Im Vordergrund stehen und standen im Bereich Frauen und Mädchen drei Maßnahmen, auf die ich heute eingehen möchte.
Erstens: der Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Die im Verborgenen praktizierte weibliche Genitalbeschneidung müssen wir offen ansprechen und behandeln, damit wir die betroffenen Communitys und unsere gesamte Gesellschaft für dieses Thema sensibilisieren
Ich bin deshalb froh, dass im kommenden Jahr neben den bestehenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten und Aufklärungs- und Informationsmaßnahmen konkrete weitere Planungsmaßnahmen zur Verhinderung und Vermeidung der weiblichen Genitalverstümmelung anstehen.
Ich halte es für wichtig, dass wir im Rahmen des frisch angelaufenen Pilotprojektes herausfinden, wie wir Mädchen und junge Frauen über die Gefahren der Genitalbeschneidung aufklären können. In dem Projekt setzen wir auf die Ausbildung von Schlüsselpersonen in den Communitys, um dort mehr Aufklärung zu schaffen.
Dabei halte ich auch die zwei Aufklärungsfilme für besonders hilfreich. Ein Film richtet sich direkt an die betroffene Community und der andere an die breite Öffentlichkeit. Dieses zweigleisige Vorgehen wird präventive Wirkungen erzielen.
Zweitens möchte ich auf die Loverboy-Methode eingehen. Sie ist bisher noch wenig bekannt, aber sehr gefährlich für minderjährige Mädchen und junge Frauen.
Die Täter täuschen ihnen eine Liebesbeziehung vor und machen die Frauen emotional von ihnen abhängig. In der Folge zwingen sie die Frauen in die Prostitution.
Diese perfide Methode fügt den Opfern lebenslange Verletzungen zu, psychisch und physisch. Die Anhörung, die wir zu diesem Thema durchgeführt haben, wird mir – und ich glaube, auch vielen von uns – noch lange in Erinnerung bleiben.
Vor einer solchen Gefahr dürfen wir nicht die Augen verschließen – ganz im Gegenteil: Es war richtig, unverzüglich durch unseren Antrag „Sensibilisierung, Aufklärung und Prävention“ zu handeln.
Nur durch Prävention und besonders durch Primärprävention ist die Loverboy-Methode zu bekämpfen und einzudämmen. Die Präventionsansätze werden jetzt durch den neuen Gleichstellungshaushalt intensiviert.
Drittens: die anonyme Spurensicherung. Neben den geplanten Maßnahmen gegen Menschenhandel bin ich sehr froh, dass wir im Rahmen der anonymen Spurensicherung einen großen Schritt vorwärtsgekommen sind.
Neben den künftigen Standardisierungsmaßnahmen der Spurensicherungssets auf Landesebene ist auf Druck NRWs nun das letzte fehlende Glied für eine flächendeckende Versorgung der anonymen Spurensicherung in die Kette eingesetzt worden. So werden künftig die ärztlichen und labortechnischen Leistungen als Kassenleistungen anerkannt.
Damit stärken wir die anonyme Spurensicherung als wertvolles und erfolgreiches Instrument im Kampf gegen Gewalt und vor allem konsequentes Vorgehen gegen Gewalttäter.
Aber im Gleichstellungshaushalt befassen wir uns neben der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auch mit weiteren Handlungsfeldern. Deswegen möchte ich gerne den Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Jungen und Männer und LSBTI-Menschen ansprechen.
Bisher sind Jungen und Männer mit dem Gewaltproblem fast allein gelassen worden, und deswegen ist es völlig richtig, dass wir den Etat von 100.000 auf 200.000 Euro im kommenden Jahr verdoppeln, damit nicht nur der Aufbau des Landesaktionsplans weiter fortgeführt werden kann, sondern auch ErsteHilfe-Maßnahmen für Akutsituationen realisiert werden können. Dazu zählt der Aufbau einer Hotline für von Gewalt betroffene Männer und die Einrichtung von Schutzunterkünften für Männer.
Im kommenden Jahr werden wir uns also weiter intensiv mit dem Themenspektrum Schutz und Gewalt befassen – an Mädchen und Frauen sowie an Jungen und Männern. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse der derzeit laufenden Landesanalyse über die Bedarfsgerechtigkeit der Frauenhilfeinfrastruktur.
Ebenso verspreche ich mir Erkenntnisgewinne aus der noch laufenden Dunkelfeldstudie über das Phänomen „Gewalt gegen Frauen, Mädchen, Jungen und Männer“.
Wir werden bei der Vorlage der Analysen eine Auswertung vornehmen und dann entscheiden, welche Stellschrauben zu einer Optimierung der Hilfestruktur gedreht werden müssen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller-Rech. – Für die AfD-Fraktion spricht Frau Kollegin Dworeck-Danielowski.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in diesem Jahr verfehlt der Haushaltsplan für das Jahr 2020 im Bereich Gleichstellung das eigentliche Ziel, etwas Wesentliches zur Gleichberechtigung von Mann und Frau gemäß Art. 3 Grundgesetz beizutragen.
Das fängt schon bei der Verwaltung an. Wie kann es sein, dass immer noch die 375 kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Frauen sind? – Klar, weil es im Landesgleichstellungsgesetz so vorgeschrieben ist.
Das Gleichstellungsgesetz ist nicht mehr zeitgemäß. Diese Grundhaltung ist nicht mehr zeitgemäß und führt zu Recht dazu, dass die Akzeptanz von Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten zunehmend schwindet oder eher belächelt wird.
Wenn Sie die Gleichstellung ernst nähmen – so als Weiterentwicklung der guten alten Frauenförderung –, wäre es an der Zeit, diese Stelle völlig unabhängig von Sex und Gender auszuschreiben.
Gesellschaft verändert sich. Es wird immer selbstverständlicher, dass Männer sich in Kindererziehung einbringen, dass sich Männer Vaterschaftsurlaub nehmen usw.
Wäre es in manchen Betrieben oder Behörden nicht sogar eher der Mann, der Unterstützung und Beratung bräuchte, weil es bei seinen Vorgesetzten eben noch nicht als selbstverständlich angesehen wird, dass auch er mal zu Hause bleiben muss, wenn das Kind krank ist?
Genauso antiquar sind Ihre gleichstellungspolitischen Bemühungen, Mädchen und Jungen für Berufsfelder jenseits von Geschlechterstereotypen zu gewinnen. Girls-and-Boys-Days etc. – es hat schon fast eine gewisse Komik.
Sie schrieben selber im Erläuterungsband im letzten Jahr: Trotz all dieser Maßnahmen über viele Jahre hinweg hat sich das Wahlverhalten von Jungen und Mädchen nicht signifikant geändert.
Was machen Sie? – Immer weiter, anstatt einfach mal zu akzeptieren, dass junge Frauen und junge Männer selber sehr gut wissen, was sie wollen. Mädchen und Jungen können heute jeden Beruf ergreifen, den sie wollen.
Frauen können zum Militär. Sie können sogar Panzer fahren, sodass es zu diesen absurden Werbespots der Bundeswehr gekommen ist, für die sie auch ziemlich in die Kritik geraten ist – zum Girls-Day „Platz da, jetzt kommen die Girls“ –, ein Video, wie eine junge Frau mit einem Panzer den Pkw von einem Mann zermalmt.
Trotzdem scheinen die Interessen der Jungen und Mädchen resistent gegenüber Ihren gleichstellungspolitischen Bemühungen zu sein. Auch die Shell-Studie hat in der Presse für großes Entsetzen gesorgt:
Ei der Daus! Die heranwachsenden jungen Frauen möchten, wenn sie Mutter werden, am liebsten maximal Teilzeit arbeiten, und die jungen Männer wünschen sich ebenfalls eine Frau an ihrer Seite, die im Falle der Mutterschaft temporär beruflich zurücktritt.
Da der Mensch sich offenkundig an diesen grundlegenden Wesenszügen nicht so einfach umerziehen lässt, sollten Sie vielleicht einfach umdenken.
Lassen wir doch die jungen Leute selber ihre Berufe wählen, ihre Interessen verwirklichen. Wenn wir die daraus resultierenden Risiken abfangen wollen, brauchen wir gute Rückkehrmöglichkeiten in den Beruf nach der Elternzeit, Teilzeitausbildung, bessere Berücksichtigung von Kindern bei der Rente usw.
Apropos Shell-Studie: Bei der Frage danach, wer das Gymnasium schaffen könnte, war die Antwort so eindeutig wie erschreckend. Der junge Mann aus der Unterschicht ist nach wie vor der Bildungsverlierer. Was uns im Sinne der Gleichstellung fehlt, ist ein Konzept zur Jungenförderung.
Immerhin positiv hervorzuheben ist, dass mittlerweile auch Gewalt gegen Jungen und Männer in Ihrem Haushalt ein Thema ist.
Insgesamt begrüßen wir Ihre Leistung für den Bereich Gewaltprävention. Der Ausbau der Frauenhäuser kommt den erschreckend hohen Bedarfen zwar immer noch nicht nach, aber Sie bauen aus, und das finden wir gut.
Das Engagement gegen Zwangsheirat, Beschneidung von Mädchen finden wir sehr richtig und wichtig. Ob es allerdings ausreicht, mit Multiplikatorinnen einen – wie Sie schreiben – Bewusstseinswandel anzuregen, bezweifeln wir.
So eine gravierende Körperverletzung von jungen Mädchen ist kein Kavaliersdelikt. Wir fordern neben Ihren präventiven Bemühungen auch ganz klar eine strafrechtliche Verfolgung dieser Form von Gewalt.
Das Kapitel zu Gewaltprävention, Frauenhäusern und Beratungsstellen, Gewalt gegen Jungen, Zwangsheirat etc. findet unsere Zustimmung. Gäbe es keinen Gleichstellungsausschuss, könnte man diese Position bestimmt auch im Bereich „Soziales“ oder „Gesundheit“ ansiedeln.
Darüber hinaus halten wir die Erziehung der Geschlechter hin zu bestimmtem Verhalten für falsch. Richtig wäre es, Bedingungen zu schaffen, in denen Männer und Frauen sich so entfalten können, wie sie es wünschen. – Wir lehnen Ihren Haushaltsentwurf ab.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dworeck-Danielowski. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Scharrenbach.
Eine erstmalige landesweite Analyse über die Auskömmlichkeit der Hilfeinfrastruktur für von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen.