Protokoll der Sitzung vom 30.10.2018

Daher ist es wichtig, dass wir in der aktuell für das Handwerk sehr guten Zeit dem Handwerk ein festes Fundament schaffen, sodass es auch für einen Sturm gewappnet ist.

Der vorliegende Antrag, den wir heute zum zweiten Mal im Plenum debattieren, bietet einige solcher sinnvollen Ideen. Wir als AfD tragen die Beschlussfassung des Antrages mit.

Es ist ein bekanntes Problem, dass Mittelständler Schwierigkeiten haben, einen Nachfolger für ihr Unternehmen zu finden. Die Zeiten, in denen der Sohn oder die Tochter als Nachfolger oder Nachfolgerin gesetzt war, sind leider vorbei. Geschlechterunabhängig stehen wir hier einem Problem gegenüber. Aus diesem Grunde werden wir den SPD-Antrag ablehnen.

Nur etwa in der Hälfte der Fälle rückt ein Familienmitglied auf den Chefsessel nach. Dieser Zustand ist auf mehrere Umstände zurückzuführen. Ein entscheidender Grund ist, dass häufig kein Nachwuchs vorhanden ist, was zum Beispiel an der dauerhaft niedrigen Geburtenrate in der Bundesrepublik liegt.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bietet seit über zehn Jahren eine Unternehmensnachfolgebörse an. Auf dieser digitalen Börse finden jährlich ca. 1.000 Vermittlungen statt. Arbeitsplätze und Wissen bleiben so erhalten. Ein Ableger dieser Börse für Nordrhein-Westfalen mit seinen über

700.000 kleinen und mittleren Unternehmen wäre sicherlich sehr sinnvoll.

Der Internetauftritt des NRW-Wirtschaftsministeriums lässt noch viel Raum für Verbesserungen. Was dort zur Nachfolgeübernahme steht, passt ausgedruckt auf eine DIN-A4-Seite. Von einem FDPgeführten Ministerium erwarten wir da einen ergiebigeren digitalen Auftritt. Hier besteht noch Nachholbedarf. Aber es ist mit geringen Mitteln und in kurzer Zeit sehr gut zu schaffen.

Auch das Institut für Mittelstandsforschung merkt in seiner Stellungnahme zum vorliegenden Antrag an, dass der Aufbau einer entsprechenden Internetplattform wichtig sei, um die Unternehmer und die Übernahmeinteressierten über alle Feinheiten einer Nachfolge zu informieren.

Nur der Vollständigkeit halber: Ebenso wies das Institut darauf hin, dass Stilllegungen von Unternehmen nicht grundsätzlich negativ zu betrachten seien. Unternehmen, die als Folge eines wettbewerbsbedingten Wandels aus dem Markt ausscheiden und durch Neugründungen ersetzt werden, seien aus volkswirtschaftlicher Sicht positiv zu bewerten.

Unternehmensnachfolge und Neugründungen sollten wir daher auch in der Politik immer zusammenhängend betrachten. Das kommt in dem CDU/FDPText etwas zu kurz.

Da der Antrag dennoch etliche – von Herrn Goeken ausführlich aufgezählte – sinnvolle Maßnahmen enthält, stimmen wir als AfD-Fraktion den Forderungen und damit der Stärkung des Mittelstandes zu. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster hat der fraktionslose Abgeordnete Herr Langguth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als gelernter Meister im Kraftfahrzeugtechnik-Handwerk begrüße ich es ausdrücklich, dass wir heute mit diesem Antrag ein gewachsenes Problem angehen.

Wenn die Übernahme eines Betriebes scheitert, bedeutet dies im Extremfall nicht nur für den vorherigen Eigentümer die Aufgabe seines Lebenswerkes, sondern im schlimmsten Fall auch den Verlust von Arbeitsplätzen der Angestellten.

Handwerk.NRW schreibt in seiner Stellungnahme, dass das wirkliche Kernproblem der Unternehmensnachfolge der Mangel an geeigneten gründungs- und nachfolgewilligen Menschen sei. Hier ist die Schuld nicht nur im Management der Unternehmensnachfolge des bisherigen Eigentümers zu sehen, sondern

auch in der Politik und in den durch die Politik geschaffenen Rahmenbedingungen.

