Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Das löst keine Probleme, sondern schafft nur noch neue,

(Henning Höne [FDP]: Wenn es „linke Tasche, rechte Tasche“ ist, kann es ja nicht zu irgend- welchen Lasten gehen!)

gerade in den finanzschwachen Kommunen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hier müsste den Kommunen und der Wirtschaft mit einem Investitionspaket aus Landesmitteln konkret geholfen werden. Das wäre das richtige Signal.

Meine Zeit reicht nicht aus, um heute alle Ihre gebrochenen Versprechen den Kommunen gegenüber aufzulisten. Deshalb kurz zusammengefasst: Auch bei der Flüchtlingsfinanzierung haben Sie Ihr Versprechen gebrochen. Was hat sich Rot-Grün nicht alles hier anhören müssen, als wir meinten, 10.000 Euro pro Jahr seien eine gute Pauschale für die Kommunen für die Flüchtlingsunterbringung. Aus Ihrer

Sicht war das ja schäbig. Das ging doch alles gar nicht. Und was machen Sie? Sie erhöhen sie nicht. Sie haben vier Haushalte lang Zeit gehabt, um Ihr Versprechen einzulösen und den Kommunen eine auskömmliche Finanzierung für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu gewähren. Auch hier haben Sie Ihr Versprechen gebrochen – genauso wie beim Altschuldenfonds. Auch dieser bleibt leider ein Dauerbrenner. Auch hier folgen den Ankündigungen keine konkreten Taten, die den Kommunen helfen können.

Zum Schluss möchte ich ein schönes Zitat vortragen, das ich in der „FAZ“ vom 23. November 2020 gefunden habe. Es lautet:

„Wir haben in den zurückliegenden guten Jahren viel verteilt, aber wenig investiert – zu wenig.“

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Weiter heißt es in diesem Gastbeitrag:

„Es wird höchste Zeit, dass wir dies ändern.“

Dieses Zitat stammt von Armin Laschet, von diesem Ministerpräsidenten.

(Das Ende der Redezeit wird erneut signali- siert.)

Herr Laschet, Sie hatten und haben Zeit, das zu ändern. Aber Sie haben diese Zeit leider nicht genutzt. – Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Düker. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Kollege Witzel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Umfeld der heutigen Haushaltsberatungen wird mit der Coronapandemie durch eine internationale Notlage großen Ausmaßes geprägt, also durch externe Faktoren – noch stärker, als wir dies zuletzt in den Jahren 2008 und 2009 bei der globalen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise erlebt haben.

Die FDP-Landtagsfraktion kämpft dafür, mit den richtigen Weichenstellungen und intelligenten Investitionen in die Zukunft unseres Landes möglichst schnell den Krisenmodus zu überwinden und NordrheinWestfalen wieder zu einem modernen Aufsteigerland zu machen.

Die Landesregierung schlägt dem Parlament mit dem neuen Haushalt etliche Maßnahmen vor, die unser Land nach vorne bringen und der Konjunkturbelebung dienen sollen. Hier nur einige Beispiele:

Bei Bildung und Betreuung gibt es qualitative Verbesserungen und einen quantitativen Ausbau. Für frühkindliche Bildung in den Kitas stehen insgesamt über 550 Millionen Euro bereit – zusätzlich. Unsere Schulen profitieren von 2.750 neuen Lehrerstellen und 570 Schulverwaltungsassistenten.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Papiertiger!)

Die Maßnahmen kommen insbesondere dem Masterplan Grundschule und den Berufskollegs zugute.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Papiertiger!)

Die innere Sicherheit profitiert von 2.760 Kommissaranwärtern und zusätzlichen 500 Tarifbeschäftigten für den polizeilichen Verwaltungsdienst. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein historischer Einstellungsrekord im Kampf für den Rechtsstaat sowie gegen Kriminalität, Clans, Gewalt und Extremismus.

(Beifall von der FDP)

Investitionen von über 300 Millionen Euro dienen einer größeren Digitalisierung in der Landesverwaltung und bei der Gigabit-Strategie.

Die Kommunalfinanzen profitieren mit einer Rekordauszahlungssumme von 13,6 Milliarden Euro vom neuen kommunalfreundlichen Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG). Die realen Steuerausfälle der Verbundmasse werden vom Land kompensiert und über 970 Millionen Euro kreditiert, damit sich die Kommunen mit ihrer Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten auch weiter betätigen können. Das ist auch richtig so. Viele wichtige Dienstleistungen für unsere Bürger werden nämlich vor Ort erbracht.

Die Coronafolgen werden in den Kommunalhaushalten weiter isoliert. Wir behandeln diese fiskalisch so, als ob es die Pandemiefolgen dort nicht gäbe.

Das Land verfährt auch in eigener Angelegenheit identisch: Der Stammhaushalt wird nach der Mittelfristigen Finanzplanung zum Prognosezeitpunkt Ende 2019 aufgestellt, also unmittelbar vor Eintritt der Coronawelle. Die Finanzierung der dafür notwendigen Mehrausgaben erfolgt über Rücklagen, Auflösungen und den Rettungsschirm, also eine Neuverschuldung, die ab 2024 in Raten vollständig zurückgezahlt wird.

