Protokoll der Sitzung vom 20.12.2017

Haushaltsbegleitgesetz 2018

Ich darf auf die Beschlussempfehlungen und Berichte des Haushalts- und Finanzausschusses in den Drucksachen 17/1500, 17/1512, 17/1515, 17/1518 und 17/1519 hinweisen.

Ich eröffne die Aussprache zur Grundsatzdebatte und darf für die SPD Herrn Abgeordnetenkollegen Zimkeit das Wort erteilen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selten hat ein Haushalt so die Politik einer Landesregierung widergespiegelt wie dieser. Der Haushalt ist unsozial. Er

ist bürokratisch. Er ist geschönt. Er ist kommunalfeindlich. Er ist chaotisch. Er ist also genauso wie Ihre Politik.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sozialpolitik scheint Ihnen in der Koalition lästig zu sein. Das hat Ihnen der DGB noch einmal deutlich ins Stammbuch geschrieben, der Ihre marktradikale Politik mit Tarifflucht, prekärer Beschäftigung und Lohndumping angeprangert hat.

Das ist auch mit den ersten Demonstrationen deutlich geworden, die es vor diesem Haus gegeben hat. Da haben Behinderte demonstriert, die Angst um ihren Wohnraum haben. Da haben Obdachlose demonstriert, die Angst um ihre Mobilität hatten. Auch das ist Folge Ihrer Politik.

Unter dem öffentlichen Druck sind Sie beim Sozialticket zurückgerudert. Leider haben Sie es versäumt, unserem Antrag zuzustimmen, die Mittel zu erhöhen. Sie haben aber zumindest Ihre Kürzungen zurückgenommen. Allerdings haben Sie nicht der langfristigen Absicherung des Sozialtickets zugestimmt. Das haben Sie abgelehnt. Hier stellt sich die Frage Ihrer Glaubwürdigkeit.

(Beifall von der SPD)

Wenn Sie überhaupt sparen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, sparen Sie bei den Schwächsten: bei Flüchtlingen, beim sozialen Arbeitsmarkt. Sie sind die Koalition der sozialen Kälte.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Ui!)

Stattdessen wollen Sie mehr Bürokratie wagen. Mit dem Nachtragshaushalt und dem Haushalt 2018 schaffen Sie fast 500 neue Stellen in der Ministerialbürokratie und überall neue Verwaltungseinheiten.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann)

Überall, außer bei Ihnen, Herr Laumann. Sie müssen als einziges Ressort Personal abbauen. Aber da geht es ja um Soziales.

(Heiterkeit von der SPD)

Sonst gibt es überall neue Stabsstellen, neue Referate und – als Gipfel – neue Stellen für den Bürokratieabbau. Das ist absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie sind die Koalition des Bürokratieaufbaus –

(Beifall von der SPD)

und das zum Schaden kommender Generationen.

Gerade was die Finanzpolitik und die nachhaltige Finanzpolitik angeht, sind Sie die Koalition des Wortbruchs. Statt wie versprochen mehr Geld in den Pensionsfonds zur langfristigen Absicherung zu geben, sind Sie dafür verantwortlich, dass die niedrigsten Zahlen seit Langem zu verzeichnen sind.

Angeblich wollen Sie Einsparungen identifiziert haben, Herr Finanzminister. Doch dies erweist sich zunehmend als Luftnummer. Bis heute haben Sie sich geweigert, die Förderprogramme zu benennen, in denen Sie Einsparungen identifiziert haben. Das ist nicht nur eine Missachtung des Parlaments, sondern verunsichert auch alle Menschen, die auf diese Förderprogramme angewiesen sind. Das ist ein Skandal, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Ihre tiefgreifende finanzpolitische Kompetenz haben die Koalitionsfraktionen mit den Gegenfinanzierungen für ihre eigenen Anträge unter Beweis gestellt. Sie hatten zu Oppositionszeiten angekündigt: Wir haben eine milliardenschwere Streichliste in der Schublade, mit der wir den Haushalt sanieren. – Jetzt mussten Sie 10 Millionen € an eigenen Vorschlägen gegenfinanzieren. Sie haben das mit erhöhten globalen Minderausgaben getan. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt Ihre finanzpolitische Kompetenz; sie ist nämlich nicht vorhanden.

Mit dem Nachtragshaushalt wurden Sie, Herr Laschet, zum Schuldenkaiser. Nun bemühen Sie sich, mit diesem Haushalt diesen Titel zu verteidigen.

(Heiterkeit von der SPD)

Die schwarze Null, für die Sie sich feiern lassen wollen, hat Norbert Walter-Borjans schon 2016 erreicht.

(Zustimmung von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Wenn Sie die entsprechenden Papiere nicht lesen können, schauen Sie einmal in den Abschluss. Alle Behauptungen Ihres Kollegen, Sie seien die Ersten, die das machten, sind frei erfunden und entsprechen nicht der Wahrheit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Mehrheit der Länder baut Schulden ab, darunter Sachsen-Anhalt, das Saarland, Berlin und sogar Bremen – nur NRW nicht. Das, Herr Laschet, ist Ihre finanzpolitische Bankrotterklärung.

