(Ralf Witzel [FDP]: Nein, das stimmt nicht! – Gegenruf von Heike Gebhard [SPD] – Sven Wolf [SPD]: Das sind horrende Beiträge!)
Sie haben nicht die Möglichkeit, dort hineinzukommen, und Sie sind nicht bereit, den hälftigen Beitrag zu zahlen.
Wir können ja einfach in das Protokoll der Anhörung hineinschauen. Dort hat auch der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes vorgetragen, dass wir zweistellige Millionenbeiträge einsparen, weil diejenigen, die in der GKV versichert sind, weiterhin – so hat es der Finanzminister verlangt – den kompletten Beitrag tragen müssen. Wir hatten doch Streit darüber, ob es 12 Millionen Euro oder vielleicht auch 35 Millionen Euro sind, die das Land Nordrhein-Westfalen spart, indem diese ungerechte Versicherungsform in Nordrhein-Westfalen aufrechterhalten wird.
Andere Bundesländer – das hat der Kollege Weske richtigerweise gesagt – wie Hamburg und Bremen, aber in der letzten Legislaturperiode auch in Teilen Nordrhein-Westfalen haben ihren Beschäftigten die Möglichkeit gegeben, diese faire Auswahl treffen zu können.
Wir sprechen doch über die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes und der Beschäftigung im Landesdienst sowie über Quereinsteigerrinnen und Quereinsteiger bei den Lehrerinnen und Lehrern. Bei den Zehntausenden, die wir zusätzlich im Landesdienst haben wollen, können wir es uns nicht länger leisten, diese ungerechte Form ohne pauschale Beihilfe aufrechtzuerhalten.
Deswegen rufe ich Sie auf: Nehmen Sie die Anhörung ernst, nehmen Sie den Vorschlag der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ernst, und stimmen Sie dieser Regelung heute hier im Parlament zu. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende SPD-Gesetzentwurf ist gefährlicher, als es die Überschrift vermuten lässt.
(Vereinzelt Beifall von der AfD – Stefan Zim- keit [SPD]: Die Verschwörungstheoretiker sind wieder da! – Frank Müller [SPD]: Die rote Ge- fahr vom Rhein!)
Bei der Anhörung im Juni dieses Jahres wurde der Entwurf daher auch zu Recht teilweise verrissen. Der eine oder andere hat das anscheinend anders gesehen.
Gerne kann ich Ihnen an dieser Stelle noch einmal die Kritik gebündelt vortragen, da die SPD die Mängel auch mit ihrem Änderungsantrag nicht beseitigt hat. Eine Korrektur des Entwurfs ist gar nicht möglich, da er grundsätzliche Dinge infrage stellt.
Der größte und umfassendste Kritikpunkt ist, dass die SPD die pauschale Beihilfe nur deshalb als Baustein auf Landesebene einbringt, da ihr Großprojekt, die Bürgerversicherung, auf Bundesebene bislang nicht Realität geworden ist.
Ähnlich wie bei dem linken Wunsch nach einer Einheitsschule soll auch hier ein bestehendes vielfältiges System untergraben werden. Wenn es etwas gibt, was Linke nicht mögen, sind es offensichtlich Wettbewerb und Vielfältigkeit.
Da können Sie so viel dazwischenrufen, wie Sie wollen. – Das aktuelle Krankenversicherungssystem in Deutschland ist vielfältig, und es sorgt für Wettbewerb. Natürlich ist es nicht perfekt. Aber es ist allemal besser als ein linkes Einheitssystem.
steigender Kosten für Gesundheitsleistungen bei steigender Lebenserwartung lösen, noch wird die Finanzierung dieser Leistungen bei gleichzeitig sinkender Zahl der Beitragszahler verbessert.
Es ist genau andersherum: Eine Einheitsversicherung würde ohne Wettbewerb wahrscheinlich zu höheren Beiträgen oder zu einer Senkung der Leistungen führen. Es gäbe dann vermutlich nur die Grundleistungen. Alles andere müsste über einzelne Zusatzversicherungen privat organisiert und bezahlt werden.
Ebenso darf nicht übersehen werden, dass dem Gesundheitssystem durch die Einführung eines Einheitssystems die Gelder entzogen würden, welche durch die privaten Krankenversicherungen erwirtschaftet werden. Ein Einheitssystem ist am Ende für die Mehrheit der Menschen schlechter und teurer.
Bezeichnenderweise geht der Gesetzentwurf auch von falschen Zahlen aus, wie der DBB NRW herausstellt. Laut SPD-Gesetzentwurf würden bei der Umsetzung Mehrkosten von 12 bis 13 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Der Entwurf gibt aber keine Auskunft darüber, wie sich die Zahlen zusammensetzen. Er nimmt offensichtlich einfach die Zahlen aus Hamburg als Grundlage.
NRW hat aber 2017 rund 263.000 Beamte gehabt. Davon waren 6 % freiwillig versichert. Das sind knapp 16.000. Es ist davon auszugehen, dass eine pauschale Beihilfe von fast allen in Anspruch genommen werden würde.
