Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

Diese Betriebsführung setzt zwangsläufig ein standsicheres Böschungssystem gemäß der bergbehördlichen Richtlinie für Standsicherheitsuntersuchung – RfS – voraus und wird selbstverständlich im Zuge regelmäßiger Befahrungen durch die Bergbehörde kontrolliert. Somit ist auch der Hambacher Forst nicht in Gefahr.

Damit sollte der Sachverhalt aus meiner Sicht hinreichend aufgeklärt sein. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die erste Nachfrage stellt Ihnen Frau Kollegin Brems.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister, Sie haben gerade davon gesprochen, dass der Geologische Dienst in seiner Stellungnahme gesagt hat, unterhalb von 50 m Abstand sei eine gutachterliche Bewertung erforderlich. In der Stellungnahme des Geologischen Dienstes, die wir online finden konnten, steht aber folgender Satz:

„Aus den Maximalwerten für die kapillare Wassernachlieferung und für die Erstreckung der Feinwurzeln ergibt sich grundsätzlich ein Abstand von ca. 50 m.“

Das ist aus meiner Sicht eine andere Aussage als die, die Sie gerade hier und auch in der Beantwortung der Kleinen Anfrage getätigt haben. Daher bitte ich Sie, noch einmal zu erläutern, wie es zu dieser Diskrepanz kommt, dass der Geologische Dienst klar sagt, es gelte ein Minimalabstand, Sie aber sagen, darunter müsse man noch einmal genauer schauen.

Frau Präsidentin! Liebe Frau Brems, der Wert von 50 m basiert auf bodenkundlich-pflanzenphysiologischen Ge

sichtspunkten. Der Radius der Feinwurzeln, aus dem die Bäume Wasser aus dem Boden beziehen, ist gleich der Wuchshöhe der Bäume.

Ausgehend von einer Wuchshöhe von maximal 40 m für die Eichen im Hambacher Forst und den Maximalwerten der kapillaren Wassernachlieferung durch die vorhandenen Bodenarten – schwach oder mittel toniger Schluff – ergibt sich aufgerundet ein Mindestabstand von 50 m.

Ob darüber hinaus, also in einem engeren Bereich, möglicherweise auch noch Bewegungsspielraum bliebe, hat der Geologische Dienst einer weiteren Untersuchung vorbehalten. Er selbst schließt jedenfalls aus, dass im Abstand von mindestens 50 m aufgrund dieser Sachdarlegung eine Beeinträchtigung des Waldes entstehen könnte.

Umgekehrt hat RWE erklärt, dass man nicht näher als 50 m heranrückt, was durch die Bergbehörde auch geprüft ist. RWE ist nur an einer Stelle bis auf 50 m herangerückt, ansonsten deutlich weiter entfernt geblieben. Das Unternehmen erklärt schriftlich, dass es nicht näher als 50 m heranrücken wird.

Damit sehen wir alle Voraussetzungen dafür gewährleistet, dass der Hambacher Forst in seiner Substanz in keiner Weise in Mitleidenschaft gezogen wird.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Schäffer von Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich erinnere mich gut daran, dass RWE im Herbst letzten Jahres behauptete, dass der Hambacher Wald aus rein technischen Gründen gerodet werden müsse, da ansonsten die Böschung des Tagebaus zu steil werde.

Nur zur Erinnerung: Damals war die Tagebaukante ungefähr 400 m vom Wald entfernt. Jetzt sprechen wir von einer Entfernung von nur noch 50 m. Insofern

ist meine Frage, wie Sie das Voranschreiten des Tagebaus in Richtung Böschungskante hinsichtlich der Statik für den Wald bewerten.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Abgeordnete, die früheren Einschätzungen von RWE gingen ganz offensichtlich – gut begründet, wie ich finde; nämlich fußend auf der von Ihrer Partei mitgetroffenen Leitentscheidung – von einer genehmigungskonformen Betriebsführung aus und bezogen keine ferner liegenden und aufwendigeren Varianten ein, zum Beispiel einen Tagebaubetrieb mit überwiegender Abraumgewinnung.

