Protokoll der Sitzung vom 29.11.2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer 14. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich drei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Geburtstag feiern heute Herr Rainer Matheisen von der Fraktion der FDP,

(Allgemeiner Beifall)

Herr Rüdiger Weiß von der Fraktion der SPD

(Allgemeiner Beifall)

und last, but not least Herr Martin Sträßer von der Fraktion der CDU.

(Allgemeiner Beifall)

Herzliche Glückwünsche und alles Gute im Namen der Kolleginnen und Kollegen!

(Präsident André Kuper begibt sich an das Re- depult.)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der mit mir befreundete Bürgermeister einer unserer Kommunen wurde Opfer einer Messerattacke. Noch laufen die Ermittlungen über das genaue Motiv des Täters.

Aber eines scheint zwei Tage nach dieser feigen, hinterhältigen Tat gewiss: Sie richtete sich nicht nur gegen Demokraten und nicht nur gegen den Demokraten und engagierten Bürger Andreas Hollstein, sondern sie richtete sich gegen den Bürgermeister von Altena. Diese Tat ist ein Angriff auf die Demokratie. Mit ihr wurden alle Demokraten und engagierten Bürgerinnen und Bürger unseres Landes getroffen.

Deshalb möchten ich und das Präsidium heute Morgen nicht einfach mit der Tagesordnung beginnen, sondern gerade in dieser Stunde und von diesem Ort aus mit Ihnen gemeinsam kurz innehalten und unsere Grüße und Wünsche nach Altena zu Andreas Hollstein und seiner Familie übermitteln.

(Allgemeiner Beifall – Beifall von der Regie- rungsbank)

Möge er genesen, möge er das Geschehene verarbeiten, und möge es ihm gegeben sein, den Weg weiterzugehen, den er mit so viel Empathie und mit so viel Mitmenschlichkeit, aber auch mit so viel christlicher Barmherzigkeit und gegen so viele Widerstände eingeschlagen hat!

Meine Damen und Herren, die vielen und bewegenden Reaktionen auf diesen Anschlag – nicht nur aus dem Sauerland und nicht nur hier aus NRW, sondern aus ganz Deutschland und ganz Europa – zeigen die Entschlossenheit der Bürgerinnen und Bürger und der demokratischen Institutionen, diese Demokratie und unsere Freiheit zu verteidigen. Die Lichterkette gestern Abend ist genauso wichtig wie die politischen Statements der Verfassungsorgane.

Die Tat von Altena traf Bürgermeister Hollstein. Aber sie zielte auf uns alle. Die Tat von Altena hat einen Menschen, seine Familie und seine Freunde getroffen. Aber sie war zugleich auch ein Angriff auf unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat.

Ich bin froh darüber, von dieser Stelle aus sagen zu können: In dieser Bewertung ist sich das Hohe Haus einig, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen darüber haben mögen, wie wir uns den vielfältigen Herausforderungen am besten stellen sollen, die mit dem großen Thema der Flüchtlingsfrage verbunden sind.

Meine Damen und Herren, wir sind erschüttert über das Geschehene. Aber wir sind nicht gelähmt. Wir blicken trotzdem voller Zuversicht in die Zukunft.

Deshalb sage ich vorsichtig, aber entschieden: Der vergangene Montag ist zwar der dunkle Montag von Altena.

Aber er ist auch der helle Montag von Köln, wo Navid Kermani, selbst Kind von Zuwanderern, aus der Hand unseres Ministerpräsidenten die höchste Auszeichnung unseres Landes erhalten hat, den Staatspreis. Auch darauf lassen Sie uns in einem Moment wie diesem blicken – auf dieses helle, hoffnungsfrohe Signal aus Köln, bei dem auch zwei engagierte Menschen zugegen waren, die selber Opfer von Anschlägen wurden: die Oberbürgermeisterin von Köln und der Bundestagspräsident.

Er ist auch der helle Montag von Altena, an dem zwei mutige Menschen, Ahmet und Abdullah Demir, ungeachtet ihrer eigenen Gefährdung Andreas Hollstein beigesprungen sind und ihm das Leben gerettet haben. Danke für dieses couragierte Handeln!

