Protokoll der Sitzung vom 15.11.2019

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, liebe Kolleginnen und Kollegen. Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/7791, den Gesetzentwurf abzulehnen. Die Abstimmung führen wir daher über den Gesetzentwurf selbst und nicht über die Beschlussempfehlung durch.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPDFraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und AfD sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Langguth und Neppe. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Gesetzentwurf Drucksa

che 17/5620 mit dem soeben festgestellten Abstimmungsergebnis in zweiter Lesung abgelehnt worden.

Ich rufe auf:

3 Transparenz in der kommunalen Demokratie

stärken – Beratungen von Räten und Kreistagen digital veröffentlichen!

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/7743

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion Herr Kollege Tritschler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus gutem Grund sind die Debatten unserer Parlamente weitestgehend öffentlich. Nur wenn das Volk die Gelegenheit hat, seinen Vertretern auf die Finger zu schauen, kann eine Demokratie wirklich funktionieren.

Das vergangene Jahrhundert und das Aufkommen elektronischer Medien hat diese Kontrollfunktion nochmals auf eine neue Ebene gehoben. 1953 wurde erstmals eine Sitzung des Deutschen Bundestages im Fernsehen übertragen. Seither ist der direkte Blick in die Parlamente nicht mehr wegzudenken. Waren es früher noch einige ausgewählte Sitzungen, die übertragen wurden, so ist es seit dem Start des Senders „Phoenix“ 1997 und dem Aufkommen von Videoübertragungen im Internet den Bürgern unseres Landes möglich, sich ein nahezu lückenloses Bild von der Arbeit ihrer Volksvertreter zu machen.

Das gilt aber leider nur auf Bundes- und Landesebene. Die kommunalen Parlamente, also genau da, wo häufig die Entscheidungen getroffen werden, die die Bürger besonders bewegen, tagen nach wie vor weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Von 53 Kreisen und kreisfreien Städten in NordrheinWestfalen haben nur acht einen Livestream oder ein vergleichbares Angebot. Wer also berufstätig ist und keine Gelegenheit hat, Stunden seiner Arbeitszeit auf einer Besuchertribüne zu verbringen, hat kaum eine Möglichkeit, seinen Vertretern bei der Arbeit zuzuschauen.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, das sei genau so gewollt. Das Leben ist doch viel einfacher, wenn man unter sich ist.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Mit einer kritischen Presse müssen die Lokalpolitiker in vielen Kommunen auch nicht mehr rechnen. Häufig gibt es nur noch eine Lokalzeitung, und nicht selten ist man dort eng mit dem Establishment verbandelt. Und so vertrocknet das, was für eine lebendige Demokratie unerlässlich ist: Streit, Wettbewerb und öffentlicher Diskurs.

Wenn man dann aber versucht, etwas Licht in das Dunkel der Rathäuser zu bringen, verspürt man schnell den heiligen Zorn derjenigen, die am liebsten weiter im Geheimen vor sich hinwursteln würden. So ist es mir zum Beispiel selbst gegangen, als ich Videomitschnitte meiner eigenen Reden im Kölner Rat veröffentlicht habe. Wenige Wochen später bekam ich eine Abmahnung von Frau Reker, dieser Persiflage auf eine Oberbürgermeisterin.

(Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN)

Sie ist auch aus irgendwelchen Gründen der Auffassung, sie habe das Urheberrecht an meinen Reden und hat sogar einen Anwalt auf Steuerzahlerkosten gefunden, der diese gewagte Rechtsauffassung vertritt. Die Wahrheit ist natürlich eine ganz andere. Wie vielerorts bleibt man auch im Kölner Rat gerne unter sich, besonders dann, wenn man wie ein Rudel Wilde missliebige Wettbewerber niederbrüllt. So etwas sieht man dann natürlich ungerne im Internet.

Dieser Zustand ist aber nicht nur unserer Demokratie unwürdig, er ist auch ein schlechter Witz in einem Bundesland, das sich ständig als Vorreiter der Digitalisierung feiert.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Wir möchten mit unserem Vorstoß die kommunale Demokratie im Lande beleben und fit für das digitale Zeitalter machen.

(Beifall von der AfD)

Schon heute gibt es Vorreiterkommunen, die ihre Rats- bzw. Kreistagssitzungen im Netz übertragen. Das geht mit verhältnismäßig geringem Aufwand und würde niemanden über Gebühr belasten.

Vonseiten des Landes möchten wir ein einheitliches Portal bereitstellen, das allen Kommunen als Plattform für diese Livestreams und ihre Mediatheken bereitsteht, und das ohne selbst kommerzielle Interessen zu verfolgen. Dort sollen zukünftig auch der Landtag und andere öffentliche Stellen die Möglichkeit haben, ihre Videos zu veröffentlichen.

