Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Ich rufe auf:

5 Engpässe beseitigen – Land muss Kommunen

mehr Zeit zur Umsetzung des Programms „Gute Schule 2020“ einräumen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2163

Für die SPD-Fraktion begründet den Antrag nun Herr Kollege Dahm.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag möchten wir erreichen, dass den Kommunen in Nordrhein-Westfalen eine Verlängerung des Programms „Gute Schule 2020“ ermöglicht wird.

Warum wollen wir das tun, und was wollen wir damit erreichen? – Weil die Kommunen das selbst einfordern, weil die Oberbürgermeister, die Bürgermeister, die Baudezernenten auf uns zugegangen sind und den Wunsch geäußert haben, etwas mehr Zeit zu bekommen, um dieses Programm abzurufen.

Seit dem 1. Januar 2017 stellen wir als Land Nordrhein-Westfalen mit dem Programm „Gute Schule

2020“ den Kommunen für die Sanierung, die Modernisierung und den Ausbau der Schulinfrastruktur über die NRW.BANK 500 Millionen € jährlich zur Verfügung und damit insgesamt 2 Milliarden € bis zum Jahr 2020. Das ist sehr erfreulich.

Das Programm stößt auf reges Interesse. In vielen Städten und Gemeinden wird jedoch nur ein kleiner Teil der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel abgerufen; dazu hatte auch die Landesregierung kürzlich das Parlament kommunalscharf unterrichtet.

Einerseits machen sich hier personelle Engpässe in den Kommunen in den Bau- und Planungsbehörden bemerkbar. Für die Umsetzung der Bau- und Sanierungsmaßnahmen sind in der Regel umfangreiche Planungsvorbereitungen erforderlich. Das hierfür erforderliche Personal fehlt in den Städten und Gemeinden.

Andererseits kommt es durch die aktuell hohe Auslastung bei den Unternehmen der Bauindustrie und des Bauhandwerks zu entsprechenden Verzögerungen. Hinzu kommt, dass für Baumaßnahmen, insbesondere größeren, in den Schulen natürlich nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung steht, nämlich die Ferien.

Nach unserer Auffassung ist es daher erforderlich, den Kommunen entgegenzukommen, ihnen mehr Zeit einzuräumen, die von ihnen vorgesehenen Maßnahmen auch umzusetzen.

In der vergangenen Woche hat Ministerin Scharrenbach die Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik, die Difu-Studie, vorgestellt, die genau unsere Auffassung bestätigt, dass in vielen Kommunen das für die Planungsvorbereitung erforderliche Personal fehlt. Die Difu-Studie geht noch zurück auf die rotgrüne Vorgängerlandesregierung, die sie in Auftrag gegeben hatte. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass technische Ämter in Städten und Gemeinden landesweit betrachtet nicht ausreichend besetzt sind.

Durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln, meine Damen und Herren, von Bund und Land erhöht sich das Arbeits- und Koordinationsaufkommen in den Behörden. Nicht alle Kommunen können die dafür notwendigen Ressourcen ohne Weiteres bereitstellen. Die fehlende Förderung des kommunalen Verwaltungsaufwands ist deshalb von Bedeutung, da ein größerer finanzieller Spielraum durchaus zu einer Reduzierung der Probleme in den anderen Bereichen beitragen könnte. So wäre beispielsweise die gegebenenfalls temporäre Einstellung zusätzlichen Personals möglich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wird deutlich, wie wichtig unser Antrag für die Beseitigung von Engpässen in den Städten und Gemeinden ist. Es ist deshalb erforderlich, den Kommunen entgegenzukommen, ihnen mehr Zeit einzuräumen, die von ihnen vorgesehenen Maßnahmen auch umzusetzen.

In den Haushaltsberatungen hat die SPD-Fraktion beantragt, 80 Millionen € bereitzustellen, um die notwendigen Planungskapazitäten in den Städten und Gemeinden zu schaffen. Bedauerlicherweise hat die Mehrheit in diesem Parlament diesen Antrag abgelehnt.

Nach der aktuellen Gesetzeslage verbleibt den Städten und Gemeinden nach dem Abruf von Mitteln aus dem Programm „Gute Schule 2020“ ein Zeitraum von 30 Monaten, in dem die entsprechenden Verwendungsnachweise erbracht werden müssen.

