Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Doch leider verbindet Sie, Herr Kollege, mit Ihren Vorgängern dasselbe gestörte Verhältnis zum Heimatbegriff – Sie gehen ja gar nicht erst darauf ein –

(Beifall von der CDU und der FDP)

sowie die Tatsache, dass auch Sie überhaupt nicht verstehen, wie die öffentliche Wohnraumförderung funktioniert – Stichwort „gegenseitige Deckungsfähigkeit der einzelnen Etats“. Kein gefördertes Eigenheim führt dazu, dass eine einzige mietpreisgebundene Wohnung im Geschosswohnungsbau weniger gebaut wird, Herr Kollege.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir stellen also fest: Wenn nicht in personeller Hinsicht, besteht zumindest in polemisch-ideologischer Hinsicht bei der Sozialdemokratie nach wie vor Kontinuität.

Meine Damen und Herren, es gibt keinen Ort, der das Zuhause eines Menschen ersetzen kann.

Vor zweieinhalb Jahren sind wir daher als NRWKoalition mit dem Ziel angetreten, ein Klima für Neubau in Nordrhein-Westfalen zu schaffen, damit wir mehr Wohnraum in allen Segmenten schaffen. Dazu haben wir die Rahmenbedingungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren erheblich verbessert, zum Beispiel durch Modernisierung und Entbürokratisierung des Baurechts.

(Beifall von Stephen Paul [FDP])

Statt Vermieter und Investoren durch Regulierungswahn und Zwangsmaßnahmen zu verschrecken oder zu beschimpfen – wie Rot-Rot-Grün das etwa in Berlin tut – und dadurch Wohnungsneubau und Investitionen abzuwürgen, haben wir Vorschriften entschlackt und so Investitionsanreize gesetzt.

Mit der modernisierten öffentlichen Wohnraumförderung in beachtlicher Größenordnung – die Zahl von bis zu 1,3 Milliarden Euro ist ja mehrfach genannt worden – haben wir zudem ein klares Bekenntnis zum geförderten Wohnungsbau abgegeben, und zwar ganz gleich, ob mietpreisgebundener Geschosswohnungsbau oder Wohneigentum. Kein gutes Projekt in diesem Land wird am Geld scheitern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir wissen, dass neue Wohnungen nicht über Nacht entstehen. Wir wissen, dass Flächen und Baugrundstücke begrenzt sind. Wir können jedoch für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen, um Bauen zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu vergünstigen. Wir ergehen uns dazu nicht wie Sie in Enteignungsfantasien, sondern arbeiten Tag für Tag hart daran, den Menschen in unserem Land ein bezahlbares Zuhause zu ermöglichen und ihnen damit nicht zuletzt Heimat zu geben.

Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage des Kollegen Hübner.

Ja, gerne. Bitte.

Herr Kollege Schrumpf, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich bin noch ganz fasziniert von Ihrer Auffassung dazu, was die Landesbauordnung in Nordrhein-Westfalen alles möglich gemacht hat. Ich habe aber gerade sehr genau zugehört, auch dem Kollegen Becker. Die Anzahl – das ist auch die bekannte Zahl, die ich habe – der Baugenehmigungen ist in den letzten Jahren aber nicht gestiegen, und es gibt da auch keinen kausalen Zusammenhang. Oder sehe ich das falsch? Oder haben Sie einfach andere Statistiken zur Verfügung?

Bitte schön.

Danke. – Herr Hübner, Sie wissen, dass eine Vereinfachung des Baurechts zum 01.01.2019 in Kraft getreten ist und wir jetzt in diesem Jahr erstmalig die neue Landesbauordnung anwenden.

(Michael Hübner [SPD]: Dann müsste das ja schon entfesselt sein!)

Ich bin mir sicher: Wir werden im nächsten Jahr an dieser Stelle dann wieder diskutieren und werden dann auch die konkreten Auswirkungen dieses neuen Gesetzes sehen.

Fakt ist jedenfalls: Wäre Ihre rot-grüne Landesbauordnung in Kraft getreten, würden wir heute hier über ganz andere Zahlen reden, weil das nämlich dazu geführt hätte,

(Regina Kopp-Herr [SPD]: Das ist Spekula- tion! – Michael Hübner [SPD]: Das ist reine Spekulation!)

Bauwillige zu gängeln und mit überbordender Bürokratie zu belasten.

Deshalb ist es gut, dass es nicht dazu gekommen ist, sondern wir eine moderne, unbürokratischere, vereinfachte Landesbauordnung beschlossen haben,

(Michael Hübner [SPD]: Zwölf Monate hat die Landesbauordnung keinen Effekt!)

die Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich komme zurück zu meiner Rede. Ich war beim Begriff „Heimat geben“. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird auch hier durch den vorliegenden Einzelplan deutlich. Denn im Mittelpunkt aller Maßnahmen steht der Mensch, und zwar unabhängig davon, ob er im ländlichen Raum oder in der Stadt zu Hause ist. Die große Herausforderung bei der Schaffung von Wohnraum ist und bleibt dabei die Verfügbarkeit von bebaubaren Grundstücken.

Deshalb wird in diesem Jahr die Landesinitiative Bau.Land.Leben gestartet, um alle Unterstützungsinstrumente des Landes zur Mobilisierung und Entwicklung von Bauland unter einem Dach zusammenzufassen. So stellen wir im Bereich der Baulandentwicklung insgesamt rund 17,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um die Herausforderungen in unserem Land adäquat bewältigen zu können, sind wir auf starke Städte, Gemeinden und Kreise angewiesen. Denn sie sind nicht nur Zuhause und Heimat für die Menschen in Nordrhein-Westfalen, sondern bilden auch das Fundament für eine starke Gesellschaft in einem starken NordrheinWestfalen.

