Protokoll der Sitzung vom 28.11.2018

Wir beraten über den Einzelplan „Europa und Internationales“ im Landeshaushalt. Klar, es geht auch um die Herausforderungen, die durch den Brexit entstehen werden. Aber auch da sind Aktivitäten entfaltet worden. Kollege Remmel, Sie haben gerade schon die Debatte angesprochen, die wir morgen auf der Tagesordnung haben – mit drei charmant widersprüchlichen Anträgen, sehr durchschaubaren Initiativen der Opposition. Ich glaube, es geht morgen bei

der Debatte wohl doch mehr um den CDUBundesparteitag und nicht so sehr um die Frage des Brexit.

Zum NRW-Haushalt: Er ist erstens nicht zu teuer, zweitens nicht zu bescheiden und drittens ein ausgewogener Haushalt mit moderaten Veränderungen im Vergleich zum Haushalt 2018. Kontinuität hat sich bewährt. 2019 stehen einige Highlights an, die sich auch im Haushalt wiederfinden, auch wenn Sie sie nicht sehen wollen.

Noch bis zum Frühjahr ist NRW Vorsitzland der Europaministerkonferenz. Diese Zeit nutzen wir auch, um im Schulterschluss mit den anderen Bundesländern Tendenzen und Vorbehalten, die es gegenüber der EU gibt, zu begegnen.

Die Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn läuft. Sie ist essenziell. Diese wollen wir noch weiter ausbauen, weil wir darauf stolz sein können. Dazu haben wir auch in diesem Jahr schon einige Initiativen beschlossen.

2019 ist Benelux-Jahr. Die Unterzeichnung der politischen Erklärung zur Zusammenarbeit im BeneluxRaum jährt sich zum zehnten Mal. Das nehmen wir zum Anlass, zahlreiche Veranstaltungen gemeinsam mit den Nachbarn durchzuführen, um noch enger zusammenarbeiten zu können – und das sicher nicht nur, weil alle drei Benelux-Regierungschefs Liberale sind.

Die Zusammenarbeit sollte so früh wie möglich gefördert werden. Uns ist es daher auch ein Herzensanliegen, beispielsweise das Deutsch-Niederländische Jugendwerk besonders zu fördern. Das Jugendwerk ist zurzeit in den Räumen der IHK Aachen untergebracht und wird da quasi nebenbei gesteuert. Wir möchten das Jugendwerk professionalisieren und stellen dafür auch Mittel zur Verfügung, damit eigene Strukturen aufgebaut werden können und so mehr Kinder und Jugendliche davon profitieren werden.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Die Stärkung der Europafähigkeit des Landes ist mit Blick auf 2019 sicherlich wichtiger denn je. Die Europawahl ist eine große Herausforderung. Wir nehmen die wachsende Europafeindlichkeit nicht nur zur Kenntnis, sondern wir werden ihr aktiv begegnen. Aber das dürfen wir nicht so abstrakt und in Politikersprech tun, lieber Kollege Remmel. Wir müssen da schon emotionaler werden. Schließlich wollen wir ja, dass die Menschen draußen dann die Lieder mitsingen.

Schulprojekte und Initiativen der Euregios werden initiiert und intensiviert. Kontinuität hat sich auch im internationalen Bereich bewährt. Im Rahmen der internationalen Politik sind der Jugendaustausch mit

Israel und die Kooperation mit der Außenhandelskammer sicherlich auch ein wichtiger Baustein.

Die Zusammenarbeit mit Ghana, unserem Partnerland im Bereich Auslandszusammenarbeit und Entwicklungszusammenarbeit, führen wir fort. Wir vermerken auch, dass das in Ghana mit großer Zustimmung und Sympathie gesehen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Tritschler das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Naturgemäß spielt der Abschnitt „Europa und Internationales“ in einem Landeshaushalt eine eher untergeordnete Rolle. Die Frage ist, ob er dort überhaupt eine Rolle spielen sollte, ob die Bundespolitik nicht diese Themen beackern sollte und was man hier überhaupt machen kann, was nicht andere schon tun.

