Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Da wäre zum Beispiel Professor Hans Drexler, stellvertretender Vorsitzender der ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft:

„Ich hielte Fahrverbote für medizinisch nicht begründbar, wenn man die Stickoxidbelastung als Grundlage heranzieht.“

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Professor Dr. Joachim Heinrich von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin:

„Ist eine Person an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung gestorben, kann dies nicht eindeutig etwa auf eine Belastung mit Stickstoffdioxid zurückgeführt werden.“

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Ich weiß, Sie von der SPD ignorieren die Fachleute. – Oder wer war das? War das Frau HeinenEsser? – Ich glaube, nicht.

(Zuruf von Carsten Löcker [SPD])

Frau Heinen-Esser konnte mir übrigens, anders als angekündigt, auch keine Fachstudien vorlegen.

Des Weiteren Professor Martin Hetzel, Chefarzt an der Stuttgarter Lungenfachklinik des Roten Kreuzes:

„Stickoxide in einer so geringen Konzentration wie in unseren Städten können keine krankmachende Wirkung haben.“

Dann wäre da noch Professor Helmut Greim, Träger des Bundesverdienstkreuzes und Toxikologe an der TU München. Über ihn schreibt „FOCUS Online“:

„Aus toxikologischer Sicht, so Greim, würden die aktuell festgestellten Überschreitungen nicht zu Gesundheitsschäden führen.“

Nicht zu Gesundheitsschäden führen!

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Ich habe noch einen. Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie sagt über die Grenzwertüberschreitungen in Stuttgart: Die Werte, die am Neckartor gemessen würden, „sind sicher nicht repräsentativ für ein Stadtgebiet“. Damit würde nämlich unterstellt, die Menschen wohnten direkt am Straßenrand; also würden sie quasi an der Bordsteinkante schlafen.

Sie sehen also: Ihr Feldzug gegen den Diesel ist wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Er ist eine rein ideologische Panikmache. Und jede einzelne der 250 Messstationen in Deutschland ist ein Paniksensor.

Einer dieser Sensoren steht übrigens in Oldenburg und verzeichnet ebenfalls angeblich zu hohe Werte, übrigens selbst dann, wenn der Straßenabschnitt für

mehrere Stunden wegen eines Marathons für Fahrzeuge gesperrt ist. Wir haben vorhin über Köln gesprochen. Ich glaube, in den Luftreinhalteplan Köln sollte auch ein Marathonverbot aufgenommen werden.

(Andreas Bialas [SPD]: Das ist ja mal was!)

Ich erkläre es Ihnen noch einmal: Bei uns beträgt der Grenzwert für Stichstoffdioxid im Verkehr 40 µg pro Kubikmeter. In den USA sind es 103 µg. Unser Grenzwert ist vor acht Jahren von der EU willkürlich abgesenkt worden. Eine wissenschaftliche Begründung dafür bleibt man in Brüssel uns bis heute schuldig.

Aber das ist Ihnen in Ihrer Gesinnungspolitik vollkommen egal; genauso wie es Ihnen egal ist, dass laut ifo Institut von einem Dieselverbot 159.000 Beschäftigte direkt betroffen sind.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Das ist die Schande. Und Sie müssen mir nicht mit der Gesundheit kommen. Die Fachleute – die es sicher besser wissen als grüne Studienabbrecher – haben ganz klar gesagt: Es gibt keine Gesundheitsgefahr; auch für grüne Ökobauern gibt es keine Gesundheitsgefahr

Herr Dr. Blex, Ihre Redezeit ist beendet.

Was Sie machen, ist ein rein ideologischer Kampf. Und wir tragen diesen Feldzug nicht mit. – Danke schön.

(Beifall von der AfD – Britta Altenkamp [SPD]: Warum stellt Ihr einen Antrag, der nicht wichtig ist? Scheiße!)

Das war Dr. Blex für die AfD-Fraktion. – Jetzt hat für die Landesregierung noch einmal Frau Ministerin Heinen-Esser das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind eine Reihe von Fragen gestellt werden, die ich gerne beantworten möchte.

Kollege Blex, zunächst einmal zu Ihnen. Als Sie die Karte hochgehalten haben, dachte ich: Jetzt ist es passiert – Sie glauben Ihren eigenen Fake News.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Gestern ist für Paris ein Dieselfahrverbot für ältere Diesel-Pkw verkündet worden. Es gibt Städte in Europa, etwa London, in die man nicht einfahren darf.

(Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

Es gibt Städte in Norditalien – das gilt übrigens auch für Rom –, in denen man nicht in die historischen Altstädte einfahren darf. Das alles fehlt auf Ihrer komischen Karte. Ich würde Sie herzlich bitten, sich doch mal mit der Realität und nicht mit Ihrer Wünsch-dirwas-Welt zu befassen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD – Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Nun zu den Fragen, um die es konkret geht: Ich möchte hier noch einmal betonen, dass wir bei der Luftreinhaltung bezüglich der Dieselfahrverbote jetzt zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen unterscheiden müssen.

Die kurzfristigen Maßnahmen betreffen die aktuellen Luftreinhaltepläne, so auch den Luftreinhalteplan in Köln. Arndt Klocke, Sie haben gefragt, warum die Bezirksregierung diesen Luftreinhalteplan in letzter Minute zurückgezogen hat. Das kann ich Ihnen sagen: Es fehlten noch wesentliche Daten für diesen Luftreinhalteplan.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Hört, hört!)

Die Regierungspräsidentin hat dann, auch in Absprache mit der Stadt, entschieden, nicht mit einem offenkundig lückenhaften Luftreinhalteplan in die Verhandlungen hineinzugehen, sondern diesen erst zu komplettieren. Es fehlen noch Daten zur Verhältnismäßigkeit, also welche Ausweichverkehre zu erwarten sind. Das betrifft Dinge, die uns vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mitgegeben wurden.

Diese Daten kommen jetzt und werden in den Luftreinhalteplan eingearbeitet. Zum Anfang nächsten Jahres wird der Luftreinhalteplan in Köln vorliegen.

Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehören auch solche – Jochen Ott hat eben schon einige erwähnt –, die beispielsweise ein Lkw-Transitverbot für die Kölner Innenstadt betreffen werden. Das wird erst in Kraft treten, wenn der Luftreinhalteplan vorliegt; dadurch wird es dann wieder eine deutlich spürbare Senkung geben.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Aber das sind Maßnahmen, die mit anderen Baumaßnahmen der Stadt abgestimmt werden müssen. Ich hatte gestern bereits gesagt, dass jede Stadt individuell betrachtet werden muss; so müssen etwa die Baustellen auf der Leverkusener oder auf der Mülheimer Brücke berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss es mit den Software-Updates und den Hardwarenachrüstungen vorangehen – Letzteres ist auch für Köln entscheidend.

Diese Themen müssen wir mit der Vorlage des Luftreinehalteplans kurzfristig jetzt regeln, damit es an den belasteten Straßen tatsächlich zu Verbesserungen bei den Werten kommt.

Darüber hinaus – und das ist eben auch diskutiert worden – gibt es mittel- und langfristige Maßnahmen.

Mittelfristige Maßnahmen. Mein Kollege Wüst, selber ein passionierter Fahrradfahrer, gibt wesentlich mehr Geld für Radwege aus als irgendein Landesregierungsmitglied zuvor – auch das muss mal deutlich gesagt werden.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

„Vernetzte Mobilität“ ist ein riesiges Thema. Das müssen wir angehen. In Zukunft werden wir nicht mehr nur mit dem einen Auto von A nach B unterwegs sein; stattdessen wird es vielleicht andere Modelle geben: Elektro-Carsharing in den Innenstädten; Diesel-Pkw im ländlichen Raum, um größere Strecken zurückzulegen; mehr ÖPNV in den Innenstädten, vielleicht auch intelligenteren ÖPNV.

Es wird ganze Maßnahmenbündel zur vernetzten Mobilität geben. Daran arbeitet der Kollege Verkehrsminister für Nordrhein-Westfalen sehr energisch, auch mit deutlich mehr Geld als bisher; das muss man offen sagen.

(Beifall von der CDU)

Ich bitte alle darum, in der Diskussion auch die Auswirkungen zu betrachten. Ich wiederhole: Eine isolierte Betrachtung einzelner Schadstoffwerte birgt das Risiko, dass andere Schadstoffwerte in die Höhe gehen. Das können wir als verantwortliche Umweltpolitiker nicht machen. Unsere Verantwortung liegt darin, das Gesamtsystem in der Balance zu halten. Das Gesamtsystem in der Balance zu halten, das heißt auch, Rücksicht auf diejenigen zu nehmen, die tagtäglich auf ihre Autos angewiesen sind, damit zur Arbeit fahren, ihre Kinder wegbringen müssen etc.