Warum soll ich einen Handwerksbetrieb übernehmen, wenn ich die mit zu übernehmenden Dieselfahrzeuge nur noch bei Regenwetter – ketzerisch gesprochen –, während zunehmenden Mondes und außerorts bewegen darf? Warum soll ich einen Betrieb übernehmen, wenn der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Karl Lauterbach twittert, er sei zwar kein Sozialist und kein Kommunist, aber zur Not müsse der Staat auch Enteignungsmaßnahmen durchführen?

Politische Leitentscheidungen geben keine Planungssicherheit mehr. Bürokratie, Vorschriften und Auflagen weiten sich aus, Steuern und Abgaben steigen, Energiekosten explodieren, und die Eingriffe in die Preisbildung bei Löhnen nehmen zu. Aus eigener Erfahrung im Handwerk kann ich sagen, dass eines der größten Probleme die nicht mehr ausbildungsfähigen Schulabsolventen sind.

Alles das geht auf Rahmenbedingungen zurück, die die Politik geschaffen hat. Die Politik entwickelt sich bei den Investitionen zum größten Risikofaktor. Eine gute Wirtschaftspolitik erfordert keinen großen Berg an Ausgaben, sondern gute und vor allem verlässliche Rahmenbedingungen. Solange Politik nicht zuverlässig ist, muss das von ihr ausgehende Risiko mit Zuschüssen zu Beratertagen, Eigenkapital sowie Gründerpreisen ausgeglichen werden.

Eines sage ich an dieser Stelle jedoch auch ausdrücklich: Viele Maßnahmen der NRW-Landesregierung, zum Beispiel im Rahmen der Entfesselungspakete von Herrn Minister Pinkwart, gehen durchaus und absolut in die richtige Richtung.

Da jedoch viele falsche Impulse vor allem aus Berlin kommen, beneide ich Sie, liebe Christdemokraten, nicht um Ihren Koalitionspartner in Berlin und den Mantel, den Sie sich mit der Neuauflage dieser unsäglichen GroKo angezogen haben. Denn auch hier in Düsseldorf zeigt vor allem die SPD-Fraktion, dass ihre Politik im Wesentlichen aus eigener Vergangenheitsbewältigung, der Suche nach verlorenen linken Mehrheiten und unsinnigen bzw. teils ehrabschneidenden Twitterbildchen gegen ihre Lieblingsfeindbilder besteht.

Wir werden als Abgeordnete der blauen Partei dem Antrag als richtigem Teilschritt bzw. als Akutmedizin zustimmen und hoffen, dass die Politik wieder verlässlicher, freier und konservativer wird, sodass die Ursachen und nicht mehr nur die Symptome angegangen werden. – Vielen Dank.

(Beifall von Frank Neppe [fraktionslos] und Marcus Pretzell [fraktionslos])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Professor Pinkwart das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kleine und mittlere Unternehmen leisten einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und Beschäftigung in unserem Land. Die meisten von ihnen – das wissen wir – sind Familienunternehmen.

Besonders wichtig sind diese Unternehmen für die regionalen Wirtschaftsstrukturen. Das wissen wir alle. Ich sage es hier noch einmal ausdrücklich mit aller Anerkennung für die Unternehmerinnen und Unternehmer. Ihnen gebührt die Unterstützung der Landesregierung in allen Phasen, von der Existenzgründung bis zum Zeitpunkt der Übergabe an einen Nachfolger.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der guten Arbeitsmarktlage für Festanstellungen wird es zukünftig voraussichtlich mehr übergabewillige Unternehmer und weniger Nachfolger geben. Damit Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft von einer vielfältigen Unternehmenslandschaft profitiert, muss der Generationsübergang bei möglichst vielen Unternehmen gelingen. Das haben wir hier gerade auch sehr eindrucksvoll aus persönlichem Erleben gehört.

Deswegen habe ich bereits im vergangenen Jahr das Netzwerk Unternehmensnachfolge wiederbelebt. Unter der Leitung meines Hauses arbeiten darin alle Kammern, die Wirtschaftsförderer der Kreise und kreisfreien Städte sowie die Vertreter der Banken und Steuerberater zusammen an der Zukunft der nordrhein-westfälischen Familienunternehmen.

