Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Dies macht auch der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen deutlich. Ein erheblicher Teil richtet sich nämlich an die Wissenschaft selbst und nicht an die Politik. Der Bericht definiert – mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich –:

„Dabei sollten Bund und Länder insbesondere Selbstorganisationsprozesse des Forschungsfeldes unterstützen.“

Genau das machen wir hier in NRW. Durch die Novellierung des Hochschulgesetzes haben wir es auch noch einmal gestärkt.

Hinzu kommt, dass Ihre Forderungen sehr allgemein und unspezifisch sind. Es fehlt an konkreten Zahlen, Zeiträumen und Maßnahmen. Sie vermengen auch unterschiedliche Zuständigkeiten und Ebenen.

Wir als NRW-Koalition sind der Meinung, dass auch das eigenständige Thema des Gaststaatgesetzes für sich behandelt werden muss.

Wir begrüßen die Idee der Fraktion der CDU, Expertinnen und Experten in den Ausschuss einzuladen, und werden deshalb der Ausschussüberweisung zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beihl. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Seifen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sehr der linksideologische Zeitgeist rot-grüner Provenienz die Ausrichtung der Wissenschaft prägen kann, sehen wir aktuell in ihren sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern am Boom der sogenannten Genderforschung.

Die deutschsprachigen Länder leisten sich derzeit an die 250 Lehrstühle und Zentren für Gender Studies, einschließlich der neuen Fachrichtung innerhalb der Genderforschung, der Porn Studies. Ja, Sie hören recht: der Pornografie-Studien. – So viel an dieser Stelle zum Zustand eines einstmals führenden Wissenschafts- und Industrielandes.

Eine Generation zuvor – im Gefolge der von den Grünen angeführten Proteste gegen die NATONachrüstung und des Aufkommens der Friedensbewegung in der 80er-Jahren – entstanden an den Universitäten eine Reihe von Instituten, die sich mit dem Thema der innen- und außenpolitischen Ursachen internationaler Konflikte befassten. – So weit, so gut.

Zeitgleich mit der Gründung eines der ersten unter ihnen, des Bonn International Center for Conversion, im April 1994, mussten wir in Zentralafrika den größten ethnisch begründeten Völkermord nach 1945 erleben. Innerhalb von drei Monaten wurden in Ruanda schätzungsweise 800.000 Menschen aus der Volksgruppe der Tutsi von der aufgehetzten Mehrheit der Hutu hingemetzelt. Die Tragödie in Ruanda leitete zugleich Wasser auf die Mühlen der Vertreter der

neuen Fachrichtung. Das Thema erhielt auf diese traurige Weise wissenschaftliche Konjunktur.

Seitdem sind zahlreiche weitere blutige innenpolitische Konflikte auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft entstanden.

Ich erinnere nur an den jugoslawischen Bürgerkrieg, an den Libyen-Krieg 2011, an den 2014 begonnenen Krieg in der Ostukraine und an den syrischen Bürgerkrieg, der uns in seinen Folgen bis heute beschäftigt.

Dies waren stets innere Konflikte, die von äußeren Mächten angeheizt wurden – leider immer wieder auch von westlichen Staaten. Auch die Bundesregierung spielte dabei, um es vorsichtig zu sagen, nicht immer die glücklichste Rolle.

Wie viel oder vielleicht eher wie wenig die Friedensforschung dazu beitragen konnte, die Ursachen dieser Konflikte zu erforschen und Einfluss auf die Haltung der deutschen Politik zu nehmen, entzieht sich natürlich hier unserer Bewertung. Es wäre nur schön gewesen, wenn es so wäre.

Festzuhalten ist aber, dass die Ergebnisse dieses Forschungszweigs ganz offenkundig in den Zuständigkeitsbereich der Sicherheits- und Außenpolitik des Bundes fallen und somit nicht viel mit Ländersache zu tun haben.

Auf die Zuständigkeit des Bundes nimmt auch das von den grünen Antragstellern bemühte Gutachten des Wissenschaftsrates Bezug. Dort heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„Der Bund, der die Beratungsleistungen dieses Forschungsfelds intensiv in Anspruch nimmt, sollte hierbei mit einer zeitlich befristeten Fördermaßnahme unterstützend tätig werden.“

Zwar sollten auch die Bundesländer prüfen – so heißt es in dem Gutachten weiter –,

„ob sie regionale Kooperationen der Friedens- und Konfliktforschung durch komplementäre Programme weiter stärken können.“

Ein Forderungskatalog wie in dem hier vorliegenden Antrag der Grünen geht über die Stellungnahme des Wissenschaftsrates aber weit hinaus.

Es ist schon einmal gar nicht so, dass, wie von den Antragstellern suggeriert, der zunehmenden Anzahl internationaler Konflikte am besten durch eine zunehmende Stellenzahl im Bereich der Friedensforschung beizukommen wäre.

Es wäre schön, wenn das gelänge. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Leider Gottes ist Forschung nicht das geeignete Mittel, um gewaltbereiten Menschen Einhalt gebieten zu können. Da kann ich nur sagen: Oh himmlische Einfalt! Wenn die Dinge doch bloß so einfach liegen würden!

Nicht einmal die innerstaatliche Gewalt in unserem Land konnte von den Friedens- und Konfliktforschern minimiert werden. Vergewaltigungen, Messerstechereien und bald wieder verpollerte Weihnachtsmärkte gehören trotz Konfliktforschung zu unserem so tollen linksideologisch gestalteten Leben der Vielfalt und Buntheit.

(Dietmar Bell [SPD]: Haben Sie Angst?)

