Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der AfD hat direkte Abstimmung beantragt. Ich darf also fragen, wer dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/8100 zustimmen will. – Das sind erwartungsgemäß die Abgeordneten der antragstellenden Fraktion der AfD. Gegenstimmen? – Das sind, wie angekündigt, die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich frage der guten Ordnung halber, ob es seitens eines Kollegen oder einer Kollegin den Wunsch gibt, sich der Stimme zu enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/8100 abgelehnt wurde.

Wir kommen damit zu:

9 Siebtes Gesetz zur Änderung des Polizeige

setzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/7549

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 17/8120

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der CDU dem Kollegen Sieveke das Wort. – Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So kurz vor Weihnachten ist es richtig schön, sich wiederum mit einem tollen Gesetz zu befassen. Der Innenminister freut sich, Herr Ganzke freut sich – eigentlich freuen wir uns alle, weil uns wiederum ein Polizeigesetz vorliegt, das mit Maß und Mitte vorangeht.

(Sven Wolf [SPD]: Nein, nein, nein! Er freut sich noch nicht!)

Zu Ihnen, Herr Wolf, komme ich gleich noch.

Maß und Mitte wurden durch diese Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen nämlich im Bereich der inneren Sicherheit immer schon gewahrt, und auch die Bilanz, die der Innenminister vorgestellt hat, belegt eindrucksvoll, dass wir mit Maß und Mitte vorgehen.

Und so machen wir auch weiter – mit Maß und Mitte, transparent, nah am Bürger und natürlich innerhalb des rechtlichen Rahmens. In dieses Selbstverständnis passt vollumfänglich das vorliegende Gesetz.

Der Einsatz von Bodycams war erfolgreich. Eine deeskalierende Wirkung ist gegeben. Damit überwiegen ganz klar die Vorteile der Bodycams.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Nein! – Gegenruf von Marc Lürbke [FDP]: Doch! – Monika Düker [GRÜNE]: In Paderborn vielleicht!)

Frau Schäffer, ich habe damit gerechnet. Sie sprechen von einer Entzauberung der Bodycams. Davon kann nicht die Rede sein.

(Beifall von der CDU)

Beim Vollzug der Freiheitsentziehung im Polizeigewahrsam kommt durch die Rechtsverordnung mehr Rechtssicherheit ins System. Alle Beteiligten können davon ausgehen und sich darauf verlassen, dass die NRW-Koalition ihre erfolgreiche Sicherheitspolitik kritikoffen weiterentwickelt – nicht nur heute, sondern auch in Zukunft.

Herr Ganzke, Sie haben im Innenausschuss gesagt, als wir miteinander gesprochen haben: Wie toll war das beim Sicherheitspaket I. – Aber Sie müssen auch akzeptieren: Wenn man bei einem so eng gefassten Gesetz davon überzeugt ist, dass man es richtig macht, und die Anhörung auch nichts anderes ergibt – natürlich gibt es Kritik und irgendjemand möchte etwas anders haben –, dann geht man so vor. Das hat nichts damit zu tun, die Kolleginnen und Kollegen nicht wertzuschätzen. Sie wissen, dass wir im Bereich der inneren Sicherheit immer wieder miteinander reden.

Der politische Wille breiter Teile der Bevölkerung zum Themenfeld der inneren Sicherheit ist sicherlich unstrittig. Sie schauen sehr stark und positiv darauf. Dem kommen wir als regierungstragende Fraktionen ebenso wie der Arbeitskreis und die Innenpolitiker

nach, und wir beachten auch die Hinweise, die uns in sicherheitsrelevanten Fragen immer wieder gegeben werden.

Sie können davon ausgehen: Wir stehen als NRWKoalition für gute und gut gemachte Gesetze und ganz und gar nicht für Schnellschüsse. Wir liefern aber auch. Wir setzen Versprechen um und schieben Entscheidungen nicht auf die lange Bank.

Auch im Bereich der Bodycams ist das so. Man kann dafür oder dagegen sein – Frau Schäffer, Sie waren eher dagegen –, aber bis 2020 für 9.000 Bodycams 7 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, zeigt ganz klar ein aktives Regierungshandeln, es steht für „Machen statt Meckern“ sowie für eine greifbare Politik, die von den Menschen nachvollzogen werden kann. Diese Politik muss übrigens auch nicht den Vergleich zum vorherigen Regierungshandeln scheuen.

Kommen wir aber mal zum Vergleich und damit auch zum Kollegen Wolf und Ihrer Pressemitteilung. Sie konnten leider nicht an der Innenausschusssitzung teilnehmen; deshalb musste der Sprecher es über sich ergehen lassen. Ihre Presseerklärung war selbst in der Adventszeit schon gewöhnungsbedürftig. Wir haben sie mit Gelassenheit und Ruhe hingenommen.

(Marc Lürbke [FDP]: Na ja!)

Ich hoffe, dass Sie für die Pressemitteilung, die Sie da abgegeben haben, bei der Weihnachtsfeier der SPD extra Dominosteine bekommen haben, ansonsten aber auch nichts. Denn zu sagen, dass Sie sich dafür eingesetzt hätten, dass das Polizeigesetz die Balance erfährt – da muss ich wirklich im falschen Film gewesen sein.

