Dass wir hier nicht untätig bleiben, zeigt unser Entschließungsantrag mit der entsprechenden Beschlussfassung, die alle thematischen Herausforderungen der Hebammen in den Blick fasst, nämlich: Anerkennung und Wertschätzung der Hebammen, Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Hebammen und die Prüfung von Möglichkeiten, dem Anstieg der Versicherungsprämie entgegenzuwirken. Hier möchten wir uns auch auf Bundesebene einsetzen.
Dies ist aus unserer Sicht der richtige Weg, damit Hebammen und Familien gut in die Zukunft starten können. – Ich freue mich auf einen guten Austausch im Ausschuss im Sinne der Familien und Hebammen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Gebauer. – Herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede – zeitlich fast eine Punktlandung; das ist ein gutes Omen. – Damit kommen wir zur nächsten Rednerin. Das ist für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Lück.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits vor dem ersten Atemzug eines Menschen auf dieser Welt sind Hebammen und Entbindungspfleger da, um die Ungeborenen, die Mütter und Familien bedarfsgerecht und hochqualifiziert zu begleiten.
Persönlich habe ich in meiner Familie erfahren müssen, dass es für Schwangere oft schwierig ist und eine riesige Anstrengung bedeutet, eine Hebamme zu finden. Glücklicherweise ist es bei meinen vier Enkelkindern gelungen, dass jedes Mal eine Hebamme da war, die die ganze Familie die Zeit über vertrauensvoll begleitet hat und natürlich auch räumlich in erreichbarer Nähe war.
Ich konnte erleben, wie wichtig die fachliche und auch die emotionale Unterstützung der Hebamme vor, während und nach der Entbindung insbesondere für die Mutter, aber auch für die ganze Familie ist. Es war von unschätzbarem Wert, dass meine Enkelkinder mit der kompetenten Unterstützung einer einfühlsamen Hebamme auf ihrem Weg ins Leben begleitet wurden. Das sollte für die werdenden Familien in Nordrhein-Westfalen kein Glücksfall sein, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Den vorliegenden Antrag der Grünen begrüßen wir deshalb grundsätzlich. Wir werden ihn mit großem Interesse im Ausschuss diskutieren. Denn dies ist ein Thema, Frau Gebauer, das wir auch in der letzten Wahlperiode schon ausgiebig diskutiert haben und worauf sich der runde Tisch Geburtshilfe initiiert hat.
Im Abschlussbericht des runden Tisches von 2015 werden viele der hier im Antrag vorgetragenen Anliegen bereits deutlich formuliert. Jetzt ist es wichtig, dass die Ergebnisse des runden Tisches umgesetzt und politisch weiterentwickelt werden. Als Grundlage wird eine solide Datenbasis benötigt, und deshalb muss es künftig auch über das aktuelle Forschungsprojekt zur geburtshilflichen Versorgung durch Hebammen in Nordrhein-Westfalen hinaus eine regelmäßige bundesweite und belastbare Datenerhebung geben.
Wir fordern zudem für alle Frauen, dass die Wahlmöglichkeit hinsichtlich Ort und Art der Geburt erhalten bleiben muss. Wer kein medizinisches Risiko hat, soll nicht gezwungen sein, das Kind in einer Klinik zur Welt zu bringen. Obwohl in Deutschland 98 % der Kinder im Krankenhaus geboren werden, muss es den Müttern möglich sein, auch außerhalb des Krankenhauses zu entbinden, und es muss vor allen Dingen den Hebammen möglich sein, auch außerhalb von Krankenhäusern zu praktizieren.
Außerdem muss natürlich jede Mutter neben der Entbindung auch bei der Vor- und Nachsorge eine Hebamme zur Verfügung haben. Ohne die flächendeckende Versorgung durch Hebammen ist das nicht zu gewährleisten. Daher unterstützen wir die Hebammen in ihren Bemühungen auf Bundesebene, eine kostendeckende Vergütung durchzusetzen. Das ist eine zwingende Voraussetzung zur Abdeckung des Berufshaftpflichtrisikos. Wir unterstützen auch die Forderungen des Deutschen Hebammenverbands
Wir fordern aber auch von der Landesregierung – von Ihnen, Herr Minister Laumann –, bald tätig zu werden, denn die Zeit drängt – für die Mütter, aber auch für die Hebammen. Wir wüssten gerne, wann und mit welchen Personen die in den „Westfälischen Nachrichten“ vom 30. August 2017 beworbene Projektgruppe zur Zukunft der Geburtshilfe in Ihrem Ministerium die Arbeit aufnehmen wird. Bis wann, denken Sie, soll die Projektgruppe Vorschläge zur Zukunft der Geburtshilfe in NRW erarbeiten? Und ab wann sollen diese in die Praxis umgesetzt werden?
