Protokoll der Sitzung vom 09.10.2019

Danke, Herr Abgeordneter Wagner. – Weitere Wortmeldungen liegen in der Aussprache zur Aktuellen Stunde nicht vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Gesetz zur Stärkung der kulturellen Funktion

der öffentlichen Bibliotheken und ihrer Öffnung am Sonntag (Bibliotheksstärkungsge- setz)

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 17/5637

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien Drucksache 17/7513

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Abgeordneter hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Petelkau das Wort.

(Der Abgeordnete befindet sich nicht im Saal.)

Herr Petelkau ist nicht da. Sind Sie damit einverstanden, dass wir dann mit Herrn Kollegen Bialas von der SPD-Fraktion fortfahren? – Ihn habe ich zumindest gesehen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Aber selbstverständ- lich!)

Damit hat Herr Kollege Bialas das Wort. – Manchmal ist eine Debatte viel eher beendet, als die ursprüngliche Termin- und Zeitplanung es vorsah.

Wenn die CDU schon freundlich nickt, dass ich vor dem Antragsteller reden darf, mache ich das selbstverständlich gerne.

Die Ruhe am Sonntag ist für Arbeiterinnen und Arbeiter ein sehr hohes Gut. Das Grundgesetz schützt den Sonntag. Ausnahmen diesbezüglich regelt der Bund in einem Sonn- und Feiertagsgesetz. Darin sind Aktivitäten und unterstützende Aktivitäten für Sport und Freizeit, Theater, Museen, Kinos, Gaststätten etc. vorgesehen. Ausnahmen regelt auch das Land.

Bisher waren hier die Bibliotheken nicht eingeschlossen – wobei das nicht ganz richtig ist: Wir können Bibliotheken öffnen und dort Kaffee anbieten und Wachpersonal hinstellen; wir können am Sonntag aber keine Bibliotheksfachkraft vor Ort arbeiten lassen. Der vorliegende Gesetzentwurf ändert dies.

Dass Bibliotheken auch am Sonntag geöffnet werden und dort auch Fachkräfte arbeiten können, ist übrigens schon seit Jahren eine Forderung des Bibliotheksverbandes.

Auch die Interessensvertretung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare fordert dies also schon seit Langem, und zwar, weil Bibliotheken sich doch häufig von dem Bild von Bibliotheken unterscheiden, das manche noch im Kopf haben. Sie haben sich in den letzten Jahren immens geändert.

Es gibt einen Passus vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags, der im Grundsatz zu dem entsprechenden Artikel im Grundgesetz sagt:

„Er sichert mit seinem Schutz eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeit des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und ist damit auch Garant für die Wahrnehmung von Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen.“

Wenn das das Ziel des Sonntags ist und die Bibliotheken gerade Einrichtungen sind, die dies ermöglicht, stehen wir in einem Widerspruch, den wir auflösen sollten, was wir nun auch tun.

Das heißt, die Bibliotheken sind Orte der Rekreationsmöglichkeiten und des Zusammenlebens. Ich habe es übrigens schon immer so verstanden, dass das auf Bibliotheken eher zutrifft als zum Beispiel auf Spielotheken oder Ähnliches, die ohne Probleme am Sonntag geöffnet haben können.

Bibliotheken sind aber auch Orte der Bildung, und zwar gerade am Sonntag auch in Zeiten, zu denen die ganze Familie daran teilhaben kann und nicht nur Einzelpersonen. Wenn also Familien zusammenkommen und das Buch und Bildung eine Rolle spielen, ist das äußerst zu begrüßen.

Wer in letzter Zeit noch nicht in einer Bibliothek war, sollte dies einmal in einer Zeit nachholen, zu der mehrere frei haben. Bibliotheken sind also im Grunde genommen Freizeitparks für den Kopf.

Gerechtfertigt wird die Öffnung am Sonntag also dann, wenn besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung eine Rolle spielen. Das ist hier meiner Meinung nach der Fall. Insofern begrüßen wir dieses Gesetz und werden ihm gleich auch zustimmen.

Natürlich kann ich nicht verhehlen – und das ist auch richtig so –, dass die SPD diesbezüglich sehr kontrovers diskutiert, weil es hier natürlich auch um die Arbeitsrechte der Bibliothekarinnen und Bibliothekare geht.

Wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt, die dem Gesetzesvorhaben insgesamt wohlwollend gegenüberstand. Sie hat uns aber durchaus auch Aufgaben mitgegeben. Auch wenn wir das Gesetz heute verabschieden, heißt das also nicht, dass wir nicht noch vor Herausforderungen stehen.

Das gilt gerade für die Frage der Ausgestaltung der Umsetzung, denn dieser besondere Nutzen am Sonntag muss immer eine Rolle spielen und real nachgewiesen werden.

Außerdem ist finanzielle Unterstützung auch des Landes nötig, weil die öffentlichen Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft häufig nicht unbedingt die reichsten Einrichtungen sind. Wenn jetzt zusätzliche Öffnungszeiten angeboten werden, entstehen natürlich auch entsprechende Problematiken.

Wir sollten möglichst allen Kommunen in diesem Land diese Möglichkeit geben, damit wir in der kommunalen Landschaft nicht nur einzelne Punkte haben, wo man es sich gerade leisten kann.

