Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

(Sarah Philipp [SPD]: Dann sagen Sie jetzt mal was zum Thema!)

Der Fokus liegt bei uns a) auf einem ordentlichen, mangelfreien Bauwerk und b) auf einem ordentlichen Verfahren. Daher sehen wir die inzwischen erfolgte fristlose Kündigung des Bauwerkvertrags zur Leverkusener Rheinbrücke und eine Neuausschreibung als folgerichtigen und konsequenten Schritt an.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Schande!)

Aber der Reihe nach: Die Ausschreibung für den Bau der Leverkusener Brücke erfolgte am 29. Juni 2017. Genau einen Tag später wurden das Kabinett und Ministerpräsident Armin Laschet im Landtag vereidigt – ein Tag, an den wir uns sehr gern erinnern.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Verantwortlich für die Ausschreibung war mithin allerdings die Vorgängerregierung Kraft. Aufgrund dieser Ausschreibung erfolgte später der Zuschlag und Abschluss eines Bauwerkvertrags mit der Firma Porr.

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen hat diesen Vertrag am vergangenen Freitag aus wichtigem Grund gekündigt.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Es liegen gravierende Mängel bei der Verarbeitung der Stahlbauteile vor. Sie entsprechen weder den deutschen Normen, noch erfüllen sie vertragliche Vereinbarungen.

Das ist eine Nachricht, die uns als Verkehrspolitiker, aber auch die Bürgerinnen und Bürger von Nordrhein-Westfalen selbstverständlich nicht zufriedenstellen kann. Die Leverkusener Rheinbrücke ist ein zentrales Nadelöhr im deutschen Autobahnnetz und bot in den vergangenen Jahren viel Anlass für großen Frust für Wirtschaft und Pendler in der Region.

(Sarah Philipp [SPD]: Das wissen wir! Gut, dass Sie das bemerkt haben!)

Sie ist ein Symbol für unsere – durch die Vorgängerregierung verursachte – auf Verschleiß gefahrene Infrastruktur geworden und gleichzeitig der Ausgangspunkt für die Kehrtwende bei den Infrastrukturinvestitionen.

Selbstverständlich wäre ein schneller und reibungsloser Fortschritt der Baustelle wünschenswert gewesen. Die Kündigung wirft die Fertigstellung nun um gut anderthalb Jahre zurück.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt den Anspruch von Bund, Land und Straßen.NRW, der auch unser Anspruch ist, eine qualitativ hochwertige und langlebige Brücke zu bauen, die Jahrzehnte hält. Bei Qualität und Sicherheit der neuen Brücke dürfen keine Abstriche gemacht werden – gerade nicht bei diesem Projekt von nationaler Bedeutung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Eine neue Brücke darf nicht mit der Hypothek von nicht normgerechten Bauteilen und der Gefahr dauerhafter Prüfungen von Anfang an errichtet werden.

Und: Sobald eine Seite der Brücke fertiggestellt ist, können Lkw diese auch wieder befahren. Dann werden sich die Umwege für Lkw-Fahrer, die Staus und die Belastungen der Anwohner durch die Umwegverkehre verringern.

Es ist bedauerlich, dass trotz vieler intensiver Gespräche keine Einigkeit im Umgang mit der Vielzahl der Mängel erzielt werden konnte. Nur die Neuausschreibung und Neuherstellung der Bauteile schafft einen verlässlichen Zeitrahmen und einen normenkonformen sowie vertragsgerechten qualitativen Neubau.

Unser oberstes Ziel muss es sein, einen schnellstmöglichen Weiterbau voranzutreiben. Die Neuausschreibung soll bereits in dieser Woche bekannt gemacht werden. Mit Bonuszahlungen, Zwischenfristen und Vertragsstrafen soll ein zügiger Bauablauf gewährleistet werden. Zudem soll es einen direkten Zugriff auf den Stahlbauer geben.

Straßen.NRW gibt die Fertigstellung des ersten neuen Brückenbauabschnitts nun für September 2023 vor. Eine beruhigende Nachricht dabei ist, dass

die Arbeiten links- und rechtsrheinisch am Neubau der Leverkusener Brücke weiter wie geplant laufen. Daneben werden auch die Brückenarbeiten im Autobahnkreuz Leverkusen-West und in der Anschlussstelle Köln-Niehl/Industriegebiet unverändert fortgesetzt.

Meine Damen und Herren, nicht nur ich frage mich: Dient die heutige Aktuelle Stunde nun der Beschleunigung des bereits angelaufenen Verfahrens? Wohl eher nein!

Ihnen geht es nicht um die Sache – das heißt, ein beschleunigtes Verfahren –, sondern um die Kommunikation, wie Sie es eben hier noch einmal sehr eindrucksvoll dargestellt haben, wie es aber auch in Ihrem Antrag steht. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Antragsüberschrift: „Die Informationspolitik der Landesregierung ist eine Farce!“

(Beifall von Stefan Zimkeit [SPD] und Susana dos Santos Herrmann [SPD])

Meine Damen und Herren, das ist falsch. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Ich kann das an dieser Stelle auch nicht so stehen lassen.

Sie dürfen sich hier nicht täuschen lassen, meine Damen und Herren.

(Sarah Philipp [SPD]: Von wem?)

Das Ministerium hat für unsere nächste Ausschusssitzung am 13. Mai 2020 selbst eine Unterrichtung – und das vor Einreichung Ihres Antrags

(Zurufe von der SPD)

und vor Ablauf der der Firma Porr AG gesetzten Frist – am 17. April 2020 angemeldet. Das bedurfte keiner Aufforderung durch Sie.

Das Ministerium hat die verkehrspolitischen Sprecher am 24. April 2020 vor dem Pressestatement von Straßen.NRW per E-Mail über die Kündigung des Vertrages und die Hintergründe unterrichtet.

