Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

Herr Minister, ich stelle die Frage natürlich auch gerne. – Herr Minister, ich habe Verständnis dafür, dass die Situation außerordentlich und schwierig ist, dass es Lieferengpässe gibt und dass einige Situationen momentan schwieriger zu bewältigen sind als unter normalen Umständen. Das ist gar keine Frage, das kann ich nachvollziehen.

Aber man muss auch Verständnis dafür haben, dass die Beschäftigten im medizinischen Dienstleistungsbereich, in den Arztpraxen, aber insbesondere auch in den Krankenhäusern natürlich zutiefst verunsichert sind.

Ich möchte noch einmal auf die Mundschutzmasken zurückkommen, die am 09.03. bestellt wurden. Wie wollen Sie sicherstellen, dass, sollten die Mundschutzmasken zur Neige gehen, bevor die neuen geliefert werden, der Arbeits- und Infektionsschutz bei den Beschäftigten gesichert wird? Die müssen darüber hinaus ja weiter arbeiten.

Die Option, dass sie sich selber überlassen bleiben, ist, denke ich, keine Option. Deswegen finde ich es wichtig, dass wir jetzt von Ihnen eine Antwort bekommen, was denn in solch einem Falle – ich sage es im Konjunktiv – denn dann passieren sollte, sollte dieser Fall, wie eben von mir skizziert, hier eintreten.

Es ist völlig richtig: Wir können nicht das medizinische Personal zu infizierten Patientinnen und Patienten ohne Schutzkleidung schicken. Das geht nicht, weil wir nichts anderes haben. Bei der Vogelgrippe und Schweinegrippe konnten wir unser Personal mit Tamiflu schützen. Wir haben aber jetzt kein Medikament, wir haben keinen Impfstoff. Wir haben nur die Möglichkeit der Schutzkleidung.

Deswegen wird man am Ende, wenn es wirklich sehr schwierig werden sollte, so verteilen müssen, dass möglichst viele möglichst lange etwas haben. Ich kann es Ihnen nicht sagen: Wir werden dann stärker in die Verteilung eingreifen. Es kann nicht sein, dass ein Krankenhaus dann noch Lagerbestände hat, und ein anderes hat das Problem.

Die Frage, ob wir Material beschaffen können, kann ich Ihnen schlicht und ergreifend nicht beantworten. Denn für das, für was sich Deutschland jetzt entschieden hat, nämlich ein Ausfuhrverbot für all diese Produkte zu verhängen, haben sich mittlerweile auch andere Regierungen in ihren Ländern entschieden. Es gibt in Europa kein Land mehr, das das nicht gemacht hat.

Deswegen ist die Frage, wie wir an diese Materialien kommen, der wunde Punkt. Jetzt nützt es auch gar nichts, eine große Debatte darüber zu starten, wer schuld ist. Sie wissen, wer für Arbeitsschutz zuständig ist.

(Gordan Dudas [SPD]: Das ist kein Vorwurf!)

Wir haben natürlich auch etwas beim Roten Kreuz, wir haben sicherlich bei Hilfsorganisationen noch hier und da etwas. Wir haben beim Katastrophenschutz etwas. Da wird man genau diese Wege gehen müssen. Aber wie lange es dann vorhält? Ich kann es Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Ich bete jeden Abend dafür, dass das mit unseren eine Million Masken gutgeht. Da würde mir ein Stein vom Herzen fallen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Gebhard von der SPD-Fraktion. Damit sind auch ihre Fragemöglichkeiten erschöpft.

Danke schön. – Herr Minister, wie bewerten Sie das Verhalten einer niedergelassenen Ärztin, die gesagt hat, zu ihrem eigenen

Schutz lasse sie keine Patientinnen und Patienten mehr in ihre Praxis?

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Keinen einzigen?)

Keinen einzigen Patienten mehr. Sie öffnet nur noch das Fenster, um Rezepte oder Krankschreibungen herauszugeben.