Da Sie sich auch einen finanziellen Einsatz zum Erhalt der geburtshilflichen Versorgung in NRW vorstellen können: Wie sollte dieser Ihrer Meinung nach aussehen und ausgestaltet werden? Und da Sie sich – Frau Gebauer hat es schon aus Ihrem Koalitionsvertrag zitiert – ja deutlich für die Zukunft der Geburtshilfe in NRW einsetzen, möchte ich Sie noch einmal fragen: Wie planen Sie denn, die angekündigten Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Hebammen sicherzustellen? Werden Sie den Empfehlungen des runden Tisches folgen? – Da erwarten wir heute schon Antworten von Ihnen.
Der Entschließungsantrag von FDP und CDU geht auch auf einige Forderungen des vorliegenden Antrags der Grünen ein. Wir hoffen, dass wir im Ausschuss dazu ergebnisbringende Diskussionen führen können. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Spätestens bei der Geburt eines Kindes wird jedem bewusst, welch wichtigen Dienst unsere Hebammen in unserer Gesellschaft leisten. Ich selbst habe drei Kinder und hatte bei jedem das große Glück, von fantastischen Hebammen begleitet zu werden.
Ich wundere mich schon, dass gerade jetzt die Fraktion der Grünen einen Antrag zur Problematik der Hebammen vorlegt. In der letzten Legislaturperiode haben wir darüber bereits debattiert, auch über den Antrag meiner FDP-Fraktion, der zur Grundlage einer Anhörung des Ausschusses wurde. Dabei wurden unsere Positionen von den Experten weitestgehend unterstützt. Und wie haben Sie reagiert, werte Kollegen von Rot-Grün? – Mit Ihren üblichen fadenscheinigen und ideologiegetriebenen Argumenten haben Sie diesen Antrag abgelehnt.
Die grüne Gesundheitsministerin hatte dann einen runden Tisch zur Geburtshilfe eingerichtet – doch von den seit Ende 2015 vorliegenden Empfehlungen des runden Tisches wurde faktisch nichts umgesetzt. Die Grünen kommen jetzt mit der Forderung, nachdem ihre grüne Ministerin in den letzten beiden Jahren nicht vorangekommen ist!
Im Gegensatz zu Ihnen muss ich Gesundheitsminister Laumann zustimmen, der dieses Handeln als „Heldenmut nach Ladenschluss“ bezeichnet hat.
Wir richten eine Projektgruppe im Ministerium ein, die Daten erhebt und schaut, wie die Hebammen in NRW im ambulanten und klinischen Leistungsangebot aufgestellt sind, wie das Ganze tatsächlich in Anspruch genommen wird und wie sich die regionalen Gegebenheiten und Unterschiede abzeichnen. Wir werden alles tun, was im Rahmen der Handlungskompetenzen dieses Landes umsetzbar ist.
Hebammen üben ihren Beruf zwar mit viel Idealismus aus; sie müssen aber auch davon leben können. Dies ist jedoch durch den enormen Anstieg der Prämien zur Berufshaftpflicht infrage gestellt. Grund für diesen Anstieg ist aber nicht eine Zunahme der Versicherungsfälle, sondern der Kosten je Leistungsfall.
Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV machen Schäden mit mehr als 100.000 € Leistungsumfang bei Hebammen mehr als 90 % des gesamten Schadenvolumens aus. Ist ein Kind durch einen Geburtsfehler schwer geschädigt, leistet der Versicherer im Schnitt laut GDV 2,6 Millionen €.
Die Bundespolitik ist in dieser Frage gefordert. Sie war in den letzten Jahren nicht völlig untätig. So hatte der FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr die gesetzliche Verpflichtung eingeführt, die Erhöhung der Haftpflichtprämien in den Vergütungen für freiberufliche Hebammen zu berücksichtigen.
Seitdem sind noch ein Sicherstellungszuschlag für Hebammen mit wenig begleiteten Geburten sowie die Deckelung der Regressforderungen der Sozialversicherungsträger hinzugekommen. Aber Letzteres wird in Ihrem Antrag auch wieder infrage gestellt. Diese Maßnahmen haben die Problematik der freiberuflichen Hebammen abgemildert und zumindest teilweise einen kleinen finanziellen Ausgleich geschaffen.
Wir müssen aber noch grundsätzlicher herangehen, um den Anstieg der Prämien zu bremsen. Wie bereits in unserem FDP-Antrag gefordert, sollten wir überlegen, Haftungsobergrenzen festzulegen und Schäden über diese Grenzen hinaus aus einem öffentlichen Fonds auszugleichen. Diese Möglichkeit sollte auf Bundesebene noch einmal gründlich geprüft werden.
