Danke, Herr Kollege Strotebeck. – Für die Landesregierung spricht jetzt der Minister der Finanzen, Herr Minister Lienenkämper.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weihnachten ist ja bekanntlich eine Zeit, in der ganz besonders viele Märchen erzählt werden.
Herr Kollege Zimkeit, als ich eben so Ihrer Schilderung zugehört habe, wie die letzten sieben Jahre in Nordrhein-Westfalen aus Ihrer Sicht wohl gewesen sein müssen, habe ich gedacht: Warum haben Sie nicht einfach angefangen mit der normalen Einleitung eines Märchens, nämlich „Es war einmal“?
Sie machen hier geradezu glauben, Nordrhein-Westfalen sei in den letzten sieben Jahren ein Nest voller sozialer Wärme gewesen, mit exzellenten, super finanzierten Kitas, mit einer Schulpolitik, die jedem Kind seine Aufstiegschancen gibt, mit Universitäten, die ihre Möglichkeiten erreichen, vorbildlich bei Sicherheit und auch bei Justiz, mit einer Regierung, die geradezu vor Ideen gesprüht hat, wirtschaftlich vernünftig gearbeitet hat, sozial gedacht hat, sparsam und schuldenfrei gearbeitet hat.
Und dann, offenbar nach Ihrer Diktion, zog irgendwie der eiskalte Wind durch Nordrhein-Westfalen, ein eiskalter Mai-Wind, und hat dieses wunderschöne Land seiner Regierung beraubt. Glauben Sie dieses Zerrbild überhaupt? Die Menschen in NordrheinWestfalen sehen das anders, meine Damen und Herren.
Nur einige wenige Zahlen: Ende des Jahres 2016 Schuldenberg fast 144 Milliarden €. Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben bis dahin 139 Milliarden € an Zinsen gezahlt, übrigens an Banken und an Investoren im Finanzmarkt. Und jetzt von 2010 bis 2015 die Nettokreditaufnahme von Nordrhein-Westfalen: 19,7 Milliarden €. Sie haben es fast geschafft, 50 % der Nettokreditaufnahme aller 16 Bundesländer zu erreichen. Da sind Sie nur knapp gescheitert mit 41,4 % der Nettokreditaufnahme aller 16 Bundesländer.
Ich will Ihnen noch etwas zu diesem sozialen Nest von Wärme in Nordrhein-Westfalen sagen. Wo war denn die Armutsgefährdung in Deutschland am größten? Bei den westdeutschen Flächenländern – ich sage es Ihnen – leider in Nordrhein-Westfalen. Bei Alleinerziehenden lag die Armutsgefährdungsquote in 2016 bei 42,5 %.
Die Kitas standen bei Regierungsübernahme kurz vor den Schließungen. Die Unterfinanzierung war dramatisch. Hätten wir nicht im Nachtragshaushalt mit 500 Millionen € Soforthilfe geholfen, würde die Situation jetzt noch schlechter sein. Bei der Ü3-Betreuung belegt Nordrhein-Westfalen bundesweit den drittletzten Platz, bei der U3-Betreuung sogar den letzten Platz.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, es ist sozial und es ist zukunftsorientiert, dass wir damit jetzt Schluss machen.
Schauen Sie sich einmal die Inklusionspolitik an, zu der Sie heute Diskussionsbeiträge geliefert haben. Ich glaube, die Eltern und auch die Kinder wissen ganz genau, wie die Erfolge dieser Inklusionspolitik gewesen sind. Sie sind unzureichend vorbereitet, auch unzureichend finanziert gewesen. Unterrichtsausfall haben Sie nicht gemessen. Ich muss Ihnen sagen: Auch die Schulpolitik war nicht erfolgreich.
Also insgesamt alles Versäumnisse, die die Schwächsten aller Schwachen getroffen haben: diejenigen, die sich nicht wehren können, Schülerinnen und Schüler, und übrigens – meine Damen und Herren, das ist besonders wichtig – auch diejenigen, die sich nicht wehren können, weil sie sich in ihrer eigenen inneren Sicherheit nicht mehr vernünftig sicher gefühlt haben, Menschen, die zu Opfern geworden sind, weil Polizisten bzw. ihre Organisation nicht die richtigen Entscheiden getroffen haben, Menschen, die sich in Nordrhein-Westfalen einfach nur sicher fühlen wollten und nicht sicher waren. Deswegen beschreiten wir den Kurs der Konsolidierung der inneren Sicherheit Schritt für Schritt mit Geld, mit Stellen und mit Ideen.
