besondere Bedeutung zu – der sie leider nicht gerecht wird. Selbstverständlich muss das Handeln der Regierung vom Parlament hinterfragt werden. Selbstverständlich müssen kontroverse Debatten zwischen regierungstragenden Fraktionen und Oppositionsparteien in den Ausschüssen und im Plenum den Parlamentsalltag prägen. Doch Sie, liebe SPD, Grüne und AfD, haben in den letzten Wochen den Bogen weit überspannt. Mit sachlicher Kritik hatte dies teilweise nichts mehr zu tun.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Diese Zusammenfas- sung ist eine Frechheit, Herr Lehne!)

Beleidigungen, falsche Behauptungen und verdrehte Tatsachen waren bei Ihnen an der Tagesordnung. Gehen Sie doch bitte einmal in sich und fragen Sie sich, ob wirklich jede Aktuelle Stunde, jede Sondersitzung der Ausschüsse und jede Frage in der Fragestunde zielführend und zum Wohle der Bevölkerung waren.

Dies ist nicht die Zeit, um Profit aus der Coronapandemie zu schlagen, um Ihre eigene Partei aus dem Schlund der Bedeutungslosigkeit zu ziehen, liebe SPD.

(Zuruf von der SPD)

Dies ist auch nicht die Zeit für Ihren realitätsfernen Ideologiewettbewerb, liebe Grüne.

(Karl Schultheis [SPD]: Sagen Sie doch mal was zum Haushalt!)

Es ist auch nicht die Zeit für Ihren verqueren AfD-Populismus.

Legen Sie doch bitte endlich alle in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg Ihre parteipolitischen Scheuklappen ab. Lassen Sie uns doch wieder zu einem gemeinsamen parlamentarischen Handeln im Kampf gegen das Virus zum Wohle Nordrhein-Westfalens zurückkommen!

(Elisabeth Müller-Witt [SPD]: Wohl die falsche Rede!)

Das hat doch am Anfang der Pandemie auch geklappt; denn da haben Sie permanent zugestimmt. Es muss doch nicht jede kleinste Äußerung ständig auf die Goldwaage gelegt werden. Es scheint einen Kritiküberbietungswettbewerb innerhalb der Opposition zu geben. Dies ist nicht zielführend und hat mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Legislative aber auch gar nichts zu tun.

Doch statt uns auf Ihre parteipolitischen Spielchen einzulassen, handeln wir als regierungstragende Fraktionen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat einmal gesagt: Jene, die nicht glauben, dass es möglich ist, sollen bitte diejenigen nicht stören, die dabei sind, es zu versuchen. – Unsere nordrhein-westfälische Landesregierung versucht, die Pandemie mit allen möglichen Mitteln in den Griff zu bekommen. Sie handelt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)