Protokoll der Sitzung vom 20.09.2018

Am gestrigen Mittwoch hat der Ständige Ausschuss der EU-Kommission zu dieser Thematik beraten. Ein Expertenteam der Europäischen Union, das am Wochenende die Lage im Ausbruchsgebiet untersucht hat, berichtete dazu.

Es wird sich in der nächsten Zeit herausstellen, ob Belgien das Seuchengeschehen in diesem Gebiet isolieren kann oder ob wir mit einer Verbreitung in der Wildtierpopulation bis in die Nordeifel rechnen müssen.

Gleichzeitig gilt es – auch das haben Vorredner schon angesprochen –, eine Seuchenverbreitung über den Menschen durch möglicherweise kontaminierte Lebensmittel oder andere lebende Tiere zu unterbinden.

Ich bin in diesem Zusammenhang auch dem Verkehrsminister dankbar, der schon seit Januar/Februar dieses Jahres verschiedene Maßnahmen gegenüber seinen Behörden erlassen hat, was beispielsweise die Raststätten oder Wildschutzzäune angeht. Wir stehen in ständigem Austausch zu diesem Thema. Der Verkehrsminister hat jetzt auch noch einmal Kontakt zu seinen nachgeordneten Behörden aufgenommen, um die Anstrengungen an den Raststätten und den Straßen, die Warnhinweise etc. zu verstärken.

Was tun wir? Nach ersten Beratungen über das ASPGeschehen in Belgien am 13. September dieses Jahres haben wir am 14. September dieses Jahres umgehend Fachexperten aus der Verwaltung zu einer Sonderarbeitsgruppe ASP unter Leitung unseres zuständigen Abteilungsleiters für Verbraucherschutz zusammengebracht.

Daran nehmen natürlich auch der Präsident der Umweltbehörde LANUV und der Direktor der Landwirtschaftskammer teil. Ich bin beiden dankbar dafür, dass sie heute mit zu der Debatte in den Landtag gekommen sind, um zu zeigen, was für ein wirklich wichtiges und ernstes Thema dies für mein Haus und für unser Land ist.

Im Laufe des Freitags ist zudem eine erste Telefonkonferenz der Taskforce des Arbeitsstabes Tierseuchenbekämpfung zwischen Bund und Ländern durchgeführt worden, um sich zur weiteren Vorgehensweise abzustimmen.

In einer weiteren Telefonkonferenz wurden die betroffenen Verbände informiert.

In den hauptsächlich betroffenen grenznahen Kreisen – das sind Aachen, Düren und Euskirchen – wurden die ersten zusätzlichen Maßnahmen festgelegt.

Wir haben eine zeitnahe Abstimmung zwischen Bundesländer- und kommunaler Ebene erreicht.

Die Beratungen und Unterrichtungen durch die Sonderarbeitsgruppe ASP in meinem Haus werden ständig fortgeführt, sodass alle Beteiligten über aktuelle Entwicklungen und notwendige Schritte unterrichtet sind.

Es wird ein verstärktes Tierseuchenmonitoring in den grenznahen Kreisen durchgeführt, das nicht nur durch die Veterinärbehörden geleistet wird; auch die Jagdverbände haben ihre volle Unterstützung zugesagt.

Personal der Forstverwaltung wird im Staatswald der Grenzregion in den Revieren eingesetzt, um gezielt nach Wildschweinkadavern zu suchen.

Gleichzeitig wird für die Waldbesucher Informationsmaterial bereitgestellt, um über die Seuche und die notwendigen Maßnahmen zu informieren und zur Mithilfe beim Auffinden und Melden von Wildschweinkadavern zu ermuntern.

Weiterhin ist es natürlich wichtig, den Wildschweinbestand weiter zu reduzieren; denn dadurch wird der unmittelbare Übertragungsweg für das Virus erschwert.

Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz vor Beginn der Jagdsaison noch einmal auf ein vielleicht nicht ganz bewusstes Risiko aufmerksam machen, nämlich zurzeit durch die Teilnahme an Jagden in anderen Gebieten insbesondere in Südbelgien oder durch das Einladen von Jagdgästen aus möglicherweise sogar betroffenen Gebieten in Belgien. Dadurch entsteht trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein zusätzliches sehr hohes und unkalkulierbares Risiko für Nordrhein-Westfalen.