Sie alle haben sich diese Frage offenbar schon vor Jahrzehnten beantwortet. Wie das im Föderalismus der geteilten Verantwortungslosigkeit so ist, ist jetzt jeder für alles und keiner mehr so richtig verantwortlich.

Aber schauen wir einmal in den Haushalt hinein. Da finden wir die alten Bekannten, zum Beispiel einen großzügigen Zuschuss an die sogenannte EuropaUnion, die nichts anderes macht als wenig subtile Parteipropaganda für alle,

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

die die EU ganz toll finden und nicht genug Brüsseler Zentralismus haben können, also für CDU, SPD, FDP und Grüne.

Aber da nächstes Jahr sogenannte Europawahlen vor der Türe stehen, reicht das nicht aus. Ihr Antrag mit der blumigen Überschrift „Stärkung der Europafähigkeit“ sorgt für einen zusätzlichen Schluck aus der Steuerzahlerpulle. Die Stoßrichtung der Maßnahme lässt auch nichts Gutes ahnen. So heißt es dort: „Mit großer Sorge nehmen wir die wachsende Kritik an Europa zur Kenntnis.“

Ich habe noch nie jemanden gehört, der Europa kritisiert. Das ist auch schwierig. Europa ist ein Kontinent. Vielmehr gibt es Kritik an der EU. Das ist nun einmal nicht dasselbe, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Aber sei es drum! Wir haben uns langsam an den Neusprech hier gewöhnt. Inzwischen sind wir damit

vertraut und wissen natürlich, dass Sie eigentlich Kritik an der EU meinen.

Da wird es eben kritisch. Wir haben das neulich schon diskutiert. Es ist völlig legitim, sein Heil in einem europäischen Zentralstaat zu suchen. Das ist eine politische Meinung, die man haben kann, warum auch immer. Es ist aber auch legitim, das nicht zu wollen und stattdessen – wie seinerzeit Adenauer und de Gaulle – ein Europa der Vaterländer zu fordern.

(Beifall von der AfD)

Sie aber scheinen zu glauben, dass Ihre Meinung die alleine gültige ist. Und das ist ein klassisches Merkmal von Diktaturen. Ich weiß, Sie glauben, die EU schenke uns Frieden durch einheitliche Steckdosen, wie es Frau Ministerin Heinen-Esser hier neulich vorgetragen hat. Das ist ja auch alles gut und schön. Wahrscheinlich schenkt uns Herr Juncker auch gutes Wetter, Sonne, Mond und Sterne.

Nein, meine Damen und Herren: Wenn die EU tatsächlich so toll und alternativlos ist, braucht sie die Werbung auf Kosten des NRW-Steuerzahlers nicht – vor allem nicht, wenn man weiß, dass die EU selbst und auch die Bundesrepublik schon reichlich Geld in solche Dinge investieren.

Nun kann man ja argumentieren, dass das alles NRW noch irgendwie betrifft. Wir haben immerhin europäische Außengrenzen. Meinetwegen! Schwieriger wird es dann, wenn wir in den Bereich Internationale Angelegenheiten und Eine Welt kommen. Art. 73 Grundgesetz zählt sämtliche auswärtigen Angelegenheiten zu ausschließlichen Bundesangelegenheiten. Jeder Euro, der hier ausgegeben wird, ist also schon unter Verfassungsgesichtspunkten

schwierig.

Sie geben aber gleich 5 Millionen Euro dafür aus. Auch hier lohnt sich ein genauerer Blick. Da ist zum Beispiel das sogenannte Promotorenprogramm, das mit stattlichen Summen, nämlich mit 1,4 Millionen Euro, aus dem Landeshaushalt gefördert wird. Schwarz-Gelb hat das zu Oppositionszeiten auch einmal ganz kritisch gesehen. Aber davon hört man nichts mehr. So zahlt der Steuerzahler jetzt dafür, dass peruanische Bauern RWE verklagen, weil RWE angeblich Gletscher in Lateinamerika schmelzen lässt, oder dafür, gleich einen kompletten weltweiten Kohleausstieg zu fordern, was Hunderttausenden von Menschen nicht nur in NRW, sondern auf der ganzen Welt ihre Existenzgrundlage rauben würde.

