Protokoll der Sitzung vom 13.07.2018

Im Rahmen dieser Diskussion ist es wichtig, darauf hinzuweisen – das wollen wir in der SPD-Fraktion –, dass das Ganze nicht nur die Grenzbefestigung oder das Aufgreifen von möglichen Immigranten betrifft, die illegal über die Grenze kommen, sondern dass die Bundespolizei auch dafür da sein soll, unsere Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen sicherer zu machen. Das ist der Ansatzpunkt. Deshalb ist es falsch, nur auf die Westgrenze abzustellen. Wir müssen hervorheben, dass die Bundespolizei auch auf unseren Bahnhöfen fehlt. Das ist sehr wichtig.

Ich möchte noch auf einen Punkt in Ihrem Antrag zu sprechen kommen. Wir als Politiker müssen uns ja mit den vorgelegten Anträgen auseinandersetzen, und das gilt auch für Ihren Antrag. Es kann doch nicht angehen, dass Sie in Ziffer 3 schreiben, Sie wollten eine Grenzpolizei nach dem Vorbild Bayerns. Es kann doch nicht wahr sein, dass wir so etwas in Nordrhein-Westfalen haben wollen!

(Beifall von der AfD)

Weil Sie gerade klatschen, sage ich Ihnen auch, warum das nicht wahr sein kann: Der Landtag in Bayern hat Anfang dieser Woche beschlossen, die Grenzpolizei wieder einzuführen. Der Witz dabei war, dass Herr Ministerpräsident Söder schon vor drei Wochen gesagt hat, er werde die Grenzpolizei wieder einführen. Er hat sogar schon den Chef der Grenzpolizei in sein Amt eingeführt. Anfang dieser Woche jedenfalls hat der Bayerische Landtag die Grenzpolizei wieder eingeführt.

Man muss wissen, dass Bayern als einziges Bundesland überhaupt nach dem Zweiten Weltkrieg eine Grenzpolizei hatte, diese jedoch im Jahr 1998 abgeschafft hat. Ein Schelm, wer dabei daran denkt, dass das etwas mit der am 14. Oktober dieses Jahres in

Bayern stattfindenden Landtagswahl zu tun haben könnte. Das ist doch der einzige Grund, warum Söder diese Grenzpolizei eingeführt hat!

(Markus Wagner [AfD]: Das weiß ich auch!)

Sie wissen das doch als eine Partei, die immer meint, das Grundgesetz gehe über alles. Wer hat denn die Zuständigkeit für die Grenzsicherung? Die liegt doch nicht bei den Ländern, die liegt beim Bund. Deshalb ist das nur eine „Grenzpolizei light“.

(Beifall von der SPD)

Das ist eine rein populistische Forderung.

Es ist einfach nicht wahr, dass Grenzsicherung die Aufgabe eines Bundeslandes ist; das ist die Aufgabe der Bundespolizei.

Deshalb komme ich für mich und für meine Landtagsfraktion zu dem Schluss: Bei dem vorgelegten Antrag handelt es sich um ein Plagiat. Sie eignen sich möglicherweise eine Urheberschaft an, die Ihnen nicht zusteht. Unserer Ansicht nach ist das ein untauglicher Versuch, sich profilieren zu wollen. Dieser Versuch ist jedoch gründlich schiefgegangen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Für die FDP erteile ich dem Kollegen Dr. Pfeil das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Wagner, meine Vorredner haben recht, und – da müssen Sie jetzt leider durch – wir haben das Ganze auch überprüfen lassen. Sehen Sie: Das Gelbe sind die Zitate, das Grüne ist abgeschrieben, ohne Zitat.

Von daher: Dass das alles aus Ihrer Feder stammt, glaube ich nicht. Sie haben es mit einer Fußnote aus dem „WeLT“-Artikel und mit vier Folgefußnoten gekennzeichnet. Wir sollten schauen, welchen Inhalt der Antrag hat, von wem er stammt und was davon „DIE WeLT“ geschrieben hat.

Damit komme ich zu den Forderungen, die Sie aufgestellt haben. Diesen Forderungen hat die Gewerkschaft der Polizei widersprochen. Sie hat dem nicht zugestimmt, so wie Sie das erklärt haben. Die Gründe, die gegen den AfD-Antrag sprechen, sind unterschiedlich:

Zunächst widerspricht er dem europäischen Selbstverständnis sowie dem Gedanken des internationalen völkerrechtlichen Schengen-Abkommens und der Nachfolgeregelungen,

(Nic Peter Vogel [AfD]: Grenzkontrollen!)

mit denen die stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten abgeschafft werden. So ist die Aussage.

Der AfD-Antrag, der verfassungsrechtlich bedenklich ist, verfolgt des Weiteren das Ziel, dass Landespolizei und Bundespolizei dieselben Aufgaben wahrnehmen sollen. Auch das sieht unsere verfassungsrechtliche Ordnung so nicht vor. Dieses Ziel verstößt damit gegen das Grundgesetz und die grundgesetzliche Ordnung.

