In Berlin regieren Sie doch. Dort könnten Sie doch die Weichen umstellen. Warum machen Sie das nicht? Das erschließt sich mir nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, eines der größten Defizite Ihres Antrags und der Grund, weshalb wir diesen heute ablehnen werden, ist: Sie schreiben sehr viel über die Folgen des Klimawandels für Menschen aus einkommensschwachen Haushalten sowie darüber, dass man diese sozialpolitisch abfedern müsse und nicht den Ärmsten der Armen bei Klimawandel und Umweltverschmutzung die größten Belastungen zufallen sollten. Auch das ist alles richtig. Sie schreiben aber kein Wort über die Ursachen des Klimawandels und der Umweltverschmutzung.
Da gibt es riesige Angriffsflächen bei der Regierung. Sie wollen irgendwelche Folgen abfedern, aber an den Ursachen offenbar nichts ändern.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das kannst du dann ja 2022 in den Koalitionsvertrag mit Herrn Laschet schreiben!)
In Ihrem Antrag finden wir nichts dazu, wie wir eine neue Energieversorgung klimaneutral organisieren. Das ist aber für uns die Generationenaufgabe, der wir uns zu stellen haben. – Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass ich heute zu diesem Antrag sprechen darf. – Nein, noch mal zurück auf Anfang, das wäre nämlich gelogen. Mut zur Wahrheit, das war immer das Motto der AfD.
Meine Fraktion kam auf mich zu und sagte, ich sei wohl der Richtige dafür, sich die Bauschmerzen, die Fieberträume der SPD anzuhören. Aus der Psychosomatik kann ich Ihnen sagen: Das, was da so drückt und Sie in Ihrem Antrag so plagt, ist das schlechte Gewissen den Arbeitern in NRW gegenüber.
So stand ich also da, mit Besen und Kehrblech, und wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte, die Reste der SPD in diesem Antrag aufzufegen.
Die substanzloseste Partei Deutschlands, kurz: SPD, verschwendet aktiv Papier, scheinbar – jedenfalls muss man das annehmen – mit dem Ziel, sich zur parlamentarischen Halbzeit dieser Legislatur Selbstorientierung in hoffnungslosen Zeiten zu geben – in einer Zeit, in der die Sozialdemokratie in Deutschland nicht einmal mehr einen Vorsitzenden hat, dem man die zahlreichen Wahlschlappen noch in die Schuhe schieben könnte, in der es für Kevinismus eine eigene Jugendorganisation gibt, in der ihr nicht einmal mehr klar ist, ob man Kapital nun zerschlagen, vergesellschaften oder doch nur gänzlich anders verteilen muss und ob Arbeit wirklich noch sein muss oder wir Bayer, RWE, Ford und Opel doch lieber durch Bienenwiesen ersetzen sollten.
So verkommt der Versuch der verirrten hochbetagten Beliebigkeitssozialisten, eine Duftmarke zu setzen, zu leeren Hashtagphrasen. „Für die Vielen, nicht die Wenigen“ heißt es da. Das hört sich nicht anders an als: Bitte wählt uns doch wieder; nach 130 Jahren haben wir nun endlich den Dreh mit der Gerechtigkeit heraus. – Vielleicht klappt es ja dieses Mal.
Nach Bulette, Exportbier, harter Arbeit, ehrlichen Löhnen, Aufstiegschancen und echten Perspektiven auf ein besseres Leben riecht bei Ihnen schon lange nichts mehr. Es macht vielmehr den Eindruck, die SPD lebe sehr gut von den Armen – sozusagen Armut als Geschäftsmodell. Wie erfolgreich das ist, kann man allenfalls erahnen, wenn man die Vorgänge zwischen AWO und SPD in der Presse verfolgt.
Die Wähler haben das längst begriffen und sind zu den Linken oder Grünen gewandert, ja sogar zu der CDU und – insbesondere die Arbeiter – auch in Scharen zu uns. Der einzige Grund dafür, dass die SPD aktuell noch nicht den Limbo unter die 5 % tanzt, sind die Wähler, die schon immer SPD gewählt haben, weil Ferdi Lassalle so ein netter Typ ist. Aber mit der neuen Brille und dem Vollbart hat er sich keinen Gefallen getan, hört man die Alten zwischen Rollator und Sessellift raunen.
Die einst ehrwürdige SPD hat viel erreicht – keine Frage. In der Moderne wird sie in diesem Zustand aber schlicht nicht mehr gebraucht. Ihre Rezepte sind angestaubt, völlig aus der Zeit gefallen.
(Wolfgang Jörg [SPD]: Das sagt jemand von der AfD, ich lach mich tot! Sie wollen doch zu- rück in die 50er-Jahre, wenn nicht noch frü- her!)
Der Markt tickt längst anders und reagiert auf Ihren hydraulischen Keynesianismus schon längst nicht mehr – maximal noch mit Husten und Unverständnis, aber sicherlich nicht mit Wachstum oder fairer Verteilung.
Sie steckten im Bund und lange auch hier im Land immer mehr Geld in ein Sozialsystem, das völlig aus den Fugen geraten ist, Milliarde nach Milliarde verschlingt und trotzdem keinen spürbaren Effekt hinterlässt. Insbesondere in Ihrer Regierungszeit sind die Sozialausgaben stark gestiegen – und genauso die Armutsquote.
