Neben dem Versagen in der inneren Sicherheit war nämlich genau die Schulpolitik eines der zentralen Themenfelder, bei denen die Menschen in Nordrhein-Westfalen unmissverständlich und eindeutig klargestellt haben: Ihre Schulpolitik hat gereicht. Wir brauchen eine neue Schulpolitik.
Deswegen ist Yvonne Gebauer jetzt ausgesprochen erfolgreich in den Schulen unterwegs, die Bedingungen für Schüler, für Lehrer und für Eltern an allen unseren Schulen besser zu machen.
Das macht sie mit Einsatz. Das macht sie mit Erfolg. Das macht sie mit kommunikativem Geschick und mit den richtigen Plänen.
Genau das verstehe ich nicht. Sie machen hier einfach nach zwei Jahren immer noch den Eindruck eines schlechten Verlierers.
Jetzt reden wir über Ihren Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben. Dazu hat es innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Mal eine Sachverständigenanhörung gegeben. Erneut ergab sich bei dieser Sachverständigenanhörung ein uneinheitliches Bild bei der Frage, ob und inwieweit eine einheitliche Einstiegsbesoldung verfassungsrechtlich geboten sei.
Deshalb sollte hier jedenfalls nicht der Eindruck erweckt werden, es gäbe eine unumstrittene verfassungsrechtliche Notwendigkeit oder gar eine Pflicht zum Handeln – im Gegenteil:
Professor Wolff von der Universität Bayreuth hat ausgeführt, dass nach der Vereinheitlichung der Lehrerausbildung zwar ein einheitliches Einstiegsamt für alle Lehrkräfte eingeführt werden könne; verfassungsrechtlich zwingend sei dies aber nicht. Das Argument einer verfassungsrechtlichen Anpassungspflicht hat er in diesem Zusammenhang sogar als unseriös bezeichnet.
Das Prinzip der Wiederholung ist auch in der Pädagogik ein erfolgreiches Prinzip. Deswegen versuche ich jetzt, es hier noch ein weiteres Mal anzuwenden. Politisch gilt: Die Landesregierung wird die notwendigen besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Reform der Lehrerausbildung ziehen.
Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. Sie haben es gesehen: Es ist eine Kurzintervention der Abgeordneten Beer angemeldet worden. – Sie haben das Wort für 90 Sekunden Kurzintervention, Frau Abgeordnete.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Ich möchte jetzt gerne den amtierenden Finanzminister fragen, der ja gerade versucht hat, sich genau aus dieser Verantwortung ein bisschen herauszuschwiemeln.
Das sind ja immer so diese Abwehrgeschichten, Herr Lienenkämper: Man guckt mal auf sieben Jahre RotGrün und kommt nicht zur eigenen Verantwortung. Das haben wir gerade auch wieder erlebt.
Sie haben im Gegensatz zu 2019 in der neuen MaiSteuerschätzung für 2020 4 Milliarden Euro mehr im Haushalt zur Verfügung im Aufkommen durch den Länderfinanzausgleich.
Ich frage Sie hier und jetzt: Sind Sie gewillt, aus diesen Mitteln etwas einzusetzen, um die Besoldung neu aufzustellen – sowohl für die Grundschulen als auch für die Sekundarstufe I –, oder ist für Sie – wie auch offensichtlich für Frau Hannen – das Votum des Bundes für Steuerzahler ausschlaggebender als die Notwendigkeit, hier in der Besoldung endlich klare Kante zu zeigen?
Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Beer, das ist ein netter Versuch, mir die weitere Wiederholung unserer Politik zu ermöglichen. Damit Sie es vielleicht auch demnächst zitieren können: Wir werden die notwendigen besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Lehrerausbildung ziehen.
Aber: Rot-Grün ist gestartet mit einer Nettoneuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro. Dann haben Sie jahrelang Haushaltsüberschüsse gehabt. Hannelore Kraft und ihre Regierung waren es, die im Länderfinanzausgleich hervorragend verhandelt haben. Deshalb haben Sie nächstes Jahr 4 Milliarden Euro mehr zur Verfügung.
Sie haben das Geld, die Besoldungsanpassung zu machen. Herr Löttgen, Ministerin Gebauer und viele andere haben es versprochen. Sie brechen heute Ihr Versprechen. Das ist ein Skandal, und das werden die Lehrerinnen und Lehrer Ihnen nicht vergessen!
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Zuruf von Henning Höne [FDP])
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ott. – Weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor, sodass wir am Schluss der Aussprache sind.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Drucksache 17/5936, den Gesetzentwurf Drucksache 17/3812 abzulehnen. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/3812 selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Ich darf fragen, wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der AfD. Gibt es Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/3812 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis auch in der zweiten Lesung abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Paul das Wort. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir nach einer gerade sehr hitzigen Debatte jetzt so einhellig über die Anerkennung der Geschichte von Verfolgung und Emanzipation von LSBTI – Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intermenschen – sprechen, ist keine Selbstverständlichkeit.
Wir haben zwar keinen gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, FDP und Grünen vorliegen, aber auch der Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen zeigt, dass es uns hier in diesem Haus ernst mit Minderheitenrechten und der Anerkennung von Geschichte von Verfolgung und Emanzipation der LSBTI-Bewegung ist.
Wir hatten heute Besuch in unserer Fraktion von Künstlerinnen und Künstlern und Aktivistinnen und Aktivisten aus Brasilien. Das hat mir noch einmal sehr deutlich gemacht, wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir hier gemeinsam über dieses Thema debattieren können, dass wir hier gemeinsam ein Zeichen setzen können für Emanzipation.
Denn diese jungen Menschen haben uns aus ihrem Alltag berichtet. Sie haben uns von den Anfeindungen, von den Diskriminierungen und auch von der Gewalt berichtet, denen sie tagtäglich ausgesetzt sind.
Vielleicht kennen einige von Ihnen die Geschichte der Aktivistin und Kommunalpolitikerin Marielle Franco, die im letzten Jahr ermordet, ja regelrecht hingerichtet worden ist, weil sie sich für die Rechte von Frauen und LSBTI, aber auch für die Rechte von schwarzen Minderheiten vor allem in den Armenvierteln Brasiliens eingesetzt und engagiert hat.
Das zeigt, dass die Rechte von LSBTI, frei zu leben und frei zu lieben, weltweit bei Weitem keine Selbstständigkeit sind. Deswegen ist es umso wichtiger, ein gemeinsames Zeichen zu setzen, dass wir Diskriminierung, Gewalt und Verfolgung nicht hinnehmen.
Das ist auch deswegen ein wichtiger Punkt, weil wir auch hier in Deutschland auf eine Geschichte zurückblicken, in der staatliche Repression noch gar nicht so lange der Vergangenheit angehört. Denn die endgültige Streichung des § 175 aus dem Strafgesetzbuch ist gerade einmal 25 Jahre her. Erst 1994 ist dieser Paragraf endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden. Weitere 23 Jahre hat es ge
dauert, also bis vor zwei Jahren, bis die Unrechtsurteile aus dieser bundesrepublikanischen Geschichte endlich aufgehoben worden sind.
Bei der Ausstellungseröffnung des Centrums Schwule Geschichte im Landeshaus des LVR, das sich mit der Geschichte des § 175 beschäftigt, hat Minister Stamp, der heute nicht hier sein kann, in seiner Einführungsrede die Opfer um Vergebung gebeten. Für diese Geste und dieses wichtige Zeichen möchte ich ihm, auch wenn er jetzt persönlich nicht anwesend ist, ausdrücklich danken.