Es wird Sie also nicht wundern, wenn wir dem Einzelplan schon aufgrund dieses Details nicht zustimmen können.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tritschler. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Holthoff-Pförtner das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gott sei Dank wird in diesen Tagen und Wochen wieder über Europa geredet. Wir reden über 70 Jahre Frieden und 70 Jahre Freiheit in Europa. Dennoch droht uns, obwohl wir eine über 80%ige Zustimmung zu Europa haben, eine Wahlbeteiligung von unter 50 %.

Ich weiß nicht, Herr Remmel, Herr Weiß, ob vielleicht die Art unseres rituellen Auseinandersetzens etwas ermüdet und nicht gerade die Begeisterung für Europa weckt.

Weil Sie von der Wahrnehmungsgrenze unserer Tätigkeit gesprochen haben, würde ich gerne mal Folgendes sagen: Ihre Wahrnehmungsgrenze war oberhalb der Wahrnehmung unserer Nachbarn. Das heißt: Ihre Europapolitik ist nicht einmal in Den Haag, nicht einmal in Budapest, nicht einmal in Warschau angekommen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das soll keine Kritik sein. Sie können aber sehen, wie schlimm die Zeit ohne Sie empfunden werden muss. Die freuen sich nämlich über uns. Stellen Sie sich das vor! So heruntergekommen sind die!

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Ich glaube, dass Nordrhein-Westfalen ohne Europa nicht da wäre, wo wir heute sind. Wenn wir eine Wahlbeteiligung von unter 50 % zulassen, müssen wir uns mit Sicherheit künftigen Generationen gegenüber rechtfertigen. Wir werden keine zweite Chance für dieses großartige Europa bekommen.

Die AfD hat gerade einen Namen erwähnt, von dem ich gar nicht zu hoffen wagte, dass sie ihn kennt. Nordrhein-Westfalen verdankt seine wirtschaftliche Stärke diesem Europa.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Ich höre Ihnen zu. Das fällt mir oft schwer.

(Vereinzelt Beifall von der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Dieses Europa profitiert von einheitlichen Standards, von offenen Grenzen, von Beseitigung von Handelshemmnissen. All dies liegt sehr im Interesse unseres Landes. Wir haben allein 2017 in Europa Waren für 125 Milliarden Euro verkauft. Wir sind Exportweltmeister wegen der offenen Grenzen, wegen Europa und wegen der Zusammenarbeit.

Uns muss daran liegen, Europa stark zu machen – vor allen Dingen da, wo es noch schwach ist. Wir müssen Europa da stark machen, wo es Abstiegsängste gibt und international vernetzte Wirtschaft als Bedrohung und nicht als Quelle gemeinsamen Wohlstandes empfunden wird.

Nordrhein-Westfalen hat für ein Jahr den Vorsitz in der Europaministerkonferenz. Wir haben uns mit unseren Partnerinnen und Partnern – wie Sie auch – für die Diskussion über Rechtstaatlichkeit bei unseren Nachbarn, über Pressefreiheit, über Meinungsfreiheit und über freiheitliche NGOs eingesetzt. Wir sprechen darüber, dass Europa akzeptiert wird. Wir sprechen darüber, dass wir Europa leben, erweitern und weitergeben.

Die geplante Europaarbeit ist eine Arbeit im Gesamtkonzept. Die Diskussion, die wir hier führen, sollten wir im Ausschuss führen. Da führen wir sie nicht in dieser Form. Wir führen die Diskussion über dieses Europa viel harmonischer, viel konstruktiver und viel gemeinsamer. Wir sollten dieses Europa unabhängig von Regierungen, an denen Sie gerade nicht beteiligt sind oder auch mal wieder beteiligt sind, gemeinsam aufbauen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir sollten nicht das diskreditieren, was wir in Wahrheit gemeinsam haben.