Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

diese Kritik zukünftig vorsichtiger dosieren. Sie bewegen sich auf dünnem Eis.

Auch sonst tue ich mich schwer, den teilweise sehr überheblichen Auftritt der Oppositionsvertreter zu akzeptieren.

Frau Kampmann, Sie konnten selbst kaum ernst bleiben, weil Sie es offensichtlich selbst fast schon lächerlich fanden. Sie haben es zum Sport gemacht, fehlende inhaltliche Kritik mit persönlichen Spitzen zu kaschieren. Das mag Applaus in den eigenen Reihen bringen, ist aber nichts, was diese Debatte auch nur in einem Punkt nach vorne bringt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Rudolph hat eben kritisiert – auch das hören wir hier gerne –, dass wir uns an der Vergangenheit abarbeiten würden. Aber was ist denn vorhin passiert? Hier wurden Wahlprogramme zitiert, um zu einer aktuellen Digitalstrategie Stellung zu nehmen. Das ist Ihre Antwort auf eine hier erarbeitete Digitalstrategie.

Offenbar hat unser CDU-Wahlprogramm 112 Seiten; ich wusste es selber gar nicht mehr so genau. Sie haben gesagt: Davon geht es auf dreieinhalb Seiten um Digitalisierung. – Ich hatte eben ein wenig Zeit und habe recherchiert: Ihr Wahlprogramm hatte ganze 116 Seiten. Man kann sich streiten, ob das gut oder schlecht ist. Jedenfalls gab es bei Ihnen zweieinhalb Seiten Digitalpolitik.

(Beifall von der CDU und der FDP – Bodo Lött- gen [CDU]: Ups!)

Was soll ich darüber urteilen, ob zweieinhalb oder dreieinhalb Seiten richtig sind: Es kommt doch auf die Inhalte an und dass es gesamtflächig gelebt wird, dass Digitalisierung nicht nur ein Spartenthema ist.

Unser Ansatz ist jedenfalls, bei der Digitalstrategie ganzheitlich zu denken und zu argumentieren und sich nicht darüber zu echauffieren, wie groß ein Kapitel einmal war oder ist oder was vor drei oder vier Jahren einmal war.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wir müssen schauen, wie es um die Zukunft der Digitalpolitik in unserem Land beschaffen ist.

Wir können die Zahlenspiele auch noch erweitern: Sie haben von Apps gesprochen. Ich habe in der Digitalstrategie dreimal das Wort „App“ gefunden. Wenn Ihnen das zu viel App-Politik ist, wird das der Minister in der näheren Ausarbeitung sicherlich berücksichtigen.

Wenn Worte wie „knapp“ oder „gewappnet“, in denen auch die Kombination „app“ auftaucht, mitgezählt werden – weil Sie nur nach „app“ gesucht haben –, kommt man vielleicht auf höhere Werte.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Ich befürchte, dass Sie noch nie einen Strategieprozess mitgemacht haben. Es ist nämlich ureigenste Aufgabe eines Strategieprozesses, zu überlegen, zu hinterfragen, einen Prozess aufzusetzen, Fragen zu stellen. Das haben wir in den letzten Monaten getan.

Dazu gehört auch, Ziele zu formulieren. Das ist der richtige Weg, auch für alle Ministerien, um herauszufinden, wie der nächste Schritt aussehen soll. Das mag Ihnen als Ansammlung erscheinen oder als nicht fokussiert; das können Sie alles kritisieren.

Wir haben jedenfalls für uns eine klare Strategie. In der Rückschau hätte ich mich gefreut, wenn Sie einfach mal losgelaufen wären, auch wenn Sie sich damals über die Richtung nicht klar gewesen wären.

Herr Bolte-Richter, Sie machen sich über digitale Wegweiser lustig. Ich nehme für mich mit, dass die Grünen offenbar wieder einmal dagegen sind und kein Interesse an digitalen Wegweisern haben.

