So sieht ein „MegaHerz“ für die Stadt Dortmund aus. Das ist etwas anderes als das, was Sie in der Vergangenheit dort veranstaltet haben.
Wenn wir über die Qualität von Regierungserklärungen sprechen: Der Begriff „KI“, also Künstliche Intelligenz, hat es noch nicht einmal in die Regierungserklärung von Frau Kraft geschafft. Aber – Sie haben es angesprochen – es gab natürlich Nachbesserungen. Sie haben ein, zwei Projekte auf den Weg gebracht, die wir fortentwickelt und noch entsprechend gestärkt haben.
Doch der landesweite Ansatz hat in Ihrer Regierungsarbeit immer gefehlt. Es gibt innovative Projekte, beispielsweise die digitalen Modellkommunen, die für das gesamte Land Nordrhein-Westfalen wichtig sind. Ich selbst komme aus Südwestfalen. Wir haben dort eine sehr starke Wirtschaftsregion, die stärkste in Nordrhein-Westfalen, die drittstärkste in Deutschland.
Die von Ihnen geschaffenen Digital Hubs in Münster oder in Essen sind sehr weit weg. Die Leute brauchen auch vor Ort innovative Impulse. Die kommen aus den digitalen Modellkommunen. Soest ist hier extra breit aufgestellt. Ich nenne Lippstadt, Iserlohn und weitere Kommunen. Sie agieren dann als Vorreiter.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen haben beim Sprung in die digitale Gesellschaft häufig etwas Mühe, sei es aus finanziellen Gründen, sei es wegen fehlender organisatorischer Möglichkeiten. Darauf sind die digitalen Modellkommunen die richtige Antwort für das ganze Land.
Das sind die innovativen Ideen, die wir vorgegeben haben. So machen wir deutlich, dass wir Digitalisierung verstehen und nicht nur darüber sprechen. Ich könnte mir jetzt die Mühe machen und die ganze Bandbreite der Ziele, Initiativen und Maßnahmen aufzeigen, die in der Digitalstrategie festgesetzt sind. Dafür reicht die Zeit jedoch nicht.
Ich möchte nur noch ein Fazit zu Ihrer damaligen und zu unserer heutigen Regierungsarbeit ziehen: Sie hatten viel „MegaHerz“ in der Überschrift, bei uns sind alle Ministerien mit sehr viel Herzblut bei der Arbeit. Deswegen werden die Menschen am Ende der Wahlperiode festgestellt haben, was gut für unser Land gewesen ist, und uns dementsprechend weiter auf dem Weg der Digitalisierung unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schick. – Für die Fraktion der Grünen hat nun der Abgeordnete Bolte-Richter das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister! Es gibt ein Phänomen, das heißt „digitale Ungeduld“. Die wurde bei der Unterrichtung heute wieder mal enttäuscht. Das ist der rote Faden, der sich durch Ihr Regierungshandeln zieht.
Herr Pinkwart, Sie wollen die digitale Verwaltung vorantreiben. Sie kündigen an, das E-Government-Gesetz zu beschleunigen. Aber nach Ihrer Ankündigung kommt dann – nichts. Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt und haben es in dieser Zeit nicht einmal hinbekommen, eine Jahreszahl im Gesetz zu ändern.
Sie wollen Sicherheit im digitalen Zeitalter schaffen. Aber wie wollen Sie Sicherheit schaffen, wenn Sie mit dem Innenminister, der den Staat zum Hacker machen will, das größte Risiko für die IT-Sicherheit in unserem Land auf der Regierungsbank sitzen haben?
Jeder weiß, dass Daten der Rohstoff des digitalen Zeitalters sind, ganz besonders die öffentlichen Daten. Riesengroß war die Ankündigung, dass Sie ein Open-Data-Gesetz machen wollen. Sie haben den Termin jetzt schon zweimal verschoben. Wir fragen Sie: Wann kommt das endlich?
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur wir Parlamentarier werden enttäuscht. Enttäuscht wird eine junge Generation, die da zu Hause ist, wo man den WLAN-Code kennt, und deren Blick weiter reicht als von hier bis Dortmund.
Bank, von ihrem Internetanbieter und von dem Bäcker um die Ecke kennen, nämlich dass Leistungen digitalisiert werden.
Enttäuscht werden Hidden Champions, die unseren Standort stärken. Für all diese ungeduldigen Menschen finden wir in Ihrem Papier keine Antworten.
Wir haben es in der letzten Woche lesen dürfen: Die FDP will jetzt Klimaschutzpartei werden. – Herr Pinkwart, Sie haben hier mehr als 20 Minuten lang geredet; jetzt gerade reden Sie mit dem Kollegen Hovenjürgen. Das Thema „Klimaschutz“ kommt in Ihrer Unterrichtung allenfalls in Stichworten vor.
