Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Wir sind der Auffassung gewesen, dass man dieser Personengruppe, diesen Menschen, die dort ihrer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen,

keine Steine in den Weg legen, sondern vielmehr alles dafür tun sollte, ihnen Steine aus dem Weg zu räumen.

Ein Stein, der da liegt, ist natürlich die Anrechnung der Arbeitszeit. Wir haben gesehen, dass es da Probleme gibt. Wir finden, die Initiative, die hier beschrieben wird, nämlich eine Verbesserung der Anrechnung der Zeiten außerhalb der Kernarbeitszeit – meine Kollegin Sonja Bongers hat das ja gerade ausgeführt –, wäre eine Hilfestellung und sollte Berücksichtigung finden bei der Ausübung dieses wichtigen Dienstes.

Insofern können wir der Landesregierung nur anraten, diesen Ball doch aufzunehmen, sie bitten, im Bundesrat initiativ zu werden, nicht länger darauf zu warten, dass es eine Einigung zwischen den Justizministerinnen und Justizministern gibt, sondern selber und womöglich auch auf der Landesebene eigenständig gesetzgeberisch aktiv zu werden.

Ich glaube, die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter haben es nicht nur verdient, sondern würden sich auch sehr freuen. Dann hätten wir wieder einen kleinen Stein beiseite geräumt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Engstfeld. – Bevor ich Herrn Kollegen Dr. Geerlings von der CDU-Fraktion das Wort und das Redepult freigebe, möchte ich mich beim Herrn Kollegen Engstfeld ganz herzlich für die charmante Art und Weise, in der er mich darauf hingewiesen hat, dass ich vielleicht noch etwas nachzuholen hätte, bedanken.

In der Tat, Sie haben es gemerkt: Ich habe gestutzt, als ich die Redeliste gesehen habe. Redeliste und aktuelle Tagesordnung, die Sie im Internet finden, stimmen überein. Es ist in der Tat mittlerweile aktuell ein gemeinsamer Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Deshalb für das Protokoll: Es handelt sich um den Antrag Drucksache 17/7760 in der Fassung des Neudrucks. Lediglich der Sprechzettel für die sitzungsleitenden Präsidentinnen und Präsidenten war nicht korrekt ausgefüllt. Ich bitte deshalb um Entschuldigung.

Herr Dr. Geerlings hat jetzt das Wort für die CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schon vor einem Monat, so beschäftigen wir uns heute auch wieder mit den ehrenamtlichen Richtern und ihrer Situation.

Rund 24.000 Menschen – das wurde Ihnen auch schon gesagt – arbeiten in unserem Bundesland als ehrenamtliche Richter, als Schöffen und Jugendschöffen, als Handelsrichter oder in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Tag für Tag engagieren sie sich. Sie wirken als Privatpersonen an der Rechtsprechung mit, vertreten dabei unsere Gesellschaft und sorgen dafür, dass die Rechtsprechung tatsächlich im Namen des Volkes ergeht.

Klar ist – ich denke, da sind wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg einig –, dass ehrenamtliche Richterinnen und Richter eine wichtige und wertvolle Arbeit leisten. Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet und sollten ihnen mit Wertschätzung begegnen.

Diese Wertschätzung sollte aber auch darin zum Ausdruck kommen, wie wir hier im Parlament mit den Belangen der ehrenamtlichen Richter umgehen. Wir sollten dies sachlich tun, gut vorbereitet und mit Sorgfalt.

Da muss ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD und – wie jetzt auch ergänzt – der Grünen, nun sagen, dass Ihr Antrag zum Thema „Richterräte“ im Oktober schon mangelhaft begründet war. Ich habe damals von einem Schnellschuss gesprochen. Ich finde, es ist heute nicht viel besser. Lassen Sie mich das an drei Punkten deutlich machen:

Erstens. Sie berufen sich auf Urteile des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Bundesarbeitsgerichts aus den Jahren 2009 und 2011, nach denen ehrenamtliche Richter nur diejenige Arbeitszeit, die in die Kernzeit fällt, als Arbeitszeit angerechnet bekommen, nicht aber die Stunden, die in die Gleitzeit fallen. Immerhin acht bzw. zehn Jahre nach diesen Urteilen greifen Sie das Thema auf – ein atemberaubendes Tempo.

Vor lauter Eile haben Sie aber vergessen, die praktischen Auswirkungen dieser Rechtsprechung zu erwähnen. Gibt es infolge der Urteile wirklich tatsächliche Probleme, und, wenn ja, wie sehen diese aus? In welchem Ausmaß treten sie auf? – Einen ausführlichen Nachweis bleiben Sie bislang schuldig. Der interessiert mich aber, wenn wir über die möglichen Maßnahmen sprechen.

Zweitens. Sie fordern eine Bundesratsinitiative. Zugleich weisen Sie aber darauf hin, dass die Justizminister der Länder sich in der Vergangenheit mehrfach mit der Thematik befassten, sich allerdings nicht auf eine Änderung der Rechtslage verständigen konnten. Glauben Sie, dass eine Bundesratsinitiative jetzt den Gordischen Knoten durchschlägt und den Durchbruch bringt? Oder soll das eine Kritik an der Bundesjustizministerin, die von der SPD gestellt wird, sein?

Drittens. Sie wollen die Landesregierung auffordern, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, sobald

es eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Landes gibt. Da frage ich mich: Was soll denn in diesem Gesetzentwurf stehen? In welche Richtung soll er gehen? – Vorschläge bleiben Sie auch hier schuldig, Ideen haben Sie da offenbar kaum.

Auch heute komme ich nicht daran vorbei, es deutlich zu sagen: Ihre Fraktionen bleiben mit ihrem Antrag im Ungefähren und liefern keine gute Begründung. Er soll vielleicht Wertschätzung und Unterstützung suggerieren – das können wir sicherlich unterstützen –, aber er bewirkt leider das genaue Gegenteil, weil die Antragsteller sich nicht vernünftig mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Vielleicht bessern Sie Ihren Antrag noch auf und überlegen sich für die Beratung im Ausschuss neue Ideen und Argumente.

(Sven Wolf [SPD]: Herr Dr. Geerlings, wie be- werten Sie dann den Bericht der Landesregie- rung zu diesem Thema? Der ist genauso dünn!)

Ja, schreien Sie ruhig, Herr Wolf. Das kennen wir von Ihnen, Argumente leider weniger.

Ich bin jedenfalls auf die Diskussion gespannt und freue mich darauf im Rechtsausschuss. Der Verweisung stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Geerlings. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Pfeil.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir befassen uns heute im Landtag mit einem Thema, das durch bundesgerichtliche Entscheidungen vor geraumer Zeit geklärt wurde und bei dem der Bundesgesetzgeber eigentlich tätig werden müsste, wenn eine andere Regelung gewünscht wird. Dies haben alle Vorredner eben schon erklärt und erkannt.

Worum es geht, wurde auch von den Vorrednern kurz dargestellt: Es geht um die Frage, ob die Anrechnung von Zeiten, die Bürgerinnen und Bürger für die Ausübung des Ehrenamts als ehrenamtliche Richterinnen und ehrenamtliche Richter aufwenden, in der Anerkennung geändert werden soll, wenn es sich um Teilzeitbeschäftigte handelt.

Das ist schwierig genug zu verstehen, wenn man kein Jurist ist. Wir sind uns in allem, wie eben schon die Vorredner gesagt haben, einig, dass es um ehrenamtliche Richterinnen und Richter geht und um die Stärkung des Ehrenamtes als solches.

Wo liegt also das Problem? – Das Problem liegt – das wurde auch schon genannt – in einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Januar 2009 und einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

In dem Urteil wurde festgestellt, dass aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Regelung nur die in die Kernzeit fallenden Stunden bei Gericht dem Arbeitszeitkonto als entschuldigtes Fehlen gutgeschrieben werden, also nicht die Stunden von Teilzeitbeschäftigten, die in die Gleitzeit fallen. Das ist das Problem des vorliegenden Antrags, um das es geht.

Das Bundesarbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass in Teilzeit tätige Personen versuchen können, ihre Tätigkeit möglichst außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass Gleitzeit gerade Vorteile bringe und daher die ehrenamtlichen Stunden nicht dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden können.

Einen Anspruch auf Zeitgutschrift für die Zeit der Tätigkeit als ehrenamtliche Richter und Richterinnen während der Gleitzeit scheitert daran, dass außerhalb der Kernarbeitszeit die Arbeitsbefreiung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. – Das möchte Frau Bongers ändern.

