Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 12. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien sowie den Zuschauerinnen und Zuschauern.
Für die heutige Sitzung haben sich zwei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Köln/Bonn die notwendige Aufklärung interner Verfehlungen durch den Austausch des Aufsichtsratsvorsitzenden zu behindern?
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 10. November 2017 gemäß § 95 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion dem Kollegen Klocke das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, die gerade noch hereinkommen oder schon anwesend sind! Der Flughafen Köln/Bonn ist einer der beiden Großflughäfen in Nordrhein-Westfalen. Er ist im Luftfrachtgeschäft auf Platz drei in Deutschland, gehört zu den Top Ten in Europa und ist einer der großen, wichtigen Passagierflughäfen hier im Land. Uns Grünen ist sehr bewusst – auch wenn wir häufig Kritik am Flughafen üben, was Lärmschutz oder Passagiernachtflüge angeht –, dass Köln/Bonn eine große Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen, die Region Rheinland und das ganze Land hat.
In der letzten Woche wurde der langjährige Geschäftsführer des Flughafens, Herr Garvens, überraschend vom Aufsichtsrat beurlaubt. Ihm wurden schwerwiegende innerbetriebliche Verstöße unterstellt, und daraufhin hat der Aufsichtsrat einstimmig beschlossen, ihn zu beurlauben. Jetzt laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Der Aufsichtsrat hat ihn bis Mitte Dezember beurlaubt.
Das hat große mediale Aufmerksamkeit erregt und eine intensive Berichterstattung in den Medien, ob Print, Fernsehen oder Radio, ausgelöst. Ich möchte mich in der Debatte nicht zu den einzelnen Vorwürfen äußern. Der Beschuldigte hat natürlich Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, und ich denke, er wird Entsprechendes vorbereiten.
Leider fehlen der Ministerpräsident und wohl auch jegliche Vertreter der Staatskanzlei. Anlass der heutigen Debatte ist für uns, dass der Ministerpräsident zwei Tage vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung, als schon Gerüchte im Umlauf waren – jedenfalls bei allen, die dem Flughafen näherstehen und verkehrspolitisch involviert sind –, in einer Pressekonferenz eher beiläufig bekannt gegeben hat, dass er den Aufsichtsrat neu besetzen und als neuen Aufsichtsratsvorsitzenden den langjährigen CDU
Grundsätzlich kann eine Regierung natürlich zentrale Stellen mit Leuten ihrer Couleur und ihres Parteibuchs besetzen. Aber ausgerechnet zwei Tage vor dieser Aufsichtsratssitzung, als schon klar war, dass dann ein Gutachten vorgestellt wird, das der Aufsichtsratsvorsitzende Bodewig bei einer renommierten Kölner Kanzlei und bei der Unternehmensberatung Ernst & Young in Auftrag gegeben hatte, schlägt Herr Laschet vor, dass Herr Merz den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt. Er begründet das mit einem regulär anstehenden Wechsel und sagt, das hätte nichts mit den aktuellen Vorgängen am Flughafen zu tun.
Jetzt könnte man mit Blick auf die landespolitische Situation sagen – wenn es das erste Mal wäre –: Das hat schon ein Geschmäckle. – Aber nach der Angelegenheit Holthoff-Pförtner, nach der Personalie Biesenbach und seinen Aktivitäten auf kommunaler Ebene – das hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Kollege Römer, gestern ausgeführt –, nach der Personalie Schulze Föcking und den Vorgängen in ihrem Familienbetrieb
muss man feststellen: Bei Personalentscheidungen hat der Ministerpräsident kein gutes Händchen. Er soll hier erklären, warum er ausgerechnet kurz vor der Aufsichtsratssitzung eines Unternehmens versucht, so zu intervenieren.
In dem Zusammenhang sind wir Grünen auf die Beantwortung der von uns gestellten beiden Kleinen Anfragen gespannt. Wenn sie so beantwortet werden, wie sie gestellt wurden – also sehr detailliert –, werden sie dokumentieren: Welche Kontakte hat es vonseiten der Staatskanzlei zum Flughafen gegeben? Welche Gespräche hat der Leiter der Staatskanzlei, Herr Liminski, geführt? Welche Gespräche hat der Ministerpräsident selber geführt?
Es sind Gerüchte im Umlauf, nach denen Herr Garvens noch kurz vor der anstehenden Sitzung hier in Düsseldorf gewesen sein soll und dem Ministerpräsidenten nahegelegt hat: Entweder wird der Aufsichtsratsvorsitzende ausgewechselt, oder ich muss gegebenenfalls gehen. – Das sind Gerüchte, die im Raum stehen. Die kann ich nicht beurteilen und bewerten. Aber der Ministerpräsident sollte die Chance nutzen, um diese Gerüchte zu entkräften und dem Hohen Haus Rede und Antwort zu stehen, was es mit dem Flughafen Köln/Bonn in diesen Tagen auf sich hatte.
Jetzt schauen wir nach vorn und auch nicht nur auf diese Personalie. Die entscheidende Frage, die beim Flughafen Köln/Bonn ansteht, ist die nach den Bundesanteilen. Der Flughafen ist zu 30 % in Landeshand, zu 30 % in Bundeshand, und einige Städte, insbesondere die Stadt Köln, halten die anderen Anteile.