Anfang dieses Jahres haben Studien der KfW und des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn den Trend zu mehr Nachfolgefällen bestätigt. Wir erwarten deutschlandweit einen Zuwachs von 11 %. Das ist noch nicht besorgniserregend. Zur vorausschauenden Wirtschaftspolitik gehört es aber, frühzeitig zu handeln. Das tun wir auch.

Unser Netzwerk Unternehmensnachfolge berät die Unternehmerinnen und Unternehmer vor Ort zu allen relevanten Themen – vom Finden einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers über die Bedingungen der einzelnen Übergabe bis hin zum Kaufpreis und dessen Finanzierung. Die Kaufpreisfinanzierung wird bei Bedarf, Herr Becker, sowohl über die NRW.BANK als auch über die Bürgschaftsprogramme des Landes dargestellt und abgesichert.

Mit dem Beratungsprogramm Wirtschaft NRW können Nachfolgerinnen und Nachfolger bei ihrer Planung zusätzlich durch Beratungsgesellschaften unterstützt werden.

Mit dem Gründerpreis NRW würdigen wir gemeinsam mit der NRW.BANK besonders gelungene Nachfolgen und verleihen ihnen so Strahlkraft. In den vergangenen drei Jahren gehörten Unternehmensnachfolgen jeweils zu den Preisträgern.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen es verfolgt hat: Bei der diesjährigen Gründerpreisverleihung waren zehn Gründerinnen und Gründer nominiert; darunter waren alleine vier Frauen, vier Unternehmerinnen. Der diesjährige Gründerpreis in Nordrhein-Westfalen ist dann an eine Gründerin gegangen, an eine Frau, die es, aus Israel kommend, vermocht hat, in Gummersbach ein Unternehmen an den Start zu bringen, das schon nach zwei Jahren 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.

(Beifall von der CDU)

Wir sehen also, liebe SPD-Fraktion: Auch Frauen können in Nordrhein-Westfalen erfolgreich Unternehmerinnen sein. Und bei den Nachfolgefällen zeigt sich, dass sie auch erfolgreich Unternehmen übernehmen.

Wir wollen diese Frauen aber nicht in einer besonderen Behandlung sehen, indem wir noch Frauenprogramme machen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Vielmehr sagen wir: Bei uns haben Männer und Frauen die gleiche Chance.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn Frauen erfolgreich sind, stellen wir sie ins Schaufenster und werben mit den positiven Beispielen.

(Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Denn aus langjähriger Erfahrung kann ich Ihnen im Zusammenhang mit Gründungen und Nachfolgen, aber auch mittelständischen Unternehmern nur Folgendes sagen:

(Unruhe – Glocke)

Die beste Möglichkeit, Unternehmer zu gewinnen, auch Mitarbeiter zu Unternehmern zu machen, ist immer ein positives Rollenmodell. Sie müssen diejenigen hervorheben, die sich in der Gesellschaft eingesetzt haben, die als Unternehmerinnen und Unternehmer erfolgreich sind und die eine tolle Übernahme oder eine tolle Gründung hinbekommen haben.

Dann sollten wir aber auch – das wünsche ich mir – in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen den Erfolgreichen nicht den Erfolg abneiden. Vielmehr sollten wir uns mit ihnen über den Erfolg freuen und sie als positive Rollenbilder begreifen, damit andere sagen: Es mag mit Risiken verbunden sein. Vielleicht können wir scheitern. Aber es kann auch sein, dass wir erfolgreich sind. Und dann wird uns der Erfolg

nicht abgeneidet, sondern man sagt uns wie Sportlern und Angehörigen anderer Berufe: Das habt ihr toll gemacht. Darauf sind wir stolz. Macht weiter so!

Wenn wir diese Kultur haben, haben wir auch die Nachfolger, die wir brauchen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor. Daher schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/4382 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Das sind CDU, FDP, AfD und die drei Fraktionslosen. Die Frage nach Enthaltungen ist also rhetorisch. – Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/438 abgelehnt.