Alle diese Vorschläge sind von Ihrer Mehrheit, nämlich von einer schwarz-grün-gelben Mehrheit in Köln, abgelehnt und somit nicht umgesetzt worden, und der Ministerpräsident hat sich nicht um diese Fragen gekümmert. Deshalb finde ich es sehr richtig, auf die Geschichte zu blicken und zu überlegen, welche Vorschläge denn eigentlich umgesetzt worden sind.
Die Gerichte in Nordrhein-Westfalen haben diese Entscheidung auch deshalb getroffen, weil sie den Eindruck haben, dass zumindest in diesem Fall keinerlei Bemühungen erkennbar gewesen sind, konkrete Schritte zu unternehmen. Deshalb ist es neben der grundsätzlichen Debatte, die wir führen müssen, erforderlich, folgende Fragen zu beantworten: Wie schaffen wir es, dass die Binnenschifffahrt endlich weniger Schadstoffe ausstößt? Wie sorgen wir dafür, dass die E-Bus-Flotten tatsächlich flächendeckend eingesetzt werden? Wie sorgen wir für Leihfahrräder und Leihautos in den Städten? Es geht also, kurz gesagt, um folgende Frage: Wie organisieren wir die Verkehrswende, über die wir seit vielen Jahren gemeinsam diskutieren?
Das alles ist richtig, aber es wird am Ende nicht ausreichen. Denn am 1. April nächsten Jahres und dann am 1. September werden über 100.000 Familien in der größten Stadt des Landes erleben, dass sie sich nicht mehr bewegen können. Deshalb müssen Sie endlich liefern. Herr Deppe, hören Sie auf, zu hoffen und zu beten! Herr Laschet, drücken Sie sich nicht weiter weg, sondern machen Sie den Menschen ein konkretes Angebot, wie die Mobilität und die Gesundheit in diesem Land weiter gesichert werden können! – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kann man so machen, muss man nicht so machen, es sei denn, es geht nicht an
ders. – Das war, sehr vereinfacht gesagt, die Botschaft des Bundesverwaltungsgerichtes Ende Februar dieses Jahres zu der Frage, inwieweit Fahrverbote in Luftreinhalteplänen prinzipiell Gegenstand sein können.
Die beiden Urteile betreffen Düsseldorf und Stuttgart. Sie machten den Weg für Fahrverbote frei, lieferten allerdings keine Carte blanche für Fahrverbote, wie am Tag darauf von teils unverständiger, teils interessierter Seite in dieser Angelegenheit der Eindruck erweckt wurde, die eigentlich mehr Differenzierung als Skandalisierung, wie sie hier auch teilweise in Plenum betrieben wird, benötigt. Wir gehen damit seriös um. Das ist unsere Art, Politik zu machen, und wahrscheinlich der Weg, der aus mittlerer Sicht erfolgreicher sein wird als der Klamauk, der hier teilweise provoziert wird.
Zurück zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes: Vielmehr sind dahin gehende Regelungen von nicht unerheblichen Voraussetzungen abhängig, und zwar flächendeckende, zonale – so sagt man wohl neuerdings –, wie vom Verwaltungsgericht für Köln vorgesehen, mehr noch als streckenbezogene, wie für Bonn angedacht.
Auf der einen Seite verbietet das Übermaßgebot – um es einmal so auszudrücken – dem Richterspruch zufolge, derart weitreichende Verkehrsverbote auszusprechen, ohne die damit für die Betroffenen verbundenen wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite dürfen die Grenzwerte nicht erst irgendwann – nach 2020 – eingehalten werden. Dahin gehende Maßnahmen müssen vor 2020 wirken. Die überragende Bedeutung der körperlichen Unversehrtheit drängt Zweifel – die können durchaus aufkommen, wenn man beispielsweise die „Aachener Nachrichten“ vom gestrigen Tage dazu gelesen hat – am Zustandekommen der Grenzwerte und der Messergebnisse in den Hintergrund.
In diesem Spannungsfeld verläuft unter den gegebenen rechtsstaatlichen Anforderungen ein schmaler Grat, der von den für die Luftreinhaltung zuständigen Behörden alles andere als einfach zu beschreiten ist. Die Bundeskanzlerin will ihn insofern dankenswerterweise ein wenig verbreitern und hat dazu angeregt, im Bundes-Immissionsschutzgesetz eine Klarstellung zur Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen im Fall von Grenzwertüberschreitungen vorzunehmen.
Diese Initiative hat Frau Ministerin Heinen-Esser für Nordrhein-Westfalen genauso begrüßt wie die Bemühungen, zum Beispiel von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, die Autohersteller zu Hardware-Nachrüstungen auf deren Kosten zu bewegen. Dazu hat sie im September-Plenum gleich drei gute Gründe angeführt. Dabei geht es einmal um schnelle Erfolge für die Gesundheit. Am Clevischen Ring – Herr Ott, Sie haben es eben angesprochen – brächte
das bis zu 8 µg. Dann wäre Köln fast schon ein Fall für diese gegebenenfalls neue Regelung im BImSchG.
