Protokoll der Sitzung vom 13.07.2018

Wenn man das Interesse Ihrer Fraktion an diesem Thema an der Arbeit und der Zeit, die Sie in diesen Antrag gesteckt haben, ablesen kann, dann tendiert dieses Interesse gegen null. Sie haben ja gerade eine Grundsatzrede gehalten und eigentlich nicht zur Westgrenze gesprochen.

(Beifall von der CDU und der SPD)

In der NRW-Koalition und in der Landesregierung beschäftigen wir uns mit deutlich mehr Zeit- und Arbeitseinsatz mit diesem Thema.

Eine zweite Anmerkung möchte ich als Abgeordneter des Kreises Heinsberg machen. Dieser verfügt über 77 km Grenzlänge zu den Niederlanden mit vielen grenzüberschreitenden Freundschaften, Partnerschaften und wirtschaftlichem Austausch. Meine Kinder sind 18 und 13 Jahre alt, sie kennen keine Schlagbäume mehr. Gerade wir in der Grenzregion, aber auch die ganze NRW-Wirtschaft sind auf diese offenen Grenzen angewiesen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wagner?

Nein, ich möchte weitersprechen.

Sie möchten weitersprechen. Bitte schön.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Helmut Sei- fen [AfD])

Ich will keine stationären Grenzkontrollen mehr. Armin Laschet hat völlig recht, wenn er sagt, dass diese Grenze offen sein muss.

Dies bedeutet aber natürlich nicht – das sage ich gerade auch als ehemaliger Polizeibeamter –, dass diese Grenze unkontrolliert sein darf. Das ist und bleibt aber Aufgabe der Bundespolizei. Unbestritten muss sich die Bundespolizei in NRW hier besser aufstellen. Das ist auch die Meinung von Armin Laschet.

Die von Ihnen geforderten Feststellungen sind zudem völlig falsch. Zunächst etwas zu den Zuständigkeiten an unseren Grenzen und im Bereich der Grenzsicherung: Schauen Sie in § 2 des Gesetzes über die Bundespolizei. Ich zitiere – mit Erlaubnis des Präsidenten –:

„(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.“

Letzteres ist in NRW richtigerweise nicht geschehen – und auch in keinem anderen Bundesland. Nach Abs. 2 dieses Paragrafen umfasst dieser Grenzschutz die polizeiliche Überwachung der Grenzen, die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs und – im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km – die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen. Wie kann daher eine Landesregierung bei etwas versagen, für das sie gar nicht zuständig ist?

Sie stellen weiter fest, dass die Landesregierung sich ungenügend für die Stärkung der Bundespolizei an den Grenzen in NRW einsetze. – Auch das ist falsch. Sowohl Ministerpräsident Laschet als auch Innenminister Reul setzen sich für eine Verstärkung der Bundespolizei in NRW ein. Zwischenzeitlich ist auch ein Teil der Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei, die in Bayern unterstützt haben, wieder in NRW.

Die mangelnde Besetzung der Dienststellen der Bundespolizei in NRW ist der insgesamt noch schlechten Personalausstattung der Bundespolizei und deren verstärktem Einsatz an den Flughäfen geschuldet. Dies hat die Bundesregierung erkannt und massiv mehr Personal eingestellt. Daher wird sich auch die Personalsituation der Bundespolizei in NRW wieder verbessern. Darüber können Sie auch einmal mit den Gewerkschaften sprechen.

Ihre Forderung, sich mit Nachdruck für eine Verstärkung der Bundespolizei in NRW einzusetzen, wird

daher längst erfüllt, ob vonseiten der Landesregierung oder auch in Gesprächen von Abgeordneten aus Land und Bund. Hierfür gilt mein ausdrücklicher Dank an die Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD aus dem Aachener Bezirk.

Ihre zweite Forderung ist längst Gegenstand umfangreicher Verhandlungen auf Bundesebene. Richtigerweise wird dies, die Zurückweisungen an der Grenze, nur in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern geschehen können. Gerade gestern hat es hier Fortschritte bei der Innenministerkonferenz der Europäischen Union gegeben.

Gerade auch unsere besondere nordrhein-westfälische Freundschaft mit Belgien und den Niederlanden darf hierdurch nicht gefährdet werden. Praktisch wäre ein Alleingang auch nicht umsetzbar.