Das zeigt, Sie haben nicht verstanden, worum es Schülerinnen und Schülern geht, worum es dem „Bundesverband Deutsche Startups“ geht, worum es „Entrepreneurs For Future“ geht. Die Digitalisierung hilft uns, die Klimakrise zu lösen, aber nur, wenn wir sie politisch in die richtigen Bahnen lenken. Solange die FDP das nicht versteht, fürchte ich die Konkurrenz definitiv nicht.
Das belegt auch das Strategiepapier. Das Wort „Klimaschutz“ kommt genau sechsmal darin vor, aber leider kein einziges Mal mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Die Landesregierung bewundert vielleicht das Problem, aber sie hat keine Lösungen.
Diese Aufzähleritis, dass Sie einfach alles aufschreiben, was irgendwie digital in diesem Land ist, geht dann im Energiebereich weiter. In Ihrem sogenannten Strategiepapier werden nur bestehende Projekte benannt, keine konkreten Pläne, wie es genau mit der Digitalisierung im Energiesektor weitergehen soll. Das Einzige ist ein bisschen Werbung für Smart Meter. Ich stelle mir das jetzt mal vor: Ein paar Zeitungsanzeigen sollen eine Kernbranche für unser Energieland, für unser Nordrhein-Westfalen retten. Das ist doch zu wenig.
Ihre ganz besonders bemerkenswerte Antwort auf die digitale Verkehrswende sind dynamische Wegweiser. – Herr Verkehrsminister, ich erstarre in Ehrfurcht vor so viel Innovation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung ermöglicht uns viele Räume für neues Wirtschaften. Wir sehen alternative Formen wie Social Entrepreneurship. Gerade Social Entrepreneurs erhalten durch die Digitalisierung enorme Möglichkeiten. Wo kommen die in der Strategie vor? Gar nicht.
Unsere Initiativen im Landtag, um diesen wichtigen Bereich zu fördern, haben Sie abgelehnt. Außen Start-up, innen RWE – das ist die schwarz-gelbe Landesregierung.
Auch da sehen wir einen klaren Unterschied. Sie fördern Start-ups, damit die Statistik stimmt. Für uns Grüne sind Start-ups mehr als digitale Renditeobjekte. Sie sind die Agenten der sozialökologischen Transformation. Das muss sich dann auch in der Politik niederschlagen.
Den Ankündigungsminister haben wir in den letzten zwei Jahren und auch heute wieder in aller Ausführlichkeit und zur Genüge gehört. Den Umsetzungsminister kennen wir noch nicht.
Aber es gibt noch einen Minister, den Superlativminister. Immer soll alles weltbest, NRW-best, deutschlandbest, europaweit spitze sein.
Ich finde es ja großartig, wenn Menschen große Ziele haben. Aber das muss dann auch mit Maßnahmen unterlegt sein. Beim Superlativminister Pinkwart landet man sehr schnell von der Champions League aus wieder in der Kreisklasse.
Ein aktuelles Beispiel ist KI. Jeder weiß, künstliche Intelligenz ist der Motor für den nächsten digitalen Entwicklungsschritt. China wendet 150 Milliarden Euro in jedem Jahr für die KI-Forschung auf, das MIT – alleine diese Universität in den Vereinigten Staaten – 1 Milliarde Euro. In Nordrhein-Westfalen sollen es 23 Millionen Euro für fünf Jahre sein. Das sind keine 5 Millionen Euro im Jahr.
Herr Pinkwart, Sie wollen – da zitiere ich aus Ihrer letzten Pressemitteilung zu diesem Thema – NRW „zum deutschlandweit führenden Standort für angewandte künstliche Intelligenz aufbauen.“ Aber Sie geben dafür so viel Geld aus, wie das Reinigungspersonal bei Google privat vertelefonieren darf. Zeigen Sie doch mal mehr Einsatz beim Finanzminister und weniger Breitbeinigkeit in der Landespressekonferenz.
Eine Ankündigung darf beim Ankündigungsminister natürlich nie fehlen, nämlich die Ankündigung irgendeiner Entfesselung. Das liest man in dieser Strategie förmlich heraus. Immer wenn Sie feststellen, ein Absatz ist noch nicht lang genug, dann wird – Kollegin Kampmann hat es gesagt – entweder eine App erfunden oder irgendetwas entfesselt.
Unser Vorschlag: Entfesseln Sie doch mal den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Wer in NordrheinWestfalen schnelles Internet ausbauen will, muss sich durch 219 Seiten Förderrichtlinien wühlen. Die Ergänzungs- und Änderungsrichtlinien, die es auch noch gibt, sind dabei übrigens nicht mit eingerechnet.