Zweitens geht es um die Vermeidung einer faktischen Enteignung der Verbraucher – also Verbraucherschutz – und nicht zuletzt – drittens – um den Diesel, der wegen der höheren Effizienz und weniger Feinstaub unbestreitbare Vorzüge hat. Es geht also darum, ihn in dieser Phase nicht über Gebühr zu desavouieren, denn er hat – davon bin ich überzeugt – allen Unkenrufen zum Trotz mit Harnstoffeinspritzung – so sauber und sparsam, wie er dann wäre – nach wie vor eine gute Zukunft.
Die Nachrüstung scheint, technisch gesehen, doch in mehr als nur wenigen Fällen möglich zu sein. Rechtlich durchzusetzen ist sie allerdings – auch wenn Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen das hier im Plenum oder auch in diversen Talkshows anders suggerieren – nicht. Wenn überhaupt, ist das nur ausnahmsweise per Gesetz möglich. Auch hier greift der Rechtsstaat – diesmal mit dem Rückwirkungsverbot. In dieser Hinsicht, Herr Klocke, bedarf es sicherlich keiner Belehrungen gerade von Ihrer Seite über die Funktionsweise des Rechtsstaates und die Rolle der Gerichte in diesem Land.
Auch unterhalb der Ebene des Landes ist die Regierung teilweise darauf angewiesen, dass die Adressaten ihrer Maßnahmen mitspielen. Das gilt beispielsweise für die Kommunalpolitik, wenn es – wie in Düren – um Ortsumgehungen geht. Dort ziehen – Kollege Middeldorf hat es angesprochen – Vertreter derselben Parteien, deren Fraktionen hier im Landtag dicke Luft in Städten beklagen, eben nicht immer mit, wenn der Verkehr um das Zentrum herumgeführt werden soll, wodurch die Schadstoffbelastung verringert werden könnte.
Wir sind nicht unbelehrbar, sondern nehmen aus den Urteilen durchaus auch Erkenntnisse mit. Konsequent beschreiten wir den Weg mit vielfältigen Ansätzen, den Frau Ministerin eben zitiert hat. Diesen Weg haben wir beim März-Plenum folgendermaßen tituliert: „Luftqualität in unseren Städten verbessern – Fahrverbote vermeiden – Maßnahmen der Landesregierung für eine nachhaltige Mobilitätswende ergreifen“. Dass dieser Weg in Sachen Luftqualität der richtige ist, hat uns nicht zuletzt mein Vorredner Arndt Klocke in seiner Plenarrede am 19. September dieses Jahres attestiert. Sie wollten sich eben nicht selbst zitieren, dann mache ich es jetzt. Sie waren sich seinerzeit sicher:
„Wir werden die Erfolge – und ich bin sicher, dass sie bei der Frage der Luftreinhaltung eintreten werden –...“
„... im Bereich der ÖPNV-Nachrüstung, der Umstellung der Busantriebe auf Elektro, Wasserstoff oder Hybrid etc. erst in den nächsten Jahren spüren.“
In punkto Fahrverbote halte ich es tatsächlich nicht für ausgeschlossen, dass zumindest pauschale, sprich flächendeckende Einschränkungen vermieden werden können, nämlich wenn es der Bezirksregierung Köln gelingt, den vorliegenden frühen Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans bis zu einer etwaigen Berufungsverhandlung so mit Angaben über neuerliche Entwicklungen und plausiblen Prognosen zu ergänzen, dass sein zukunftsgerichteter Gehalt in der zweiten Instanz stärker verfängt als in der ersten, die sich dem Vernehmen nach – warum auch immer; dazu muss man die schriftliche Begründung abwarten; das kann auch an Form, Inhalt und Zeitpunkt der Unterlagen gelegen haben – auf die Vergangenheit kapriziert hat, statt die nächsten Jahre in den Blick zu nehmen.
In Sachen „nachhaltige Mobilitätswende“ bin ich nicht zuletzt unter Bezug auf unseren diesbezüglichen sozusagen interdisziplinären Antrag vom April dieses Jahres „Innovative Antriebe fördern und technologieoffenen Fortschritt ermöglichen“ nach wie vor davon überzeugt, dass es im Land der Ingenieure möglich sein wird, Verkehr sauber und ohne Fahrverbote zu organisieren. Denn das hat mit Nachhaltigkeit fürwahr nichts zu tun. Auch deshalb lehnen wir Fahrverbote weiterhin ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Ritter. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Klocke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will auf einige Argumente eingehen, die in der ersten Runde gekommen sind. Herr Deppe, Sie haben gesagt – es gab auch einige Zwischenrufe aus dem CDU-Lager –: Sie haben sieben Jahre nichts getan. – Mal ganz kurz die Erfolgsbilanz in diesem Bereich heruntergebetet: RRX auf die Schiene gebracht, Radschnellwege als neues Instrument eingeführt, die ersten Teilabschnitte Radschnellweg Ruhr schon gebaut, die Straßensanierung hochgefahren, Erhalt vor Neubau als Prinzip durchgesetzt.
Herr Ministerpräsident, Sie waren bei meiner ersten Rede nicht da. Ich habe mehrfach an Sie adressiert. Sie dürfen kommen und gehen, wann Sie wollen, aber wenn ich im zweiten Abschnitt beginne, zu reden, dann bitte ich Sie, einfach zuzuhören. Das gebietet die Höflichkeit hier im Parlament.
Wir haben die entsprechenden Mittel organisiert. Herr Wüst wird in den nächsten Jahren viel mehr Geld für den ÖPNV haben. Warum? – Weil Rot-Grün den Kieler Schlüssel durchgesetzt hat. Das heißt, Nordrhein-Westfalen bekommt deutlich mehr Geld für den ÖPNV. Das sind alles Punkte, mit denen umweltfreundliche Mobilität vorangebracht wird, wofür wir sieben Jahre in der Regierung gekämpft haben. Da brauchen Sie uns nicht vorzuhalten, hier wäre nichts gelaufen.
Sie fragen uns: Was ist zu tun? Man kann natürlich ein Sofortprogramm schnüren. Was wäre mit einem landesweiten ÖPNV-Ticket? Wir haben das im Wahlkampf als 2-Euro-Ticket propagiert. Kollege
Kutschaty hat es eben 1-Euro-Ticket genannt. Wien macht es vor. Warum gucken Sie sich das nicht ab und bringen das voran?
Was ist mit einer Initiative „JobRad“, wo das Land Baden-Württemberg ganz vorne ist? Was ist mit einem Job-Ticket, das in Hessen eingeführt worden ist? Wir Grüne haben dazu einen Antrag eingebracht. Die Anhörung steht in nächster Zeit an. Das sind alles Instrumente, die man, wenn man die Innenstadtluft sauberer machen will, als Landesregierung entsprechend unterstützen kann.
Frau Heinen-Esser, nein, wir wollen nicht zurück zum Benziner. Wir wollen auch nicht, dass Diesel ausgebaut wird. Wir wollen in alternative Antriebe nicht nur investieren, sondern sie müssen zügig durchgesetzt werden: Wasserstoff, E-Mobilität. Das, was in Aachen im Kleinen läuft, das muss im Großen laufen.
Herr Laschet, ich glaube, ich habe mehr Termine mit e.GO gemacht als Sie. Da brauche ich keine Nachhilfe von Ihnen.
Frau Heinen-Esser, Sie haben mir eben gesagt, Sie bräuchten keine Nachhilfe im Bereich Luftreinhaltung. Ich habe mich bezogen auf die Pressemitteilung der Staatskanzlei am Nachmittag nach dem Urteil. In dieser Pressemitteilung vom 8. November, 15 Uhr – mit freundlichen Grüßen, Ihr Landespresse- und Informationsamt –, steht von Umweltschutz, Gesundheitsschutz etc. kein Wort.
und auf den Wirtschaftsstandort Köln. Ich sage Ihnen: Eine grüne Umweltministerin, ein grüner Umweltminister hätte eine solche Pressemitteilung nach einem solchen Urteil nicht herausgegeben.
Herr Deppe, Sie haben eben auf Baden-Württemberg abgehoben. Der Unterschied zu Baden-Württemberg – die Situation in Mannheim kenne ich persönlich nicht auswendig – ist, dass der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident, der Innenminister Herr Strobl und der Verkehrsminister Herr Hermann gemeinsam vor die Presse getreten sind und zum Thema „Fahrverbot und Luftreinhaltung“ einen gemeinsamen Maßnahmenplan vorgestellt und angekündigt haben, dass es ab 1. Januar 2019 in Stuttgart für Euro-4-Dieselfahrzeuge zu Fahrverboten kommen wird. Das ist die grünschwarze Koalition in Baden-Württemberg. Das unterscheidet sich zu der Politik hier, wo sich der Ministerpräsident erdreistet, zu behaupten, diese Urteile wären rechtswidrig. Es steht Ihnen nicht zu, Herr Laschet, so etwas zu behaupten.
Was Recht und Gesetz in diesem Land ist, entscheiden nämlich die Gerichte und nicht der Ministerpräsident.