Jetzt betreibt RWE den Tagebau mit verringerter Braunkohlegewinnung und gestaltet die Gewinnungsböschung flacher und damit standsicherer. Sonst könnte das Unternehmen seine Zusage, die es dem Ministerpräsidenten gegeben hat, und die noch offene Rechtslage in keiner Weise hinreichend berücksichtigen.

So weit ist der Braunkohletagebau erschwert. Das Unternehmen stellt sich diesen erschwerten Bedingungen und hält seine Verpflichtungen und Zusagen ein.

Vielen Dank, Herr Minister. – Da es keine weiteren Wünsche nach Nachfragen gibt, war die zweite Nachfrage auch die letzte Frage. Die Mündliche Anfrage 48 ist damit durch Sie beantwortet.

Ich rufe die

Mündliche Anfrage 49

der Abgeordneten Verena Schäffer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Wie genau kam es zur Räumung des Hambacher Waldes im Herbst 2018?“ auf.

Die Landesregierung hat angekündigt, dass Frau Ministerin Scharrenbach die Mündliche Anfrage 49 beantworten wird. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Schäffer, vielen Dank für die Fragen, die Sie uns gestellt haben. Der Ministerkollege Herbert Reul sitzt zu meiner Rechten, weil wir uns die Beantwortung teilen, da sich die Anfrage an beide Häuser richtet.

Sie fragen, wann jeweils die Rechtsgutachten des Ministeriums des Innern und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichberechtigung des Landes Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben

worden sind. Dabei beziehen Sie sich im Besonderen auf die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage Drucksache 17/6769, bei der wir uns in der Beantwortung der Frage 5 zu einer Richtigstellung der Daten veranlasst gesehen haben.

Wir haben Ihnen dort dargelegt, dass das von meinem Hause in Auftrag gegebene Gutachten am 31. August 2018 vorlag und dass dieses Gutachten – im Gegensatz zu der Aussage in einer vorher beantworteten Kleinen Anfrage – vor dem Datum in Auftrag gegeben wurde. Insofern darf ich Ihnen Ihre direkte Frage entsprechend beantworten: Mein Haus hat das Gutachten für das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung am 29. August 2018 in Auftrag gegeben.

Für den zweiten Teil der Anfrage gebe ich, wenn Frau Präsidentin gestattet, an den Ministerkollegen Herbert Reul weiter.

Ja. Ich schalte auch sein Mikrofon frei.

Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich noch einmal richtigstellen, dass die Räumung der illegal errichteten Baumhäuser im Hambacher Forst aufgrund eines Vollzugshilfeersuchens der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde erfolgte, weil Gefahr für Leib und Leben bestand. Die Räumung erfolgte nicht aufgrund eines Wunsches der RWE Power AG.

Die Rechtmäßigkeit der Räumung wurde übrigens, wie Sie wissen, gerichtlich bestätigt. Es gab eine gerichtliche Überprüfung, und zwar – es ist mir wichtig, das zu betonen – mit folgendem Tenor:

Erstens wurde gerichtlich bezweifelt, ob sich Baumhausbesetzer überhaupt auf das Versammlungsrecht berufen können, da die Verfassung nur das Recht gewährleiste, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Dies treffe auf die Waldbesetzer im Hambacher Forst nicht zu. Bei den zahlreichen Baumhäusern im Hambacher Forst handele es sich um Rückzugs- und Aufenthaltsorte für gewaltbereite Waldbesetzer, die für die Polizei nur unter erheblicher Gefahr zugänglich seien.

Zweitens hat das Gericht festgestellt, die Bewohner müssten zudem in gewisser Weise vor sich selbst geschützt werden, da es sich bei den Baumhäusern um bauordnungswidrige Anlagen handelt, von denen Gefahren ausgehen.

Jetzt zu den konkreten Fragen:

Erstens wird gefragt, wann die rechtliche Begutachtung durch die Fachanwaltskanzlei in Auftrag gegeben wurde.