Aber auch hier gibt es eine Gesamtstrategie des Verkehrsministeriums: Es geht darum, ein smartes Verkehrsleitsystem aufzusetzen. Es geht um Vernetzung, es geht um Leitungen zu Parkplätzen, es geht um Seamless Mobility. Es geht darum, dass man übergreifend weiß: Wo kann ich auf welche Verkehrsträger zugreifen?

Es gibt zahlreiche Ansätze, die Sie in der Strategie finden, und die Sie heute im Laufe des Nachmittags im Rahmen eines Antrags der NRW-Koalition zur Verkehrspolitik diskutieren können. Auch dort gibt es reichlich zu diskutieren.

Was aber dem Fass den Boden ausgeschlagen hat – Herr Kollege Hafke ist schon kurz darauf eingegangen –, war Ihre Aussage, dass man in China 150 Milliarden Dollar in künstliche Intelligenz investieren wolle.

Ich darf Sie darüber aufklären, dass im NRWHaushalt gerade einmal die Hälfte davon zur Verfügung steht. Wie wollen Sie auch nur mit minimalem Respekt vor diesem Haus solche hohen Ausgaben für künstliche Intelligenz rechtfertigen? Damit zeigen Sie, dass Sie keinerlei Ahnung von Finanz- und Haushaltspolitik haben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Das ist völlig fern von jeglichem Realismus. Wir müssen diejenigen sein, die Realpolitik betreiben, und schauen, wie wir auch mit klugen Vernetzungen, mit Netzwerken – sprich: mit dem, was jetzt angestoßen worden ist – unseren Beitrag leisten können, zusammen mit den vorhandenen Playern, mit dem Mittelstand, den Hidden Champions. Dort müssen wir Chancen suchen und finden.

Ich habe bereits Bezug auf den Prozess genommen, angefangen mit dem Koalitionsvertrag und den Positionspapieren der Fraktionen. Wir haben als NRW

Koalition im Frühjahr letzten Jahres eine umfassende Sachverständigenanhörung durchgeführt, um die Fragen zu diskutieren.

Auch das war uns von Anfang an wichtig; das haben Sie schon damals kritisiert. Es war jedoch eine notwendige Grundlage für diese Digitalstrategie, die großen Fragestellungen zu klären: Woran wollen und müssen wir uns abarbeiten? Wo sind die Zusammenhänge zu sehen?

Das haben wir damit gewährleistet. Daraufhin hat die Landesregierung im Sommer 2018 den ersten Entwurf der Digitalstrategie vorgelegt und – das begrüße ich sehr – ressortübergreifend allen Interessierten in Nordrhein-Westfalen zur Diskussion gestellt.

Dazu gehören natürlich Verbände und Unternehmen, aber auch jeder Einzelne war dazu eingeladen. Es freut mich, dass dies auch zukünftig genauso geschehen soll. Es gab auch die Digitalkonferenz, zu der man sich analog getroffen hat.

Jetzt können Sie wieder Zahlen hin und her schubsen, wie Sie wollen, aber Fakt ist: Es hat eine breite Beteiligung stattgefunden. Das Ministerium hat hier neue Wege beschritten und will das auch so fortführen, was ich sehr begrüße.

Darüber hinaus gab es die Möglichkeit zur parlamentarischen Beteiligung. Wir als NRW-Koalition haben davon Gebrauch gemacht und, nachdem der Entwurf vorlag, weitere Ideen zusammengeschrieben, die schon vielfach Eingang in die vorliegende Strategie gefunden haben. Das habe ich bei anderen vermisst. Dort ist nichts in den parlamentarischen Prozess eingegangen. Offensichtlich haben Sie als Opposition geschlafen.

Wir haben Schnittstellen formuliert und diese noch stärker in den Blick genommen. Mensch zu device – genau das, was gerade eben kritisiert wurde – ist eingegangen.

Die Datensouveränität soll gestärkt, die öffentliche Verwaltung mit in die Pflicht genommen und Pilotprojekte – im Bereich von Block-Chain-Anwendungen – sollen realisiert werden.