Aufgrund dieser gefährlichen Naivität ist es schließlich nicht weiter verwunderlich, dass das Verhalten global tätiger Akteure den Grünen als – Zitat – „unberechenbar“ erscheint.

Die Regierungen anderer Länder halten sich hingegen noch an das, was auch in unserem Grundgesetz steht, nämlich an das Wohl des eigenen Volkes. Dem allein fühlen wir uns verpflichtet – und nicht der träumerischen grünen Weltrettung.

Wir werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. Aber selbstverständlich freuen wir uns auf die Diskussion im Wissenschaftsausschuss. Vielleicht trägt diese Diskussion dazu bei, Sie in Ihren Vorstellungen möglichst dahin zu lenken und Sie von Ihrer traumseligen Vorstellung einer friedlichen Welt, in der das Schaf beim Löwen weidet, abzulenken. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seifen. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin PfeifferPoensgen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Deutlich ist, dass doch die große Mehrheit dieses Hauses unstreitig davon überzeugt ist, dass das interdisziplinäre Forschungsfeld Friedens- und Konfliktforschung von großer Bedeutung ist, um Ursachen und Folgen von gewaltsamen Konflikten sowie Mechanismen der dauerhaften Stabilisierung von Frieden zu verstehen und dann entsprechend zu handeln.

Das, Herr Seifen, ist nämlich der Sinn der Forschung in diesem Feld.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD] – Gegenruf von Dietmar Bell [SPD]: Herr Seifen, immer Panzer rollen!)

Der vorgelegte Antrag beruft sich nun auf die umfassende Evaluation des Forschungsfeldes Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland durch den Wissenschaftsrat. Im Wesentlichen stellt das Gutachten des Wissenschaftsrates fest,

(Dietmar Bell [SPD]: Panzerforschung!)

dass dieser wichtige Forschungsbereich bundesweit insgesamt gut aufgestellt ist.

Wir müssen konstatieren – das sage ich hier dann auch einmal –, dass die großen Player in diesem Feld seit Langem die sehr angesehenen Institute in Hamburg und Darmstadt sind.

Bezogen auf das Land Nordrhein-Westfalen möchte ich die Leistungsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Forschungseinrichtungen, unterstützt durch Förderimpulse des Landes, ausdrücklich betonen. Exemplarisch seien genannt – Herr Schultheis hatte es schon angeführt – das Bonn International Center for Conversion, das als außeruniversitäre Forschungseinrichtung des Landes gemeinsam mit Brandenburg sehr erfolgreich ist und erst vor Kurzem sein 25-jähriges Bestehen feierte. Vom Land Nordrhein-Westfalen wird es jährlich mit 1 Million Euro unterstützt.

Das Ministerium seinerseits fördert – und das auch schon seit einer ganzen Weile – im Bereich der Gesellschaftswissenschaften elf Forschungsprojekte im Bereich „Flucht und Integration“.

Die Hochschulen setzen eigene Schwerpunkte, zum Beispiel an der Universität Duisburg-Essen – das wurde eben auch erwähnt – das Institut für Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik oder an der Universität Bonn das Zentrum für Entwicklungsforschung; alles Themenbereiche, die unter diesen Oberbegriff fallen.

Das BICC und das INEF, wie man sie abkürzt, sind zudem – das ist auch ein sehr wichtiger Hinweis – an der Herausgabe des seit 1987 jährlich erscheinenden Friedensgutachtens beteiligt, das aktuelle Gewaltkonflikte analysiert und Handlungsempfehlungen gibt.

Selbstverständlich gilt es, bei der Weiterentwicklung dieser Bereiche auch die Handlungsempfehlungen des Wissenschaftsrates zu berücksichtigen.

Allerdings ist der vorliegende Antrag, wenn es darum gehen soll, die Empfehlungen des Wissenschaftsrates für das Land Nordrhein-Westfalen nutzbar zu machen, insgesamt nicht wirklich zielführend. Denn zu beachten ist, dass die wesentlichen Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Friedens- und Konfliktforschung den Bund betreffen.

Der Wissenschaftsrat empfiehlt der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag beispielsweise, die finanzielle Ausstattung der Deutschen Stiftung Friedensforschung durch eine angemessene Aufstockung des Stiftungskapitals zu verbessern. Wenn der Bundestag das macht, schlägt es sich natürlich auch in einer verbesserten Forschungsförderung positiv für nordrhein-westfälische Einrichtungen nieder, die sich dann dort bewerben können.

Um die Stiftung Entwicklung und Frieden, kurz SEF, deren Unterstützung der Antrag fordert, geht es allerdings bei den Empfehlungen des Wissenschaftsrats nicht. Das beruht offensichtlich auf einem Missverständnis.

Die an die Länder gerichteten Empfehlungen zum Beispiel in Bezug auf Grundausstattungen sind eher allgemein gehalten und auch nicht speziell für uns als Land Nordrhein-Westfalen ableitbar.

Im Übrigen ist es – das wissen Sie – eine zentrale Leitlinie der Wissenschaftspolitik der Landesregierung, dass die Hochschulen über ihre wissenschaftlichen Schwerpunktsetzungen autonom entscheiden. Die Stärke Nordrhein-Westfalens auf dem Feld der Friedens- und Konfliktforschung ist ein Beleg dafür, dass genau dieser Ansatz erfolgreich ist.

Sollte es in Einzelfällen doch einen Bedarf für weitere Schritte oder für Maßnahmen, die mögliche Bundesinitiativen flankieren, geben, werden wir uns das natürlich immer sehr genau ansehen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)