Und dann zu Ihrer aberwitzigen Forderung nach Einführung einer Grenzpolizei nach bayerischen Vorbild: Selbst Bundesinnenminister Seehofer – keiner wird es bestreiten: ein Bayer durch und durch – hat zuletzt die Einrichtung der sogenannten bayerischen Grenzpolizei kritisiert und angemerkt, dass deren Handeln nur unter dem Rechtsregime der Bundespolizei möglich ist.

An welchen Stellen, in welchen Städten und Kommunen sollen wir denn die Landespolizisten dafür abziehen?

(Zuruf von der AfD)

Hierüber hätten Sie vielleicht einmal mit dem Polizeigewerkschaften reden sollen, die hätten Sie für diese Idee ausgelacht, gerade auch die von Ihnen zitierten Kollegen Krummen und Rettinghaus.

Letzte Anmerkung: Obwohl ich in meiner Rede nur kurz aus dem Gesetz zitiert habe, während Sie ja über Seiten nur Zitate bringen, hat meine Vorbereitung auf diese Rede wahrscheinlich doppelt so lange gedauert wie die Erstellung Ihres Antrags. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schnelle. Bleiben Sie bitte am Pult. Es gibt eine angemeldete Kurzintervention von der AfDFraktion. Herr Wagner hat diese Anmeldung hier selber vorgesprochen. Das darf er auch als Vorstand. Das können nicht alle Abgeordneten, aber der Vorstand darf das. – Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Lieber Kollege Schnelle, Sie haben gerade auf den Mangel an Polizeikräften hingewiesen. Das

mag ja alles sein, allerdings ist das einer Politik geschuldet, die Ihre Partei selbst mit begonnen hat und die sie jetzt auszubügeln versucht.

Dann sprechen Sie davon, dass der Bund jetzt mehr Bundespolizisten einstellt, verschweigen aber, dass die Gewerkschaft diese Mehreinstellungen für weitaus nicht ausreichend hält, um die fehlenden Stellen, die nicht besetzt sind, auch nur einigermaßen ausgleichen zu können.

Im Übrigen möchte ich noch auf eines hinweisen: Wenn man mit Politikern spricht, egal von welcher Partei, dann heißt es immer: So etwas wie 2015 darf sich nicht wiederholen. – Nun werden Sie vielleicht mitbekommen haben, dass Frontex eindringlich davor gewarnt hat, dass die westliche Mittelmeerroute über Spanien zum neuen Einfallstor für Migranten werden könnte oder werden wird. Das bedeutet, dass die Grenzübertritte nach Deutschland an der Westgrenze stattfinden werden. Wenn Sie also auf der einen Seite sagen, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, und auf der anderen Seite von Frontex bereits gewarnt werden, was da auf uns zukommt, und trotzdem nichts tun, dann ist das wieder das gewollte politische Staatsversagen, das sich bereits 2015 gezeigt hat. Obwohl Sie es wissen, unternehmen Sie nichts – das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall von der AfD)

Ich will darauf nur kurz antworten. Die Unterstellung, dass sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung dazu nichts tut, ist falsch. Wir stellen massiv mehr Polizisten ein; wir sind am Grenzschutz dran. Gerade der Grenzschutz in Bayern ist massiv ausgebaut worden, aber auch da nur durch die Bundespolizei. Das werden wir weiter fortsetzen. Wir werden uns aber nicht für geschlossene Grenzen einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Schnelle. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ganzke.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich mir die Rede des Fraktionsvorsitzenden Wagner gerade angehört habe, habe ich noch einmal kurz den Antrag, den wir gerade beraten, vorgenommen. Ich muss Ihnen sagen, Herr Wagner: Seien Sie doch so ehrlich und nennen den Antrag nicht „Illegale Immigration an der NRW-Westgrenze stoppen“, sondern nennen ihn so, wie Sie ihn gemeint haben: „Illegale Immigration durch den Bau eines neuen Westwalles an der Grenze zu NRW stoppen“.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Lachen von der AfD)

Denn ich glaube, das ist genau das, Herr Wagner, was Sie in Ihrer Rede in Duktus und Inhalt wirklich gemeint haben.

