Es gibt Kinder, die sich gegen eine inklusive Beschulung entscheiden und die sich auch in Zukunft dagegen entscheiden werden – aus Gründen, die ich wirklich aus vollem Herzen respektiere.
Ich habe eben sehr bildlich dargestellt, was die Schülerinnen und Schüler mir geschildert haben. Wann waren Sie das letzte Mal an einer Förderschule? Wann haben Sie das letzte Mal den Kindern zugehört?
Wenn wir die Förderschulen erhalten und gleichzeitig die Ressourcen in den Regelschulen zur Umsetzung des gemeinsamen Lernens massiv verstärken, dann erkennen Sie doch, dass das eine Verbesserung der Wahlmöglichkeiten darstellt und dass es nicht darum geht, einzelne Schulformen zu zementieren oder zu zerschlagen.
Abschließend möchte ich noch einmal auf die Behindertenrechtskonvention eingehen. Sie haben eben schon daraus zitiert, Frau Beer. Ich lese es für alle noch einmal vor:
„Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern“
Dass ausgerechnet Sie das hier zitieren – Sie, die es nicht geschafft haben, die Schulen des gemeinsamen Lernens so auszustatten, dass sie genau diese Behindertenrechtskonvention erfüllen können –,
ist entweder ein Eigentor, oder Sie legen uns – es läuft ja die Fußball-WM – den Ball vor das leere Tor.
Diesen Ball verwandle ich sehr gerne, Frau Beer. Sie haben sich keinen Gefallen damit getan, die Behindertenrechtskonvention zu zitieren.
Ich möchte der Ministerin noch einmal herzlich für die Eckpunkte, für diesen wirklich wichtigen Meilenstein,
(Sarah Philipp [SPD]: Noch mal Meilenstein! Alles Meilensteine! – Marlies Stotz [SPD]: Täglich grüßt das Murmeltier!)
für die Neuerungen in der Inklusion danken, sodass wir die Inklusion endlich zum Erfolgsmodell machen können. Das haben Sie von Rot-Grün nicht geschafft. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine lieben Kollegen von der CDU und der FDP, wenn Sie sich in der Vergangenheit mit dieser Vehemenz gewehrt hätten, dann wären wir nun nicht in dieser Situation.
wie er von Rot-Grün für die Schulen begründet und propagiert worden ist, auf Täuschung und Lüge gegründet.
Denn die Befürworter der totalen Inklusion meinen, mit der UN-Behindertenrechtskonvention sei dem differenzierten deutschen Schulwesen überhaupt – und damit auch den Förderschulen – das Sterbeglöckchen geläutet. Und das stimmt ja eigentlich überhaupt nicht.
Sie haben sie missbraucht, um die Mehrgliedrigkeit des deutschen Schulwesens abzuschaffen. Das merken Sie doch immer wieder. So rekurriert auch Frau Beer wieder darauf, dass das Gymnasium unbedingt dabeibleiben muss.
Das gibt die im Jahr 2006 von den UN verabschiedete und 2009 von Deutschland ratifizierte Konvention mit dem Titel „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ aber überhaupt nicht her. Denn diese UN-Konvention enthält keinerlei Passus, nach welchem die Beschulung in Förderschulen als Diskriminierung erachtet würde. Frau Müller-Rech hat das ja schon mehrfach zitiert.
Da steht, dass besondere Maßnahmen zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung nicht als Diskriminierung gelten. Das Förderschulsystem gehört zum allgemeinen Bildungssystem dazu.
Inklusion laut UN-Behindertenrechtskonvention meint doch etwas ganz anderes. Es geht generell darum, die Staaten zu verpflichten, für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft und an gesellschaftlichen Prozessen Sorge zu tragen. Wie dies geschieht, bleibt selbstverständlich den einzelnen Staaten überlassen.
Da hat Deutschland mit dem mehrgliedrigen Schulsystem, zu dem auch die Förderschulen gehören, eine Möglichkeit geschaffen, zwei scheinbar widerstreitende Werte miteinander zu versöhnen und beiden gerecht zu werden: Das ist zum einen die Orientierung am Leistungsprinzip, wenn es um die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft geht, und zum anderen unter humanitären Gesichtspunkten die Einbeziehung eines jeden Menschen in die Gesellschaft, unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit. Beide Prinzipien sind für eine freiheitliche Gesellschaft unabdingbar.
Schafft man das Leistungsprinzip ab, dann werden sich andere Mittel und Wege finden, die gesellschaftliche Rollenverteilung zu regulieren. Früher war es das Geburtsrecht, heute ist es in sehr vielen Staaten der Geldbeutel der Eltern. Schauen Sie doch mal nach England und Amerika; da sehen Sie es doch. Wir können doch beides nicht für wünschenswert halten.
Das Leistungsprinzip ist der gerechteste Mechanismus für die Rollenverteilung in der Gesellschaft, weil sich hierbei die individuellen Möglichkeiten und die gesellschaftlichen Notwendigkeiten am besten aufeinander abstimmen lassen. Allerdings hat die Gesellschaft die Pflicht, jedem unabhängig von seinem Leistungsvermögen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Im Schulbereich heißt das, den unterschiedlich leistungsstarken jungen Menschen eine Schulform anzubieten, die den jeweiligen Bedürfnissen und Fähigkeiten entgegenkommt und eine optimale Entwicklung ihrer Talente und Begabungen zulässt.
Damit sind die unterschiedlichen Schulformen nicht nur ein lästiges Übel, sondern geradezu das wichtigste Instrument einer gelingenden Inklusion in die Gesellschaft.
In der Fachwelt spricht man hier von exkludierender Inklusion. Das heißt, man exkludiert für einen gewissen kurzen Zeitraum, um damit die Inklusion zu ermöglichen. Wie sehr das dem Wohl gerade der Kinder dient, die vielleicht am schwächsten sind, drückt die Schulpflegschaftsvorsitzende der Janusz-KorczakSchule, einer Förderschule, aus. Sie teilt in einem offenen Brief Folgendes mit – Zitat –:
Jeder Mensch hat seine spezifischen Qualitäten und Stärken, auch der Behinderte. Und jeder Mensch hat Anspruch auf die Berücksichtigung dieses Andersseins in unserem Gemeinwesen. – Zitat Ende.
Wir bitten daher um Ihren uneingeschränkten Einsatz zugunsten unserer Kinder, denen das Leben mit Sicherheit bereits genug Steine in den Weg gelegt hat, ohne dass weitere, wie die oben angegebenen Schulbedingungen, hinzukommen müssen. – Damit meinte sie die Regelschulen. – Tragen Sie zum Erhalt der Förderschule bei! Nur so ist der Grundsatz der Chancengleichheit zu gewährleisten. – Zitat Ende.
Leistungsprinzip und humanes Handeln schließen sich eben nicht aus, sondern bedingen sich geradezu gegenseitig. Und dass dies gelingt, dazu trägt insbesondere die Mehrgliedrigkeit unseres Schulsystems mitsamt der Förderschule bei. In diesem Sinne bitte ich das Ministerium und die Regierungsparteien, dringend auf den Weg der Menschlichkeit zurückzukehren, den die letzte Regierung unter Löhrmann und Kraft verlassen hat, weil sie irgendeiner ideologischen Wahnidee gefolgt ist. – Vielen Dank.