18 % der Menschen in NRW gelten mittlerweile als armutsgefährdet, also fast jeder Fünfte. In Gelsenkirchen, einer Ihrer Hochburgen, ist es jeder Vierte. Dort wählt man in Teilen immer noch die SPD in der Hoffnung, dass es dieses Mal vielleicht besser werden könnte. Das wird es aber schon seit Dekaden nicht mehr. NRW ist trauriger Spitzenreiter. Kein anderes Flächenland in Deutschland ist in den letzten Dekaden derart abgewirtschaftet worden.
Über 30 % der Kinder in Essen, Dortmund, Mönchengladbach und Herne leben in Familien, die mit Hartz IV auskommen müssen. In Bayern werden die Menschen mittlerweile im Schnitt zehn Jahre älter als in Duisburg, Gelsenkirchen oder Hagen.
Was passiert, wenn man einem SPD-Innenminister die innere Sicherheit überträgt, brauche ich Ihnen spätestens seit der Silvesternacht 2015 nicht mehr zu erzählen. Man kann der SPD die innere Sicherheit ruhig anvertrauen, aber dann ist sie eben weg.
Das ist Ihr Wirken, Ihre Bilanz. Das ist real existierende Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen mit all ihren grausamen Auswirkungen auf Familie, Arbeitsplätze, Lebensqualität, Standort und letztlich sogar noch auf die Gesundheit.
Dabei steigen die Zahlen der Beschäftigten sehr wacker, teilweise sogar gegen den europäischen Trend. Manche Jobs, die Sie schaffen, sind so gut, dass man gleich mehrere davon haben muss, um sich noch eine Wohnung in den rot-grünen Städten leisten zu können. Stolz verkündet Arbeitsminister Hubertus Heil immer, wie gut es doch dem Arbeitsmarkt geht. Was nutzt einem ein Job, wenn es für das tägliche Leben am Ende nicht mehr reicht? Arbeit ist doch kein Selbstzweck.
Was nutzen mir die Hirngespinste von Giffey und Co., wenn die mickerige Erhöhung von Kindergeld und Hartz IV direkt nach den Wocheneinkäufen von Milch, Butter und Fleisch und der Fahrt zur Tankstelle gänzlich wieder aufgefressen wird? Was bringen mir Zuschüsse zur Kita, wenn ich vorher das Doppelte meines erarbeiteten Geldes über Lohnsteuer, Energieumlage, Mehrwertsteuer, Hundesteuer etc. wieder abgenommen bekomme?
Sie blasen den Staat immer weiter auf in der Hoffnung, Sie wüssten besser, wo den Bürger der Schuh drückt. Geben Sie doch einfach zu, dass Sie nach 130 Jahren keine Ahnung mehr davon haben, wie Sie das alles noch stemmen sollen.
Ihr Antrag ist auf jeden Fall keine Hilfe, er ist allenfalls ein hilfloser Ruf nach mehr von allem, ein Wunschtraum eines sozialistischen Utopia. Davon lässt sich aber schon längst niemand mehr blenden, zumindest niemand, der mitbekommen hat, dass der Neue der SPD Kutschaty und nicht Willy Brandt ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Vincentz. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Lienenkämper das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wir wissen in diesem Hohen Hause genau, dass Nordrhein-Westfalen seit seiner Gründung durch die Briten 1946 eine besondere Nähe zum Vereinigten Königreich auszeichnet. Das hat in den guten Zeiten
der Sozialdemokratie dazu geführt, dass sich beispielsweise Ministerpräsident Wolfgang Clement an Tony Blair orientiert und gesagt hat: Tony Blair führt die thatcheristischen Reformen mit sozialdemokratischer Handschrift weiter. – Er hat daraus gefolgert, man müsse dieses Land stärker machen und modernisieren. Es hat mal eine Zeit gegeben, in der Bill Clinton, Tony Blair und Gerhard Schröder die neue Sozialdemokratie definiert und dabei auch unbestreitbare Erfolge erzielt haben.
Herr Kollege Kutschaty, nun muss ich leider feststellen, Sie orientieren sich an Jeremy Corbyn. Das ist nicht besonders erfolgversprechend. Deswegen finde ich es auch nicht besonders zielführend und geistreich, die Überschrift Ihres Antrags schlichtweg bei Jeremy Corbyn und seinem Wahlprogramm eins zu eins, wenn auch nicht perfekt übersetzt, abzukupfern. Dort heißt das Wahlprogramm „FOR THE MANY NOT THE FEW“. Daraus ist dann in nordrhein-westfälischer sozialdemokratischer Übersetzung „Für die Vielen, nicht die Wenigen“ geworden. Ich kann Ihnen sagen: Wenn das das Versprechen ist, das Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen geben wollen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass sie dieses Versprechen annehmen.
Sie haben Erfahrung mit Übersetzungen aus dem englischsprachigen Raum. „Kein Kind zurücklassen“ war die geniale und gescheiterte Politik des George W. Bush, des bösen Bush, wie wir hier manchmal sagen. „No Child Left Behind“ übersetzt in „Kein Kind zurücklassen“. Ergebnis der Veranstaltung: Kitas unterfinanziert, Schulsystem nicht in Ordnung,