Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Es gilt, vorab festzustellen, dass Nordrhein-Westfalen hervorragend verhandelt hat. Das Ergebnis – die gestern vom Bundeskabinett verabschiedeten Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der WSB-Kommission für ein Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen – hat Substanz und übertrifft die Erwartungen, jedenfalls die der Opposition.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Herr Kutschaty, wie sehr Ihnen dieses Thema wirklich am Herzen liegt, zeigt ein Blick auf Ihre Reaktionen. Gefreut haben können Sie sich nur im Stillen. Öffentlich: das große Nichts. Reaktionen auf ein Thema, das Ihnen zwischen Februar und Mai noch so wichtig war, weil diese böse Landesregierung das Revier so sehr benachteiligt – Fehlanzeige. Das große Nichts!

Herr Kutschaty, Sie und Ihre Fraktion machen sich anscheinend einen Spruch von Oscar Wilde zum persönlichen Leitmotiv: „Ich spreche gerne von nichts. Das ist das Einzige, wovon ich wirklich etwas verstehe.“

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich kann verstehen, dass es eine schmerzhafte Erkenntnis ist, dass andere das anpacken, was Sie hätten tun können, aber nicht getan haben.

(Beifall von der CDU)

Schauen wir uns mal die Debattenbeiträge aus den Reihen der SPD an. Thomas Kutschaty in der Debatte zur Unterrichtung am 20. Februar dieses Jahres – Zitat –:

„Insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet gibt es ganz viele Steinkohlekraftwerke. Sie“

gemeint war der Ministerpräsident –

„haben es nicht geschafft, auch nur ein einziges Ruhrgebietsprojekt für die Strukturhilfen des Bundes anzumelden, kein einziges. Das ist fahrlässig, Herr Laschet. Das dürfen Sie nicht zulassen.“

In einer Pressemitteilung der SPD vom 4. April 2019 erklären der Chef der NRW-Landesgruppe Achim Post, der Vorsitzende der NRW-SPD Sebastian Hartmann und der Sprecher der Ruhr SPD – Zitat –:

„Die CDU/FDP-Landesregierung von Armin Laschet hat schlecht verhandelt. Armin Laschet vertändelt die Chance auf eine verbindliche Förderung des Strukturwandels durch Bundesmittel und lässt jeden Respekt gegenüber den Menschen im Ruhrgebiet vermissen.“

Herr Kutschaty, bereits in der Debatte am 20. Februar habe ich Ihnen entgegnet, dass es dem Ministerpräsidenten Armin Laschet zu verdanken ist, dass sich die Kommission überhaupt mit den Standorten der Steinkohlekraftwerke beschäftigt hat.

Ich habe Sie – begleitet von netten Zwischenrufen aus Ihrer Fraktion – auf die Seite 15 des Abschlussberichts aufmerksam gemacht, wonach Strukturhilfen aus gesonderten Mitteln in die Steinkohlestandorte fließen.

(Marc Herter [SPD]: 0,9, Herr Kollege!)

Wirtschafts- und Energieminister Professor Dr. Pinkwart informierte Sie in einem Bericht am 8. März 2019 auf Anforderung Ihrer SPD-Fraktion zu den Folgen der Abschaltung von Steinkohlekraftwerken. Aus diesem Bericht ist zu entnehmen:

„Zur Finanzierung von strukturpolitischen Maßnahmen an betroffenen Steinkohlekraftwerksstandorten sollen laut Empfehlung der WSBKommission Mittel des Bundes bereitgestellt werden. Aktuell erarbeitet die Bundesregierung Eckpunkte … Laut Bundewirtschaftsministerium soll ein entsprechendes Gesetz bis Ende April ausgearbeitet werden.“

Jetzt der Beschluss des Bundeskabinetts von gestern:

„An Steinkohlekraftwerksstandorten, an denen der Steinkohlesektor eine erhebliche wirtschaftliche Relevanz besitzt, sollen relevante Projekte ebenfalls“

das heißt: darüber hinaus –

„entsprechend finanziell mit bis zu 1 Milliarde Euro unterstützt werden.“

Armin Laschet hat es gesagt: Kraftwerk Bergkamen, Lünen, Werne …

(Marc Herter [SPD]: Die waren vorher schon dabei, Kollege!)

Bitte? Orte, die Sie nicht kennen, Herr Kollege?

(Marc Herter [SPD]: Orte, die ich nicht kenne, genau! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich frage ja nur mal nach.

In der Stadt Hamm, in Duisburg-Walsum, in der Stadt Herne,

(Marc Herter [SPD]: Ach so! Hamm kenne ich gar nicht!)

in der Stadt Gelsenkirchen – ich darf feststellen: Nichts ist übrig geblieben, Herr Kutschaty, von Ihrer haltlosen Kritik, von Ihren Fahrlässigkeitsvorwürfen vom 20. Februar.

