Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Dann kommen Sie noch mal mit den Digital Hubs; darüber haben wir auch gesprochen. Wir haben nicht wie Sie damals versucht, alles rückgängig zu machen, was die Vorgängerregierung an guten Taten für NRW auf den Weg gebracht hat. Was gut ist, führen wir auch weiter, weil wir schneller werden wollen.

Nun zu sagen, Sie wären da besonders vorgeprescht – ich bitte Sie herzlich: Sie haben im September 2016 die Initiative an den Start gebracht, ein Dreivierteljahr vor dem Ende der Legislaturperiode. Wenn ich mir also die persönliche Bemerkung erlauben darf: Da war in Leipzig ein solcher Hub schon seit drei Jahren in Arbeit, der heute zu den drei besten in Deutschland zählt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das soll nicht arrogant wirken, aber zu glauben, hier wäre alles riesig vorangegangen …

Ich denke, wir müssen hier in Nordrhein-Westfalen sehen – da wünsche ich mir, dass wir insgesamt versuchen, das als gemeinsame Aufgabe zu sehen –, dass Nordrhein-Westfalen unheimlich viel kann. Aber wir haben noch nicht alle Chancen genutzt, diejenigen, die Stärken haben, auch für Nordrhein-Westfalen einzubinden, ihre gezielten Stärken weiter auszubauen und die Sichtbarkeit nach außen zu erhöhen.

Wenn Sie mir etwas kritisch vorgehalten haben, dass ich das vielleicht zu positiv dargestellt hätte, sage ich: Nein, meine Damen und Herren, die Menschen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben – die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Unternehmerinnen und Unternehmer –, das sind schon tolle Leute. Die brauchen nicht den Staat, der ihnen vorschreibt, wie sie was zu machen haben.

Aber sie erwarten vom Staat, dass er erstens ihre Leistung anerkennt, dass er ihnen zweitens nicht zu viele Knüppel in den Weg legt und dass er drittens das, was er unterstützen muss, auch unterstützt und sichtbar werden lässt, damit die klugen Köpfe hierbleiben und zusätzliches Chancenkapital nach Nordrhein-Westfalen kommen kann.

Gerade bei Letzterem haben wir noch den größten Handlungsbedarf. Ich wünsche mir sehr, dass wir mit dieser Digitalstrategie und mit den Maßnahmen, die wir dazu ergreifen, unsere Sichtbarkeit weiter erhöhen können, damit noch mehr Menschen Lust haben, hier in Nordrhein-Westfalen mitzumachen und es als das Land zu sehen, mit dem sie ihre Zukunft verbinden wollen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Pinkwart. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Professor Dr. Rudolph.

Prof. Dr. Karsten Rudolph (SPD) : Schönen

Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss etwas zu der Rede des Kollegen Schick sagen.

(Bodo Löttgen [CDU]: War gut!)

Herr Kollege Schick, diese Rede hat bei mir große Nachdenklichkeit über den emotionalen Zustand der Koalition hervorgerufen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wenn jemand neun Minuten zu einer Regierungserklärung Kraft spricht, die vor Jahren stattgefunden hat, und eine Minute zu der Unterrichtung, von der heute die Rede sein sollte, scheint bei Ihnen eine geheime Leidenschaft dahinterzustecken, die unerfüllt bleibt.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Heiterkeit)

Man kann das auch rationalisieren und einfach sagen: Ich rede lieber über die Vergangenheit als über die Gegenwart; sonst müsste ich den FDP-Minister loben, und das fällt mir schwer.

(Zuruf von der FDP: Warum denn?)

Das Zweite, Herr Minister, haben Sie gerade wieder falsch gesagt. Sie behaupten ständig, es hätte einen breit angelegten Beteiligungsprozess gegeben.

(Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirt- schaft, Innovation, Digitalisierung und Ener- gie: Hat es auch!)

Ja, das sagen Sie immer. Sie sagen sogar, es gebe Tausende von Zuschriften. Das habe ich im „Behörden Spiegel“ gelesen.

Wir haben 178 Registrierungen auf Ihrer Homepage ausgemacht, wo dazu aufgerufen wurde, sich zu beteiligen. Wir haben gesehen – der Bereich ist öffentlich zugänglich –, dass es 32 Stellungnahmen zu Ihrer Strategie im Entwurf gab. Davon stammten 24 von Verbänden und acht von Bürgerinnen und Bürgern, bei denen man nicht ganz genau weiß, ob sie als Bürger oder vielleicht doch in beruflichen Eigenschaften eine Stellungnahme geschickt haben.