Der „Aktuelle Sachstand Rheinbrücke Leverkusen“ war als mündlicher und schriftlicher Bericht in der Vorlage 17/2226 am 3. Juli 2019 zuletzt Thema in unserem Ausschuss. Auch damals hat die Landesregierung diesen Tagesordnungspunkt angemeldet. Thema „Verzögerungen bei der Kampfmittelbeseitigung aufgrund des Niedrigwassers“: auch kein schöner Vorgang, damit wir uns da nicht missverstehen. Dazu gab es aber nur eine einzige Nachfrage, und sie kam noch nicht einmal von der SPD.

Insofern wundert uns die heutige Debatte schon sehr. Dabei gibt es Wichtigeres zu tun, meine Damen und Herren.

Die Neuausschreibung wird gewiss Zeit kosten. Aber sie ist der einzige verlässliche und normenkonforme Weg, um höchste Qualität bei dem Ausbau der Rheinquerung garantieren zu können.

Wir wissen um die Dringlichkeit dieses Projektes für die Region,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Für das ganze Land!)

aber auch um die Verantwortung, insbesondere beim Thema „Sicherheit“. Nur so werden wir diesem Bauwerk von nationaler Bedeutung auch gerecht. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FDP hat der Abgeordnete Herr Middeldorf das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Leverkusener Rheinbrücke – das ist jetzt schon angesprochen worden; ich will es hier auch noch einmal ausdrücklich betonen – hat für NRW und für ganz Deutschland eine herausragende verkehrspolitische Bedeutung. Mit annähernd

120.000 Fahrzeugen tagtäglich ist sie Teil einer der wichtigsten Ost-West-Verbindungen in unserem Straßennetz. Sie hat eine zentrale Erschließungsfunktion für die Menschen und die Wirtschaftsunternehmen im gesamten Rheinland und über diese Region hinaus.

Gleichzeitig – man könnte auch sagen: gerade deshalb – ist die marode Brücke ein Symbol, vielleicht das Symbol, für den schlechten Zustand der Straßen in unserem Land. So wie sie steht kein zweites Bauwerk für eine jahre- und jahrzehntelange Vernachlässigung von Investitionen in die Infrastruktur. Seit Langem wird diese wichtige Verkehrsader nur noch – wir kennen das – durch massive Maßnahmen zur Ablastung mit permanenten notdürftigen Reparaturen und einer ununterbrochenen Objektüberwachung im Netz gehalten.

Die Belastungen sind immens. Anwohnerinnen und Anwohner leiden unter Ausweichverkehren, der Güterverkehr unter Umwegen, Behinderungen und Zeitverlusten. Jeder Tag ohne neues Bauwerk verursacht einen zusätzlichen volkswirtschaftlichen Schaden. Wie lange die alte Brücke bautechnisch noch gehalten werden kann, ist unklar.

Unter diesen Rahmenbedingungen ist die schnellstmögliche Realisierung des geplanten Brückenneubaus eine der wichtigsten Prämissen überhaupt. Jede Verzögerung wiegt schwer. Deswegen tragen die an diesem Prozess Beteiligten eine große Verantwortung. Alle Seiten sind bei einem Projekt mit dieser Bedeutung in der gemeinsamen Verpflichtung, für eine qualitativ einwandfreie, aber zugleich auch zügige Realisierung zu sorgen.

An der Realisierung des Brückenneubaus sind mehrere Bauunternehmen beteiligt. Sie sind teilweise mit

hochkomplexen Einzelaufträgen betraut. Darunter sind Baufirmen, die die besondere Verantwortung als eine Herausforderung sehen und sich des Maßstabes dieser Verantwortung sehr wohl bewusst sind.

Ich will hier exemplarisch die Firma Heitkamp nennen. Sie erbringt die Leistungen im Rahmen des rechtsrheinischen Loses und ist dort für die Sanierung und die Abtragung der Giftmülldeponie Dhünnaue verantwortlich. Diese Teilmaßnahme galt, liebe Kolleginnen und Kollegen – und das vermutlich sehr zu Recht –, als die anspruchsvollste Aufgabe bei der Umsetzung des Brückenneubaus überhaupt. Die Firma Heitkamp hat es nicht nur geschafft, diese Aufgabe ohne Gefährdung für die Bevölkerung und die Beschäftigten zu bewältigen. Sie ist überdies im Zeitplan – trotz einer anfänglichen Verzögerung bei der Kampfmittelräumung.

Das zeigt: Es gibt leistungsfähige Baufirmen. Und es zeigt unabhängig von der hier diskutierten Teilmaßnahme: Der Brückenneubau schreitet in wichtigen Teilen voran.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Umso erschreckender und auch umso ärgerlicher ist nunmehr die Tatsache, dass es ausgerechnet bei dem zentralen Teilprojekt, dem eigentlichen Brückenneubau, offensichtlich zu massiven Problemen in der Abwicklung des Auftrags gekommen ist. Auch von der Firma Porr – das sage ich hier ausdrücklich – hätten wir erwartet, dass sie die besondere Verantwortung, die mit der Abwicklung des Auftrages verbunden ist, wahrnimmt und damit auch sensibel und verantwortungsvoll umgeht.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Heute, meine Damen und Herren, müssen wir feststellen, dass dies wohl nicht der Fall ist.

Ich werde mich hier nicht in einen Gutachterstreit einmischen. Aber eines muss klar sein: An den Neubau einer Brücke, die heute als Symbol für eine vernachlässigte Infrastruktur steht, stellen wir klare Anforderungen. Es darf keinerlei Zweifel an der Sicherheit und an der Langlebigkeit der verbauten und verwendeten Bauteile geben.