Allein das wichtigste und zentralste Vorhaben der Landesregierung in diesem Bereich, nämlich die KiBiz-Reform, hat die entscheidende Chance vertan, nämlich endlich die Kitafinanzierung vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Wenn man wohlwollend sein will, kann man noch sagen, dass mit diesem Entwurf tatsächlich der Status quo gesichert wird. So weit ist das auch das Ergebnis der Anhörung.
Aber bei dem Rest, den Sie hier so vollmundig versprochen haben, bleibt es doch dabei: Das ist das Prinzip Hoffnung. Oben wird Geld hineingekippt in der vagen Hoffnung, dass unten möglicherweise auch Qualität herauskommt.
Was ist der Grund dafür? – Diesem Gesetz fehlen die Leitplanken zu einer tatsächlichen Qualitätsentwicklung. Vor allem fehlte dem Minister und dieser Landesregierung auch der Mut zu einer grundlegenden Reform, denn alle Expertinnen und Experten sind sich einig: KiBiz ist gescheitert, KiBiz ist Mumpitz, und wir brauchen endlich eine nachhaltige Finanzierung. Dafür haben Sie in diesem „Chancenhaushalt“ leider die Chance vertan, Herr Minister.
Auch in anderen Bereichen kann man die Frage der Sachkosten, die durch die Freie Wohlfahrtspflege aufgerufen ist, nicht einfach ignorieren. Man kann doch nicht einfach sagen: Nö, die Berechnungsgrundlage passt uns an der Stelle nicht. Wir glauben, dass das alles nicht so ist.
Herr Minister, damit machen Sie sich einen sehr schlanken Fuß. Ich bin der Auffassung, dass Ihnen das unter Umständen auch noch auf selbigen fallen wird, denn es bleibt mit diesem Haushaltsentwurf und auch mit der KiBiz-Reform, die wir morgen noch intensiver diskutieren werden, leider zu befürchten, dass diese Überbrückungsfinanzierung, die wir jetzt jahrelang in der Kitafinanzierung erlebt haben, weiterhin ein fester Bestandteil der Kitafinanzierung in Nordrhein-Westfalen bleibt.
Um noch einmal auf die Frage der Berücksichtigung von Kindern und ihrer Interessen zurückzukommen: Leider spielten beim Erarbeitungsprozess des neuen KiBiz offensichtlich weder die Kinder noch das pädagogische Fachpersonal die erste Geige, denn es beschleicht einen doch der Eindruck, dass dieses Gesetz ein reines Finanzierungsgesetz ist.
Ob das jetzt auskömmlich ist, wird die Zukunft zeigen, aber es sind berechtigte Zweifel angebracht. Aber was dieses Gesetz nicht hat, ist doch ein wirklicher Gestaltungsanspruch, und leider bietet es auch nicht die dringend notwendige Planungssicherheit.
Sie haben es gerade angesprochen, Herr Kollege Kamieth: Eines der zentralen Vorhaben der Landesregierung ist es, Familienpolitik von Grund auf zu denken und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker in den Blick zu nehmen.
Da will ich Ihnen aber auch sehr deutlich sagen, dass die Vereinbarkeitsfrage keine Einbahnstraße ist. Mich beschleicht immer wieder der Eindruck, dass Ihre Antworten auf die Frage von Vereinbarkeit sind, die Strukturen für Familien so zu bauen, dass nach Möglichkeit die Familie die Vereinbarkeitsleistungen herstellen muss, aber die Wirtschaft bloß nicht damit behelligt wird. Das ist der falsche Weg. Nicht Familien müssen sich anpassen, sondern die Wirtschaft muss endlich familienfreundlicher werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, Kinder und Jugendliche haben auch nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Beteiligung, und hier – ich habe es gerade schon angedeutet – ist noch erheblich Luft nach oben.
Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten in eigener Sache, aber allzu oft sind sie auch einsame Ruferinnen im Wald, weil ihnen die politische Ebene nämlich irgendwie nicht so richtig zuhören möchte. Kinderrechte ernst zu nehmen, würde auch bedeuten, Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen. Dafür brauchen wir neue Formate der Beteiligung auf allen Ebenen.