Schon im letzten Jahr lief die Diskussion, ob der Bund seine Anteile veräußert; das war eine Initiative seitens des damaligen Bundesfinanzministers. Nun tritt Herr Merz auf den Plan, der neuer Aufsichtsratsvorsitzender werden soll, der über die bekannten wirtschaftlichen Verbindungen verfügt, die auch gestern in der Debatte hier eine Rolle spielten.
Es steht die Frage im Raum: Gibt es Überlegungen seitens der Landesregierung, die Bundesanteile nicht selber zu kaufen, sondern Herrn Merz zu installieren, um internationale Finanzinvestoren auf den Flughafen anzusetzen und die bisher in öffentlicher Hand befindlichen Anteile zu privatisieren? – Diese Frage steht mit der Personalie Merz im Raum. Auch hierzu sollte der Ministerpräsident Stellung beziehen, sehr geehrte Damen und Herren.
Nein, nein, nein. Herr Kollege Hovenjürgen, das sind keine Verschwörungstheorien. Bei einem Mann wie Herrn Merz, mit solchen Geschäftsaktivitäten und solchem Einkommen, kann man davon ausgehen, dass er es nicht nötig hat, für 10.000 €, die es pro Jahr als Apanage für den Aufsichtsrat gibt, den Aufsichtsratsvorsitz zu übernehmen.
Es stehen die Fragen im Raum: Welche Überlegungen hat die Landesregierung, was die Zukunft des Flughafens Köln/Bonn und die Anteile angeht? Warum soll Herr Merz in dieser Situation hier installiert werden? – Wir stellen diese Fragen und sind gespannt auf die Aussprache. – Welche Überlegungen gibt es Ihrerseits? Wie stellt sich die Landesregierung zum Flughafen Köln/Bonn auf? Nutzen Sie die Chance und informieren Sie das Plenum. Dafür haben wir heute die Aktuelle Stunde beantragt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Außerordentlich“ und „außergewöhnlich“ sind die beiden Wörter, die mir zu dem Vorgehen und der Beantragung Ihrer Aktuellen Stunde heute Morgen einfallen, sehr geehrter Herr Kollege Klocke. Das ist nichts als der untaugliche Versuch einer politischen Skandalisierung.
Bisher haben wir alles, was wir über dieses Vorgehen wissen, aus der Presse. Worum geht es dabei? Es geht um anonyme Vorwürfe gegen Michael Garvens, um öffentlich gemachte interne Aufsichtsratspapiere,
um einen Beschuldigten, der sich in der Aufsichtsratssitzung am Freitag nicht äußern durfte und der den gegen ihn erhobenen Vorwürfen inzwischen in einem Schreiben seiner Anwälte, das am Dienstagabend per E-Mail an die Medien gegangen ist, Punkt für Punkt widersprochen hat. So heißt es im „General-Anzeiger“ vom 15. November 2017.
Was haben wir noch? – Einen erfolgreichen Manager! Der Flughafen Köln/Bonn ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Rheinland und das einzige internationale große Drehkreuz für den Frachtflug in Nordrhein-Westfalen. Die Wirtschaft in der Region ist exportfreudig und genau in den Branchen stark, die zu den wichtigen Warengruppen im Luftfrachtverkehr zählen, nämlich im Maschinenbau, in der chemischen Industrie und im Fahrzeugbau. Aber auch andere Unternehmen, die im Ausland aktiv sind, schätzen die Möglichkeit, Produkte als Expressfracht an den Kunden zu schicken. In der Passage liegen die Schwerpunkte in den Bereichen Tourismus und Geschäftsreisende.
Der Flughafen stärkt das Image einer europäischen Metropolregion. Mit 21.400 Jobs gehört der Airport zu den zehn großen Arbeitsstätten in der Region
Köln/Bonn. Er ist in den letzten Jahren außerdem strategisch neu positioniert und zum führenden LowCost-Flughafen in Deutschland entwickelt worden. Diese gute wirtschaftliche Entwicklung ist auch ein Verdienst von Michael Garvens.
In der „Aktuellen Stunde“ des WDR haben Sie, Herr Klocke, bereits am 9. November, also bevor der Aufsichtsrat getagt hat, gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Es hat ein Geschmäckle, wenn jetzt gerade in dieser Situation, wo der Prüfbericht vorgelegt wird, den Herr Bodewig ja mit beauftragt hatte, wenn jetzt gerade diese Personalie“
Auch heute noch werfen Sie der Landesregierung latent vor, dass die notwendige Aufklärung interner Verfehlungen durch den Aufsichtsratsvorsitzenden verhindert werden sollte, obwohl Sie eingangs Ihrer Rede schon nur noch von „Unterstellungen“ gesprochen haben. Das ist ein entscheidender Unterschied.
Folgendes ist richtig, meine Damen und Herren: Ich betone, dass das Land ein hohes Interesse an der Aufklärung der Vorgänge hat. Das ist auch in dem Bericht mit der Stellungnahme aus der Staatskanzlei bereits deutlich geworden.
„Sollten Vermutungen im Rahmen der internen Untersuchungen belegt werden, werden sich die von der Landesregierung entsandten Mitglieder im Aufsichtsrat dafür einsetzen, die notwendigen Konsequenzen in der Geschäftsführung zu ziehen.“
Auch die CDU-Landtagsfraktion ist selbstverständlich an einer lückenlosen Aufklärung – unabhängig von der Besetzung des Aufsichtsrates – interessiert.