Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie herzlich zu unserer heutigen, 28. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich fünf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Geburtstag feiert heute Herr André Stinka von der Fraktion der SPD. Er wird 53 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch Ihnen! Alles Gute im Namen der Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Familie Genç! Dem Präsidium, den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten und auch mir persönlich ist es ein Anliegen, dass wir in der ersten Plenarsitzung nach dem 25. Jahrestag des schrecklichen Anschlags von Solingen nicht einfach zur Tagesordnung schreiten, sondern aus diesem Anlass kurz innehalten.
Dabei geht es nicht darum, das zu wiederholen, was vor zwei Wochen im Umfeld der zentralen Gedenkfeiern bereits gesagt oder geschrieben worden ist. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass dieser Ort und auch der heutige Tag uns dieses Tun nahelegen.
Ich bin dankbar dafür, sehr geehrte, liebe Familie Genç, dass Sie aus diesem Anlass erneut den schweren Weg der Erinnerung an das Geschehene auf sich genommen haben und heute hier sind. Herzlich willkommen!
Demokratie basiert auf und lebt von der Gewaltenteilung. Da ist es von besonderer Strahlkraft, dass sich am heutigen Tage Vertreterinnen und Vertreter aller drei Staatsgewalten hier versammelt haben: das Parlament als Gesetzgeber, die Landesregierung als Exekutive und Vertreter des Verfassungsgerichtshofes einschließlich dessen Präsidentin. Letztere sind heute bei uns, weil wir gleich Richter vereidigen werden.
Bei aller Verschiedenheit der Aufgaben gibt es an dieser Stelle keinen Unterschied im Blick auf den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Keine dieser Gewalten duldet Terroranschläge. Und der fürchterliche, in der Dunkelheit der Nacht ausgeführte Anschlag von Solingen war ein Terroranschlag. Er war eine politisch motivierte Straftat. Er hat unser Land und viele Menschen hier in Schrecken versetzt. Unschuldige Menschen wurden aus fremdenfeindlichem Hass zu Opfern.
Meine Damen und Herren, als Präsident bin ich von einer Fraktion dieses Hauses darum gebeten worden, im Rahmen dieses Gedenkens auch an weitere Opfer von Gewaltverbrechen in unserem Land zu erinnern.
Verstehen Sie mich recht: Wer um einen Menschen trauert, dessen Leben abgebrochen wurde – durch welche Gewalt auch immer –, der weiß um „den schweren Kelch, den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand“, wie Dietrich Bonhoeffer es formuliert hat. Solch schlimmstes Leid lässt sich für Betroffene nicht skalieren, und von Außenstehenden lässt es sich nicht ermessen.
Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat mit seinen ihn bestimmenden und zugleich begrenzenden Gewalten wird nicht ruhen, bis in jedem einzelnen Fall Aufklärung erreicht und Recht gesprochen ist. – Das ist das eine.
Das andere ist, dass wir Deutsche aus den schrecklichen Erfahrungen der Jahre 1933 bis1945 – die eben alles andere sind als nur eine kleine, unbedeutende Fußnote unserer Geschichte – wissen, dass politisch motiviertem Terror, Rassenwahn und Fremdenhass mit der Klarheit, Härte und Entschlossenheit des Gesetzes begegnet werden muss.
Niemand zündet in diesem Land Häuser oder Menschen aufgrund ihrer Herkunft an! Deshalb legen wir diese Gedenkminute ein.
Ihre Familie, liebe Frau Genç, ist besonders hart getroffen. Es ist keine Selbstverständlichkeit für mich und uns alle in diesem Haus, dass Sie heute hier bei uns sind und den Schmerz der Erinnerung in Stunden wie diesen auf sich nehmen. Wir haben gerade vor Beginn dieser Sitzung darüber gesprochen, dass das, was als Würdigung und Innehalten gemeint ist, auch Schmerz und Aufwühlen mit sich bringt.
Wir alle hier sind auch nach all den Jahren noch beschämt und erschüttert über das Geschehene, über das Leid und den Schmerz, der über so viele Menschen – über Ihre Familien – gekommen ist. Wir sind erschüttert über den Geist, der hinter dieser Tat erkennbar wird.