Mit unserem Dorferneuerungsprogramm stärken wir das Leben auf dem Land. Nachdem das Programm schon in diesem Jahr gegenüber 2018 deutlich ausgebaut wurde, wird es im Haushaltsjahr 2020 eine Steigerung um weitere 5 Millionen Euro erfahren. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, ob in der Stadt oder auf dem Land.

Auch im Jahr 2020 werden wir mit unserem HeimatFörderprogramm das fördern, was Menschen verbindet.

Mit großer Freude haben wir zur Kenntnis genommen, dass das große Interesse am Heimat-Scheck nach wie vor anhält. So konnten bislang mehr als 1.500 gute Ideen direkt vor Ort mit diesem Möglichmacher gefördert und auch umgesetzt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Um kreative, heimatverbundene Köpfe und Vereine auch über 2019 hinaus zu unterstützen, wird es im Haushaltsjahr 2020 daher weitere rund 4 Millionen Euro für den Bereich Heimat geben. Wir wollen das Leben in unserer Heimat lebenswert gestalten.

Eine weitere wichtige Weichenstellung hierfür haben wir zügig nach Regierungsübernahme vorgenommen, indem wir die Versäumnisse der Vorgängerregierung behoben und die finanziellen Mittel für die Denkmalförderung im Jahr 2019 auf 16 Millionen Euro deutlich erhöht haben. Diesen Betrag schreiben wir auch 2020 weiter fort.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleibt festzuhalten: Mit dem Haushaltsentwurf 2020 setzen wir unseren ganzheitlichen Ansatz konsequent fort,

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das finde ich auch gut!)

schaffen Planungssicherheit und stärken all das, was unsere Heimat lebenswert macht. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der Grünen hat nun der Abgeordnete Herr Remmel das Wort.

(Fabian Schrumpf [CDU]: Ein bisschen was vom Geissenpeter haben Sie auch! – Sarah Philipp [SPD]: Werden Sie mal nicht frech, Herr Kollege! – Zuruf von der SPD: Setzen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade wieder ein Erlebnis der dritten Art gehabt. Wenn man auf die großen Fragen – zur zukünftigen Stadtentwicklung und zur Bereitstellung von ausreichendem Wohnraum brauche ich nicht zu erläutern, dass das die großen Fragen der Zukunft, unserer Städte und der Menschen sind – nichts zu sagen hat, dann muss man mittels der jeweiligen kleinen Förderprogramme präsentieren, was man an Gutem für das Land tut.

(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Darauf will ich mich in den fünf Minuten meiner Rede konzentrieren, muss aber zu Beginn meiner Rede ceterum censeo auch noch zwei Sätze zur Landesbauordnung sagen. Leider, muss ich das an dieser Stelle bemerken, denn ich hätte gerne Unrecht gehabt.

Wir haben immer darauf hingewiesen, dass es aufgrund der Verzögerung und Neuauflage des Prozesses der Landesbauordnung einen Attentismus gibt, weil in der Folge einer Neuauflage der Landesbauordnung auch Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen. Diese aber, sehr geehrte Frau Ministerin, liegen bis heute nicht vor.

Wir haben immer davor gewarnt, das zu tun, weil am Ende noch die Verwaltungsvorschriften kommen müssen. Sie waren schon für Anfang des Jahres 2019 angekündigt, nun liegen sie immer noch nicht vor. Das führt dazu, dass mit Blick auf diese Verwaltungsvorschrift an vielen Stellen nicht gehandelt wird und das dringend Notwendige nicht geschieht.

Ich will mich einem ganz anderen Bereich widmen, der leider schon gar nicht mehr in der Überschrift der Haushaltsberatungen vorkommt, geschweige denn in der Überschrift Ihres Hauses, nämlich die Frage nach der zukünftigen Entwicklung unserer Städte, der Stadtentwicklung.

Nun könnte man grüne Forderungen ganz oben auf die Tagesordnung setzen und sie als Maßstab durchdeklinieren. Ich will mich aber an einem aktuellen Bericht der Europäischen Kommission orientieren, der unter der Überschrift „The Future of Cities Report“ erstellt und im Oktober 2019 vorgelegt worden ist.

Der Bericht führt aus, dass die Herausführung der Städte in Europa und das zukünftige Leitbild für die Zukunft der Stadt die dringenden Antworten in den Handlungsfeldern „Bereitstellung von bezahlbaren Wohnungen“, „bürgernahe, digitalisierte Dienstleistungserbringung“, „Förderung umweltfreundlicher, klimafreundlicher Mobilitätsangebote“, „Umgang mit der Alterung der Gesellschaft“ und „Gesundheit der Stadtbevölkerung“ sowie insbesondere in den Bereichen „Umwelt“ und „Klima“ in die zukünftige Stadtentwicklung integriert darstellen muss.

Hier komme ich zu dem, was wir in Nordrhein-Westfalen nicht haben: Wir haben keine Stadtentwicklungspolitik, die auf diese dringenden Herausforderungen der Zukunft irgendeine Antwort gibt. Wir haben business as usual, Heimatprogramme – das ist gut und schön –, aber die Antworten auf die Kernfrage, wie die Herausforderungen der Zukunft mit einer aktiven nordrhein-westfälischen Stadtentwicklungspolitik bewältigt werden sollen, suchen wir vergebens.