Dies wäre wünschenswert, zumal der Gesetzgeber zum 1. Januar 2005 bereits Änderungen gesetzlich vorgenommen hat, um die Situation ehrenamtlicher Richterinnen und Richter in der Arbeitswelt zu verbessern. Jedoch hat der Bundesgesetzgeber in den letzten zehn Jahren – darauf hat Herr Geerlings schon hingewiesen – nichts gemacht, denn so lange gibt es diese Rechtsprechung. Unternommen worden ist in dieser Zeit nichts.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber entschieden, dass zur Ausübung des Amts als ehrenamtlicher Richter Gleitzeit in Anspruch zu nehmen, nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Also liegt keine Verletzung des Benachteiligungsverbots vor, es liegt keine Leistungsstörung im Arbeitsrecht vor, es liegt keine Verletzung des Verbots der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten vor. All dies ist in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts nachzulesen.

Gleichwohl – da stimme ich wieder mit Frau Bongers überein – sollte man schauen, das Amt der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zu stärken, und dazu würde dies möglicherweise beitragen.

Ich bin deswegen gespannt, welche Gründe im Ausschuss vorgebracht werden, die bisher auf Bundesebene wohl nicht dazu geführt haben, dass man innerhalb der letzten zehn Jahre das Gesetz geändert hat.

Trotzdem möchte ich noch auf etwas hinweisen. Mich überrascht, dass wir uns gerade hier im Landtag damit beschäftigen, weil es ein Bundesthema ist.

Frau Bongers hat noch auf den zweiten Teil, die landesrechtliche Regelung, hingewiesen, aber seit zehn Jahren ist das Problem bekannt, und auch in den letzten Jahren, in denen das Bundesjustizministerium von der SPD geführt wird, ist nichts in dieser Hinsicht unternommen worden.

Wäre es nicht einfacher gewesen, die Kollegen der SPD auf Bundesebene einmal daraufhin anzusprechen und um eine Änderung genau dieser Vorschrift, die seit 2009 bekannt ist, zu bitten? Zumindest wäre es eine weitere Möglichkeit neben einer Änderung des Landesgesetzes. – Vielen Dank. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Pfeil. – Für die AfD spricht Herr Kollege Röckemann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne alle unsere fleißigen und aufopferungsvollen Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren, würde unser Land vermutlich zusammenbrechen.

Es ist ja schön, dass die geschätzten Kollegen von SPD und Grünen sich nun die ehrenamtlichen Richter als zu würdigende Gruppe besonders herausgesucht haben, doch damit ist es natürlich bei Weitem nicht getan.

Laut Bundesinnenministerium betätigen sich in Deutschland rund 31 Millionen Menschen in ihrer Freizeit ehrenamtlich. Allein das Deutsche Rote Kreuz geht von 17 Millionen Freiwilligen und Ehrenamtlichen aus.

Gerade aus den sozialen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens, aber auch aus den Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten und dem Katastrophenschutz sind Freiwillige und Ehrenamtliche hierzulande nicht mehr wegzudenken. Viele gemeinnützige und wohltätige Einrichtungen wie Caritas und Diakonie, aber auch Sportvereine und die Jugendarbeit würden ohne sie in ihrer heutigen Form nicht mehr existieren.

Ohne unsere ehrenamtlichen Richter wäre unser Rechtssystem, das Sie, meine Damen und Herren Kollegen von den alten Parteien, an die Grenzen der Funktionsfähigkeit kaputtgespart haben, wohl schon längst zusammengebrochen.

Die AfD steht voll und ganz hinter Freiwilligen und Ehrenamtlichen. Sie sind die wahren Helden unserer Zeit, und sie vergegenwärtigen uns: Trotz der Ellbogengesellschaft, trotz der gewaltigen Erwerbszwänge, denen sich die Menschen in unserem Land

wegen der ihnen aufgezwungenen massiven Steuerlasten ausgesetzt sehen, und trotz der antisozialen und auf die Zerstörung des Wir-Gefühls abzielenden Politik der Kartellparteien ist das Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl des deutschen Volks noch nicht erloschen.

Viele unserer Mitbürger sehen sogar im Ehrenamt ihre eigentliche Lebensaufgabe und finden im Dienst am anderen ihre Erfüllung. Dabei ist jedoch auch die ökonomische Bedeutung des Ehrenamts kaum genug einzuschätzen.