Wir sind aber auch dankbar und angerührt von der Weise, in der Sie uns trotz und alledem durch Ihre Haltung auf einen Weg des Friedens und der Verständigung verpflichten und mitnehmen.
Immer wieder gibt es politisch motivierte Anschläge oder Terroranschläge, die den Rechtsstaat und seine Bürgerinnen und Bürger treffen. Das haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder erfahren müssen. Aber der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat findet sich nicht damit ab. Sein Arm und seine Kräfte sind stark genug, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Menschen wie Sie, Frau Genç, tragen mehr, als zumutbar ist. Sie tragen es als Aufruf zur Versöhnung unter den Völkern und unter den Religionen. Sie sind eine Botschafterin des Friedens.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte erheben Sie sich zu Ehren und im Gedenken an die Opfer des Brandanschlags von Solingen vor 25 Jahren von Ihren Plätzen. Stehen Sie auf für unsere Demokratie.
Herr Ministerpräsident Armin Laschet hat mir mit Schreiben vom 29. Mai 2018 Folgendes mitgeteilt – ich zitiere –:
nachdem Frau Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Christina Schulze Föcking am 15. Mai 2018 den Rücktritt von ihrem Amt als Ministerin erklärt hat, habe ich am 29. Mai 2018 gemäß Art. 52 Abs. 3 Satz 1 der Landesverfassung Frau Ursula Heinen-Esser als Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz ernannt.
Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie in der nächsten Landtagsplenarsitzung die Vereidigung des neu ernannten Mitglieds der Landesregierung vorsehen und mir die Gelegenheit geben würden, Frau Ministerin Heinen-Esser dem Landtag vorzustellen.
Sehr geehrter Herr Präsident, es ist mir eine große Freude, Ihnen von dieser Stelle aus noch einmal mitteilen zu dürfen, dass ich am 29. Mai 2018 Frau Ursula Heinen-Esser zur Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ernannt habe. Sie hat damit das Ministerium in einem unveränderten Ressortzuschnitt von Frau Ministerin a. D. Christina Schulze Föcking übernommen.
Frau Schulze Föcking, ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal für Ihre geleisteten Dienste in diesem politisch, aber auch persönlich herausfordernden Amt ganz herzlich danken.
Frau Heinen-Esser hat ihre Wurzeln in NordrheinWestfalen. Sie wurde in Köln geboren und hat auch ihr Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln absolviert.
2007 berief Bundeskanzlerin Angela Merkel sie als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Von 2009 bis 2013 war sie Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Im April 2014 wurde sie zur Co-Vorsitzenden der von Bundestag und Bundesrat eingesetzten Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe ernannt.
Ferner berief Frau Bundesministerin Hendricks sie im Juli 2016 zur Vorsitzenden der Geschäftsführung der Bundesgesellschaft für Endlagerung.
Frau Ministerin Heinen-Esser hat nicht zuletzt durch diese Tätigkeiten und Funktionen den Beweis angetreten, dass sie in vorzüglicher Weise geeignet ist, dieses sehr herausfordernde und verantwortungsvolle Amt für unser Land Nordrhein-Westfalen zu übernehmen.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Sehr geehrte Damen und Herren, nach Art. 53 unserer Landesverfassung leisten die Mitglieder der Landesregierung bei ihrem Amtsantritt vor dem Landtag den in dieser Vorschrift formulierten Amtseid.
Zu diesem Zweck bitte ich Frau Ministerin Ursula Heinen-Esser, in die Mitte des Plenarsaals zu kommen, um dort den Amtseid zu leisten. Die übrigen Anwesenden bitte ich, soweit es ihnen möglich ist, sich von ihren Plätzen zu erheben.
„Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit
Gemäß Art. 53 Abs. 3 der Landesverfassung kann der Eid auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.
Sehr geehrte Frau Ministerin, bitte heben Sie die Schwurhand und leisten den in der Landesverfassung vorgesehenen Amtseid, indem Sie die Worte „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe“ sprechen.