Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Es wäre nicht erlaubt, dem Minister der Justiz Medienberichte vorzuenthalten und ihm eine Zeugenaussage abzufordern. Denn als Zeuge vor einem Untersuchungsausschuss hat er bestimmte Rechte, die ihm vor dem Parlament eben nicht eingeräumt sind.

Sie unternehmen hier den unzulässigen Versuch, die Beweiserhebung in das Parlament zu transferieren.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Christian Dahm [SPD]: Das hätte der Präsident doch ablehnen können! – Wei- tere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Unruhe – Glocke)

Ich appelliere an Sie: Führen Sie diese Debatte dort, wo sie hingehört, nämlich im Untersuchungsausschuss.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Das wird nicht besser, wenn Sie laut schreien.

Die SPD-Fraktion hat bereits angekündigt, den Minister der Justiz und die ehemalige Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vor dem Untersuchungsausschuss unter Eid aussagen zu lassen.

Sorry; auch das kann ich Ihnen nicht ersparen: Nordrhein-Westfalen sieht einen Zeugeneid im Untersuchungsausschuss ausdrücklich nicht vor. Aber dennoch warten wir diese Debatte und die dortigen Ergebnisse ab.

(Christian Dahm [SPD]: Aber Amtshilfe ken- nen Sie, Herr Kollege?)

Andere Ergebnisse müssen wir gar nicht erst abwarten, nämlich die Ergebnisse staatsanwaltlicher Untersuchungen. Bereits zu Wochenbeginn hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf geprüft, ob ein Anfangsverdacht insbesondere für eine falsche uneidliche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss vorliegen könnte.

Sie hat für die Prüfung keine 24 Stunden benötigt, um sich zum Sachverhalt zu äußern. Ich zitiere aus der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 26. November 2019:

„Der Umstand, dass ein Telefonat unbekannten Inhalts stattgefunden hat, ist nach Bewertung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nicht ausreichend für die Annahme zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben von Minister Biesenbach oder Staatsministerin a. D. Schulze Föcking zu bestimmten Gesprächsthemen vor dem Untersuchungsausschuss unrichtig gewesen sind.

Vor diesem Hintergrund liegt ein Anfangsverdacht für eine Straftat, der – ungeachtet der hier zusätzlich zu beachtenden strafrechtlichen Immunität von Landtagsabgeordneten – unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme von Ermittlungen ist, nicht vor.“

Ein Anfangsverdacht liegt nicht vor.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der AfD – hier in seltener Einigkeit –, spätestens nach dieser Mitteilung der Staatsanwaltschaft hätten Sie den Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eigentlich zurückziehen müssen:

(Beifall von der CDU und der FDP)

Clausula rebus sic stantibus – Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Dass Sie das nicht getan haben, lässt tief blicken und zeigt Ihre eigentlichen Motive.

(Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN)

Es geht Ihnen nicht um Wahrheitsfindung, sondern um Skandalisierung.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wieder einmal erfinden Sie einen Skandal. Wieder einmal machen Sie Klamauk. Wieder einmal werfen Sie mit dem Dreck, damit irgendetwas davon möglicherweise hängen bleibt.

(Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in dieser Wahlperiode bereits jetzt vier Parlamentarische Untersuchungsausschüsse.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Un- ruhe – Glocke)

Werfen wir doch einmal einen vergleichenden Blick auf die Gegenstände unserer vier Untersuchungsausschüsse.

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss I „Fall Amri“ untersuchen wir, wie es dazu kommen konnte, dass zwölf Menschen am 19. Dezember 2016 am Breitscheidplatz ermordet wurden. Das war der bislang schlimmste Terroranschlag auf deutschem Boden.

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss III „Kleve“ geht es darum, dass ein Häftling infolge tragischer Verwechslungen zu Tode gekommen ist, nachdem er in seiner Zelle einen Brand gelegt hatte.

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss IV „Kindesmissbrauch“ untersuchen wir die Hintergründe des vielfach sexualisierten Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde. Dieser

Fall zählt zu den schlimmsten überhaupt und berührt unsere Herzen tief.

(Christian Dahm [SPD]: Sprechen Sie einmal zur Sache, Herr Kollege!)

Im hier relevanten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II geht es um die fehlerhafte Bedienung eines Fernsehers oder Tablets auf einem Bauernhof im Münsterland und deren Folgen.

(Zuruf: Nein, darum geht es nicht mehr! – Wei- tere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Die Bewertung überlasse ich Ihnen. Untersuchungsausschüsse sind dafür da, schwerwiegende Fehler und Versäumnisse mit schlimmen Folgen aufzuklären. Sie eignen sich nicht für politische Spielchen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von der SPD und den GRÜNEN)

Schauen wir noch einmal auf die Fakten: Der Minister hat sämtliche Telefondaten gespeichert und nicht etwa gelöscht. Als er am 8. November 2019 eine Verbindungsübersicht erhalten hat, hat er sie unaufgefordert und unverzüglich am 14. November 2019 dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses schriftlich berichtet. – So weit die Fakten.

So eine Vorgehensweise, so ein transparentes Verfahren hätten wir uns vor einigen Jahren gewünscht.

Erinnern wir uns nur einmal an den Sommer 2016 und den Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht. „Kölner Polizei löschte Telefondaten“ titelte die „Rheinische Post“ am 13. Juli 2016. Damals wurde unter SPD-Innenminister Jäger zugelassen, dass Telefondaten im Kölner Polizeipräsidium gelöscht wurden.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Wi- derspruch von der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb konnten nur noch die Daten ab – oh Wunder! – dem 2. bzw. 3. Januar 2016 rekonstruiert werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das war auch kein Einzelfall. Am 14. April 2016 titelte die „WAZ“: „Kraft hält Unterlagen unter Verschluss“.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

In diesem Artikel heißt es – Zitat –:

„So fehlten in den an den Untersuchungsausschuss übersandten Akten die Mailkommunikation der Ministerpräsidentin, des Innenministers und des Regierungssprechers sowie zahlreiche Vermerke, Besprechungsprotokolle und Nachweise über Telefongespräche“.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Wenn in diesem Hause jemand gemauert und Informationen zurückgehalten hat, dann war das die rot

grüne Landesregierung mit Innenminister Ralf Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wer mehrfach das Recht eines Untersuchungsausschusses so sträflich missachtet hat, sollte vor der eigenen Haustüre kehren und nicht für kurzfristige Geländegewinne scheinheilig argumentieren.