Protokoll der Sitzung vom 18.01.2018

(Zurufe von Daniel Sieveke [CDU] und Hen- ning Höne [FDP])

Dass wir mit unserem Antrag gleich in der ersten Plenarwoche des Jahres 2018 unsere Kernforderung eines neuen Finanzierungssystems einbringen, hat durchaus Symbolcharakter.

(Zurufe von Henning Rehbaum [CDU], Daniel Sieveke [CDU] und Henning Höne [FDP])

Zu Beginn des neuen Jahres formulieren wir den Neubeginn, den unsere Kitas jetzt dringend brauchen. Wenn man die Interviews liest, die Minister Stamp in der Weihnachtspause gegeben hat, dann wird noch einmal deutlicher, warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist, eine Blaupause für eine Kitafinanzreform auf den Tisch zu legen.

Der „Rheinischen Post“ sagte der Minister noch am 28. Dezember:

„Ob wir 2019/20 schon so weit sind oder noch ein weiteres Jahr brauchen, werden wir sehen.“

Von konkreten Inhalten zudem keine Spur.

(Zurufe von Henning Rehbaum [CDU], Daniel Sieveke [CDU] und Henning Höne [FDP])

Sie können der Öffentlichkeit also weder vermitteln, wie der Fahrplan aussieht, geschweige denn, in welche Richtung die Fahrt gehen soll. Diese Unklarheit bestärkt uns darin, jetzt dem Parlament unser Konzept zur Beratung vorzulegen; denn es wird dringend Zeit, eine Reform der Kitafinanzierung in die Spur zu setzen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

In der Regierungszeit der SPD wurde eine neue U3Pauschale eingeführt. Es gab mehr Geld für Familienzentren, Brennpunktkitas und Sprachförderung. Die Landesmittel für die Kitafinanzierung wurden mehr als verdoppelt, zuletzt auf über 2,5 Milliarden €. Auch unter der neuen Landesregierung hat es bereits eine Finanzspritze für die Einrichtungen gegeben. Aber alle Anstrengungen der vergangenen Jahre haben nicht dazu geführt, dass sich die Qualität und Auskömmlichkeit im Kinderbildungsgesetz nachhaltig verbessert hätten.

Wir müssen gemeinsam feststellen: Das KiBiz-System ist erkennbar an sein Ende gekommen. Das KiBiz ist nicht reformierbar, es muss ersetzt werden.

(Beifall von der SPD)

Wir müssen weg von der Finanzierung über Kindpauschalen. Wir bekennen uns zur gemeinsamen Verantwortung von Land, Trägern und Kommunen. Gemeinsam müssen sie für eine auskömmliche Grundlage und deren Fortschreibung sorgen.

Für die SPD ist aber klar: In Zukunft muss das Land noch einmal deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Unser Reformmodell lautet: Sockelfinanzierung plus einrichtungsabhängige Zuschüsse.

Wir schlagen eine feste Einrichtungsfinanzierung im Umfang von mindestens 30 Stunden vor. Dieser Finanzierungssockel wird unabhängig von der Belegung gewährt. Er wird die gewöhnlichen Fixkosten abdecken, die in jeder Einrichtung anfallen, und sich an der Zahl der Regelplätze bemessen.

Damit haben die Träger Planungssicherheit für ihr Personal. Wir erwarten, dass sich dies in sicheren und festen Stellen widerspiegeln wird.

Das neue System wird die Qualität vorantreiben. Der Personalschlüssel, der im heutigen KiBiz als Höchstwert definiert ist, muss künftig das absolute Minimum darstellen. Anders als heute werden dabei Leitungsfreistellungen, Elterngespräche und Dokumentationszeiten angemessen berücksichtigt. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel wird dadurch deutlich verbessert.

Das Land wird für den Finanzierungssockel den Löwenanteil übernehmen. Die Kommunen werden in ihren Finanzierungsanteilen entlastet, die Trägeranteile mindestens halbiert. Eltern werden sich an der Sockelfinanzierung nicht mehr beteiligen müssen.

Über den Sockel hinaus soll es weiterhin Zuschüsse geben, die sich an der Anzahl der betreuten Kinder orientieren. Für die SPD ist aber nach wie vor wichtig, dass Ungleiches auch ungleich behandelt wird.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Der Zuschuss muss deshalb einrichtungsabhängig sein und sich an einem Sozialindex orientieren. Auch hier wird das Land weiterhin seiner Verantwortung gerecht und sich – wie heute auch – mit 35 % beteiligen.

Meine Damen und Herren, die finanziellen Spielräume, damit das Land eine derart tiefgreifende Reform stemmen kann, wurden in der Regierungszeit von Hannelore Kraft erarbeitet. Nicht zuletzt ihr ist es zu verdanken, dass der Länderfinanzausgleich zusätzliches Geld für Nordrhein-Westfalen bringen wird.

Das ist wichtig. Denn eine Reform, wie wir sie uns vorstellen, wird kein Pappenstiel. Wir gehen davon aus, dass das Land mindestens 1 Milliarde € zusätzlich für unsere Kitas mobilisieren muss, und zwar, nachdem zunächst die Finanzierungslücke geschlossen wurde – eine Milliardensumme für die frühkindliche Bildung.

Wir sind davon überzeugt, dass dieses Geld gut angelegt ist – für unsere Kinder, für unsere Familien, für unsere Kitas. Das Fundament dafür haben wir heute vorgestellt.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Maelzer. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Kamieth.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 1. August dieses Jahres feiert das Kinderbildungsgesetz Jubiläum. Es wird zehn Jahre alt. Das KiBiz ist in diesen zehn Jahren herangewachsen, vielleicht auch etwas gereift.

Aber ein ehrlicher Blick macht klar: Das KiBiz ist noch nicht aus seinen Kinderschuhen heraus. Es ist noch nicht aus den Kinderschuhen heraus, obwohl es seit seiner Verabschiedung im Zentrum der fachpolitischen Diskussion steht. Es ist noch nicht aus den Kinderschuhen heraus, obwohl es in verschiedenen Revisionsschritten verändert und weiterentwickelt wurde.

Wo liegt also das Problem? – Das Problem, meine Damen und Herren, liegt in der Finanzierungssystematik. Denn eine ganz grundsätzliche strukturelle Problematik des KiBiz wurde trotz aller Diskussionen und Veränderungen bis heute nicht behoben – nicht behoben, weil die ursprünglich gesetzlich vorgese

hene jährliche Dynamisierung von 1,5 % nicht ausgereicht hat, um die Kosten, die mit gutem, qualifiziertem Personal nun einmal verbunden sind, abzufangen.

Da waren auch die Finanzierungsbausteine, die der Kollege Maelzer gerade aufgezählt hat, nicht geeignet. Im Gegenteil! Sie haben nicht nur nichts gebracht, sondern zu viel mehr Bürokratie für die Kindertagesstätten und -einrichtungen geführt.

(Daniel Sieveke [CDU]: Ja!)

Was dann passiert ist, haben die Familien und Kinder in Nordrhein-Westfalen unter Rot-Grün in den zurückliegenden Jahren schmerzlich zu spüren bekommen. Die finanziellen Spielräume der Kitaträger wurden immer enger. Aus dieser finanziellen Enge folgte vielerorts ein natürlich ungewollter, aber unvermeidbarer Abbau von Personal und Personalstunden. Diesem Abbau von Personal und Personalstunden folgte wiederum eine schleichende Reduzierung der Betreuungsqualität.

Diese Folge trat ein, obwohl die Erzieherinnen und Erzieher in Nordrhein-Westfalen oft bis an ihre Belastungsgrenze und darüber hinaus alles für unsere Kinder in den Tageseinrichtungen gegeben haben. Ihnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kitas überall in unserem Land, gebührt Dank und Anerkennung für ihren herausragenden Einsatz.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Problem in der Finanzierungssystematik und die gerade geschilderten Probleme waren auch Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, als Sie noch in Regierungsverantwortung standen, sehr wohl bekannt.

Auch die Erkenntnis, dass es einer strukturellen Reform bedarf, um das Problem zu lösen, war Ihnen eigentlich nicht entgangen. Im Koalitionsvertrag der Vorgängerregierung 2012 ist sehr wohl von der Notwendigkeit zu lesen, das Finanzierungssystem zu überprüfen und anzupassen. Es ist davon zu lesen, dass man den Revisionsprozess mit einem neuen Gesetz abschließen wolle.

Was von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD und den Grünen, kam, war jedoch keine strukturelle Reform. Mit dem sogenannten Überbrückungsgesetz kam eine punktuelle Überbrückung. Nomen est omen!

Anders formuliert: Rot-Grün hat es nicht geschafft, die gesetzliche Grundlage für ein KiBiz zu beschließen, die eine ehrliche, auskömmliche und qualitätsfördernde Finanzierung der frühkindlichen Bildung in Nordrhein-Westfalen gewährleistet.

Am Rande bemerkt: Die Idee einer Sockelfinanzierung, mit der Sie hier vermeintlich auftrumpfen, stammt ja noch nicht einmal von der SPD.

(Zuruf von der SPD: Bitte?)

Sie schmücken sich mit fremden Federn. Die Idee der Sockelfinanzierung stammt von der AWO. Ihre glücklose Familienministerin, Christina Kampmann, hatte diese dann gekapert. Natürlich ist sie in der letzten Legislaturperiode damit durch das Land gezogen. Nur die Umsetzung hat bei dieser glücklosen Ministerin auch nicht klappen können.

(Zuruf von der SPD: Das ist aber sehr erbärm- lich! – Weitere Zurufe)

Konnte sie nicht? Wollte sie nicht? Durfte sie nicht? Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren.

(Beifall von der CDU)

Es gab also kein Erkenntnis-, sondern schlichtweg ein Umsetzungsdefizit.

(Zuruf von der SPD: Frau Altenkamp sagt, dass Sie sie nicht weiter reinreißen sollen!)

Es gab ein Umsetzungsdefizit. Sie sind, um es einfach zu formulieren, an Ihren eigenen Ansprüchen gescheitert.

Deshalb wirken der Antrag der SPD und der Geist des antreiberischen Aktionismus, den dieser Antrag atmet, schlichtweg unglaubwürdig.

Für die NRW-Koalition ist klar, dass insbesondere qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung von ganz besonderer Bedeutung ist. Für uns gilt: Mit der Zukunft unserer Kinder entscheidet sich die Zukunft unseres Landes. Dem unglaubwürdigen Aktionismus des vorliegenden Antrags der SPD setzen wir daher ein glaubwürdiges, strukturiertes, zielorientiertes Handeln entgegen.