Ein weiterer Punkt spricht gegen den AfD-Antrag: Er erzeugt zum einen Doppelstrukturen, die zu doppelten Freiheitseinschränkungen und Belastungen der Bürgerinnen und Bürger im Grenzraum führen, insbesondere zu den Niederlanden, zu Belgien und zu Frankreich. Zum anderen nennt er keine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bundespolizei und Landesgrenzschutz, wie Sie das haben wollen. Das kann es derzeit auch nicht geben, weil das gar nicht vorgesehen ist.

Fazit: Die Einrichtung einer landeseigenen Grenzpolizei ist daher klar abzulehnen, weil sie unsere derzeitige Rechtsordnung gar nicht vorsieht.

Es ist nämlich die Aufgabe des Bundes, hier für eine – darauf haben die Kollegen auch schon hingewiesen – personelle Verstärkung zu sorgen.

Daher ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, warum NRW-Bundespolizisten nach Bayern abgezogen werden; da haben Sie recht. Gleichzeitig müssen wir – der Innenminister ist auch dieser Meinung – für eine Verstärkung der Bundespolizei in NRW sorgen.

Wir als NRW-Koalition stehen zu Europa und zu den europäischen Zielen, zu denen insbesondere der freie Personenverkehr zählt. Wie haben die vier Grundfreiheiten: der freie Waren-, der freie Personen-, der freie Dienstleistungs- und der freie Kapitalverkehr. Gerade der freie Personenverkehr ist ein wesentlicher Bestandteil dieser vier Grundfreiheiten. Dagegen würden wir mit der Erfüllung der Forderung, die Sie stellen, verstoßen.

Wir sehen im Schengen-Raum nach wie vor die Idee der Freiheit und der Sicherheit sowie die Beachtung der europäischen Grundrechte und Grundfreiheiten für seine Bürgerinnen und Bürger verwirklicht. Und – auch das ist wesentlich für uns in der Grenzregion –: Wir wollen keine Schlagbäume und keine stationären Grenzposten und lehnen antieuropäische und rechtspopulistische Meinungsmache in diesem Bereich vollkommen ab.

(Markus Wagner [AfD]: Das hätten Sie sich jetzt aber sparen können!)

Aber so ist die Auffassung unserer Fraktion zu diesem Antrag.

Ein Zusatz: Als Aachener und überzeugter Europäer – und auch als Nordrhein-Westfale – richte ich

natürlich die Forderung an den Bund, für mehr Grenzschutz zu sorgen. Das ist aber nicht Landesaufgabe, und es ist auch nicht unsere Aufgabe, hier für eine Grenzschutzpolizei zu sorgen.

(Beifall von der FDP)

Es ist – das sei mir als einer der letzten Sätze gestattet – tragisch, wenn die CSU in Bayern aus Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit die Freiheitsrechte zugunsten einer vermeintlich höheren Sicherheit opfert und eine eigene Grenzschutztruppe schafft, die verfassungsrechtlich bedenklich ist. Ob ihr das bei der Wahl hilft, sei einmal dahingestellt.

NRW und wir als Koalition werden nicht jeder Sau hinterherlaufen, die aus wahltaktischen Gründen in einem anderen Bundesland durchs Dorf getrieben wird. Wir stimmen der Überweisung zwar zu, glauben aber nicht, dass wir im Ausschuss zu einer anderen Meinung kommen werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank. – Für Bündnis 90/Die Grünen erteile ich der Kollegin Frau Aymaz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Meine Vorredner haben es schon erwähnt: Der Antrag der AfD-Fraktion besteht zu 87 % aus einem „Welt“-Artikel. Auf diese Art und Weise betreibt die AfD nicht zum ersten Mal Arbeitsverweigerung. Nicht der Journalist Herr Stoldt, sondern die Damen und Herren von der AfD wurden in den Landtag gewählt. Zitate alleine reichen nicht, um Politik zu machen, und Plagiate gehen erst recht nicht!

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde, dass ein solches Zeugnis der Erbärmlichkeit dieses Hohen Hauses nicht würdig ist. Wir lassen es nicht zu, dass unsere parlamentarische Arbeit auf diese Art und Weise blockiert wird.

(Zurufe von der AfD)

Herr Wagner, Ihre Wortwahl und Ihr bewusstes Zitieren von Herrn Gauland – die Regierung zu „jagen“ – zeigen, welches Verständnis Sie von Parlamentarismus und Demokratie haben: ein ganz klar zerstörerisches. Und das lassen wir nicht zu! Wir werden um die besten Argumente streiten. Hier werden wir niemanden jagen lassen. Das lassen wir nicht zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der AfD)

Frau Kollegin, es gibt die Bitte nach einer Zwischenfrage. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von wem?

Von der AfD.

(Zuruf von der AfD: Haben Sie Angst?)

Okay. – Als nächstem Redner darf ich für die Landesregierung Herrn Minister Reul das Wort erteilen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass es vor unserer Zeit Generationen von Politikern gegeben hat, die aus dem Europa der voneinander abgeschlossenen, verfeindeten und sich bekriegenden Nationalstaaten ein offenes Europa gemacht haben,

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

die die Grenzen und Schlagbäume abgeschafft und den Menschen die Chance gegeben, über die Grenzen hinweg Freundschaften zu pflegen, zu lernen, miteinander umzugehen, und Wirtschaftsbeziehungen einzugehen.