(Zuruf von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minis- ter für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)

Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, dass das eine Bürgerbeteiligung war. Das war eine Verbände- und Lobbyanhörung – nicht mehr und nicht weniger.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Dann haben Sie gesagt: Digitalisierung endet nicht an den Landesgrenzen. – Das ist richtig. Aber für Sie endet Digitalisierung an den Landesgrenzen. Wir reden jetzt mal über die Frage: Welche Rolle spielen Sie eigentlich als Regierung des größten Bundeslandes in der deutschen und europäischen Debatte über digitale Themen?

An der Rede vom Kollegen Hafke hat mir einiges gefallen, auch der Punkt mit der Datensouveränität. – Und nun? Wo ist denn die Initiative der Landesregierung für mehr Datensouveränität?

Zur Digitalsteuer habe ich ein Interview von Ihnen gelesen. Das ist ja eine interessante Frage: Wie steht die Landesregierung eigentlich zur Digitalsteuer? – Verschwurbelt.

(Zuruf von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minis- ter für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)

Sie sagen: gesamteuropäisch, sonst nicht. – Es würde mich interessieren, ob es die Meinung der gesamten Landesregierung ist, auf eine Digitalsteuer de facto zu verzichten, denn mit diesem Interview haben Sie der Digitalsteuer de facto eine Absage erteilt.

(Zuruf von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minis- ter für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie)

In der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten wurde immerhin der bekannte amerikanische Kritiker Jaron Lanier zitiert, der die Sozialisierung der Daten, die von großen Konzernen erhoben werden, fordert.

Was ist denn Ihre Meinung zu dieser Datenerhebung? Wie stellen Sie sich als Landesregierung konkret zu Facebook, WhatsApp, Instagram? Was sagen Sie zur Forderung des CDU/CSU-Spitzenkandidaten für die Europawahl, man müsse diese Konzerne zerschlagen und die Monopolfrage stellen? – Fehlanzeige.

Auch zu der Frage, ob wir europäische Player auf dem Markt, den Sie beschrieben haben, brauchen, sagt diese Landesregierung überhaupt nichts.

Wenn man das betrachtet, was Sie hier machen, führt das zu folgendem Ergebnis: Sie folgen vielfach einer Logik lokaler Möglichkeiten der Berichterstattung, aber keiner Strategie,

(Beifall von der SPD)

die auf der Höhe der Zeit ist, und die sich mit den Themen beschäftigt, die die Öffentlichkeit, die Menschen, Europa und Deutschland beschäftigt. Das ist Ihr Problem.

Ein Letztes noch: der Mensch im Mittelpunkt. – Im Lyrikteil Ihrer Strategie, in dieser positiven Utopie, die sehr technologisch und technokratisch ist, wird der Mensch immer erwähnt. Ich habe mir die Mühe gemacht, die 78 Seiten zu lesen.

Die Redezeit.

Je tiefer Sie in die Sache reinkommen, desto mehr verschwindet der Mensch. Deswegen sage ich: Bei Ihnen steht der Mensch nicht im Mittelpunkt, er steht im Hintergrund.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Das ist schade. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Rudolph. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Braun.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist mittlerweile ein gern genommener Sport der Opposition, sich darüber zu beklagen, dass die Regierungsbänke vermeintlich zu karg besetzt seien.

Ich habe das heute auch wieder vernommen. Dabei schaue ich in die Reihen der Opposition und sehe ein dramatisches Bild, wenn man diesen Vorwurf so erheben möchte.

Insbesondere in Richtung der SPD, die immer gerne betont, Arbeitsmarktpolitik in der Digitalisierungszeit sei so wichtig, möchte ich fragen: Wo ist denn Ihr Enquete-Sprecher für die digitale Arbeitswelt, wo ist Ihr arbeitspolitischer Sprecher? – Keiner von ihnen ist da, keiner verfolgt diese Debatte.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich habe festgestellt, dass unser Arbeitsminister große Teile der Debatte mitverfolgt; also sollten Sie

diese Kritik zukünftig vorsichtiger dosieren. Sie bewegen sich auf dünnem Eis.