Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Reul, ich habe mir die Akten angesehen, die zu der Vergabe der Gutachten geführt haben. Ich muss nun kurz etwas ausführen, damit wir alle wissen, worauf wir uns beziehen, sodass ich danach zur Frage kommen kann.

Zunächst findet man in den Akten eine Gesprächsnotiz vom 05.07. vergangenen Jahres. Es wurde zwischen der Abteilung „Recht“ der Polizei und der Vergabestelle telefoniert, und die Vergabestelle hat mitgeteilt, dass man für diese Vergabe nicht die Notwendigkeit der Dringlichkeit sieht. Aus weiteren Unterlagen ist erkenntlich, dass zunächst die Begründung für die Vergabe an die Rechtsanwaltskanzlei für dieses Gutachten sein sollte, dass eine Dringlichkeit vorliegt.

Wenn man sich die weiteren Akten im Verlauf ansieht, zeigt sich, dass sich diese Begründung verändert. Schließlich gibt es dann einen Entwurf für eine Begründung der Vergabe, die vom 24.07. datiert. Darin wird deutlich, dass es darum geht, darzustellen, dass die Rechtsanwaltskanzlei die einzige Kanzlei ist, die diese Frage beantworten kann. Das ist zunächst einmal ein Sinneswandel, den wir beobachten.

Es gibt noch einen zweiten, und zwar teilt dann noch – immer noch am 20.07. – die Vergabestelle mit, dass sie immer noch keine Gründe für die Alleinstellung der Kanzlei Baumeister dergestalt vorliegen sieht, dass nur diese aus fachlichen Gründen in der Lage wäre, das zu beauftragende Gutachten zu erstellen.

Die Vergabestelle sagt also: „Das sehen wir so nicht“, und fünf Tage später, also am 25. Juli, wird dann auf einmal in einer Mail mitgeteilt, dass diese Vergabe nun doch möglich sei. Das ist der zweite Sinneswandel, den wir da beobachten können.

Vor dem Hintergrund, dass Sie auch schon gesagt haben, dass bereits seit dem 11. Juli an Einzelvermerken gearbeitet worden ist, scheint es doch so, als habe in ihrem Haus sehr stark daran gearbeitet werden müssen, dass diese Kanzlei mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt werden kann. Daran schließt sich die Frage an, wie Sie vor diesem Hintergrund den Sinneswandel und diese Vorgänge weiter begründen und darstellen können. Das ist aus den Akten absolut nicht nachvollziehbar.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Abgeordnete, Sie begründen gerade, dass in unserem Haus sehr gründlich gearbeitet worden ist. Die Vergabestelle hat am Anfang Bedenken gehabt – das haben Sie richtig beschrieben –, dann wurde von der Fachabteilung die Begründung geliefert – offensichtlich überzeugend –, und dann wurde entschieden. Ich sehe darin überhaupt kein Problem.

Ich möchte, wenn Sie es gestatten, Herr Präsident, zu der Frage nach den Schwerpunkteinsätzen von soeben noch eine Modifizierung geben, damit das nicht missverstanden wird. Die Räumung hat ja gar nicht stattgefunden. Sie haben nachgefragt. Die Rodung hat ja gar nicht stattgefunden. Insofern konnten während der Rodung gar keine Schwerpunkteinsätze ausfallen. Es ist natürlich logisch – das wollte ich nur mal gesagt haben –, dass natürlich während der Räumung keine zusätzlichen Schwerpunkteinsätze – ob keine, weiß ich nicht –, zumindest nicht alle stattgefunden haben. Das stimmt. Das ist ein Unterschied.

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Kapteinat hat sich zu einer zweiten und damit für sie letzten Frage gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe noch eine Frage an Frau Ministerin Scharrenbach. Ist es üblich, dass das Ministerium der Unteren Bauaufsichtsbehörde Hilfestellung bei der Formulierung von Allgemeinverfügungen gibt und diese Hilfestellung bzw. Allgemeinverfügung dann durch einen externen Rechtsanwalt formulieren lässt?

Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kapteinat, der Hambacher Forst liegt in der Zuständigkeit von zwei Bauaufsichtsbehörden. Das habe ich gerade schon erläutert. Und das bringt die Besonderheit mit sich – das können Sie auch dem Verwaltungsverfahrensgesetz entnehmen –, dass sich im Sinne der einheitlichen Rechtsanwendung bestimmte Rechte für die Obersten Behörden ergeben.

