Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Selbstverständlich müssen weitere, maßgebliche Situationsmerkmale gleichrangig mitbetrachtet werden, da die Täter darüber hinaus sehr häufig jünger und männlich sind und z. B. eine Alkoholintoxikation ebenso eine wesentliche Rolle spielt.

Es sind folglich Faktoren nachweisbar, die das Tätermerkmal des Migrationshintergrundes überlagern oder gar von ihm unabhängig bestehen. Jede monokausale Erklärung wäre also eine wirklichkeitsverzerrende Reduktion.“

Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, bevor sie erneut auf die angebliche Monokausalität unseres Antrags verweisen.

(Beifall von der AfD)

So, Herr Minister, jetzt haben Sie 1:30 Minuten für eine Reaktion.

(Minister Herbert Reul: Darf ich das?)

Sie müssen nicht, Sie dürfen.

Erstens. Das Problem ist längst erkannt. Zweitens. Es wird längst gehandelt. Drittens. Warum stellen Sie überhaupt noch den Antrag, wenn Sie doch drei Viertel Ihrer Zeilen, die Sie schreiben, dazu verwenden, darauf hinzuweisen, dass das etwas mit Migration zu tun hat?

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Reul. – Als nächster Redner für die CDUFraktion ist Herr Schnelle jetzt am Pult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ehemaliger Polizeibeamter ist es mir ein besonderes Anliegen, dass sich die NRW-Koalition und auch die neue Landesregierung dem Thema „Gewalt

gegen unsere Einsatzkräfte“ angenommen haben und dieses Phänomen mit aller Kraft bekämpfen.

Die Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst, die im Rettungsdienst tätigen Menschen und die Feuerwehrfrauen und -männer verdienen hierfür auch unseren Einsatz und unsere uneingeschränkte Rückendeckung.

Kollege Golland und Minister Reul haben deutlich gemacht, welche Initiativen und Maßnahmen hierzu schon ergriffen worden sind. Hierzu braucht es nicht eines solch überflüssigen und an vielen Stellen falschen Antrags wie des ersten Antrags der AfD. Den zweiten Antrag konnte ich gerade nur überfliegen.

Das Thema „Übergriffe von Personen mit Migrationshintergrund auf Einsatzkräfte“ nimmt gerade einen großen Teil dieser Studie ein. Die Vorredner haben es schon gesagt. Es ist daher völlig unbegründet und falsch, wenn die AfD hier die Gefahr einer Nicht-Thematisierung erkennt. Ihre Unterstellung, dass Kriminalität durch Personen mit Migrationshintergrund von Regierungen und Behörden totgeschwiegen wird, ist populistisch und seit Amtsantritt der neuen Landesregierung ebenfalls völlig falsch.

Dies wurde auch im letzten Newsletter des „Behörden Spiegels“ festgestellt. Der Herausgeber und Chefredakteur Uwe Proll merkt zur Vorstellung der Kriminalstatistik in NRW an – Zitat –:

Auch hier hat Reul eine neue Linie. Er differenziert explizit zwischen deutschen und ausländischen Straftätern.

Genau dies tut auch die Studie, indem sie explizit auf die Übergriffe von Personen mit Migrationshintergrund hinweist und dieser Problematik einen breiten Raum einräumt. Sie tut dies auch, obwohl diese Zahlen nur auf subjektiver Einschätzung gründen, wobei ich hier den Einsatzkräften schon eine gute Einschätzung zutraue. Hier wird daher keine Problematik, wie von der AfD unterstellt, vernachlässigt.

Weiter kritisieren Sie, dass aus der Studie ein Schulungsbedarf in interkultureller Kompetenz geschlussfolgert wird, und Sie unterstellen, dass Rettungskräfte mit interkultureller Nachsicht den Übergriffen begegnen müssten.

Bei Übergriffen, egal, wie motiviert, ob durch Alkohol, Drogen, fehlendem Respekt oder kultureller Verschiedenheiten, muss konsequent gehandelt und reagiert werden, und da wird und da darf in den Einsätzen auch kein Unterschied gemacht werden. Gezielte Kommunikation und Deeskalation auf der einen und konsequentes Einschreiten gegen Straftäter und Straftäterinnen auf der anderen Seite schließen einander dabei aber nicht aus.

Wichtig ist für unsere Einsatzkräfte, dass sie erkennen können, wo es aufgrund kultureller Unterschiede zu Konflikten kommen kann, um darauf vorbereitet

zu sein und Übergriffen von vornherein begegnen zu können.

Wenn ich als Kripobeamter eine von Muslimen bewohnte Wohnung betreten musste, habe ich vorher darauf hingewiesen, dass ich meine Schuhe anbehalte, und dies kurz erklärt, soweit dies im Einsatzfall möglich war. Dadurch können Konfliktsituationen im Vorhinein geklärt werden.

Dies setzt das Wissen um die kulturellen Unterschiede voraus, ohne gewisse kulturelle Unterschiede akzeptieren zu sollen. Auch von den Angehörigen der Rettungskräfte wird dieser Schulungsbedarf immer wieder angesprochen und gefordert. Ich glaube, in Ihrem neuen Antrag haben Sie es selbst jetzt auch gefordert.