Wir schlagen daher eine Ausweitung des Zeitraums auf 42 Monate vor. Das halten wir für dringend geboten. Eine solche Ausweitung würde dazu beitragen, dass längerfristig zu planende und dringend erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation an unseren Schulen nicht an aktuell vorhandenen Engpässen in Verwaltung und Bauwirtschaft scheitern.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, entsprechende Gesetzesänderungen einzubringen. Wir sollten weitere Beratungen im Ausschuss vornehmen. Ich bitte, weil es kein parteipolitischer Antrag, sondern eine reine Fachdebatte ist, auch die regierungstragenden Fraktionen um Zustimmung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Dahm. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Dr. Optendrenk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In wissenschaftlichen Debatten gibt es schon einmal die Diskussion darüber, ob man sich selbst plagiieren kann. Kann man sich selbst plagiieren, oder fällt das unter den Schutz des Plagiates? Herr Kollege Dahms,

(Christian Dahm [SPD]: Ohne „s“!)

wenn es die Chance gäbe, sich selbst zu plagiieren, dann hätten Sie sich mit dem Vorlesen der Drucksache 17/2163 gerade eine Seite lang selbst plagiiert. Ein paar Sätze über die Ergebnisse der von Ministerin Scharrenbach vorgestellten Difu-Studie haben Sie noch dazwischengeschoben.

Ich dachte in der Tat, dass wir über die Frage fachlich diskutieren. Von daher muss ich einige Vorbemerkung machen, weil ich das, was ich hier erlebt habe, nicht für möglich gehalten habe.

Eine Debatte ist eine Debatte, weil man über die Sache spricht und nicht, weil man den eigenen Antrag vorliest, den man überall online und gedruckt vorfinden kann. Sie haben den Antrag vorgelesen – ich könnte Ihnen auch die erste Seite zweieinhalb Minuten lang vorlesen – und vor der viertletzten Zeile im

zweiten Absatz die difu-Studie eingeschoben. Sie können sich ja gerne das Protokoll daraufhin einmal ansehen. Dafür brauchen wir keine Plenardebatte, sondern können einen Briefwechsel machen, Herr Kollege.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Auch in der Sache bin ich etwas überrascht darüber, dass Sie jetzt die Initiative ergreifen, denn es ist Ihre eigene Konstruktion, die Ihre eigene Regierung rechtzeitig kurz vor dem Wahltermin lanciert hat. Hierbei hätte man die Modifikationen, die Sie jetzt einfordern, schon berücksichtigen können.

Ich erinnere daran, dass die Baukonjunktur, anders als die generelle Konjunktur des Landes NordrheinWestfalen, schon zum 1. Januar 2017 brummte, dass die Planungskapazitäten in den Städten und Gemeinden und der Abbau – das ist richtig beschrieben – von Personal im Planungs-, Projekt- und Baubereich einer Kommune in den letzten Jahren überall Thema waren: in den kommunalen Spitzenverbänden, bei den Architekten, Ingenieuren. Überall war bekannt: Dieses Dilemma haben wir seit mindestens zehn Jahren.

Der Unterschied besteht nur darin: Nach der großen Krise 2008/2009 ist das im Zusammenhang mit den Konjunkturprogrammen nicht so schnell deutlich geworden, weil diese dann irgendwann wieder ausgelaufen sind. Aber schon 2008/2009 haben die Kommunen Probleme gehabt, Mittel abzurufen. Auch andere öffentlichen Hände hatten Probleme, die Konjunkturprogramme entsprechend umzusetzen.

Die eben von Ihnen zitierte Ministerin Scharrenbach hat übrigens bereits bei mehreren Terminen mit Oberbürgermeistern, Bürgermeistern, Landräten erklärt, dass die Landesregierung gehandelt hat. Sie hat in den letzten Wochen erklärt, dass in den Förderbestimmungen der Zeitraum für die Verwendungsnachweise von 30 Monaten, den Sie hier beschreiben, bereits auf 36 Monate angehoben worden ist, sodass Ihrem Anliegen, einem fachlichen Anliegen, bereits durch die Landesregierung im Vorgriff entsprochen worden ist.