(Marc Lürbke [FDP]: Irre!)

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Herr Ganzke war dabei, und Herr Ganzke hat mit den Innenpolitikern von FDP und CDU permanent Gespräche geführt. Ich nehme Ihnen ab, dass Sie nicht sagen würden, dass Sie das gemacht haben, sondern die SPDPolitiker – geschenkt. Aber es ging dabei eigentlich nur noch um die anwaltschaftliche Begleitung. Alles andere haben wir vorher schon immer wieder in Anhörungen partnerschaftlich miteinander geklärt.

(Sven Wolf [SPD]: Es ging auch um die Tatbe- stände, die Vorverlagerung!)

Deswegen: Ich warne davor, sich einfach so mit auf diesen positiven Zug zu schwingen. Aber geschenkt; wir sind in der Advents- und Vorweihnachtszeit.

(Frank Müller [SPD]: Offensichtlich nicht!)

Wenn es richtig ist, dann möchten eben viele auch mit dabei sein.

(Sven Wolf [SPD]: Heute Abend gibt es von Gladbach aber nichts geschenkt! – Frank Mül- ler [SPD]: Das war schon wieder so ein sinn- befreiter Beitrag!)

Aber eines lasse ich Ihnen nicht durchgehen. Sie hatten genug Zeit, in der inneren Sicherheit alles zu machen. Das haben Sie aber nicht getan. Ihnen fehlte der politische Wille. Sollte dieser Wille jetzt vorhanden sein, sodass Sie bei den Sicherheitsgesetzen gerne mitmachen möchten, dann sind Sie immer herzlich willkommen.

Die weiteren inhaltlichen Punkte des Gesetzes kennen Sie, und ich nenne sie nur noch zur Vollständigkeit: die Entlastung im Gewahrsam durch Tarifbeschäftigte, die Aufnahme von Art. 8 des Grundgesetzes in die Zitiervorschriften sowie datenschutzrechtliche Anpassungen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Auch mit diesem Gesetz wird es ein guter Tag für die innere Sicherheit,

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

ein guter Tag für die Polizistinnen und Polizisten vor Ort, ein guter Tag für die Menschen in NordrheinWestfalen. Vielen Dank an unseren Innenminister, an den Staatssekretär und an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – Ich wünsche Ihnen weiterhin eine schöne Adventszeit. Danke schön.

(Beifall von der CDU, der FDP und Markus Wagner [AfD])

Vielen Dank, Herr Kollege Sieveke. – Als nächster Redner hat nun Herr Kollege Ganzke das Wort.

(Frank Müller [SPD]: Ein Lichtblick! Man hat ja sonst nicht viel Grund zur Freude heute!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber und aus voller Überzeugung wertgeschätzter Kollege Sieveke, ich habe Ihrer Rede zugehört. Am Anfang hat die Kollegin Schäffer mich gefragt, ob sie denn richtig informiert ist, dass wir das Gesetz ablehnen werden. Ich will ganz klar sagen: Die SPD-Fraktion wird dieses Siebte Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen ablehnen.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Und so, wie wir das letzte Sicherheitspaket gemeinsam beschlossen haben, lehnen wir das Gesetz nun ab, weil wir Gründe dafür haben.

Herr Kollege Sieveke, Sie haben die Anhörung angesprochen. Ich habe in meiner siebenjährigen Tätigkeit hier im Landtag gemerkt, dass es darauf ankommt, wo man sitzt, um Anhörungen in der Rückschau möglicherweise so oder so zu sehen.

Ich habe die Sachverständigenanhörung etwas anders gesehen als Sie, Herr Kollege Sieveke. Ich glaube, dass einige der Sachverständigen uns mit auf den Weg gegeben haben, dass einige Passagen in diesem Änderungsgesetz verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen.

Vor dem Hintergrund möchte ich die auch noch einmal nennen, die uns dazu bringen, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Es gab von mehreren Sachverständigen eine ganz konkrete Kritik bezüglich Art. 1 Nr. 11 betreffend § 37 Polizeigesetz. Daraus zitiere ich mit Erlaubnis der Frau Präsidentin:

„Aufgaben im Polizeigewahrsam können zur Unterstützung … auch durch Bedienstete der Polizei, die nicht Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte sind, wahrgenommen werden.“

Das ist der Entwurf, der hier zur Abstimmung steht.

(Daniel Sieveke [CDU]: Auch!)

Dies ist zwar – das hat auch der Sachverständige Löffelmann in seiner Stellungnahme mitgeteilt – unter fiskalischen Gesichtspunkten bestimmt nachvollziehbar, begegnet aber gerade im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Deshalb kurz zur Information: Es geht bei diesen Anforderungen um den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßnahmen. Es geht hier unserer Ansicht nach auch nicht um bloße Hilfstätigkeiten, wie in den Begleittexten noch gesagt wurde – zum Beispiel Hilfstätigkeiten wie das Reichen der Verpflegung für Menschen, die in Gewahrsam genommen worden sind –, sondern hier geht es wirklich um den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen.