Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein leider zu früh verstorbener Landtagskollege hat zu den größten Fehlern der Politik einmal gesagt: „Glaube niemals der eigenen Propaganda!“ Ich stelle fest, die SPD-Landtagsfraktion fällt einmal mehr auf sich selbst herein; anders kann man den vorliegenden Antrag hier nicht deuten.
Ich greife einen Punkt heraus: Sie fordern, dass Menschen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Ich zitiere aus Ihrem Antrag:
„Eine neue Politik für die Vielen stellt sich allen Versuchen entgegen, Menschen mit vielen gemeinsamen Interessen und Werten in konkurrierende Gruppen und Minderheiten aufzuspalten, auch wenn es polittaktisch gerade opportun erscheinen mag.“
Das heißt, man kann und sollte keine Arbeitnehmer gegeneinander ausspielen – soweit die Theorie im Antrag.
Rot-grüne Tagespolitik sah in der letzten Wahlperiode anders aus: Für zwei Jahre sollten viele Polizisten, Lehrer und Richter auf Lohnerhöhung teilweise oder sogar ganz verzichten. Begründung: weil es sich bei ihnen um Besserverdienende handelt.
Also sind Polizisten nach Ihrer Lesart Besserverdienende, Richter oder Lehrer an Gymnasien waren sogar Besser-Besserverdienende. Da weiß man auch, wo sozialdemokratischer Reichtum anfängt.
Norbert Walter-Borjans, der aktuelle Hoffnungsträger der NRW-SPD, sah in diesem Schritt sogar eine Chance, eine „Gerechtigkeitslücke“ zwischen Angestellten und Beamten zu schließen. Reallohnverluste bei Polizisten, Lehrern und Richtern waren also bei Ihnen Beiträge für mehr soziale Gerechtigkeit. Das ist „Beschäftigte gegeneinander ausspielen“.
Das galt übrigens auch in Ihrem Bereich, Herr Kutschaty. Auch dort sollten Justizangestellte und Richter gegeneinander ausgespielt werden. Wie glaubwürdig sind Sie in der heutigen Debatte?
als das vor dem Verfassungsgericht behandelt worden ist. Die haben den Kopf geschüttelt und gesagt: So geht es nicht.
Sie sind an Ihren eigenen Ansprüchen, die Sie im Antrag dargelegt haben, als Minister krachend gescheitert. So viel zu Ihrer Glaubwürdigkeit.
Aber auch in der Opposition läuft der Motor mit Ihnen am Steuer und am Gaspedal nicht richtig rund. Deshalb ein kleiner Blick in die Mechanik:
Das Drehmoment beschreibt die Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper. Für jede Strecke, für jede Herausforderung gilt es, das optimale Tempo herauszufinden.
beit“, „Bildung“, „Finanzen“ und „Wirtschaft“ dermaßen zurecht, dass ein Drehmoment entsteht, welches erstens jeden Sportwagenhersteller neidisch werden lässt, und man sich zweitens wundern muss, dass Ihnen beim Schreiben des Antrags nicht schwindelig geworden ist.
Sie laufen mit diesem Antrag Gefahr, dass Sie drittens überdrehen und viertens Ihnen das Thema völlig um die Ohren fliegt.
Niemand bestreitet, dass sich der Arbeitsmarkt verändert und sich die wirtschaftlichen Schwerpunkte im Land Nordrhein-Westfalen verschieben. Aber die NRW-Koalition aus CDU und FDP sieht den Strukturwandel auch als Chance in Richtung eines modernen und vielseitigen Wirtschaftsstandorts, an dem neue Arbeitsplätze entstehen.
Sie werfen in Ihrem Antrag die Frage auf, wie neue Arbeitsplätze entstehen; aber die Antwort darauf, wo diese Arbeitsplätze entstehen, bleiben Sie schuldig.
Wir haben eine Antwort darauf: Die Arbeitsplätze entstehen bei einer Bevölkerungsgruppe, bei einem Teil der Gesellschaft, der in Ihrem Appell völlig außen vor bleibt.
Sie nennen in Ihrem Antrag viele Gruppen von Leistungsträgern wie Pizzaboten, Handwerker und Erzieher. – Das ist alles richtig, und das will ich nicht infrage stellen.
Bezeichnend ist aber, wen Sie nicht nennen: Sie nennen die mutigen und fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmer nicht, die überhaupt erst Arbeitsplätze schaffen und damit Menschen in Lohn und Brot bringen – und das in einer Woche, in der Wirtschaftsjunioren hier im Landtag waren.
Da ging es um Know-how-Transfer, und vielleicht hätte Ihnen ein Wirtschaftsjunior an der Seite ganz gut gestanden, damit Sie dann auch diese Gruppe entsprechend gewürdigt hätten.
Der Staat ist nämlich nicht der bessere Unternehmer, liebe Genossinnen und Genossen. Gerade im 30. Jahr nach dem Ende der DDR sollten Sie das wissen.
(Beifall von Gregor Golland [CDU] – Zuruf von Marc Herter [SPD] – Zuruf von der SPD: Un- glaublich! – Unruhe)
so gut gefällt, kann ich Ihnen noch den Publizisten Klaus-Rüdiger Mai mit an die Hand geben, der den Wandel der SPD so formuliert hat – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
„Diese SPD ist nicht mehr die SPD von Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann, nicht die SPD von Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer, nicht die SPD von Herbert Wehner und Willy Brandt, schon gar nicht die von Helmut Schmidt, es ist eine Partei, die in ihrem Zerfall die totalitären Ambitionen von Jungfunktionären, die ihre wirtschaftlichen, politischen und philosophischen Erkenntnisse in einem Callcenter erworben haben, freisetzt.“
Wie die Jusos sieht sich auch die SPD an der Spitze der linken Sozialdemokratie: Anti-GroKo, Anti-HartzIV – mit Klassenkampfparolen zurück in die Vergangenheit.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Deswegen haben Sie Soziales im Koalitionsvertrag auch so her- vorgehoben!)
das Gründerstipendium NRW, der Förderwettbewerb „Exzellenz Start-up Center.NRW“ oder geschaffene Freiräume für die Entwicklung mittelständischer Zulieferunternehmen, die sich auch in Landesteilen befinden, die eben außerhalb der Ballungszentren sind.
Das muss ich Ihnen nämlich ganz deutlich sagen: In Ihrem Antrag findet sich aus dem kreisangehörigen und ländlichen Bereich nur ein Anlagenführer aus Gütersloh. Ansonsten machen Sie in Ihrem Antrag einen ganz großen Bogen um den ländlichen und kreisangehörigen Bereich. Dafür finden sich eben keine Initiativen.
Schlimm ist, dass das Einzige, was sie konkret gesagt haben, eine Kritik an der Landarztquote von Karl-Josef Laumann ist. Das heißt, Menschen im kreisangehörigen und ländlichen Bereich haben von Ihnen rein gar nichts zu erwarten.
Dass unsere Politik ankommt, sieht man an den Zahlen. Die Arbeitslosenquote geht zurück. Auch im Bereich der Industriepolitik und der Industriekonjunktur