Das Problem dieser Übergriffe darf aber nicht auf den Bereich der Migranten beschränkt werden. Die Studie nennt weitere Ansatzpunkte: Meldung aller Fälle, weitere Erhellung des Dunkelfelds, mehr Informationen durch Leitstelle oder über das Einschreiten der Polizei, Nachsorge etc.

Wie kommen Sie darauf, dass wir – Zitat aus Ihrem Antrag – „fernab politisch-korrekter Diskurse“ der Gewalt gegen Einsatzkräfte entgegentreten?

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Wir werden das Phänomen weiterhin intensiv sachorientiert ohne Ausblendung von bestimmten Problemfeldern diskutieren und konsequent angehen. Das ist für mich politisch-korrekt, und so will ich als Abgeordneter hier im Landtag arbeiten.

(Beifall von der CDU – Markus Wagner [AfD]: Sie hätten es im Ausschuss tun können! Sie haben es nicht getan!)

Die Rettungskräfte und die Kolleginnen und Kollegen der Polizei erwarten zu Recht von uns, dass wir die Problematik der migrationsbegriffbedingten Übergriffe und sonstiger Kriminalität nicht ausblenden und nicht verschweigen. Mit populistischen Reden und Schlussfolgerungen, durch die die anderen Probleme ausgeblendet werden, helfen wir unseren Einsatzkräften aber nicht weiter.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Markus Wag- ner [AfD])

Herr Wagner, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede auf den „Tag der Kriminalitätsopfer“ hingewiesen, haben Unterstützung für die Einsatzkräfte gefordert und hier einige Dinge zu Recht genannt. Sie werden aber sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich als Polizist nicht mit Leuten klatschen werde, die sich in Syrien mit Personen verbrüdern, die in Europa zu Terroranschlägen aufrufen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Schnelle. – Als nächster Redner ist angemeldet für die AfD-Fraktion Herr Dr. Vincentz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein sehr wichtiges Thema. Wenn man sich ausgerechnet bei einem solchen Thema wie der Kollege Bialas darin versteigt, zu beklagen, dass wir als Politiker häufig auch Angriffen ausgesetzt sind, etwa im Internet – das ist in der Tat so; das kennen wir als AfDler nur zur Genüge, bei uns wird dann häufiger auch die Fassade beschmiert etc. –, wenn man ausgerechnet einen solchen Antrag dazu nutzt, sich in so etwas zu versteigen, kann ich den Zorn der Einsatzkräfte schon verstehen.

Es ist eben eine Sache, die man nicht erklären kann. Das muss man selbst erlebt haben: wenn man die Nacht vor einem 24-Stunden-Dienst schon schlecht schläft – nicht, weil man seinen Job nicht mag –, weil man einfach nicht weiß, was kommt, was einen an dem Tag erwartet, wenn man seine Hose morgens früh anzieht, seine Stiefel anzieht, wenn man eben nicht weiß, was die nächsten 24 Stunden geschieht, wenn man schon keinen Appetit hat, weil man nicht weiß, was passiert.

Ich habe selbst einen Fall erlebt, bei dem ein Mann mit einem kleinen Bastelhammer seine Frau erschlagen hat. Das dauert mit einem kleinen Bastelhammer sehr lange und ist wirklich unglaublich furchtbar. Wenn man das mitbekommt, wenn man dann den betrunkenen Fernfahrer bei sich hat, der versucht, gegen die Krankenschwestern Gewalt auszuüben, sodass am Ende sogar die Krankenschwester, die vorher in Afghanistan gedient hat, weinend in der Teeküche sitzt, ist das alles nicht witzig.

Sie wollen, dass wir die Dinge differenziert betrachten. Zu einer differenzierten Betrachtung und zu einer klaren Benennung gehört es eben auch, diese Problemstellungen, die neu auf uns zugekommen sind, die eben genau on top gekommen sind, einzubeziehen. Natürlich gibt es gewisse Problemgruppen. Die größte Gefahr für die heimische Frau ist wahrscheinlich immer noch der Ehemann. Es gibt aber eben gewisse Dinge, die noch on top kommen, die noch dazukommen. Die muss man doch wohl genau untersuchen.

(Christian Dahm [SPD]: Welche meinen Sie denn?)

Die muss man eben genau benennen.

(Christian Dahm [SPD]: Dann tun Sie das doch!)

Das ist etwas, was diese Studie jetzt exemplarisch gemacht hat. Wenn ich Ihnen aber eines sagen kann: Was die Rettungskräfte ganz bestimmt nicht gebrauchen können, dann ist es, nach einem solchen Tag,

wie ich ihn gerade nur grob skizziert habe, ein Seminar zur Kultursensibilität zu besuchen, wie es mittlerweile an deutschen Universitäten gängig ist.

(Andreas Bialas [SPD]: Das war nicht für die Rettungskräfte! Das war nur für Sie!)

Dass wir uns in der Tat tatsächlich noch darauf einstellen müssen, wie man sich einer kranken, notleidenden Person nähert, das ist nun wirklich zu viel verlangt. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Vincentz. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/2150 an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales und an den Integrationsausschuss. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Der Entschließungsantrag Drucksache 17/2241

würde entsprechend mit überwiesen.

Gibt es dazu Gegenstimmen? – Die sehen wir nicht. Gibt es Enthaltungen? – Die sehen wir auch nicht. Damit ist das einstimmig so beschlossen, und es wird so verfahren.

Ich rufe auf: