Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

Ich will nur einmal ein Beispiel aus dem Schulalltag in Nordrhein-Westfalen schildern. Das soll jetzt kein Vorwurf sein,

(Zurufe von der CDU: Nein!)

sondern eine Hilfestellung.

(Lachen von der CDU)

Können Sie vielleicht einmal zuhören? – Ich habe am Montag den Hilferuf einer Gesamtschule aus Köln erhalten. Hier kann ich nur die schlimmsten Mängel aufzählen.

(Unruhe – Glocke)

Ich habe den Eindruck, Sie verschließen die Augen vor der Wahrheit und sagen: Es ist alles schön und gut hier.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Uns geht es darum, den Menschen zu helfen, ihnen die Angst zu nehmen und klar zu benennen, wo was zu tun ist, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Regen Sie sich doch nicht so auf. Sie können sich danach gerne zu Wort melden und sagen, ob es nicht stimmt und was daran tatsächlich falsch ist.

(Zuruf von der SPD: Herr Präsident, wollen Sie nicht einmal für Ruhe sorgen?)

Ich komme zu der Schule in Köln. Aus Schulen erhalten wir Mitteilungen, dass in Klassenräumen Seife und Papiertücher fehlen. Es gibt kein Toilettenpapier. Der Desinfektionsmittelspender ist nicht da. In der Mensa funktionieren die Waschbecken nicht.

(Unruhe – Glocke)

Jetzt ist die Schule besorgt. Der Hygienebeauftragte der Schule wendet sich, was völlig richtig ist, an den Schulträger, die Stadt Köln. Da sagt man: Die zuständige Sachbearbeiterin ist krank; kommen Sie in drei Wochen wieder. – In drei Wochen, meine Damen und Herren! Ist es tatsächlich Ihr Ernst, die Schulen mit ihren Sorgen und Nöten im Augenblick so alleine zu lassen?

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich muntere die Landesregierung dringend auf, einheitliche Regelungen im Land zu treffen.

Wir haben höchst unterschiedliche Situationen, zum Beispiel im Justizbereich. Wir haben lesen können, dass ein Richter am Amtsgericht in Hagen angeordnet hat, man darf den Gerichtssaal nur noch mit Handschuhen und Mundschutzmaske betreten. Das mag der Richter anordnen können, aber wenn nicht gleichzeitig gesagt wird, wo man die Sachen tatsächlich herbekommt, dann gilt doch: kein Mundschutz, kein Rechtsschutz. Da muss man doch mal eine einheitliche Linie in Nordrhein-Westfalen festlegen.

(Beifall von der SPD)

Öffentlicher Nahverkehr: Viele Menschen, die mit der Bahn fahren müssen, sind verunsichert. Der Regionalexpress ist mit mehr als 1.000 Menschen jeden Tag, zigfach in Nordrhein-Westfalen, die größte Veranstaltung. Wie geht man damit um, Herr Laumann? Auch dazu erwarten wir von Ihnen klare Antworten.

Die Empfehlungen, die bislang vorliegen, man soll dem Zugführer melden, wenn es einen Verdachtsfall gibt, und dann füllt der ein Formular aus, können

doch bei Weitem nicht ausreichen. Das ist hilflos und lächerlich!

(Zurufe von der CDU)

Sie selbst wissen, wie gefährlich der öffentliche Nahverkehr ist. Wenn mittlerweile Mitarbeiter der Bezirksregierungen auf den Dienstwagen umsteigen, weil aus ihrer Sicht der öffentliche Nahverkehr zu gefährlich ist, dann ist das doch ein Alarmsignal. Das ist ja auch nachvollziehbar. Insofern muss man doch den Menschen in diesem Land mehr Sicherheit geben.

Herr Laschet, weil Sie sich vorhin so aufgeregt haben:

(Zuruf von Armin Laschet, Ministerpräsident)

Nein, ich bin überhaupt nicht billig.

Wir haben im Augenblick eine ganze Menge Menschen – da schließe ich mich Ihrem Dank, Herr Laumann, ausdrücklich an –, die unser Gesundheitssystem aufrechterhalten, die unter schweren Bedingungen Übermenschliches leisten. Dafür ein herzliches Dankeschön von uns an all diejenigen, die da arbeiten.

(Beifall von der SPD)

Gleichzeitig stelle ich aber fest – das ist eine erschreckende Zahl –, dass in den Gesundheitsämtern unserer Kreise und Kommunen massiv Personal fehlt. Vor dem Hintergrund ist es nicht empfehlenswert, Herr Laschet, bei Start-ups zu sagen: Wenn Studenten den Berufswunsch Beamter haben, dann läuft etwas falsch. – So unterstützt man die Menschen in diesem Land nicht, Herr Laschet.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Beruhigen Sie sich wieder!

Was ist jetzt zu tun? – Wenn wir nach Italien schauen, dann können wir feststellen, dass im Vergleich zur nordrhein-westfälischen, zur deutschen Situation Italien ungefähr zehn Tage voraus ist. Was wir jetzt von Experten in Italien hören, ist mehr als besorgniserregend. In Italien geht man davon aus, dass in den nächsten 14 Tagen 20.000 Menschen stationär behandelt werden müssen. Deswegen geht es jetzt darum, kurzfristig und schnellstmöglich Maßnahmen zu treffen, um hier in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland keine italienische Situation zu haben. Ich glaube, da sind wir uns einig.

Deshalb muss man sich schon die Frage stellen: Reichen die Maßnahmen, die jetzt besprochen worden sind, aus, soll man erst zwei Wochen später schauen, was Italien gemacht hat, oder müssen wir auch darüber nachdenken, solche Maßnahmen schon jetzt zu diskutieren?

Und das ist die Frage der Großveranstaltungen. Ist 1.000 da die richtige Zahl?

Es ist die Frage: Wie gehen wir mit dem Schulbesuch um? Die italienischen Experten sagen eindringlich, die Schulen müssen geschlossen werden. Ich habe von Ihnen jetzt keine Empfehlung gehört, wie Sie sich dazu verhalten.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Ist das Ihr Vor- schlag?)

Wir müssen gemeinsam mit Arbeitgebern, mit Arbeitnehmern Regelungen treffen, wie wir mit der Krisensituation umgehen, wie man Arbeit so organisieren kann, dass man sie von zu Hause aus erledigen kann.

Wir brauchen einen Notfallplan für die Gesundheitsämter in diesem Lande. Wir müssen die Frage beantworten, wie man wirtschaftliche Zusammenhänge regelt. Und wir brauchen eine einheitliche Regelung zur Meldung der Verdachtsfälle. Das ist ganz entscheidend.

Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass den Menschen ihre Angst genommen wird und dass Nordrhein-Westfalen weiter sicher bleibt. Lassen Sie uns dafür gemeinsam arbeiten. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Preuß das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! COVID-19 oder Corona ist nicht geeignet für parteipolitische Auseinandersetzungen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Minister Laumann hat gerade dafür gedankt, dass die Fraktionen einig sind in dem Bemühen, Corona zu bekämpfen. Nach der Rede von Herrn Kutschaty muss ich feststellen: Diese Linie der Gemeinsamkeit hat die Sozialdemokratische Partei eben verlassen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Unser Gesundheitssystem ist gut vorbereitet, und gut vorbereitet zu sein, ist besser, als alles besser zu wissen. Das war eben der Versuch, Opposition zu machen in einem Bereich, der sich für politische Auseinandersetzungen nicht eignet.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren, ich möchte dem Bericht von Minister Laumann zur aktuellen Lage nichts hinzufügen, mich aber im Namen der CDU-Landtagsfraktion bei dem Minister, seinem Staatssekretär und

allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für den enormen Einsatz und ihr umsichtiges Handeln bedanken.

Unser Dank gilt insbesondere auch den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften sowie allen Menschen, die sich für die Patientinnen und Patienten einsetzen und daran mitarbeiten, das Coronavirus einzudämmen.