Bibliotheken sind soziale Orte, Bildungsorte, Kulturorte. Halbmodern würden wir sagen: Sie sind Dritte Orte. – Das ist richtig so. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Jetzt hat der Abgeordnete Petelkau für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen Bibliotheken als Begegnungsorte attraktiver machen. Das ist der Hintergrund unserer Gesetzesinitiative.

Mit dieser Initiative ermöglichen wir die Öffnung der öffentlichen Bibliotheken auch an Sonn- und Feiertagen. Bislang müssen Bibliotheken anders als andere kulturelle und freizeitliche Einrichtungen an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben. Mit dem Bibliotheksstärkungsgesetz kann jede Bibliothek selbst entscheiden, ob die Sonntagsöffnung für sie infrage kommt oder nicht.

Man könnte vermuten, dass Bibliotheken als physische Räume überflüssig werden, so die Befürchtung einiger Bibliotheksverbände und vieler Literaturliebhaber. Aber oder vielleicht auch gerade in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung möchten sich Menschen nach wie vor begegnen. Mit unserem Gesetzentwurf tragen wir diesem Bedürfnis Rechnung.

Es bleibt wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Lebensumfeld öffentlich zugängliche Orte für den Informationsaustausch, den Informationszugang, das Lernen, die Begegnung und den Austausch finden.

Auch – das ist sicherlich in unserem Hause besonders wichtig – die staatsbürgerliche Bildung und die demokratische Willensbildung und Teilhabe sind wichtige Aspekte, die zu berücksichtigen sind.

Dieser Ansatz der kulturellen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger muss insbesondere im ländlichen Raum gestärkt werden. Dort sind Bibliotheken soziale und generationenübergreifende Treffpunkte für die Menschen, quasi ein öffentliches Wohnzimmer.

Es muss den Menschen möglich sein, dieses Wohnzimmer gerade dann aufzusuchen, wenn sie familiär die Möglichkeit haben, dieses zu nutzen, und das sind in einer Arbeitsgesellschaft nun einmal besonders die Sonn- und Feiertage.

Diese Plätze der Begegnung, die neben der privaten Wohnung einerseits und der Schule und dem Arbeitsplatz andererseits auch als Dritte Orte bezeichnet werden, sind für eine Gesellschaft und das Zusammenleben der Menschen in ihren Städten und Gemeinden zentral.

Deshalb sind die Bibliotheken – es ist wichtig, das einmal zu betonen – viel mehr als Archive und staubige Lagerstätten, wie sie oft verschrien sind. Vielmehr laden sie Menschen ein, auf der Suche nach Information und Medien zu verweilen, sich vielfältig anregen zu lassen und einander zu begegnen.

Unsere Bibliotheken sind Treffpunkte für Jugendliche. Es werden Veranstaltungen für Familien mit Kindern und für ältere Menschen angeboten. Wo sonst trifft man sich niederschwellig und spontan, wenn nicht auf öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Einrichtungen, wie es die Bibliotheken, Museen und Volkshochschulen sind? Wir begrüßen und fördern diese wichtigen Erfahrungen nicht kommerzieller Geselligkeit und des sozialen Austauschs.

Neben ihrer Informationsfunktion haben öffentliche Bibliotheken aber auch einen Bildungsauftrag. Sie sind Bildungseinrichtungen der Leseförderung und Medienkompetenz. Sie wirken gesellschaftlich integrativ auch hinsichtlich der Besucherinnen und Besucher mit Migrationshintergrund. Das ist ein besonders wichtiger Aspekt.

Öffentliche Bibliotheken sind mit ihren Medienangeboten und Veranstaltungen vor allem aber auch Kulturorte. Es gibt Lesungen, Theater, Vorträge, Spielnachmittage. Kultur öffnet neue Horizonte. Kultur ist vielfach der Kitt unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir diese wichtigen Kulturorte, an denen sich Gesellschaft ihrer selbst bewusst wird, fördern.

Wir schaffen daher die Möglichkeit, neue Potenziale aufzuzeigen und die Vorteile für die Nutzerinnen und Nutzer offensichtlich zu machen, die innerhalb der Woche keine Zeit haben, diese Orte aufzusuchen.

Durch die Beschränkung auf sechs zusätzliche Stunden an einem Sonntag stellen wir sicher, dass auf die Sonntagsruhe nicht gänzlich verzichtet wird, dass weiterhin die Gelegenheit zum Besuch von Gottesdiensten und Ähnlichem besteht.

Mit unserem Bibliotheksstärkungsgesetz wollen wir einerseits Rechtssicherheit schaffen, andererseits aber auch neue Potenziale und neue Spielräume bieten.

Ich freue mich, dass wir in den bisherigen Beratungen – sowohl in der Sachverständigenanhörung als auch in der Beratung im Ausschuss – eine breite Zustimmung gefunden haben und möchte mich für die konstruktive Zusammenarbeit bei den anderen Fraktionen recht herzlich dafür bedanken, dass wir hier

gemeinsam ein wichtiges neues Projekt für den Kulturstandort Nordrhein-Westfalen auf den Weg bringen.

Wir fördern mit diesen und weiteren Orten des Austauschs und der kulturellen Bildung den gesamten Kulturstandort NRW. Deshalb freue ich mich, dass Sie heute zustimmen werden. – Herzlichen Dank.