Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Frau Beer, ich finde es bemerkenswert, dass Sie die Vergangenheit einfach so abschütteln können.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es gibt keine Gesprä- che, Herr Hafke! Das ist das Problem!)

Sie haben in diesem Land sieben Jahre lang die Bildungsministerin

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

hören Sie doch einmal zu – gestellt und haben im Bereich Digitalisierung/Informatik nichts auf den Weg gebracht.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Denken Sie sich doch einmal ein neues Argument aus, Herr Hafke!)

Im Gegenteil: Sie haben einen katastrophalen Zustand beim Thema „LOGINEO“ hinterlassen, sodass es die Aufgabe …

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Hören Sie doch einmal zu, Frau Kollegin Beer. Ich habe Ihnen doch auch zugehört. Jetzt hören Sie doch bitte einmal zu.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Doch, weil es damit zu tun hat. Jetzt ging es erst einmal darum, zwei Jahre lang das aufzuräumen, was Sie hinterlassen haben,

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Reden Sie doch nicht so einen Unsinn!)

und eine Software auf den Markt zu bringen, mit der Lehrerinnen und Lehrer arbeiten können. Gleichzeitig bauen wir jetzt alle Lehrpläne Stück für Stück um, richten sie auf die neue Welt aus und führen Gespräche mit den Hochschulen. Das macht unsere Bildungsministerin

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Nein, das macht sie nicht! – Gegenruf von Marc Lürbke [FDP]: Das wissen Sie besser, oder? Sie wissen immer al- les besser!)

und bringt sie entsprechend nach vorne,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es laufen keine Ge- spräche! Das ist Legendenbildung!)

so wie wir auch die anderen Baustellen, die Ihre Parteikollegin Sylvia Löhrmann uns hinterlassen hat, abarbeiten, damit Nordrhein-Westfalen beim Thema „digitale Bildung“ endlich vorankommt.

(Beifall von der FDP)

Etwas mehr Demut wäre an dieser Stelle angebracht, Frau Beer. Sie sollten sich einmal an die eigene Nase fassen und das eigene Versagen reflektieren. Das wäre der richtige Weg.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Unglaub- lich!)

Das ist nicht unglaublich. Das sind die Realitäten in diesem Land.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf diesen Aspekt eingehen, weil ich ihn für entscheidend halte. Frau Kollegin Kampmann hat natürlich in einem Punkt recht – über den aber überhaupt kein Dissens besteht –: Die Digitalisierung wird nur funktionieren, wenn wir die Menschen in diesem Land mitnehmen und sie ein Teil dessen sind. Sie darf nicht von anderen Bereichen verordnet werden, erst recht nicht von der Wirtschaft oder aus Profitgründen.

Aber natürlich ist es so – alleine durch den Wandel, den wir in der Gesellschaft erleben –, dass nicht alles digitalisiert werden muss, was digitalisiert werden kann. Vielmehr wird automatisch alles digitalisiert.

(Christina Kampmann [SPD]: Das glaube ich nicht!)

Das geht beim Fernsehen und beim Einzelhandel los, weil sich das Konsumverhalten der Gesellschaft ändert. Deswegen gibt es dort gewisse Digitalisierungsprozesse.

Wir müssen die Digitalisierung gemeinsam gesellschaftlich so gestalten, dass jeder daran teilhaben kann. Das heißt: Sie muss so einfach sein, dass das Ganze für jeden handhabbar ist.

Deswegen ist das Thema „Weiterbildung“, das der Kollege Braun schon angesprochen hat, ganz entscheidend. Es geht aber auch darum, die Rahmenbedingungen dafür zu setzen, dass zum Beispiel im ländlichen Raum überhaupt eine digitale Teilhabe möglich ist.

Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar gewesen, wenn Sie wenigstens den Mut gehabt und uns die Chance gegeben hätten, das Thema im Ausschuss weiter zu diskutieren. Sie haben die Diskussion in der Enquetekommission offensichtlich in Teilen abgebrochen, weil Sie sie eher hier ins Parlament holen wollten.

Jetzt wird direkt über den Antrag abgestimmt. Da wir vieles davon schon machen und es in Teilen auch anders bewerten, werden wir den Antrag ablehnen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir die Möglichkeit gehabt hätten, noch einmal im Ausschuss darüber zu diskutieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Abgeordnete Bolte-Richter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Hafke, ich habe bei Ihrer Rede den Eindruck gewonnen, dass Wuppertal in einem der großen Funklöcher liegt.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Denn sonst hätten Sie zum einen beim Thema „digitale Bildung“ mit mehr Fakten aufwarten können und zum anderen Herrn Professor Pinkwart nicht als den einzigen Digitalminister in Deutschland bezeichnet.