Auf der kommunalen Ebene beispielsweise wäre darüber nachzudenken, ob man die Beteiligungsrechte nicht auch noch einmal stärkt, indem man sie in der Gemeindeordnung festschreibt.
Auch auf der Landesebene wäre es endlich Zeit für eine Absenkung des Wahlalters. Da wundert man sich doch ganz gewaltig, warum diese Landesregierung mit diesem Landesminister, der bekanntermaßen von der FDP ist, überhaupt gar keinen Schwung in die ganze Sache bringt, denn auf Antrag der Jungen Liberalen ist es ja längst Beschlusslage der Partei, dass das Wahlalter abgesenkt werden sollte.
Wenn ich so daran denke, dass der Landesminister auch der Anwalt der Kinder- und Jugendrechte innerhalb der Landesregierung sein sollte, würde ich persönlich mir etwas mehr Engagement für tatsächliche Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen wünschen.
Wir sind uns einig – das haben wir auch schon beim letzten Haushalt durchaus lobend hervorgehoben –, dass mit dem Haushaltsansatz für den Kinder- und Jugendförderplan ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden ist. Im Landtagswahlkampf haben alle Parteien gesagt: Wir werden Geld obendrauf packen. – Das haben Sie auch so eingelöst. Damit ist auch die Szene durchaus zufrieden.
Dann wäre es doch jetzt an der Zeit – wenn wir uns nicht mehr über die Finanzen streiten müssen, was wir jahrelang getan haben –, wirklich über die Inhalte ernsthafter und darüber zu diskutieren, wie wir Jugendarbeit in diesem Land und die Verbände, die Kinder und Jugendlichen noch weiter stärken können.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiterer Bereich, bei dem wir einen großen Konsens haben – Kollege Kamieth hat auch schon darauf hingewiesen –, ist der Bereich LSBTI. Ich bin sehr froh, dass es eine große politische und auch haushalterische Kontinuität in diesem Bereich gibt. Ich bin auch sehr
Eine Sache beim lobenswerten Landesprogramm zur Unterstützung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch hätte ich allerdings noch auf der Wunschliste für diese Landesregierung. Rheinland-Pfalz macht es vor: Dort ist das Landesprogramm auch auf lesbische Paare ausgeweitet worden.
Ich meine, es würde dieser Landesregierung gut zu Gesicht stehen, auch hier mit gutem Beispiel voranzugehen, auch diese Gruppe mit in die Landesförderung aufzunehmen und damit noch einmal ein ganz klares Signal zu setzen: Wir unterstützen alle Familienformen in Nordrhein-Westfalen.
Zum Schluss möchte ich noch kurz ein paar Worte darüber verlieren, was es mit den Schutzrechten innerhalb der Kinderrechte auf sich hat. Wir alle sind von den schrecklichen Missbrauchsfällen erschüttert und stehen in diesem Bereich auch klar zusammen. Das hat nichts mit parteipolitischer Couleur zu tun.
Wir haben im letzten Plenum auch gemeinsam eine Kinderschutzkommission eingesetzt, was aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Signal für einen starken Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen ist. Auch die Haushaltsmittel in Höhe von 4,8 Millionen Euro sind nur zu begrüßen.
Wir brauchen mehr Anstrengungen. Wir brauchen aber auch verbindliche Anstrengungen. Wir müssen die Schnittstellen überwinden, an denen es oftmals zu Problemen kommt. Wir müssen die Netzwerke stärken. Möglicherweise müssen wir auch ein eigenes Landespräventionsgesetz auf den Weg bringen, um den Kinderschutz wirklich auf verbindliche Füße zu stellen. Darauf hoffe ich, dass wir auch das gemeinsam hier im Plenum besprechen können. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Brockmeier das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit der Regierungsübernahme legen wir unseren Schwerpunkt auf die Bildungschancen für jedes einzelne Kind in Nordrhein-Westfalen.
Wir wollen Kindern in unserem Land die besten Chancen bieten, um sich zu entfalten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Status.