Das alles finden Sie in dieser Strategie, angefangen mit einer Vision, um ein Leitbild zu formulieren. Auf den folgenden 60 Seiten wird die digitale Zukunft analysiert und mit 40 ganz konkreten Handlungsvorgaben ausgestattet. Man hat zugehört, und man hat umgesetzt.

Die Landesregierung setzt sich hiermit Benchmarks, um sich messen zu lassen. Es geht darum, Ziele zu formulieren und alle anzuspornen. Niemand sollte so vermessen sein, zu behaupten, dass wir das alles problemlos schaffen, aber gerade die Herausforderung setzt den Anreiz. Bei der Weiterentwicklung, beim Monitoring werden wir auch wieder die Unterstützung anderer benötigen.

Es liegt also vor, was es für eine erfolgreiche Digitalpolitik in Nordrhein-Westfalen braucht: eine ganzheitliche Strategie. Ich danke jedem, der seinen Beitrag dazu geleistet hat. Diejenigen, die sich bislang nicht an der Erarbeitung der Digitalstrategie beteiligt haben, sind leider Sie: die Opposition; das haben Sie heute wieder einmal unter Beweis gestellt.

Eine offenere Einladung konnte die Landesregierung allerdings auch nicht aussprechen. Was sollen die Menschen denken, die sich die Mühe gemacht haben? Vielleicht wollen Sie deren Beispiel zumindest in Zukunft folgen, wenn es weitere Beteiligungsmöglichkeiten auch im parlamentarischen Verfahren gibt.

So haben Sie jedenfalls aus dem „MegaHerz“-Desaster nicht dazugelernt, und in Ihrem Portfolio digitalpolitischer Ideen scheint immer noch gähnende Leere zu herrschen.

Schon in der Debatte im November letzten Jahres habe ich gesagt: Die Digitalstrategie ist die Grundlage – nicht mehr und nicht weniger. Wir werden die formulierten Ziele jetzt Schritt für Schritt umsetzen und zusammen mit der Landesregierung weiterhin genau betrachten, wie das voranschreitet, und gegebenenfalls auch aus den Reihen des Parlaments weitere Ideen formulieren und die Strategie weiterentwickeln.

Die Landesregierung jedenfalls hat den nächsten Schritt gemacht, und ich freue mich auf die weiteren, die noch kommen. Klar ist mit dem heutigen Tag: Sie sind definiert, und wir sind in Bewegung – ob mit Ihnen oder ohne Sie. Wir sind in Bewegung auf dem Weg in die digitale Zukunft. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Braun. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte-Richter.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich würde gern noch ein paar Antworten loswerden.

Ich will nicht ausschließen, dass ich an der einen oder anderen Stellen etwas überlesen habe. Wir haben festgestellt, warum das so lange gedauert hat und warum Sie erst ein Pressehintergrundgespräch hatten und das Dokument erst danach dem Parlament zugegangen ist. Vielleicht schicken Sie uns demnächst einfach direkt eine Mail; dann können wir solche Probleme überwinden.

Herr Minister, Sie haben den Mobilfunkpakt und Hessen angesprochen. Dieses Argument haben wir heute nicht zum ersten Mal gehört. Wir haben uns das einmal angeschaut und festgestellt, dass es einen entscheidenden Unterschied gibt: Hessen hat

sich auf eine klare Zielmarke festgelegt, was den Infrastrukturausbau angeht. Ich habe kritisiert, dass dies in Ihrer Strategie nicht thematisiert wird,

(Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirt- schaft, Innovation, Digitalisierung und Ener- gie: Das haben wir gemacht!)

sondern dass es wieder um gigabitfähige Netze geht, was wie Glasfaser klingt, aber eben keine Glasfaser ist.

Lieber Kollege Hafke, Sie haben Konzepte angemahnt. Wir haben in den letzten Jahren genügend Punkte vorgeschlagen.

(Marcel Hafke [FDP] unterhält sich mit Ralf Witzel [FDP].)

Herr Witzel ist spannender.