Herr Pinkwart, Sie sind Digitalminister; das ist richtig. Aber Sie haben eine ganze Reihe Amtskolleginnen und Amtskollegen. Ich erinnere zum Beispiel an Jan

Philipp Albrecht in Schleswig-Holstein, Minister unter anderem für Digitalisierung in seiner Landesregierung und einer der Initiatoren – ich glaube, mit Ihnen zusammen, Herr Pinkwart – der Digitalministerkonferenz. Es gibt Digitalministerinnen in Hessen, in Bayern und in anderen Ländern.

Sie sollten sich einfach einmal informieren, bevor Sie wieder einen Superlativ aus der Tasche ziehen, der mit nichts unterlegt ist.

Sie haben hier über Ressortzuständigkeiten geredet. Gucken wir uns doch einmal an, was dieses Digitalministerium – außer dem Türschild – in der Praxis tut. Wir haben es ja in der letzten Sitzung des Digitalausschusses gehört. Das Ministerium von Herrn Pinkwart ist für Infrastrukturausbau und digitale Verwaltung zuständig.

Und wie geht es weiter? – Es gibt eine Digitalstrategie, die auch noch vom MWIDE verantwortet wird. Aber am Ende des Tages sind in den Mühen der Ebene nicht die digitalen Treiber zuständig, sondern das Thema wird irgendwo in der Ressortzuständigkeit der einzelnen Häuser ein bisschen abgetan, sodass der Digitalminister nicht einmal zum Fortschritt bei den einzelnen Themen der Digitalstrategie berichten kann. – So weit zum Digitalministerium in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Insgesamt – das haben wir in den Haushaltsdebatten in diesen Tagen immer wieder gehört – ist die Digitalisierung kein Ruhmesblatt dieser Landesregierung. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund dessen, was alles angekündigt worden ist. Was ist vor der Wahl angekündigt worden? Was ist in den ersten zweieinhalb Jahren bei irgendwelchen Gipfeln, bei irgendwelchen Pakten, bei irgendwelchen Masterplänen angekündigt worden? Und was kommt dann?

Wir reden hier immer wieder über den Infrastrukturausbau, auch gerade in dieser Debatte. Was ist aus „Glasfaser first“ geworden? Aus „Glasfaser first“ ist „glasfaserbasiert“, „gigabitfähig“ oder sonst irgendeine Variante von „alles kann, nichts muss“ geworden.

Statt dieses ewigen Verzögerns von zukunftsfähiger Infrastruktur brauchen wir „Glasfaser only“, und zwar flächendeckend und schnell. Dafür brauchen wir einen klaren Plan. Denn heute haben wir ein buntes Durcheinander von zahllosen Akteuren, die sich alle irgendwo durch die nordrhein-westfälische Erde buddeln – wenn sie überhaupt einmal an die Fördermittel herankommen.

Denn das ist das zweite Problem. Im Moment sehen wir, dass die Kommunen in diesem Prozess nicht als eigenständige Akteure wahrgenommen werden und dass sie nicht dabei unterstützt werden, die Prozesse zu vereinfachen, weil es nach wie vor nicht möglich

ist, die Bürokratie an dieser Stelle nennenswert zu vereinfachen. Wir haben immer noch Hunderte Seiten Förderrichtlinien und Hunderte Seiten Leitfäden. Wenn man das durchgearbeitet hat, bekommt man am Ende noch eine Handlungsanleitung dazu.

Wen wundert es bei diesem Wirrwarr, dass von den 878 Millionen Euro, die für den Ausbau der digitalen Infrastruktur bewilligt sind, bisher erst 29 Millionen Euro verbaut sind? Wen wundert es, dass wir da nicht vorankommen?

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Dann feiert sich diese Landesregierung dafür, dass sie einen Mobilfunkpakt geschlossen hat – schon wieder eine schöne Ankündigung; schon wieder eine schöne Überschrift; schon wieder ein wunderbarer Pressetermin, den man einfach im Jahr danach wiederholt hat.

Eine konkrete Verpflichtung in diesem Mobilfunkpakt ist, dass alle Funklöcher an den Hauptverkehrswegen bis Ende dieses Jahres geschlossen werden sollen. Herr Minister, fahren Sie einmal mit Ihrem Auto auf der A46 oder setzen sich in einen ICE und fahren durchs Ruhrgebiet auf der Strecke nach Berlin, vielleicht sogar über Hamm hinaus. Dann werden Sie sehen, dass Sie der Funklochminister sind.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, das Gleiche gilt bei der digitalen Bildung. Ich mache Ihnen, Herr Pinkwart, keinen Vorwurf, dass es beim DigitalPakt so lange gedauert hat, bis sich die Ministerpräsidenten auf ihrem Pavianhügel geeinigt hatten.