Die Aufzählung dieser Maßnahmen macht deutlich, dass die Vorsorge und der Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest nicht alleine die Aufgabe der Veterinärverwaltung und der Landwirtschaft sind. Vielmehr ist es eine Aufgabe von vielen Gruppen, intensiv alle Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen und wachsam gegenüber möglichen Risiken zu bleiben.

Wenn uns diese Zusammenbindung aller Gruppen gelingt, bin ich zuversichtlich, dass wir das Problem auch bewältigen können und gut bewältigen können. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Deppe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der Ministerin dafür, dass sie hier so ruhig und sachlich dargestellt hat, welche Maßnahmen im Moment ergriffen werden und wie die Landesregierung vorgeht. Ich denke, diese Information ist für die Öffentlichkeit und für uns alle wichtig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich möchte mich im Folgenden überwiegend mit den Auswirkungen beschäftigen, die auf uns alle zukommen, falls es auch hier zu einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest kommen sollte. Wir können jetzt durch den Ausbruch in Belgien auch in einer größeren räumlichen Nähe, als es in der Vergangenheit der Fall war, beobachten, was das für Folgen hat.

630.000 ha sind zum Sperrgebiet erklärt worden. Das ist eine Fläche – vielleicht kann sich das nicht jeder vorstellen – von umgerechnet 630 km², also mehr als die Fläche von Köln und Düsseldorf zusammen oder – für die Kollegen aus Westfalen – etwa so groß wie der Kreis Soest. Man stelle sich das einmal vor: ein Sperrgebiet in dieser Ausdehnung.

Dort herrscht Stillstand. Niemand darf landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Flächen in diesem Gebiet betreten. Ausgenommen sind Personen, die beauftragt sind, kranke und tote Wildschweine zu finden oder zu bergen. Die Wälder sind gesperrt. Der Forstbetrieb ist bis auf Weiteres untersagt. Es finden keine Forstarbeiten statt. Stellen Sie sich bitte einmal vor, was das in der Situation, die wir diesen Sommer mit der Borkenkäfer-Kalamität haben, für den Wald bedeutet.

Übrigens: Was heißt das für die Forstbetriebe und die Forstarbeiter, die dort arbeiten? Was heißt das für die Sägewerke? Was heißt das für die Holzversorgung in unserem Land? – Das sind nur einmal die Fragen und Probleme, die drohen, auf uns zuzukommen. Es herrscht auch absolutes Jagdverbot; darüber ist eben schon gesprochen worden.

Jetzt richten wir einmal den Blick in die freie Landschaft. Das Gebiet ist wildschweinsicher einzuzäunen. Meine Damen und Herren, wer hat denn dann noch Lust, dort spazieren zu gehen? Dann gibt es keine Spaziergänger und keine Freizeitaktivitäten. Was für Auswirkungen auf den Tourismus hat das denn? Wie viele Menschen in Hotels, Gaststätten, Kneipen und Cafés, beim Bötchenverleih, in Museen und an Tankstellen werden betroffen sein, wenn die Urlauber oder die Tagesgäste gar keine Lust mehr haben, dorthin zu fahren?

Sehen wir uns auch einmal die Landwirtschaft an. Den landwirtschaftlichen Betrieben ist eine Ausfahrt mit Fahrzeugen jedweder Art untersagt. Keine Ernte mehr? Dürfen landwirtschaftliche Produkte überhaupt noch transportiert werden? Die Getreideernte

ist zwar vorbei. Aber wer weiß, wie lange die Sperrung bestehen bleiben muss? Derzeit ist der Mais noch nicht überall abgeerntet. Und was ist mit den Kartoffeln? Was ist mit den Zuckerrüben? Bei einem Fahrverbot stockt die Versorgung der Zuckerfabriken. Jetzt beginnt die Herbstbestellung. Wollen wir nicht mehr säen? Was ist mit dem Ausbringen von Mist und Gülle innerhalb der jetzt zugelassenen Ausbringzeiten?