Das entnehmen Sie durchaus auch allen Antworten, die Sie aus unseren beiden Häusern bisher auf Kleine Anfragen, auf Berichtsanfragen, auf Anfragen hier und/oder in den Ausschüssen, auf die wir immer gleich geantwortet haben, erreicht haben. Wir haben einen Untersuchungsgrundsatz, und deshalb ist es überhaupt nichts Ungewöhnliches, dass bei komple

xen Rechtsfragen auch Externe eingeschaltet werden, die eine Begleitung in der Beurteilung juristischer Sachverhalte liefern. Das ist das eine.

Das Zweite aber ist: Wenn zwei unterschiedliche Behörden zuständig sind, Sie aber eine einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen wollen, dann ist es erforderlich, dass beide Behörden gleich die Erlasse, Weisungen, ihre Verfügungen auf den Weg bringen. Insofern ist es – offen gesagt – in der Folge auch nichts Ungewöhnliches, dass letztendlich eine entsprechende juristische Begleitung bei der Abfassung von Allgemeinverfügungen – in dem Fall für zwei untere Behörden –, die gleich sein müssen, um eine einheitliche Rechtsanwendung herzustellen, erfolgt ist.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Nun hat als nächster Herr Ott eine Frage.

Herr Ott, Sie haben gerade ihr Mikrofon wieder ausgeschaltet. Ich kann dies technisch nicht mehr aktivieren. Bitte kommen Sie nach vorne an das Pult und stellen Sie die Frage von hier. Danke schön.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Nicht im- mer an den Knöpfen herumspielen!)

Herr Präsident! Herr Minister Reul, während wir die Scherben zusammenkehren müssen, hat der Ministerpräsident eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach er sich mit den Umweltverbänden und den Gewerkschaften trifft, um über die Umsetzung der Kohlekommission zu sprechen.

Wir sprechen über einen gesellschaftspolitischen Konflikt.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Frage!)

Bereits im vergangenen Jahr haben wir darauf hingewiesen – nicht im Innenausschuss, sondern im Bau- bzw. Kommunalausschuss –, dass man gesellschaftspolitische Konflikte nicht mit dem Baurecht lösen darf. Daraufhin haben wir in aller Schärfe sowohl vom Staatssekretär als auch von der Ministerin immer wieder gehört,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Frage!)

das alles habe nichts mit der Rodung zu tun.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Frage!)

Sie selbst haben jetzt aber mehrfach eingeräumt, dass es natürlich zur Vorbereitung so gewesen ist. Deshalb frage ich Sie, Herr Minister Reul: Wie wollen Sie mit dem Glaubwürdigkeitsproblem umgehen, das für die Landesregierung durch Ihre widersprüchlichen und falschen Aussagen entstanden ist, was Sie

selbst gegenüber dem WDR auch eingeräumt haben?

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Ich habe heute mehrfach vorgetragen, was in der Kommunikation das Problem darstellt. Das MHKBG ist für die Bauordnung zuständig und hat sauber nach rechtlichen Gesetzmäßigkeiten bewertet. Das Innenministerium ist für innere Sicherheit zuständig und hat sauber im Sinne der Gefahrenabwehr bewertet. Das ist relativ klar und eindeutig.

Deswegen hatte die Räumung der Baumhäuser rechtlich nichts mit der Rodung zu tun. Das eine ist der Vorgang des Baurechts. Die Ministerin hat das eben sehr ausführlich geschildert.

Und das andere ist der Sachverhalt, der seit Anfang des Jahres schon bei der Polizei diskutiert worden ist, weil die Herausforderung einer Rodung bevorstand. Man musste die Frage beantworten, welche Rechtsgrundlage vorhanden ist, um proaktiv tätig werden zu können, damit den Menschen im Wald – auch der Polizei und den Mitarbeitern – nichts passiert. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.

Insofern ist das gar nicht kompliziert. Das ist auch kein Widerspruch, überhaupt nicht.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Mostofizadeh, grüne Fraktion, stellt eine Frage. Bitte.

Herr Präsident, vielen Dank. – Ich stelle die Frage an beide. Vielleicht kurz vorweg: Ich habe auch in die Akten schauen dürfen. Ich habe jetzt verstanden, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat und dass es ein rein zufälliges zeitliches Zusammenfallen ist, dass man wenige Tage vor der Rodung das Baurecht entdeckt.

Jetzt gehe ich in das neue Jahr. Frau Ministerin hat eben erklärt, dass sie am Anfang des Jahres in der zweiten Kalenderwoche – so habe ich sie zumindest verstanden – eine anstehende Räumung abgesagt hat.

Deswegen interessiert mich eine Mail vom

25.02.2019 von 13:07 Uhr, in der ein Mitarbeiter Ihres Hauses – ich brauche jetzt keinen Namen zu nennen – von einer Mail an Sie und den Staatssekretär von der Abteilungsleiterin Dr. Lesmeister berichtet. In dieser Mail bittet Frau Dr. Lesmeister um größtmögliche Vertraulichkeit. Sie macht in dieser Mail einige

Vorschläge. Es gibt einen detaillierten Anhang, wie dieser Vorschlag ausgesehen hat.

Ich möchte Sie gerne an ein paar Punkten teilhaben lassen, weil das für die Beantwortung der Frage wichtig ist. Frau Dr. Lesmeister macht den Vorschlag, dass einerseits die Bäume mit Draht ummantelt werden. Es wird in der Mail ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht Natodraht oder Stacheldraht ist, sondern nur Maschendraht. Des Weiteren schlägt sie vor, dass vom 04.03.2019 bis Mai 2019 dann eine Räumung sukzessive stattfinden kann.

Sie macht in ihrer Mail aber noch Weiteres. Sie schlägt auch eine Kommunikation vor. Es wird vorgeschlagen, in der Kommunikation zu sagen, dass jetzt wieder Gefahr für Leib und Leben bestehe. Der Staat dürfe nicht wegsehen, soll kommuniziert werden. Viele Bäume müssten weichen, da Schneisen für Hubräume geschlagen werden müssten – und der Wald werde von den Besetzern ja nicht in Ruhe gelassen. Hier kann es laut Frau Lesmeister in der Kommunikation nicht um Klimaschutz gehen, sondern dieser sei nur vorgeschoben.

Dann soll weiter argumentiert werden: Laut Einschätzung des Polizeipräsidiums Aachen halten sich durchgehend rund 15 richtige Straftäter im Hambacher Forst auf.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Noch keine Frage!)

Vom Zulauf von außen erfolgt der größere Teil nur bei anstehenden Räumungen. – Das werden Sie gleich verstehen; vielleicht auch nicht; aber ich werde es verstehen. – Diese Straftäter müssen mit allen Mitteln in Haft gebracht werden, und der Einsatzkommission Hambach sollen fünf weitere Stellen zugewiesen werden.

Jetzt kommt noch ein interessanter Teil. Der Mitarbeiter erläutert dann auch noch, warum Frau Dr. Lesmeister diesen Vorschlag macht: Es sollte ein pragmatischer Ansatz sein, damit es trotz Aussagen aus der sogenannten Kohlekommission nicht wieder zu einem großen und konzentrierten Räumungs- und Beseitigungsansatz en bloc kommen muss, sondern vielmehr sukzessive nach der Ummantelung der Bäume vorgegangen werden kann.

Herr Minister oder Frau Ministerin, ich würde gerne wissen, auf wessen Veranlassung hin Frau Dr. Lesmeister hier tätig geworden ist.

Auf meine. Ich will es Ihnen auch erklären. Das Dilemma, das alle von allen Seiten beschreiben und wo uns alle sagen, dass das schlimm und schwierig ist, ist einerseits die klare Rechtslage und andererseits die politische Situation, dass es einen Kohlekompromiss gibt, dass die Verhandlungen kurz vor dem Ende stehen. Das war permanent das Problem. Da gehen Sie ja auch

genüsslich immer rein, dass da eine Frage im Raum steht.

Ich hatte gebeten, darüber nachzudenken, ob es nicht einen Weg gibt, wie man diese große Räumung nicht macht, aber umgekehrt auf der anderen Seite auch nicht tatenlos ist.

Da wurde diese Idee geboren, ob man möglicherweise nicht das Baurecht auch dadurch sichern kann, dass man die Bäume durch die Ummantelung mit Draht davor bewahrt, dass da Menschen raufsteigen. Wenn keiner raufsteigt, kann keiner runterfallen; dann besteht keine Gefahr. Ich fand das eine sehr intelligente Idee. Sie ist übrigens nicht auf meinen Mist gewachsen, sondern wurde breiter vorgetragen. Die Idee war: Kann man auf diese Art und Weise nicht den Wald befrieden, bis der Tag kommt?