Auch über eine Verkürzung der Verjährungsfrist für geburtshilfliche Schadensersatzforderungen könnte nachgedacht werden. Kommt es bei einer Geburt zu Komplikationen, haften Hebammen dafür 30 Jahre lang. Hier sollte es doch möglich sein, auch medizinisch eine niedrigere Grenze zu begründen. Diese könnte darauf beruhen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt, wie zum Beispiel bei der U8 nach dem vierten Lebensjahr, eventuell später auftretende Beeinträchtigungen nicht mehr eindeutig auf einen Geburtsfehler zurückgeführt werden können.
Wenn wir hier Lösungen fänden, könnten wir das Problem der Haftpflichtprämien auch langfristig lösen. Im Gesetz steht: Bei jeder Geburt muss eine Hebamme anwesend sein. Sorgen wir dafür, dass wir das auch durchführen können.
Ein Aspekt ist mir und der FDP-Landtagsfraktion am Schluss noch wichtig. Wir wollen, soweit keine medizinischen Bedenken vorliegen, dass die Frauen selbst entscheiden können, wo sie ihre Kinder zur Welt bringen: zu Hause, in Geburtshäusern oder in einer High-Tech-Klinik. Diese Wahlfreiheit ist aber gefährdet, wenn immer mehr freiberufliche Hebammen ihren Beruf aufgeben. Diese Wahlfreiheit brauchen wir aber für unsere Mütter und für die Familien in unserem Land. – Ich danke Ihnen.
Fliegender Wechsel im Präsidium – jetzt heißt es: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Mai 2010 wurde eine Petition mit 186.000 Unterschriften durch den Deutschen HebammenVerband beim Bundestag eingereicht – im Mai 2010! Das ist die meistunterzeichnete Petition, die bis dato an den Bundestag gerichtet wurde.
Damals, 2010 – das betone ich extra –, wiesen die Hebammen bereits auf die existenzbedrohende Höhe der Haftpflichtprämien für ihren Berufsstand hin. Sieben Jahre rot-grüne Landesregierung, drei Jahre Schwarz-Gelb im Bund und vier Jahre Große Koalition – und das Problem besteht nach wie vor.
Ich weise darauf hin, dass es sich dabei nicht um eine denkbar komplexe Problemstellung wie etwa den Klimawandel handelt, sondern schlicht um die Höhe einer Versicherungsprämie. Und Sie fragen sich tatsächlich immer noch, warum sich so viele Menschen von Ihnen abwenden?
Immerhin findet sich das Thema nicht nur im Wahlprogramm der AfD, sondern auch im Wahlprogramm der Grünen und im Koalitionsvertrag von FDP und CDU. Es scheint also ausnahmsweise zumindest eine Einigung darüber zu geben, dass eine langfristig tragbare Lösung für die Haftpflichtproblematik der Hebammen gefunden werden muss. Keiner der bislang diskutierten Lösungsansätze – wie der Regressverzicht der Sozialleistungsträger oder die Einführung eines bürokratischen Staatsfonds – bieten eine nachhaltige Lösung für das Problem der drastisch steigenden Haftpflichtprämien.
Allerdings weist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhebliche Mängel auf, sodass wir ihn zwar gerne in den Ausschuss überweisen, ihn dort aber gemeinsam noch gründlich überarbeiten müssen. Es sind die alten Gedankengänge, die schon die letzten sieben Jahre die Problemstellungen nicht lösen konnten.
So ist neben den vielen Allgemeinschauplätzen, die sich über Zeilen eher wie ein emotionaler Erlebnisbericht aus der Geburtshilfe lesen, unter anderem die Rede davon, dass die Kaiserschnittrate gesenkt werden muss. Es wird nicht gesagt, man wolle Wege finden, diese invasive und womöglich traumatisierende Erfahrung im Rahmen dessen, was für die Gesundheit von Kind und Mutter am sinnvollsten ist, zu senken, oder dass ihm gerade in so sensiblen Bereichen der Philosophie des Low-Tech und des High-Touch eine große Bedeutung zukommen sollte. Nein, Sie schreiben: Die Quote muss gesenkt werden.
Zum einen gibt es gute Gründe, warum die Quote in den letzten Jahren gestiegen ist – im Übrigen weltweit. Dort liegt sie oft sogar noch deutlich höher als bei uns, nämlich in der Türkei und in Brasilien bei ca. 50 %, in Italien, Korea, Portugal und Ungarn bei immerhin rund 35 %.
Immer mehr Kinder mit einem sehr hohen Geburtsgewicht, eine steigende Altersstruktur der Gebärenden, die Zunahme von Mehrlingsgeburten unter anderem aufgrund von künstlicher Befruchtung sowie Risikogeburten, bei denen der Ausgang ungewiss ist und man weiteren möglichen Schaden von Kind und Mutter abwenden will, sind nur einige Punkte. Zum anderen werden sinkende Kaiserschnittzahlen nicht das Problem mit den Haftpflichtprämien senken.