(Allgemeiner Beifall – Beifall von der Regie- rungsbank)

Das wollte ich zu Beginn dieser Sitzung sagen und darauf verweisen, dass diese Demokratie lebt und sich von ihren Widersachern nicht bezwingen lässt.

Herzliche Grüße aus dem Landtag nach Altena! Herzliche Grüße an den Bürgermeister und den Rat der Stadt! Herzliche Grüße an Andreas Hollstein und seine Familie!

Herzliche Grüße auch an Ahmet und Abdullah Demir aus Altena, die Andreas Hollstein das Leben gerettet haben! – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall – Beifall von der Regie- rungsbank)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten nunmehr in die heutige Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Beerdigung 1. Klasse für das Sozialticket?

Die Mitte-Rechts-Koalition ist eine Koalition der sozialen Kälte!

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1318

Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 27. November 2017 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu dieser aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin vonseiten der antragstellenden Fraktion der SPD Frau Philipp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Sozialpolitisches Armutszeugnis“, „das falsche Signal“, „unsinnig und zynisch“, „verstörend“ und „Spott für die Schwächsten“ – das sind Zitate und Überschriften aus der Presse der vergangenen Woche. Auch online überschlugen sich die Kommentare. Die Menschen waren entsetzt und zeigten sich betroffen über das, was der Verkehrsminister mehr oder weniger beiläufig verkündet hatte, nämlich die komplette Abschaffung des Sozialtickets hier in Nordrhein-Westfalen.

Wie wir seit gestern Mittag wissen, ist das Thema „Sozialticket“ nur ein weiteres Kapitel im konfusen Wirken dieser schwarz-gelben Landesregierung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

„Wo rohe Kräfte sinnlos walten“ heißt es in Schillers „Das Lied von der Glocke“. So könnte man auch die Bilanz der vergangenen sechs Monate dieser Landesregierung zusammenfassen. Das millionenschwere Chaos, das Ministerpräsident Laschet und seine Mitte-rechts-Koalition hier veranstalten, geht zulasten der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Es geht vor allem zulasten der Schwächsten in diesem Land.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Was hat die Landesregierung in den vergangenen Wochen für dieses Land eigentlich Konstruktives geschaffen? Bei Ihnen bekommt man mitunter und immer mehr den Eindruck, dass Ihr Handlungspro

gramm nur darin besteht, erfolgreiche rot-grüne Projekte zu demontieren. Sie bringen nichts Produktives zustande. Zugleich verfolgen Sie weiterhin eine völlig überholte Privat-vor-Staat-Ideologie, von der Sie sich nur nach außen hin geläutert geben.

Hier einige Beispiele aus den vergangenen Wochen für diese verantwortungslose Chaospolitik:

Schwarz-Gelb legt die Landesbauordnung auf Eis und verhindert so den Bau von Tausenden Wohnungen für Menschen mit Handicap. Alternativvorschlag: bislang Fehlanzeige.

Die Landwirtschaftsministerin reist durchs Land und lobt das Bauen mit Holz. Zugleich untergräbt die Bauministerin desselben Kabinetts die Aussage ihrer Kollegin durch ein Moratorium.

Schwarz-Gelb behauptet, mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen zu wollen. Zugleich senken Sie das Fördervolumen um 300 Millionen €. Das ist die Regierungslogik dieser Mitte-rechts-Koalition.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vom Mieterschutz in Nordrhein-Westfalen hat sich die Landesregierung schon direkt im Koalitionsvertrag verabschiedet –

(Henning Höne [FDP]: Können Sie mal zum Thema reden?)

gegen das Wohl der Menschen. Wie es dabei weitergeht, weiß auch keiner so genau.

Selbst die für NRW so wichtige Kommunikation des Ministerpräsidenten nach Berlin steht auch ganz im Zeichen dieses Wirrwarr-Spiels. So hieß es zuletzt aus der Staatskanzlei: Der Bund nimmt von der Absicht, seine Anteile am Flughafen Köln/Bonn zu veräußern, Abstand.

(Lorenz Deutsch [FDP]: Es geht um das Sozi- alticket!)