Wem das noch nicht genug Lesestoff ist, der erhält 129 Seiten Leitfäden. Und wer dann noch nicht fertig ist, darf auch noch eine Handlungsanleitung lesen. Das ist ein extrem unbürokratisches Verfahren. So habe ich mir die Politik der FDP immer vorgestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben auch bei dieser Strategie die Chance verpasst, ein flächendeckendes Infrastrukturziel auszugeben. Aus dem Ziel „Glasfaser für alle“, das hier jahrelang propagiert wurde, ist ein Alles-kann-nichts-muss-Konstrukt namens „gigabitfähige Netze“ geworden. Das ist die nächste Übergangstechnologie, die uns wieder über Jahre beschäftigen wird.
Glasfaser soll es erst einmal nur in Gewerbegebieten geben, angekündigt – immerhin – bis 2022. Stand jetzt ist eine Anschlussquote von 9 %. Bis Ende 2020 sollen es immerhin 37 % sein. Damit verkaufen Sie übrigens die Initiativen der Anbieter, die genau das schon 2017, also lange vor Gipfeln, Pakten und Masterplänen, angekündigt haben, als Ihren Erfolg. Aber selbst wenn wir 37 % bis zum Jahr 2020 erreicht haben sollten, fehlen immer noch 63 % für die nächsten zwei Jahre. Jeder weiß, dass das wirkliche Problem, die wirkliche Herausforderung die letzten 10 % am Ende sind. Da sind Sie blank, Herr Minister.
Ich kann Ihnen nur sagen: Der Mittelstand wartet nicht. Er wartet zum Glück nicht auf die globale Konkurrenz – darüber können wir froh sein –, aber er wartet eben auch nicht auf Sie, Herr Pinkwart.
Das gleiche Spiel erleben wir dann beim Mobilfunk. Alles, was Sie den Mobilfunkanbietern in Ihrem großen Pakt abverhandelt haben, war schon geplant, bevor Sie sich überhaupt hingesetzt haben. Dafür hat die Landesregierung weitreichende Zugeständnisse bei der 5G-Auktion gemacht. Das war ein schlechter Deal zulasten unserer Bevölkerung. Wir haben das immer kritisiert, sind aber bei Ihnen auf taube Ohren gestoßen.
Noch eine Begebenheit: Als ich kürzlich aus dem Zug twitterte, dass ich gerade eine halbe Stunde arbeitsunfähig im Funkloch verbracht hatte – es war übrigens parallel zu Ihrer Pressekonferenz, auf der Sie Ihre Wunderzahlen zur Mobilfunkabdeckung vorgestellt haben, Herr Pinkwart –, antwortete der Kollege Hafke für die FDP: „Einfach mal den Anbieter wechseln!“
Jetzt stelle ich mir mal nicht vor, wie Sie mit Bürgerinnen und Bürgern reden, sondern ich beziehe es einfach mal auf mich. Ich kann Ihnen sagen, lieber Kollege: Ich habe natürlich schon alle Anbieter durch. Deswegen hege ich ja berechtigte Zweifel an diesen Wunderzahlen. Aber: Einfach mal den Anbieter wechseln, wenn man kein Netz hat – das ist moderne Marie Antoinette: Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen.
So weit ist diese Regierung und die sie tragende Mehrheit von den Menschen und ihren Bedürfnissen im digitalen Zeitalter entfernt!
Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass sich die Verwaltung digitalisiert. Unter anderem deswegen hat die letzte Landesregierung ein E-Government-Gesetz gemacht, das Leistungen digitalisiert hat. Das ist auch richtig so, denn das Beispiel Estland zeigt, dass aus einer guten öffentlichen IT Chancen für den ITStandort und für wirtschaftliche Innovation erwachsen.
Diese Chancen werden wir in NRW aber nicht heben, wenn die Regierung nicht in die Puschen kommt. Sie haben fast ein Jahr für diese Förderrichtlinie, für Ihre Modellprojekte gebraucht. Sie haben Ihren Zeitplan beim E-Government-Gesetz und beim Open-DataGesetz schon zweimal gerissen. Wir wollen die Digitalisierung der Verwaltung massiv beschleunigen, aber wir wollen vor allem endlich in die Fläche kommen. Das ist die große Herausforderung, dass wir in die Fläche kommen und nicht länger an Leuchtturmprojekten herumwurschteln.
Wir Grüne wollen die Schiffe auf den Ozean bringen, während Sie die motivierten Leute in die Hafenkneipe einladen, um sie mit einem schönen Grog zu sedieren. Das ist der Unterschied. Diese Leuchttürme brauchen wir im Jahr 2019 nicht mehr.