Im Namen der SPD-Fraktion will ich diesem parteiübergreifenden und bürgerschaftlich getragenen Engagement heute noch einmal unseren ausdrücklichen Respekt und Dank aussprechen.
Nicht vor 20 Jahren, nicht vor 15 Jahren, nicht vor 10 Jahren, auch nicht vor 5 Jahren ist diese Bewegung aus Bürgerinnen und Bürgern im ganzen Land gestartet, sondern im Jahr 2018.
Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist: Allein in den vergangenen vier Jahren sind die Tiefbaukosten im Land um rund 20 % gestiegen. Es ist heute schlicht dramatisch teurer, wenn vor der Haustür die Bagger anrollen.
Straßenausbaubeitragsbescheide sind erbarmungslos. Für ihre Höhe spielt das Einkommen keinerlei Rolle. Für ihre Höhe spielt auch der Wert der Immobilie keine Rolle. Sie kennen schlicht keine Gnade.
Bei weit mehr als 100 Veranstaltungen im ganzen Land haben Abgeordnete meiner Fraktion in den vergangenen Monaten mit Betroffenen vor Ort diskutiert.
Ungezählte Straßenbausatzungen und Straßenausbaubeitragsbescheide haben wir geprüft. In Dutzenden zum Ausbau anstehender Straßen haben wir den Betroffenen direkt vor deren Haustüren zugehört.
Wir haben nicht wenige Objekte mit Verkehrswerten um 150.000 Euro und hohen fünfstelligen Straßenausbaubeiträgen gesehen.
Wir haben ältere Menschen kennengelernt, die in wirklich bescheidenem Wohneigentum zu Hause sind und ihr Bestes geben, um die monatlichen Nebenkosten zu bewältigen.
Wir haben junge Eltern kennengelernt, die zwar nicht gerade in einen Palast aber in die eigenen vier
Wir sind, meine Damen und Herren, zu dem Schluss gekommen: Dieses Gesetz gefährdet Existenzen. Es ist schlecht, und darum gehört es abgeschafft.
Welch wirkliche Entfesselung könnten wir hinbekommen, wenn 396 Kommunen im ganzen Land plötzlich aufhören könnten, sich mit 400 eng beschriebenen Kommentarseiten zu § 8 KAG zu beschäftigen und ihre Zeit mit so sinnlosen Berechnungen wie derjenigen zu verbringen, ob nun 68,5 oder 68,8 % der Straßenlaterne oder des Baumbeetes umzulegen sind? – Lassen Sie uns diesem Bürokratieblödsinn doch endlich gemeinsam ein Ende machen.
Nun zu dem Plan einer Reduzierung der Kosten für Anlieger: Betroffene, die 40.000 Euro nicht aufbringen können, werden auch 20.000 Euro häufig nicht aufbringen können.
Es helfen auch keine verpflichtenden Anliegerversammlungen oder Fünfjahrespläne – die senken nämlich keinen einzigen Beitragsbescheid.
Dieses KAG, meine Damen und Herren, ist nicht reformierbar. Das haben die CDU-Landtagsabgeordneten, die in ihren Wahlkreisen bei der Volksinitiative für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge unterschrieben haben, längst erkannt.
Ich appelliere an die Abgeordneten der Mehrheit des Hauses: Hören Sie auf den Protest der Betroffenen. Ignorieren Sie die kommunalen Stimmen in Ihren eigenen Reihen nicht weiter. Erkennen Sie, dass hier konnexitätsrelevant neue Aufgaben geschaffen werden. Springen Sie über Ihren Schatten: Verabschieden Sie dieses schlechte Gesetz nicht.
„Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, bei Kompensation für die Kommunen durch das Land, würde die Bürger entlasten und ein Investitionshemmnis bei kommunaler Infrastruktur beseitigen.“
Gesagt hat das Hendrik Wüst, Landesvorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung und Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Déus hat es eben angesprochen: Das Kommunalabgabengesetz existiert seit 50 Jahren im Wesentlichen unverändert. Die hier heute vorgelegte Änderung ist die erste wesentliche seit 50 Jahren.
Mit dieser Änderung erreicht die NRW-Koalition das Kernziel, das wir am Anfang dieses Prozesses ausgegeben haben. Es lautet: Eine finanzielle Überforderung von betroffenen Eigentümern wird es zukünftig nicht mehr geben.
Dieses Ziel wird durch ein Maßnahmenpaket erreicht; exemplarisch möchte ich auf einige Punkte eingehen:
Da ist zunächst die Härtefallregelung zu nennen, die seitens der SPD-Fraktion immer gerne übergangen wird. Bislang gab es eine abstrakte Möglichkeit, Härtefallregelungen über die Abgabenordnung zu nutzen. Wir konkretisieren das zugunsten der Betroffenen.
Bislang galten, wenn es um Stundungen bzw. Ratenzahlungen ging, 6 % Zinsen. Wir passen das Ganze mit einer Verbesserung um fünf Prozentpunkte an.
Wir führen eine verpflichtende Bürgerbeteiligung ein, damit die Betroffenen frühzeitig wissen, was eigentlich passiert und ihnen unterschiedliche Varianten aufgezeigt werden.
Es kommt zu mehr Planbarkeit und mehr Transparenz durch ein verpflichtendes Straßen- und Wegeprogramm. Es orientiert sich an der Mittelfristigen Finanzplanung.
Jeder von uns, der schon mit kommunalen Praktikern gesprochen hat, weiß, dass entsprechende Straßenbaumaßnahmen in einer solchen Finanzplanung ohnehin abzubilden sind – direkt und indirekt. Darum ist es richtig, diese Daten zukünftig auch im Wegeprogramm anzuführen, sodass sie einfach und transparent einsehbar sind – übrigens inklusive der Information, was die Kommune eigentlich unterjährig für die Unterhaltung der Straße tut.
Vor allem stellen wir Geld zur Verfügung: Wir stellen ab dem kommenden Jahr 65 Millionen Euro bereit.
Es handelt sich somit um den einzigen gegenfinanzierten Vorschlag, der in dieser Diskussion auf dem Tisch liegt.
(Beifall von der FDP und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Das stimmt gar nicht! Wir haben doch einen Vorschlag gemacht!)
Mit diesem Vorschlag werden die Kommunen weder besser- noch schlechtergestellt, aber die betroffenen Bürgerinnen und Bürger werden um 65 Millionen Euro entlastet. Das sind spürbare Entlastungen, die mit diesem Maßnahmenpaket kommen.
Meine Damen und Herren, ich will noch einmal einige Anmerkungen machen zu einer, wie ich finde, durchaus bemerkenswerten Debatte.
Herr Kollege Höne, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Hübner würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Lieber Henning Höne, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir bereits zur zweiten Lesung einen Deckungsvorschlag für die gesamte Summe vorgelegt haben zur Erstattung der Straßenausbaubeiträge an die entsprechenden Anlieger. Der lag Ihnen doch auch sicher in kompletter Höhe vor. Oder lag Ihnen dieser Deckungsvorschlag nicht vor? Sie haben ja mehrfach behauptet, dieser Deckungsvorschlag seitens der SPD wäre nicht vorhanden gewesen.