Ein solches Verhalten kann man ja nicht richtig finden. Aber ich möchte hinzufügen: Es mag eine einzelne Ärztin geben, wenn Sie das sagen, die so gehandelt hat. Ich habe auch von einem Fall in Köln gehört, in dem das so war. Aber wenn so viele andere Ärzte jetzt rund um die Uhr arbeiten, dann sollten wir uns sehr hüten, es zu pauschalisieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der einzelne Fall ist nicht in Ordnung.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen – ich habe es schon im Ausschuss gesagt – 80.000 Ärzte, die in diesem Land wohnen, 80.000. So eine Arztdichte finden Sie auf der ganzen Welt wahrscheinlich nicht wieder.

Was mich auch in meinen Gedanken beruhigt, ist: Wenn ein Drittel der Krankenhausärzte – wie ich über den Marburger Bund weiß – in Teilzeit ist, dann bin ich fest davon überzeugt, dass, wenn alle Stricke reißen, ein ganz großer Teil dieser Ärztinnen und Ärzte auch mehr arbeiten wird, wenn es die Krise erfordert, weil sie am Ende auch die Ethik eines Arztes und einer Ärztin haben. Und darauf setze ich.

Es gibt bei uns Politiker, solche und solche. So gibt es da eben auch solche und solche. Deswegen bewerte ich es nicht über. Rechtlich ist die Sache klar: Die Kassenärztliche Vereinigung muss einschreiten und der Ärztin ganz klar sagen, dass es so nicht geht, wenn sie eine Zulassung als Kassenärztin hat. Wenn sie nur Privatpatienten behandeln will, kann sie machen, was sie will, aber nicht, wenn sie eine Zulassung für die gesetzliche Krankenkasse hat.

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich gucke in die Runde – das bleibt auch so. Dann ist die Mündliche Anfrage 65 hiermit beantwortet. Ich danke den Fragestellerinnen und Fragestellern und dem Minister noch einmal ganz herzlich und weise darauf hin, dass wir die 60 Minuten, die für eine Fragestunde vorgesehen sind, bereits überschritten haben.

Es liegt noch die

Mündliche Anfrage 66

des Abgeordneten des Abgeordneten Hartmut Ganzke von der Fraktion der SPD von der Fraktion der SPD vor, und zwar zu dem Thema „Welchen Sachstand hat die Landesregierung zum Fall Marvin K.?“ Soll die Frage schriftlich beantwortet werden?

(Hartmut Ganzke [SPD]: Schriftlich!)

Schriftliche Beantwortung. Vielen Dank. – Damit sind wir am Ende der Fragestunde. (Siehe Vorlage 17/3228)

Ich rufe auf:

8 Kampf gegen Wohnungslosigkeit fortsetzen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/8777

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der CDU Herr Kollege Schmitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns verbindet etwas Individuelles mit seinem Zuhause: einen Zufluchtsort, Wärme, Geborgenheit oder einfach einen sicheren Schlafplatz. Doch was, wenn man kein Zuhause hat?

Lassen Sie uns erst einmal definieren, worüber beziehungsweise über wen wir hier eigentlich sprechen. Denn als wohnungslos gilt jemand, der zwar ein festes Dach über dem Kopf, jedoch keinen eigenen festen Wohnsitz hat. Wohnungslose übernachten beispielsweise bei Freunden und Bekannten, in sozialen Einrichtungen oder in Notunterkünften. Der Schlafplatz ist also zeitlich begrenzt und nicht garantiert.

Wohnungslosigkeit ist oftmals eine Folge von Arbeitslosigkeit. Eine Anstellung zu finden ohne einen festen Wohnsitz: ein Ding der Unmöglichkeit. Dieser Teufelskreis führt oftmals dazu, dass diese Menschen sozial ausgegrenzt werden und am Rande unserer Gesellschaft leben müssen.

Daneben gibt es unterschiedliche Sachen und Schicksalsschläge, die zu Wohnungslosigkeit führen können. Neben der Arbeitslosigkeit können auch Armut, gesundheitliche Probleme oder Suchterkrankungen Wohnungslosigkeit zur Folge haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese betroffenen Menschen können und dürfen wir nicht alleine lassen.

In unserem Bundesland sind Kommunen und Städte für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit zuständig. Die NRW-Koalition will und wird Kommunen und

freie Träger beim Kampf gegen die Wohnungslosigkeit mit unterschiedlichen Programmen und Angeboten weiter unterstützen.

Wie wichtig uns dieses Anliegen ist, spiegelt die Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“, die unter anderem von kommunalen Spitzenverbänden, der LAG der Wohlfahrtsverbände und den Landschaftsverbänden mitentwickelt wurde, wider.

Die Landesinitiative hat einen bereichsübergreifenden Fokus; denn anstatt sich nur auf ein Themenfeld wie beispielsweise Suchtberatungen zu konzentrieren, werden mehrere Handlungsfelder berücksichtigt.

Der ganzheitliche Ansatz der Landesinitiative wird durch drei Kernziele verdeutlicht – erstens Wohnungsverlust verhindern, zweitens Wohnraum für Menschen ohne eigene Wohnung schaffen und drittens Lebenslagen obdachloser, wohnungsloser und von Wohnungsverlust bedrohter Menschen verbessern.

Das MAGS stellt dafür in diesem Jahr rund 7,1 Millionen Euro zur Verfügung. An dieser Stelle möchte ich auf einen Fehler im Antrag hinweisen. Unter dem Punkt „Der Landtag stellt fest:“ haben wir die Summe 9,1 Millionen Euro genannt. Richtig ist die Zahl 7,1 Millionen Euro – das zur Klarstellung.

Die rot-grüne Vorgängerregierung hat dafür allerdings nur 1 Million Euro zur Verfügung gestellt, sodass wir immer noch eine enorme Steigerung in diesem Bereich haben.

Wofür werden das Geld und die Fördersummen aufgewendet? – Wir nutzen 3 Millionen Euro für die Kümmerer-Projekte, die in den 20 Städten und Kommunen mit der höchsten Wohnungslosigkeit eingesetzt werden, 2 Millionen Euro für die Suchtberatung wohnungsloser Menschen, 1 Million Euro für das Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“,

850.000 Euro für die Verbesserung der medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen – inklusive der Kältehilfen – und 250.000 Euro für die Förderung von Projekten für wohnungslose Jugendliche und junge Erwachsene.

Lassen Sie mich noch einmal kurz auf die Kümmerer-Projekte eingehen, weil diese durchaus erwähnenswert sind. Diese Maßnahme ist für derzeit 20 Städte und Kommunen mit der höchsten Wohnungslosigkeit in NRW ausgelegt. Über 50 Sozialarbeiter und Immobilienfachkräfte arbeiten daran, Wohnungslosen zu einer festen Bleibe zu verhelfen.

Mit Blick auf unsere eben genannten Ziele werden in den Kümmerer-Projekten auch Beratungen angeboten, um vorzeitigen Wohnungsverlust zu vermeiden. Unser Ziel wird es sein, diese Kümmerer-Projekte auf weitere Kreise auszuweiten.

Wir geben 1 Million Euro für das Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“. Dieser Baustein fokussiert sich auf die Prävention drohender Wohnungsnotfälle. Weitere Ziele des Aktionsprogramms sind die Erweiterung und der Ausbau bedarfsgerechter wohnbegleitender Hilfen sowie die Reduzierung von Wohnungslosigkeit und die Reintegration von Wohnungslosen in reguläre Mietverhältnisse.

Ein etwas kleinerer Teil: 250.000 Euro für die Förderung von Projekten für wohnungslose Jugendliche und junge Erwachsene. Sogenannte Sofahopper und Couchsurfer kommen im Wechseltakt bei Freunden und Bekannten unter und befassen sich erst zu einem viel zu späten Zeitpunkt mit ihrem Problem, der Wohnungslosigkeit, und nehmen die Angebote wirklich sehr selten wahr. Da ist es wichtig, dass wir auf die jungen Menschen zugehen und gerade ihnen helfen, damit es nicht zu einer verfestigten Wohnungslosigkeit kommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die NRW-Koalition hat den Unterstützungsbedarf für diese heterogene Zielgruppe erkannt. Wir haben für dieses sozialpolitische Anliegen nicht nur das Budget stark angehoben, sondern auch die Angebote erweitert. Wir kümmern uns um die Menschen in unserem Bundesland.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])