(Beifall von der SPD – Heiterkeit von Minister- präsident Armin Laschet und Minister Lutz Li- enenkämper)

Um davon abzulenken, tricksen und täuschen Sie. Der Finanzminister hat in einer Pressekonferenz behauptet, 40 % der Mittel dieses Haushalts flössen in Bildung, und musste auf Nachfragen zugeben, dass darin die Pensionslasten für Lehrerinnen und Lehrer enthalten sind.

Sie, Herr Laschet, haben hier gestanden und gesagt: Pensionierte Lehrerinnen und Lehrer unterrichten doch gar nicht.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Das stimmt!)

Sie haben das einen Taschenspielertrick genannt. Das heißt, dass Sie in Ihrer Logik Ihren Finanzminister als Taschenspieler bezeichnen. Was ist das denn? Dann müssten Sie ihn eigentlich entlassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – La- chen von Minister Lutz Lienenkämper)

Herr Finanzminister, Sie haben versprochen, für die Schülerinnen und Schüler – einige sitzen gerade auf der Tribüne – 2.048 zusätzliche Lehrerstellen einzurichten. Dann hat sich herausgestellt, dass es nur 1.283 sind, weil Sie fast 800 Stellen streichen. Auch das sind Taschenspielertricks, die auf Kosten der Schulen durchgeführt werden. Sie sind die Koalition des Täuschens und Tricksens, meine Damen und Herren.

Getäuscht haben Sie auch die Kommunen. Gerade Sie, Herr Laschet, haben versprochen, die Integrationspauschale an die Kommunen weiterzuleiten – und in diesem Haushalt wie auch schon im Nachtragshaushalt wieder Fehlanzeige! Versprochen – gebrochen!

Unseren Vorschlag, die Kommunen mit fast 400 Millionen € zusätzlich bei der Integration zu unterstützen, haben Sie abgelehnt. Sie sparen. Wegen zurückgehender Flüchtlingszahlen müssen Sie fast über 1 Milliarde € weniger für Flüchtlinge ausgeben. Sie haben nicht die Stärke, zu sagen: Wir müssen die Kommunen, die die Hauptlast tragen, daran beteiligen. – Das ist kommunalfeindlich, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Das setzen Sie bei der Krankenhausfinanzierung fort, bei der Sie die Kommunen sogar zusätzlich belasten.

Wir haben Ihnen Vorschläge vorgelegt, die Kommunen mit fast einer halben Milliarde Euro zusätzlich zu unterstützen, um so Steuererhöhungen, Gebührenerhöhungen und Leistungskürzungen für die Menschen zu verhindern, gerade für die Menschen in finanzschwachen Kommunen. Stimmen Sie dem zu! Ansonsten bleiben Sie die Koalition der Steuer- und Gebührenerhöhungen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Gleich wird sicherlich argumentiert, mit dem GFG werde den Kommunen doch viel mehr Geld zur Verfügung gestellt. Das verdanken Sie doch nur der guten wirtschaftlichen Lage in diesem Land.

(Zuruf von der CDU)

Hier werden nur die Rekordsteuereinnahmen umverteilt, die Sie der vorhergehenden Regierung zu verdanken haben, weil es diesem Land – im Gegensatz zu dem, was Sie immer behauptet haben, liebe Kolleginnen und Kollegen – wirtschaftlich gut geht.

Außerdem tragen Sie die Verantwortung für ein absolut chaotisches Haushaltsverfahren. Viele der Sachverständigen, die wir in die Anhörung eingeladen haben, haben darauf hingewiesen, sie hätten überhaupt nicht ausreichend Zeit gehabt, sich mit diesem Haushalt zu beschäftigen.

Augenscheinlich hatten Ihre eigenen Fraktionen von CDU und FDP auch nicht ausreichend Zeit. Sie haben dann auf die Schnelle Anträge im HFA gestellt, die Sie gar nicht erklären konnten. Bei Nachfrage der Grünen saßen die gesamten Koalitionsfraktionen da und konnten ihre Gegenfinanzierungspläne nicht erklären. Herr Witzel, ich habe das ja gerne für Sie übernommen. Aber das ist weder ein Zeichen für finanzpolitische Kompetenz noch für ein geordnetes Haushaltsverfahren.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Dieses Chaos passt allerdings gut zu Ihrer Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es passt zu dem „Nein, Ja, vielleicht doch Nein zum Stahlgipfel“, das Sie hier auf Kosten der Beschäftigten aufführen, die Sie damit im Stich lassen. Es passt zur chaotischen Personalpolitik des Finanzministers, der insbesondere darum besorgt ist, Lobbyisten unterzubringen. Es passt zur schnellen Einrichtung einer Bosbach-Baum-Kommission, die vielleicht irgendwann einmal in Zukunft die Arbeit aufnehmen wird – natürlich ohne Herrn Baum. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Chaos-Koalition.

(Beifall von der SPD)