Was damals allerdings eine große Rolle spielte und jetzt bei mir für Verwunderung sorgt, ist die Tatsache, dass Sie das, was zu dem Programm geführt hat, hier nicht dargestellt haben. Sie beschäftigen sich ein paar Monate nach dem Regierungswechsel nur noch damit, dass die neue Regierung etwas anders machen muss.

Die Debatte darüber, dass Ihre Regierung über Jahrzehnte die Schulen hat verkommen lassen, hätten Sie, wenn Sie sich hätten ehrlich machen wollen, hier auch einmal führen können. Diese Diskussion haben wir vor der Wahl in diesem Parlament geführt. Damals haben Sie und Ihr damaliger Koalitionspartner

immer behauptet, das sei überhaupt nicht der Fall gewesen, das sei eigentlich eine Angelegenheit der Kommunen gewesen. Kurz vor dem Wahltermin kam dann ein entsprechendes Programm, und zwar mit den Konditionen, die damals Ihre Staatskanzlei mit der NRW.BANK verabredet hat, Ihre Staatskanzlei und nicht irgendjemand Drittes.

Trotzdem ist es richtig, dass die Verwendungsnachweisfrist verlängert worden ist. Dies brauche ich sicherlich nicht weiter zu vertiefen. Ich habe großes Vertrauen, dass die Regierung das Richtige tut, dass sie es besser macht, als Sie es gemacht haben.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dahm?

Das ist freundlich von Ihnen. – Bitte schön, Herr Dahm.

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Erkennen Sie denn an, dass es zu Planungsproblemen und Umsetzungsproblemen in den Städten und Gemeinden nicht nur beim Abruf des Programms „Gute Schule 2020“ kommt, sondern auch beim Abruf sonstiger Förderprogramme, zum Beispiel Konjunkturpaket II?

Das habe ich doch eben gesagt.

(Christian Dahm [SPD]: Nein, das haben Sie nicht gesagt!)

Ich selbst bin seit 1999 Ratsmitglied meiner Heimatstadt. Natürlich sind überall im Lande die Probleme gleich. Es ist überall so, dass, wenn Sie bei einer hohen Baukonjunktur auch noch im öffentlichen Bereich mit relativ geringen Planungskapazitäten in den Stadtverwaltungen entsprechend tätig werden wollen, Sie da mehr Schwierigkeiten haben, Projekte schnell zum Stehen zu kriegen, sie förderfähig zu machen usw. Das ist völlig unstreitig.

Deshalb übt jetzt auch niemand Kritik daran, dass die Landesregierung den Zeitraum der Verwendungsnachweisablieferung verlängert. Es geht nur darum, dass Ihr Programm diesen Mangel hatte, den Sie jetzt beseitigt wissen möchten. Und ich hatte Ihnen dargestellt, dass die Landesregierung bereits tätig geworden ist und dies – für jedermann zugänglich – öffentlich erklärt hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Höne.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist spannender als das, was konkret in einem Antrag steht, das, was nicht in einem Antrag steht. Herr Kollege Optendrenk hat bereits ein, zwei Beispiele genannt. Auch ich, lieber Christian Dahm, kann das der antragstellenden Fraktion nicht ganz ersparen.

Was steht nicht im Antrag, aber zwischen den Zeilen? – Das ist das Eingeständnis der SPD, dass das Programm „Gute Schule 2020“ offensichtlich nicht zu Ende gedacht wurde. Denn jeglicher Korrekturbedarf, den Sie jetzt hier anregen, ist ja zu 100 % die Folge Ihres Regierungshandels. Nun spricht bekanntermaßen überhaupt nichts dagegen, jeden Tag ein wenig schlauer zu werden, aber die eine oder andere Nachfrage müssen Sie sich gefallen lassen.

War denn der SPD vor etwas mehr als einem Jahr, als das Programm beschlossen wurde, die personelle Lage der Kommunen im Bereich der Bauplanung nicht bekannt? War denn der SPD vor etwas mehr als einem Jahr die konjunkturelle Lage in der Baubranche nicht bekannt? War Ihnen das völlig fremd?

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])