Wir legen dabei unseren Fokus nicht nur auf die Grundschule und die weiterführenden Schulen, sondern wir denken das ganzheitlich, also fangen schon bei den Kitas an und gehen auch weiter über die offene Jugendarbeit, also betrachten alle Lebenslagen der jungen Menschen – anders als Herr Maelzer beispielsweise, der sich vorhin nur mit den Kitas beschäftigt hat.
(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU – Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Auch der Debatte folgen und nicht nur das Redema- nuskript ablesen!)
Beim Posten für den Kinder- und Jugendförderplan sieht man, dass es uns nicht um Einmaleffekte oder schöne Schlagzeilen, sondern um nachhaltige und verlässliche Politik geht – sei es, indem wir entbürokratisieren und so pragmatisch dafür sorgen, dass sich die Fachkräfte mit den Jugendlichen auseinandersetzen können, anstatt ihre Zeit am Schreibtisch vor Formularen zu verbringen, sei es, indem wir für die langersehnte Planungssicherheit sorgen, indem wir die Mittel zunächst mit einem Schlag – Jens Kamieth hat es gerade schon erwähnt – um 11 Millionen Euro erhöht haben und dann – was so wichtig ist – dynamisiert, also dafür gesorgt haben, dass die Mittel jetzt jährlich entsprechend der Kostenentwicklung ansteigen.
Bleiben wir bei dieser Dynamisierung der Fördermittel: Wenn man sich konkret die Zahlen anschaut, stellt man den Unterschied zur rot-grünen Politik fest; im Vergleich: Sie haben bis 2017, also bis zum Ende Ihrer Regierungszeit, lediglich ein Volumen von 109 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wir haben das Volumen durch den neuen Kinder- und Jugendförderplan stetig erhöht und eben dynamisiert, sodass wir jetzt mit diesem Haushalt bei 125 Millionen Euro angekommen sind.
Dieses Beispiel macht sehr schön deutlich, dass es einen Unterschied macht, ob man verlässliche und auch eine planbare Politik macht, auf die sich die Kräfte vor Ort einstellen können, denn dann wird ihnen ganz konkret geholfen.
Sie hingegen – das hat man in den letzten Debatten in den Ausschüssen auch mitbekommen – machen entweder gar nichts – das haben wir auch in Ihrer Regierungszeit mitbekommen –, oder Sie machen Vorschläge, die wirklich lächerlich sind wie beispielsweise Ihre Änderungsanträge zur KiBiz-Novelle, denn da ist Finanzierbarkeit Fehlanzeige. Diese Art der Politik ist aber inzwischen leider typisch für die Sozialdemokratie geworden.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal auf den Wortbeitrag von Herrn Dr. Maelzer zu sprechen kommen. Ich möchte Ihnen als Familienpolitiker aus Sicht eines jungen Menschen entgegnen, weil mich Ihre Forderungen in den letzten Monaten wirklich auch sauer machen.
Es ist wirklich nicht im Sinne der jungen Menschen und der zukünftigen Generationen, dass der Staat Geld ausschüttet, das ihm nicht zur Verfügung steht, mit dem Füllhorn auskippt und hier einfach Wünsche in den Raum gestellt werden, die man sich vielleicht im Paradies erfüllen könnte, aber als Staat nicht finanzieren kann.
Lieber Herr Müller, dazu gehören nämlich zwei Sachen. Auf der einen Seite gehört dazu, dass wir beste Bildungsvoraussetzungen, beste Rahmenbedingungen schaffen.
Das machen wir auch mit der KiBiz-Reform. Andererseits dürfen wir die zukünftigen Generationen aber nicht mit unverhältnismäßigen Schulden belasten.
Wenn die Sozialdemokratie die schwarze Null hier jetzt infrage stellt, mag das vielleicht an der neuen Klientel der SPD liegen, ist aber nicht im Sinne der jungen Menschen, denn es hat nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun – im Gegenteil.
Es ist sogar verfassungswidrig. Das hat Ihnen in der Vergangenheit der Gerichtshof ins Stammbuch geschrieben.