Angesichts des sehr kurzen Zeitfensters hinsichtlich der Räumung und der im Sommer 2018 erlaubten Rodung und auch hinsichtlich der sehr aufwendigen Vorbereitung polizeilicher Vollzugshilfeeinsätze wurde zunächst nach den vergaberechtlichen Vorschriften eine Marktschau durchgeführt. Diese Marktschau hatte zum Ergebnis, dass in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und angesichts der erforderlichen fachanwaltlichen Spezialisierung nur eine Fachanwaltskanzlei zur Erbringung der Leistungen in Betracht kommen würde.

Sodann wurde ein vergaberechtlich zulässiges Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in einer rechtlich zulässigen abgekürzten Form durchgeführt. Der förmliche Zuschlag wurde am 10. August 2018 erteilt.

Die schriftlichen Gutachten und Stellungnahmen datieren vom 9. und 14. August 2018 und beschäftigen sich mit der Frage der bauordnungsrechtlichen Rechtsgrundlage für Beseitigungsverfügungen, der Nachrangigkeit polizeilicher Eingriffsnormen und der Verpflichtung der Polizei zur Leistung von Vollzugshilfe.

Zweitens wird gefragt, in welcher Höhe das Polizeipräsidium Aachen seit dem 1. Juli 2018 im Zusammenhang mit der Besetzung bzw. Räumung des Hambacher Waldes Geld an die RWE AG gezahlt hat.

Das Polizeipräsidium Aachen teilte auf Anfrage mit, dass im Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 8. Juli 2019 im Zusammenhang mit der Besetzung bzw. Räumung des Hambacher Forstes insgesamt 13.061,95 Euro an die RWE Power gezahlt wurden.

Es wird auch gefragt, in welcher Höhe Zahlungen an mit der RWE Power verbundene Unternehmen erfolgten. Darüber hinaus wird gefragt, in welcher Höhe andere öffentlichen Stellen Zahlungen tätigten. Eine Auswertung hierzu war in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand jetzt nicht möglich.

Meine Damen und Herren, wir sprechen von der Räumung und Beseitigung von illegalen, lebensgefährlichen Baumhäusern, die als Rückzugs- und Aufenthaltsraum für Straftäter dienten. Wir sprechen von einer Situation, die gerichtlich überprüft und bestätigt wurde. Wie ich an anderer Stelle schon einmal betont habe, darf man nach meiner Überzeugung in einem Rechtsstaat kein Preisschild an schwere Straftaten hängen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wie einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen wissen, die die Situation vor Ort kennen, gibt es für bestimmte Maßnahmen nur Material der RWE AG, das in der Lage ist, bestimmte Probleme zu lösen. Deswegen muss darauf zurückgegriffen werden.

Wenn die Mittel, die notwendig sind, nicht zur Verfügung stehen, dann beschafft die Polizei sich diese Mittel, soweit das möglich ist. Im Fall der Baumhausräumung schloss die Polizei Verträge mit unterschiedlichen Wirtschaftsunternehmen. Selbstverständlich wurden die erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt. Es ist üblich, dass die Polizei in Großeinsätzen auch auf Geräte und Dienstleistungen von Wirtschaftsunternehmen zurückgreift, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.

Dies ist unabhängig von der Tatsache zu bewerten, dass die Baumhäuser gegen das Baurecht verstoßen haben, lebensgefährlich waren und deshalb geräumt und entfernt werden mussten. – Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die erste Nachfrage stellt Frau Kollegin Schäffer von Bündnis 90/Die Grünen. Vielleicht sagen Sie, an wen Sie die Nachfrage richten, da beide, die Ministerin und der Minister, geantwortet haben. Bitte schön, Frau Schäffer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Frage, die sich an beide richtet. Ich hoffe, das geht auch.

Ja.

Wir haben sowohl den Innenminister als auch die Bauministerin mit Schreiben vom 29. Mai dieses Jahres darum gebeten, uns als Abgeordneten die beiden Rechtsgutachten zur Verfügung zu stellen. Bislang liegt uns aus beiden Häusern keine Antwort vor. Insofern ist meine Frage an beide, an Herrn Reul und an Frau Scharrenbach, wann Sie unserer Bitte nachkommen werden.