Die zahlreichen Stimmen aus der CDU, die sich sehr deutlich davon abgrenzen – vielen Dank, Herr Minister Laumann, für Ihre klaren und deutlichen Worte – müssen dann aber auch Folgen haben.
Der telefonische Glückwunsch des FDP-Parteivorsitzenden Christian Lindner an Thomas Kemmerich nach der Wahl zum Ministerpräsidenten und sein erstes Statement ohne eine klare Abgrenzung waren ein fatales erstes Signal und haben viel Glaubwürdigkeit verspielt.
Auch wenn die CDU-Vorsitzende vor der dann eingetretenen Situation gewarnt hat, ist aus meiner Sicht der sogenannte Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU nach wie vor nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Denn auch wenn das Kooperationsverbot mit der Linken – das gestehe ich Ihnen zu,
ja, selbstverständlich –, führt es doch im Ergebnis zu derselben Verharmlosung von Faschisten wie Björn Höcke
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Jo- sef Hovenjürgen [CDU]: Was machen Sie da? – Weitere Zurufe von der CDU)
Aber das muss auch möglich sein. Einen Bodo Ramelow, so wie Sie es gerade gemacht haben, zu einem Kommunisten zu konstruieren, Herr Kollege Löttgen, ist doch absurd.
Denn Demokratie, liebe Kolleginnen und Kollegen, lebt auch vom Wettbewerb, mitunter mit harten Auseinandersetzungen, aber doch immer mit Respekt vor der Meinung anderer und ohne Diffamierungen und Beleidigungen oder gar Drohungen und Gewalt.
Deswegen – das ist mir wichtig – möchte ich mich heute noch einmal gerade an die Adresse der FDPKolleginnen und -Kollegen wenden und sagen: Es ist auch für mich unerträglich, dass Thomas Kemmerich oder andere FDP-Politikerinnen und -Politiker im
Wahlkampf, beispielsweise in Hamburg, jetzt Bedrohungen ausgesetzt sind und übelst beschimpft oder beleidigt werden. Auch hier müssen wir Demokratinnen und Demokraten unsere Solidarität zeigen
Thüringen war ein Schock für die meisten von uns. Aber mein Vertrauen in unsere Demokratie ist nicht fundamental erschüttert.
Gerhart Baum spürte bei den Bildern aus dem Erfurter Landtag einen Hauch von Weimar. Doch dann meldete sich eine starke Zivilgesellschaft auf der Straße und im Netz lautstark zu Wort. Unsere Presselandschaft prangerte unisono den „Handschlag der Schande“ – so der Titel von „BILD“ und „EXPRESS“ am 6. Februar 2020 – an.
Viele Kolleginnen und Kollegen aus CDU und FDP machten ebenfalls in den vergangenen Tagen und auch heute wieder unmissverständlich und deutlich klar, dass rote Linien überschritten wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank dafür. All diejenigen haben diesen Hauch von Weimar mit einem Sturm der Entrüstung weggeblasen.
Letzter Satz: Trotzdem dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie ist doch kein Geschenk, das, einmal angenommen, wie selbstverständlich erhalten bleibt. Sie muss von Politikerinnen und Politikern und vor allen Dingen auch von den Bürgerinnen und Bürgern, von der Zivilgesellschaft, jeden Tag mit Leben gefüllt und leider in diesen Zeiten mehr denn je verteidigt werden.
Vielen Dank an alle, die das heute unmissverständlich klargemacht haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass nach meiner Meinung die Vergleiche der Wahl
von Herrn Kemmerich mit Weimar deshalb unangemessen sind, weil an dieser Stelle in der Tat eine extremistische Partei in Thüringen einen Demokraten gewählt hat und eben nicht andersherum die FDP Herrn Höcke gar zu einem Ministeramt verholfen hat. Wenn das so gewesen wäre, wären diese Vergleiche sehr richtig. Dann hätte das auch mir große Angst gemacht. Aber die Wahl von Herrn Kemmerich, ohne dass die Absicht bestand, die AfD in Ministerämter und Verantwortung zu hieven, mit Weimar zu vergleichen, ist hier fehl am Platz.
Ob es eine gute Idee war, ausgerechnet in Thüringen, im Landesverband von Herrn Höcke, diesen Tabubruch zu wagen, kann man bezweifeln. Aber – das sei bitte auch an SPD und Grüne adressiert – wenn sich SPD und Grüne in der scheinbaren Gewissheit, dass CDU und FDP genau das nicht wagen werden, darauf festlegen, Herrn Ramelow zu wählen, haben sie mit dazu beigetragen.
Denn es hätte sehr wohl auch an SPD und Grünen gelegen, einen Ministerpräsidenten Mohring und damit einen Mann der Mitte zu wählen. Das hat man nicht gemacht. Insofern haben Sie auch ein bisschen etwas zu diesem Durcheinander beigetragen.
Jetzt wird so getan, als sei man ganz plötzlich in diese Situation hineingeschlittert. Daher möchte ich an 2017 erinnern, als Herr Lindner übrigens als Fraktionsvorsitzender hier in Landtag gesessen hat.
Da ist öffentlich geworden, dass die AfD – damals war ich noch Fraktionsvorsitzender – überlegt hat, Herrn Laschet zu wählen. In der Tat gab es die Überlegung, dass wir ankündigen, Herrn Laschet mit 16 Mann zu wählen. Aber er hätte nur 15 Stimmen bekommen.
Was hätten Sie denn gemacht, wenn Herr Laschet hier mit 115 Stimmen gewählt worden wäre und 100 Gegenstimmen bekommen hätte? Sie hätten sich vielleicht keine Sorgen gemacht. Sie wären Ministerpräsident gewesen. Sie hätten das Amt auch antreten müssen. Aber glauben Sie wirklich, dass Rot und Grün der Versuchung widerstanden hätten, Sie als ersten AfD-Ministerpräsidenten zu diffamieren?