Das Hauptthema, über das einige hier auch schon gesprochen haben, ist jedoch die Übertragbarkeit der Afrikanischen Schweinepest von den Wildschweinen auf die Hausschweine. Das ist die größte Gefahr. Diese Folgen mag sich überhaupt niemand ausmalen. Zu Schweinebetrieben haben dann nur noch Seuchenexperten und Sicherheitskräfte Zutritt. Was ist eigentlich mit Futterlieferungen? Wo bleiben die Schweine, die ihr Schlachtgewicht erreicht haben? Im Stall wird es dann jeden Tag enger.

Reden wir nun einmal von den wirtschaftlichen Folgen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen ca. 7.100 schweinehaltende Betriebe mit 7,1 Millionen Schweinen. Für belgisches Schweinefleisch haben neun Staaten außerhalb der EU sofort einen Importstopp erlassen. Darunter sind wichtige Exportländer wie Südkorea, China, Taiwan und Weißrussland.

In Deutschland sind in der Fleischbranche über 110.000 Menschen beschäftigt. Sie sorgen für einen Umsatz von 40 Milliarden Euro. In Nordrhein-Westfalen ist die Bruttowertschöpfung der Fleischwirtschaft vergleichbar mit den Branchen der Chemieindustrie oder des Maschinenbaus. Ich glaube, darüber machen sich viele keine Vorstellungen.

Die riesige Dimension ist jetzt vielleicht einigen klar geworden – ich hoffe, auch Ihnen, Herr Kutschaty. Ihr unsäglicher Tweet, in dem Sie sich darüber beschwert haben, dass heute dieses Thema hier behandelt wird,

(Britta Altenkamp [SPD]: Bitte?)

war ja schon Gegenstand der Äußerungen von Frau Watermann-Krass. Ich denke, der Präsident hat dazu das Richtige gesagt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Noch viel bemerkenswerter ist aber Folgendes: Die SPD hat doch den Bezug zum realen Leben der Menschen in Nordrhein-Westfalen vollkommen verloren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Hier droht eine Katastrophe mit Auswirkungen für Zigtausende Arbeitsplätze und Verlusten im Milliardenbereich, die knapp vor unserer Landesgrenze angekommen ist – und die SPD nimmt das noch nicht einmal zur Kenntnis. Frau Watermann-Krass hält hier eine lustlose Rede und beklagt sich noch darüber, dass das Thema hier im Landtag behandelt wird.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Liebe Kollegen der SPD, wie weit sind Sie eigentlich mittlerweile von der Wirklichkeit der Menschen und dieses Landes entfernt?

(Beifall von der CDU)

Ich muss sagen, dass Herr Rüße die Themen angesprochen hat. Er hat die richtigen Fragen gestellt. Herr Rüße, ich bin froh, dass Sie dieses Thema hier mittragen und weiter dafür sorgen, dass wir uns um die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest, aber auch um die Folgen kümmern.

Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir eine Landesregierung haben, die nicht die Augen verschließt und nicht sagt, das sei ein unwichtiges Thema, sondern die Dimension erkannt hat und hier handelt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Blex.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon interessant: Wir haben eine Aktuelle Stunde – nicht zum Hambacher Forst, sondern zur Afrikanischen Schweinepest –, und selbst die Laschet-Parteien halten es nur für nötig, hier mit drei Rednern aufzutreten, während die Öko-Sozialisten es gar nicht für erforderlich halten, in die zweite Runde zu gehen. So wichtig ist Ihnen das Thema, das wir hier in der Aktuellen Stunde behandeln.

(Beifall von der AfD)

Abgesehen davon hört man hier natürlich ganz interessante Äußerungen. Herr Rüße möchte registrieren; Herr Rüße möchte Grenzen sichern und den Transit verhindern. Das ist interessant; das ist ganz toll. Allerdings möchte er das nicht bezüglich der illegalen Massenimmigration machen,

(Zurufe von der CDU: Aha!)

sondern bezüglich der Wildschweine.