Die Zahl 7.000 im Gesetzentwurf ist viel zu niedrig angesetzt. Ob dies mit Absicht geschehen ist oder es sich um ein Versehen handelt, sei dahingestellt. Ich gehe wohlwollend davon aus, dass Letzteres der Fall ist. Ansonsten wäre es, gelinde gesagt, eine üble Täuschung. Ausgehend von einer pauschalen Beihilfe in Höhe von 2.440 Euro pro Person im Jahr würden sich die Mehrkosten nämlich alleine für die derzeitigen Beamten laut DBB auf eine Summe von 38,5 Millionen Euro belaufen. Das ist wesentlich mehr als die im Entwurf erwähnten 13 Millionen Euro. Aber wir haben es schon gehört: Ob es 12 oder 35 Millionen Euro sind, ist ja egal.
Ein weiteres Problem des SPD-Gesetzentwurfes ist, dass er möglicherweise grundgesetzwidrig ist. Ich zitiere, mit Verlaub, Professor Dr. Lindner von der Universität Augsburg:
„Mit der unwiderruflichen Option der pauschalen Beihilfe entzöge sich das Land NRW der von Art. 33 Abs. 5 GG geforderten eigenverantwortlichen Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienst
herrn für das finanzielle Krankheitsrisiko des Beamten. Das Vorhaben ist aus der Sicht des Unterzeichneten mit Art. 33 Abs. 5 GG, an den auch der Landesbeamtengesetzgeber gebunden ist, nicht vereinbar und daher verfassungswidrig.“
Vielen Dank, Herr Kollege Strotebeck. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Lienenkämper jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Land kommt seiner Verantwortung durch die Gewährung individueller Beihilfeleistungen in Krankheits-, Pflege- und Todesfällen nach. Die Beihilfe ist eine Hilfeleistung, die die zumutbare Eigenversorgung der Beamtinnen und Beamten sinnvoll ergänzt. Es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, von diesem bewährten System abzuweichen.
Alle Beamtinnen und Beamten haben die Möglichkeit, durch den Abschluss einer Krankenversicherung zu bezahlbaren Konditionen für den Krankheitsfall vorzusorgen. Aufgrund der Beihilfeleistungen der Dienstherren müssen sich Beihilfeberechtigte nur für den nicht durch die Beihilfe gedeckten Teil der Krankenvorsorge absichern.
Die meisten privaten Krankenversicherungen bieten deshalb auf Beihilfeberechtigte zugeschnittene Restkostentarife an. Diese Restkostentarife sind auch für Beamtinnen und Beamte sowie Anwärterinnen und Anwärter mit Vorerkrankungen und Behinderungen finanzierbar, da die Krankenversicherungswirtschaft eine erleichterte Aufnahme in die private Krankenversicherung anbietet. Hier wurden Anfang des Jahres durch die privaten Krankenversicherungen noch einmal wesentliche Verbesserungen eingeführt.
In der gesetzlichen Krankenversicherung hingegen gibt es keine solchen Restkostentarife für Beihilfeberechtigte. Diese wären dort auch nur unter erheblichen bürokratischen Hindernissen einzuführen.
Eine pauschale Beihilfe wäre außerdem schlicht zu teuer. Der Dienstherr müsste den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenvollversicherung der Beamtinnen und Beamten zusätzlich zahlen. Neben der pauschalen Beihilfe im Krankheitsfall müssten für den Personenkreis Beihilfeleistungen in Reha- und Pflegefällen aufrechterhalten werden.
Ein wesentliches Element bei der Finanzierung des bestehenden Beihilfesystems liegt darin, dass die Beamtinnen und Beamten im ersten Jahrzehnt ihres Berufseinstiegs nur relativ geringe Beihilfeausgaben verursachen. Erst mit zunehmendem Alter nehmen auch die Beihilfekosten zu.
Weiterhin wäre ein Wechsel zu einem anderen Dienstherrn ohne pauschale Beihilfe aufgrund der einmal und unumkehrbar getroffenen Entscheidung zugunsten einer Pauschalierung nicht mehr ohne Weiteres möglich.
Es bestehen zudem erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung einer pauschalen Beihilfe. Das Land hätte keinen Einfluss mehr auf die konkrete Ausgestaltung der Leistungen im Krankheitsfall. Zu Recht steht daher die Frage im Raum, ob dies mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums vereinbar ist.
Davon losgelöst bekennt sich die Landesregierung zum Berufsbeamtentum mit seinen hergebrachten Grundsätzen. Dies dient insbesondere dem Ziel, den öffentlichen Dienst so attraktiv wie möglich zu halten und die hervorragenden Leistungen der Beamtinnen und Beamten anzuerkennen.
Maßnahmen, die diese Grundsätze infrage stellen – und dazu zählt die pauschale Beihilfe –, lehnt die Landesregierung politisch ab. Wir sollten das Berufsbeamtentum nicht durch massive Eingriffe in die Struktur von Besoldung, Versorgung oder Beihilfe infrage stellen.
Falls Sie diesen Gesetzentwurf mehrheitlich ablehnen sollten, würde das jedenfalls meine große Zustimmung finden. – Herzlichen Dank.