Die Zweifel, die Sie und die SPD noch am 4. April gesät haben, die Verunsicherung, die Sie in die Reviere hineingetragen haben, dürfen Sie und die NRW-SPD als Erfolg verbuchen. Wir in der NRWKoalition freuen uns über die Planungssicherheit und die konkret gewordene Zukunftsperspektive für die Menschen im Rheinischen Revier und rund um die Standorte der Steinkohlekraftwerke.

Der gestrige Tag war ein guter Tag für unser Land. Mit den Eckpunkten für das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ steht ein verlässlicher Rahmen bereit, welchen die auf Langfristigkeit und Zukunftsorientierung angelegten regionalen Strategien benötigen, damit der Strukturwandel ohne Brüche gelingen kann. Rund 40 Milliarden Euro bis zum Jahr 2038, also etwa 2 Milliarden Euro jährlich, stehen zur Verfügung. 700 Millionen Euro sollen die Länder direkt erhalten, um über eigene Förderprogramme Strukturentwicklung zu finanzieren.

(Sven Wolf [SPD]: Jubel!)

Aber es kommt nichts.

Dieser Anteil ist nur gerecht, weil die Menschen in den Kohleregionen unseres Landes seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland mit der Kohleförderung und -verstromung unter Einsatz ihrer Gesundheit und oft ihres Lebens, unter Inkaufnahme von Schäden an der Natur und teils verbunden mit der Aufgabe ihrer Heimat eine große Leistung zum Wohle aller in der Bundesrepublik erbracht haben.

(Beifall von der CDU)

Und nun gehen wir wieder in Vorleistung für Deutschland. Im Rheinischen Revier wird bis 2023 der größte Beitrag bei der Reduktion der Braunkohlekraftwerke erbracht.

Christof Rasche und ich haben uns gestern mit den Bürgermeistern aus den Tagebau-Anrainerkommunen der Region ausgetauscht. – Ich weiß nicht, mit wem Sie gesprochen haben.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Auch mit denen!)

Ja, nur haben wir im Unterschied zu Ihnen keine Kritik an der Landesregierung von diesen Bürgermeistern gehört – im Gegenteil.

(Frank Müller [SPD]: Die waren nur höflich!)

Es ist deutlich geworden: Es gibt Sorgen, die wir als NRW-Koalition ernst nehmen, und es gibt konkrete Vorschläge, die wir miteinander hier im Landtag besprechen müssen und möglichst zur Umsetzung bringen wollen. Es ist auch deutlich geworden: Geld ist nicht alles, aber vieles geht nicht ohne Geld.

In den Anrainerkommunen an den Standorten der Steinkohlekraftwerke richtet sich der Blick der Menschen jetzt nach vorne. Und es ist unsere gemeinsame Aufgabe – über alle Ebenen und beteiligten Institutionen hinweg –, Erwartungshaltungen und Ergebnisse in Einklang zu bringen, Veränderungsbereitschaft zu wecken und sie mit den notwendigen Maßnahmen zum Strukturwandel bestmöglich zu koordinieren.

Voraussetzung für ein langfristiges Gelingen ist der regionale Konsens dazu, aufbauend auf der Ertüchtigung aller Institutionen und Behörden effektive Unterstützung für diese Kommunen zu gewährleisten. Wir als NRW-Koalition werden die anstehenden Schritte eng begleiten und uns weiterhin für eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Ergebnisse der Kommission einsetzen, und zwar nicht nur mit investiven Mitteln, sondern auch mit konsumtiven Mitteln, damit Planungsleistungen auch finanziert werden können.

Gemeinsam mit der Landesregierung werden wir uns jetzt in enger Abstimmung mit der Region intensiv mit der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren beschäftigen, damit Investoren sich darauf verlassen können, dass sie unkompliziert, schnell und innovationsfreundlich bei ihren Vorhaben unterstützt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dietmar Brockes [FDP]: Das ist das Gegenteil von dem, was Rot-Grün gemacht hat!)

Gerade weil die Mittel für ein Sofortprogramm als Signal des Aufbruchs und der Ernsthaftigkeit zur Verfügung gestellt wurden, werden wir mit Nachdruck an der Frage nach den zur Verfügung stehenden Flächen und der notwendigen Verkehrsinfrastruktur arbeiten.

(Beifall von der CDU)

Es ist notwendig – und auch das ist in diesem Gespräch deutlich geworden –, dass wir uns insbesondere denjenigen Kommunen zuwenden, die durch den Braunkohleabbau quasi keine Fläche mehr zur Verfügung haben, auf der sie die Zukunft errichten können. Deshalb muss uns ein fairer Ausgleich zwischen den unterschiedlichen kommunalen Interessen gelingen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Vieles hat sich seit dem 20. Februar geändert. – Mein Schlusssatz aber nicht: gemeinsam anpacken für eine ambitionierte Zukunft.

(Beifall von der CDU und der FDP)