(Zurufe von der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Vorbereitung solcher Reden muss man sich auch einmal mit der veröffentlichten Presse auseinandersetzen. Das haben Sie ja anscheinend auch gemacht. Allerdings haben Sie etwas gemacht, was man, glaube ich, nicht machen sollte – wir haben das nämlich bei uns in der Fraktion einmal überprüfen lassen. Sie sollten in einen Antrag nicht ungefähr 78 % des Inhalts eines „WeLT“-Artikels übernehmen.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf: Bravo! – Zurufe von der AfD)

Ich glaube, dass es nicht das, was von uns Politikern und Politikerinnen erwartet wird. Von uns Politikern und Politikerinnen wird erwartet, dass wir öffentliche Informationen aufnehmen.

Das ist nicht das, was von uns Politikern und Politikerinnen erwartet wird. Von uns wird vielmehr erwartet, dass wir öffentliche Informationen aufnehmen; von uns wird aber nicht erwartet, dass wir das tun, was Herrn Dr. zu Guttenberg letztlich dazu gebracht hat, zurückzutreten, nämlich Plagiate zu erstellen. Das aber haben Sie mit Ihrem Antrag hier gemacht, ganz klar.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Markus Wag- ner [AfD])

Vor langer Zeit, im Jahre 1985, habe ich mal Jura studiert. Da habe ich Hausarbeiten schreiben und darin Fußnoten angeben müssen. Sie haben in Ihrem Antrag ganz homöopathisch fünf Fußnoten gesetzt. In der ersten Fußnote haben Sie geschrieben, dass Sie auf den „WeLT“-Artikel rekurrieren, und in den folgenden Fußnoten stand: „ebd.“. Insgesamt besteht Ihr Antrag zu über 78 % aus diesem „Welt“Artikel. Das ist keine politische Arbeit hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD – Marlies Stotz [SPD]: Lä- cherlich!)

Wir müssen es in der Politik anders machen. Daher möchte ich Bezug auf einen Bericht der „Aachener Nachrichten“ vom 7. Juli 2018 nehmen. Darin wird mitgeteilt, dass in der Bundespolizeiinspektion Aachen zurzeit ca. 170 Bundespolizistinnen und -polizisten für die Sicherheit von ungefähr 200 Grenzkilometern, 44 Bahnhöfen und von drei Flughäfen in der Region zuständig sind. Da muss ich Ihnen sagen: Das ist viel zu wenig. So viel ist Fakt.

(Helmut Seifen [AfD]: Aha!)

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, an die Adresse der Landesregierung zu sagen: Es reicht nicht aus, sich als Ministerpräsident damit zu rühmen, über die besten Kontakte nach Berlin zu verfügen; vielmehr ist es wichtig, dass der Ministerpräsidenten und der Innenminister dieses starken Bundeslandes darauf hinwirken, mehr Bundespolizei zu bekommen, auch in Nordrhein-Westfalen.

Der Anfang ist gemacht: Im Frühjahr 2019 wird mit den 7.000 Bundespolizistinnen und -polizisten die erste Charge der insgesamt 15.000 eingestellt werden, die in der Großen Koalition vereinbart worden sind. Das ist der richtige Weg. In einer zweiten Charge folgen dann die restlichen 8.000 Bundespolizistinnen und -polizisten.

Dann kann man sich immer noch darüber unterhalten, ob das ausreicht oder ob wir möglicherweise noch eine Schippe drauflegen müssen. Wir als Politik müssen in der Öffentlichkeit zeigen, dass wir wirklich etwas tun. Dann kann man immer noch prüfen, ob man genug getan hat.

Im Rahmen dieser Diskussion ist es wichtig, darauf hinzuweisen – das wollen wir in der SPD-Fraktion –, dass das Ganze nicht nur die Grenzbefestigung oder das Aufgreifen von möglichen Immigranten betrifft, die illegal über die Grenze kommen, sondern dass die Bundespolizei auch dafür da sein soll, unsere Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen sicherer zu machen. Das ist der Ansatzpunkt. Deshalb ist es falsch, nur auf die Westgrenze abzustellen. Wir müssen hervorheben, dass die Bundespolizei auch auf unseren Bahnhöfen fehlt. Das ist sehr wichtig.