Da wir keinen Blick in die Glaskugel werfen können, müssen wir mit Unsicherheiten leben. Wir wissen nicht, welche finanziellen Rückschläge wir in unserem Land noch durch Corona erleiden müssen. Wir müssen außerdem mit Risiken leben, was in der Eurozone, beim Brexit oder geopolitisch passiert.

Klar ist, dass viele Fragen von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen werden. Daher hat sich die NRW-Koalition dafür entschieden, unseren Bürgern wieder Mut zu machen und neue Perspektiven zu

eröffnen, indem wir nicht nur die Rezession verwalten, sondern am Aufschwung arbeiten.

Zukunft gestalten statt Krisen verwalten: Das ist unsere maßvolle und möglichst generationengerechte Antwort, wie Haushaltspolitik in der aktuellen Lage gestaltet werden kann.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Schon der griechische Philosoph Aristoteles wusste vor über 2.300 Jahren: Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Es gibt in Nordrhein-Westfalen also keine risikoreiche Vollbremsung mit radikalen Ausgabenkürzungen, aber ebenso wenig Freibier für alle aus dem Füllhorn des Steuerzahlers, der dann die Zeche dafür zahlen muss, ob über Negativzinsen, Steuererhöhungen oder eine galoppierende Inflation.

Wir setzen neben akuten Hilfen auf zielgerichtete Zukunftsinvestitionen, die die Konjunktur stabilisieren und schnell wieder eine Erholung mit neuem Wachstum ermöglichen sollen. Erste Indikatoren zur Geschäftserwartung vermitteln uns Anlass zur Hoffnung.

Kritik an diesem Mittelweg der Koalition kommt aus zwei Richtungen, was ich hier auch gar nicht verschweigen will. Auf der einen Seite sagen Ökonomen und Verbände, die massive Schuldenaufnahme gehe viel zu weit. Auf der anderen Seite startet die Opposition einen Überbietungswettbewerb nach der Methode Scholz, welche Milliarden denn noch alle bewilligt werden können und sollen, und kritisiert, vom Rettungsschirm sei noch nicht genug Geld ausgegeben. Zu beidem will ich ausdrücklich Stellung beziehen.

Unser Ziel ist es doch nicht, als Selbstzweck möglichst 25 Milliarden Euro schnell auszugeben, sondern, den Ziehungsrahmen durch konjunkturelle Belebung idealerweise gar nicht vollständig zu benötigen. Solide Finanzen in einem Staat, der rechnen kann, waren, sind und bleiben unser Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir wollen neue Schuldenberge niedrig halten und alte absehbar abtragen. Das ist unser Anspruch an eine generationengerechte Politik. Mit dieser Haltung unterscheiden wir uns wohltuend vom Bund und von der EU.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das über sich selber zu sagen, ist schon gut!)

Folgende Zahlen verdeutlichen den Unterschied: Bundesfinanzminister Scholz steckt schon im Wahlkampfmodus und betreibt eine Schuldenproduktion am Fließband.

(Beifall von der FDP)

Er plant übereinstimmenden Medienberichten zufolge in diesen Tagen eine Rekordneuverschuldung in schwindelerregender Höhe von rund 160 Milliarden Euro.

(Regina Kopp-Herr [SPD]: Sie hätten sich an der Regierung im Bund beteiligen können! Das wollten Sie ja nicht!)

Das sind mehr als 4,5 % des Bruttoinlandsproduktes. Damit überschreitet er die Grenze der Maastricht-Kriterien deutlich. Die Schuldenquote im Bund steigt damit von 60 % vor dem Corona-Ausbruch auf deutlich über 75 % bis Ende 2021 an.

Zum Vergleich: Das Land bedient sich auf der anderen Seite zum Haushaltsausgleich 2021 eines Mittelabrufs aus dem Rettungsschirm in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Das entspricht 0,6 % des Bruttoinlandsprodukts in Nordrhein-Westfalen. Die Schuldenquote steigt damit bis Jahresende 2021 von 24 auf 27 % an.

Diese Zahlen zeigen den Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Politik der Spendierhosen beim Bund wird exemplarisch auch beim neuen Kurzarbeitergeld deutlich. Zufällig bis zum Termin nach der Bundestagswahl wird das Kurzarbeitergeld auf 80 bzw. 87 % erhöht und für eine Bezugsdauer von 24 Monaten ohne jede Gegenleistung gezahlt. Dieses System wird zum Fehlanreiz, wenn die Konjunktur hoffentlich 2021 wieder anspringt.

Und der Bund macht noch etwas strukturell anders als Nordrhein-Westfalen. Er verstaatlicht Unternehmen. Wie früher bei der Commerzbank hat er es jetzt bei der Lufthansa getan und plant es noch an weiteren Stellen, unter anderem wahrscheinlich bei thyssenkrupp.