Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Wer mehrfach das Recht eines Untersuchungsausschusses so sträflich missachtet hat, sollte vor der eigenen Haustüre kehren und nicht für kurzfristige Geländegewinne scheinheilig argumentieren.

(Christian Dahm [SPD]: Was für ein Ablen- kungsmanöver!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum haben Sie nicht den in Ihrem Antrag zugrunde gelegten Maßstab damals an Ihr eigenes Regierungshandeln unter Rot-Grün gelegt?

Herr Kollege, die Redezeit.

Dann wären uns viele rot-grüne Regierungsjahre erspart geblieben. – Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Anhaltender Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von Stefan Zimkeit [SPD] und Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Vielen Dank. – Für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Frau Lüders das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Hinweis vorab, Herr Dr. Geerlings: Bei der Beantragung einer Aktuellen Stunde prüft der Präsident, ob sie zulässig ist oder nicht, nicht aber die beantragenden Fraktionen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir wissen nun: Herr Biesenbach, unser Justizminister, wird gerade nicht strafrechtlich verfolgt, gerade nicht. Wer weiß, was noch kommt.

(Zuruf von der CDU: Frechheit! – Zurufe von der FDP – Unruhe)

Offenbar scheinen sich genau damit die regierungstragenden Fraktionen ausreichend zufriedenzugeben.

(Zurufe von der CDU und der FDP – Bodo Löttgen [CDU]: Wer weiß, was bei Ihnen noch kommt!)

Ausreichend zufriedenzugeben. – Mein Anspruch an den Justizminister ist ein anderer. Mein Anspruch an einen Justizminister ist Aufrichtigkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, mir im Parlament geht es nicht um die strafrechtliche Würdigung von Aussagen, sondern hier geht es um die Würde dieses Amtes.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie, Herr Biesenbach, sind oberster Repräsentant der Judikative hier in NRW. Ihre Rolle sieht vor, dass Sie als Verfassungsminister Hüter von Recht und Gesetz, oberster Dienstvorgesetzter von Richtern und Richterinnen, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sind. Deswegen ist es entscheidend wichtig, dass die Menschen hier in NRW auf unsere Institution vertrauen können.

Können sie aber auch diesem Justizminister vertrauen? Denn wie soll man jemandem vertrauen, der sich angeblich an ein Telefonat mit einer Kabinettskollegin nicht mehr erinnern kann, sehr wohl aber daran, dass er über den Inhalt eines Gesprächs nichts mehr gesagt haben will. Diese Unterscheidung müssen Sie erklären, Herr Biesenbach. Entweder ich kann mich an etwas erinnern, dann weiß ich auch, was ich gesagt habe oder was ich nicht gesagt habe.

(Zuruf von der SPD: Ganz genau!)

Oder ich kann mich nicht erinnern, dann weiß ich auch nicht mehr, worüber ich vermeintlich nie gesprochen haben will. Alles andere ist schlicht unglaubwürdig.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Alles andere ist nicht wahrhaftig. Alles andere ist Ihres Amtes unwürdig.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Verhalten hinterlässt bestenfalls Zweifel – und damit meine ich nicht den Grundsatz „In dubio pro reo“ –, schlimmstenfalls aber weitere Vermutungen. Nein, ich muss mich korrigieren: Ihr Verhalten befeuert geradezu neue Vermutungen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Und jetzt, Herr Dr. Geerlings, hören Sie bitte genau zu. Denn Ihre Maßstäbe, die Sie an die rot-grüne Landesregierung angelegt haben, fallen zurück. Ich frage Sie direkt, Herr Biesenbach: Ist es richtig, dass Sie an diesem Montag versucht haben, weitere Telefondaten im Justizministerium löschen zu lassen?

(Zuruf von der SPD: Hoi!)

Wir haben am Montag, dem Tag nach der „Westpol“Berichterstattung, um 11:28 Uhr weitere Telefondaten aus dem Justizministerium angefordert. Seltsamerweise wurden direkt danach im Justizministerium auf Anweisung des Staatssekretärs, der übrigens heute nicht an Ihrer Seite ist, Telefondaten gelöscht.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört! – Zuruf von den GRÜNEN)

Das, Herr Biesenbach, entspricht nicht dem selbstgezeichneten Bild eines Chefaufklärers.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das zeigt vielmehr Ihren untauglichen Versuch, die Wahrheit mit Mitteln vertuschen zu wollen. Ich sage „untauglich“. Warum? Er ist gescheitert. Es gibt eine Sicherungskopie, die ist gefunden worden,

(Zuruf von der SPD: Na, Gott sei Dank!)

weil nicht alle loyalen Beamten eben mal alles mitmachen.

(Zurufe von der CDU – Beifall von der SPD)

Wir werden uns mit diesen Daten sehr intensiv befassen.

(Weitere Zurufe von der CDU)

Sie werden Gründe haben, weshalb Sie so hastig – genau 24 Stunden nach dem „Westpol“-Bericht – hier etwas haben löschen wollen. Bitte sagen Sie gleich nicht wieder an dieser Stelle, daran könnten Sie sich nicht erinnern. Oder sagen Sie bitte auch nicht, dass das, was Sie getan haben, nicht im Zusammenhang mit dem „Westpol“-Bericht steht. Aber wir haben es ja schon gehört: Womöglich war es der Taschentelefonanruf

(Zuruf von Roger Beckamp [AfD])

oder vielleicht die neue Cyberattacke auf die Landesregierung, die diesen Anruf ausgelöst hat. Die Schlagzeile des Regierungssprechers kann ich mir jetzt schon vorstellen. Aber wer soll Ihnen das eigentlich alles noch glauben? Glaubt das hier im Plenum eigentlich irgendwer noch?

(Christian Dahm [SPD]: Stille!)

Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt. Denn eins sollten Sie mittlerweile gemerkt haben, Herr Biesenbach: Die Nummer mit der temporären Amnesie funktioniert nicht mehr. Das Ende ist vorgezeichnet, und es ist tragisch. Ich wäre nicht mehr überrascht über eine absurde neue Geschichte, die Sie versuchen, uns zu erzählen.

(Zuruf von der CDU)

Schon jetzt heißt es in der Justiz: Fünf Jahre MüllerPiepenkötter waren schlimm, zweieinhalb Jahre Biesenbach sind schlimmer.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU)

Herr Biesenbach, Sie haben jetzt die Chance, mit diesem Theater endlich aufzuhören.

(Zuruf von der CDU: Wer macht denn hier Theater?)

Wir haben es nicht verursacht. – Reden Sie!

(Zurufe von der CDU und der FDP – Unruhe)

Klären Sie auf, was für ein Telefonat stattgefunden hat und welche Rolle Sie eigentlich spielen bei diesem ganzen Theater. Es liegt an Ihnen, Herr Biesenbach, aus dem PUA „Hackerangriff“ keinen PUA „Biesenbach“ zu machen.