Sie haben die Globalpositionen im Haushalt kritisiert. Ich fand das spannend und will dazu noch einige Zahlen nennen. In Ihrem Haushaltsentwurf 2017 gab
es globale Minderausgaben in Höhe von 1,401 Milliarden €. Das ist transparenter Haushalt, Klarheit und Wahrheit gewesen?
Wir haben angefangen, diese globalen Minderausgaben zurückzuführen, und haben bereits in unserem Haushalt 2018 um 200 Millionen € verringerte Globalpositionen eingestellt. Wir werden das in den nächsten Haushalten fortsetzen. Machen Sie bitte dieses Parlament nicht glauben, Ihr Haushalt sei transparent gewesen und jetzt sei es intransparenter. Vielmehr ist es um 200 Millionen € transparenter geworden, und wir machen da weiter.
Wir werden unseren Auftrag erfüllen. Die Wählerinnen und Wähler haben uns den Auftrag gegeben, dieses Land zu modernisieren und zu verändern. Sie wollten die alte Politik nicht mehr. Wir werden dabei die soziale Marktwirtschaft wieder zu unserem Leitbild machen – ein Modell, das unser Land NordrheinWestfalen in den Zeiten seiner Gründung schon einmal nach vorne gebracht hat, als neue Schulen, Universitäten und Polizeistationen gebaut wurden und die Haushalte trotzdem solide waren. So etwas ging in den ersten Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen. Wir sind mit Blick auf diese Legislaturperiode sicher, dass das auch heute geht.
Deswegen werden wir unsere Wirtschaft dauerhaft so in Schuss bringen, dass das alte, frühere nordrhein-westfälische Aufstiegsversprechen wieder einlösbar wird. Es ist ein ganz schlichtes, einfaches Versprechen. Es heißt: Egal, woher du kommst – wenn du viel lernst, viel arbeitest und fleißig bist, dann wird es dir in Nordrhein-Westfalen gut gehen. – Das ist das Ziel dieser Landesregierung: Wir erfüllen das Aufstiegsversprechen wieder.
Wir wollen außerdem eine neue Finanzarchitektur für Nordrhein-Westfalen, die dem Dreiklang „konsolidieren, modernisieren und investieren“ folgt, und wir legen als erste Landesregierung in 44 Jahren einen von Anfang an schuldenfreien Haushalt vor und geben unser Ziel klar an: Über die gesamte Legislaturperiode streben wir nicht nur keine Schulden an, sondern wir wollen ab 2019 in Nordrhein Westfalen sogar Haushaltsüberschüsse erwirtschaften.
Die schwarze Null fällt einem nicht in den Schoß. Man muss sie wollen, und wir wollen sie. Das ist ein fundamental anderes Selbstverständnis als das der Vorgängerregierung. Die hat nämlich gleich zu Beginn ihrer Amtszeit leichtfertig Begründungen für immer mehr Schulden gesucht. Die erste Regierungserklärung war quasi eine Schuldenbegründungserklärung.
Statt sparsamer Haushaltspolitik immer mehr politische Fehler – auch damit machen wir Schluss. Wir wollen Ausgabedisziplin zur Leitlinie unserer Politik machen. Sie verursacht nämlich Fokussierung und Anreize dafür, wieder zu gestalten statt zu verwalten. Sparsames Wirtschaften wird zur DNA dieser Landesregierung werden, und Sie werden sehen, dass – im Gegensatz zu den Planungen Ihrer Regierung für das Jahr 2018 mit 400 Milliarden € Schulden – wir tatsächlich ohne neue Schulden auskommen werden.
Trotzdem werden wir modernisieren. Wir werden Strukturen nachhaltig verändern – übrigens bei unserer eigenen Verwaltung beginnend. Es ist unser Ziel, bis 2025 die Landesverwaltung vollständig zu digitalisieren. Wir werden damit Schritt für Schritt anfangen, damit es auch dort digital, zukunftsorientiert und besser zugeht. Und wir wollen die Ausgaben des Staats zukünftig nicht mehr nur an ihrer Höhe messen, sondern vor allem an ihrer Wirkung und am damit erzielten Nutzen. Dazu werden wir die organisatorischen Voraussetzungen schaffen.