Meine Damen und Herren, Sie haben wieder mal die Chance, Ihren warmen Worten auch Taten folgen zu lassen. Machen Sie NRW zum Musterland der Demokratie und zum Vorreiter der Digitalisierung und folgen Sie unserem Antrag! – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Herr Kollege Tritschler, aufgrund der Formulierung, die Sie im Zusammenhang mit der Oberbürgermeisterin in Köln gewählt haben, spreche ich Ihnen eine nichtförmliche Rüge aus.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Sieveke jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Herr Tritschler, Sie spiegeln doch hier ein Zerrbild der Wirklichkeit der Kommunalparlamente wider. Das ist doch Quatsch, absoluter Quatsch.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ganz ehrlich. – Aber dieses vor uns liegende Thema ist in den letzten Jahren in nahezu jedem Kommunalparlament schon besprochen worden, sei es in öffentlicher Debatte, auf Antrag einer Fraktion oder in Gesprächen zwischen Fraktionen, engagierten Kommunalpolitikern des gesamten Parteispektrums. Mir jedenfalls ist die Diskussion aus meiner Zeit im Rat der Stadt Paderborn noch gut in Erinnerung.

Dass wir hier im Hohen Haus parteiübergreifend die Bedeutung der Digitalisierung, der sozialen Medien und insbesondere des bewegten Bildes kennen und im Blick auf die Förderung von politischen Interessen und politischer Beteiligung gerade junger Menschen sehr schätzen, ist mit Sicherheit unumstritten.

Daher finde ich es auch sehr schade und überhaupt nicht angebracht seitens der antragstellenden AfDFraktion, dass Sie bei diesem Thema von einem unwürdigen Zustand unseres Bundeslandes sprechen. Was mich aber wirklich ärgert, ist Ihre negative Wertzuschreibung hinsichtlich der Tribünenplätze in unseren Rat- und Kreishäusern in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich glaube eben nicht, dass sich Bürgerinnen und Bürger dorthin unzeitgemäß verwiesen fühlen. Das ist einfach Quatsch.

(Widerspruch von der AfD)

Sie sprechen überhaupt nicht mit den Menschen. Sie sprechen mit Ihren Leuten. Sie sprechen überhaupt nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern, die das anders sehen. Sie wollen nämlich die Menschen …

(Widerspruch von der AfD)

Sie haben eben gesagt, es gibt Leute, die müssen arbeiten und können nicht zu einer Ratssitzung. Wie sollen die sich dann ein Video anschauen oder den

Livestream verfolgen, die müssen doch arbeiten? Ich verstehe unter Arbeiten arbeiten und nicht die ganze Zeit fernsehen.

(Zuruf von der AfD: Mediathek!)

Mediathek? – Wissen Sie, das Entscheidende ist: Sie verstehen Kommunalparlamente gar nicht.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Sie verstehen gar nicht, dass ein Kommunalparlament ein Ehrenamt ist. Viele Tausende von Rats- und Kreistagsvertreterinnen und -vertretern machen sich tagtäglich auf für die, die auch arbeiten und die ein Recht an ihrem eigenen Bild und an ihrer eigenen Rede haben. Sie wissen sehr wohl, dass sie auf ihr Recht vertrauen können, dem zu widersprechen.

Worin ich Ihnen recht gebe, ist, dass zumindest in größeren Kommunen und Landkreisen die Frage der Bezahlbarkeit weitgehender digitaler Dokumentation kommunaler Gremienarbeit überschaubar sein kann. Gute Technik hat ihren Preis. Aber wir sprechen tatsächlich nicht von unübersehbaren oder nicht beherrschbaren Kosten. Das ist aber auch nicht der entscheidende Punkt.

Sie wissen, dass die Einvernehmlichkeit der Rats- und Kreistagsmitglieder bei diesem Thema entscheidend ist. Bei aller Sympathie für digitale Ansätze auch auf der kommunalen Ebene und damit auch für das Livestreaming oder das Online-Bereitstellen archivierter Beiträge: Die Entscheidung gehört in die Rathäuser und Kreishäuser und nicht hier in dieses Parlament.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

Ich sage Ihnen ganz deutlich, dass wir die kommunale Demokratie im Vergleich zu Ihnen vor allem dadurch stärken, dass wir der kommunalen Selbstverwaltung vertrauen. Kommunale Selbstverwaltung scheint aber für Sie ein Fremdwort zu sein, wenn ich nur Ihren Forderungskatalog sehe. Darin ist von kommunaler Selbstverwaltung nichts zu erkennen.