Im Übrigen sind auch die Finanzbeziehungen der Kommunen Teil der Modernisierung. Wir wollen Kommunen nicht weiterhin gegeneinander ausspielen. Deswegen haben wir den Kommunalsoli bereits abgeschafft. Wir haben die fiktiven Hebesätze bei der Grundsteuer B auf das Niveau von 2016 eingefroren, und die Kommunen erhalten allein 2018 rund 1 Milliarde € mehr Geld vom Land. Das sind etwa 10 % mehr Mittel als im Jahr 2017, insgesamt sind es 11,7 Milliarden €. Damit hat der kommunale Anteil an den Gesamtausgaben des Landes NordrheinWestfalen 35,6 % erreicht. Wir sind Partner der Kommunen und werden sie stärken und sie nicht gegeneinander ausspielen.
Wir wissen, dass Wirtschaft nicht ohne Erarbeiten funktioniert. Deshalb wollen wir das riesige Potenzial Nordrhein-Westfalens heben. Wir wollen mehr Freiräume, wir wollen eine Mentalität des Einstiegs, nicht eine Mentalität des Ausstiegs. Dabei haben wir vor allen Dingen die 99,5 % mittelständischen Unternehmen im Blick. Wir werden deswegen konsequent weiter entfesseln. Das erste Entfesselungspaket kennen Sie, das zweite ist gestern im Kabinett beschlossen worden.
Es ist der richtige Weg, den Menschen in NordrheinWestfalen wieder etwas zuzutrauen. Wir sollten denen, die die Potenziale, die Talente und den Willen haben, unser Land nach vorne zu bringen, endlich wieder die Möglichkeit geben, ihre eigenen Talente einzusetzen, anstatt nur zur bürokratisieren, zu bevormunden und sie zu gängeln, meine Damen und Herren.
Deswegen werden wir auch Gesetze und Verordnungen aufheben. Der „Spionage-Erlass“ etwa bewirkt, dass Pläne von neuen Chemieanlagen ins Internet zu stellen sind, wobei sich die Chinesen freuen, zu wissen, wie die Anlagen funktionieren, und sich die Terroristen freuen, zu wissen, wie sie kaputtgemacht werden können. So etwas kommt weg. Es muss in Nordrhein-Westfalen wieder ein neuer Geist her.
Dafür werden wir auch die notwendigen Investitionen zur Verfügung stellen, sowohl für den Wirtschaftsbereich – beispielsweise 7 Milliarden € bis 2025 an europäischen Mitteln, Bundesmitteln und Landesmitteln für die Digitalisierung – als auch für die Bereiche, die für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft wichtig sind. Das sind vor allen Dingen Kitas und Schulen.
Wenn wir das Aufsteigerland sein wollen, dann müssen wir in Nordrhein-Westfalen den letzten Platz aller 16 Bundesländer bei der Kitabetreuungsquote verlassen. Deswegen stellen wir für unsere Kleinsten zusätzlich 20.431 Betreuungsplätze bereit, davon allein 11.305 für U3-Kinder, und dazu kommen 150 Familienzentren. Dafür planen wir allein in diesem Haushalt 177 Millionen € ein. Meine Damen und Herren, das ist klug angelegtes Geld in die Zukunft unserer Kleinsten und in den Zusammenhalt der Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen.
Wir investieren massiv in bessere Schulen. Wir schaffen allein 2.048 neue Lehrerstellen, während übrigens der alte Haushaltsplan der Vorgängerregierung bei 3.300 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer kwVermerke vorgesehen hatte. Die wären 2018 weggefallen.
Diese Befristungen haben wir selbstverständlich aufgehoben, sodass wir insgesamt über 5.300 zusätzliche Lehrerstellen für Nordrhein-Westfalen schaffen, davon übrigens – die Inklusion hatte ich angesprochen – allein 926 für die Umsetzung der Inklusion; denn wir sind der Auffassung, dass genau da die größten Probleme der Vorgängerregierung waren. Die werden wir jetzt angehen – Schritt für Schritt und erfolgreich.
Wir schaffen 8.000 zusätzliche Plätze im offenen Ganztag und flexibilisieren dort übrigens auch die Anwesenheitszeiten. Wir werden die Konrektoren besser bezahlen.
Wir werden die Polizei besser ausstatten. Allein 58,2 Millionen € sind dafür in diesem Haushalt zusätzlich vorgesehen. Wir werden 500 Verwaltungsassistenten einstellen, damit sich die Polizei um das küm
mern kann, worum sie sich kümmern muss. Zusätzlich werden wir 650 Planstellen für Kommissaranwärterinnen und -anwärter schaffen.